Beiträge von PeterRustemeyer im Thema „Königsmacherproblem - Bei allen komplexen Spielen?“

    Diesen "sozialen Vertrag" finde ich sehr spannend.
    Muss ich durchhalten und weiterspielen, auch wenn alles hoffnungslos ist?


    Im Schach ist es üblich, sich das zu sparen. Hier kommt die Aufgabe oft viele Züge vor der tatsächlichen Niederlage. Habe ich noch einen Turm und einen Bauern und mein Mitspieler nichts, müsste ich schon spielen wie ein Gehirnamputierter, um die Partie noch abzugeben. Das grenzt dann an Zeitverschwendung und Demütigung.
    Im Fußball wird von den Spielern erwartet, dass sie auch bei einem Stand von 0:7 noch auf dem Platz herumrennen und "kämpfen" (warum eigentlich?).


    Wie sieht das im Brettspiel aus?


    Zunächst gibt es meist mehr Parteien als zwei. Sprich: Auch wenn es für mich nicht mehr spannend ist, für andere Beteiligte ist es das vielleicht immer noch.
    Wenn das Spiel keine Player Elimination hat, erwarte ich eigentlich, dass der abgeschlagene Spieler den anderen dennoch ihren Spaß lässt, und dass er versucht, wieder auf die Beine zu kommen, dass er versucht, "dritter statt vierter" zu werden oder sowas.
    Wenn das Spiel Player Elimination hat, erwarte ich in einem kurzen Spiel, dass der Spieler das abkann und gespannt abwartet, wer den Sieg holt.
    Bei einem laaangen Spiel darf er aber auch gerne nach Hause fahren. ;)


    Und selbst wenn ich zu zweit spiele: Brettspiele erzählen Geschichten. Es wäre irgendwie schade, dem Sieger die Befriedigung zu nehmen, die Früchte seiner Anstrengungen zu ernten, seine mühsam errichtete, schlicht bessere Engine arbeiten zu lassen. Oder seine tollen Gegenstände zu nutzen, um den Drachen zu schlagen, lange, bevor ich es kann. Oder was weiß ich. Daher würde ich hier eigentlich nie vorzeitig abbrechen, dafür ist der eigentliche "Sieg" zu unwichtig.


    Es gibt genug Titel, in denen man durch schlechtes Spiel oder mutwilliges Verhalten der Mitspieler schnell abgeschlagen und hoffnungslos herumsitzt.
    Kann ich das nicht ab, gibt es aber immer noch genug Alternativen, in denen das nicht so ist.
    Etwa Spiele mit krassen Aufholmechaniken oder völlig verdeckten Siegbedingungen.


    Was ich gar nicht mag, sind Spiele, die 99%ige Player Elimination haben. Sowas wie "die Heimatburg kann nie erobert werden". Du bist eigentlich ausgeschieden, aber musst trotzdem noch mitspielen.

    @Mutter


    Und ich hab mal haushoch bei diesem Trivia/Schätzspiel von Friedemann Friese (#Terra?) gewonnen, weil die zwei Leute, die vor mir in der Sitzreihenfolge saßen, ungefähr weniger als gar nichts von irgendwas wussten, ich also effektiv 3mal so oft "Startspieler" war wie die ernstzunehmenden Konkurrenten.


    Das ist aber nicht unbedingt mit diesem Königsmacherding gemeint, hier unterstellt man den Mitspielern Absicht, nicht Dummheit. ;)

    Nicht die Komplexität ist verantwortlich für das "Problem", sondern die Interaktion.
    In so gut wie jedem Spiel, das in irgendeiner Form interaktiv ist, kann ein Spieler, der der Meinung ist, er selbst kann nicht mehr gewinnen, Züge tun, die einem anderen in der Runde schaden oder helfen.


    ...unsinnige Worker setzen, damit seinem Sitznachbarn die guten Felder bleiben.
    ...Karten aus der Auslage mopsen, mit denen er selbst nichts anfangen kann, aber einer der beiden Führenden.
    ...extrem günstige Tauschoptionen anbieten.
    ...eigene Länder der Eroberung preisgeben.
    ...einen der beiden Führenden gezielt attackieren.
    ...und, und, und. Jede Kleinigkeit in den Spielregeln kann genutzt werden, sofern sie nur interaktiv ist.


    Meiner Meinung nach ist das viel diskutierte "Königsmacherproblem" aber ein Phantomproblem, mehr ein Symptom als eine Krankheit.
    Es ist nicht im Spiel selbst drin, sondern in den Spielern.
    ...wodurch es von Autorenseite her unmöglich zu bereinigen ist. Worüber ich mir dann aber auch keine riesigen Sorgen machen würde.


    Was ansatzweise dagegen hilft, sind versteckte Siegpunkte (genauso wie es in Kennerspielen hilft, Rohstoffe versteckt zu halten, um die Grübeldauer zu mindern, weil die Spieler nur noch ihre eigenen Optionen durchrechnen können und nicht mehr die aller Anwesenden): Wenn jemand nicht so wirklich weiß, dass er schon lange raus ist, spielt er vielleicht dennoch auf Sieg weiter. Auch ein Grund, warum #Catan oder #Dominion so familienfreundlich daherkommen. Das hindert den griesgrämigen Spieler aber auch nur bedingt daran, "Königsmacher" zu spielen. Im Gegenteil, vielleicht gibt er nun sogar unnötigerweise auf und beginnt seine Sabotage vorzeitig.



    Was ich sehr gerne mache, ist eine Punktevergabe à la "Schlag den Raab" (je später im Spiel, desto mehr Punkte werden vergeben, und das aus keinem anderen Grund, als dass es "spannend" bleiben soll).
    Hier bleibt dann einfach mehr offen, und man muss schon extremst abgeschlagen sein, um nicht mehr um den Sieg mitspielen zu können.


    Letztendlich ist es aber ein Persönlichkeitsding.