Beiträge von MetalPirate im Thema „Königsmacherproblem - Bei allen komplexen Spielen?“

    Ich finde, das hängt immer von den Umständen ab. In einer Turniersituation, wo mehrere Partien gespielt werden, behalte ich schon im Auge, wer mein größter Konkurrent in der Gesamtsituation ist. In einer Partie, die ich nicht mehr gewinnen kann, würde ich dann gezielt gegen den größten Konkurrenten spielen.

    Das stimmt doch 100% mir dem von mir (und anderen) postulierten Modell überein: "Jeder Spieler muss für sich betrachtet gut spielen; alles andere sind dann Nebeneffekte." Im Turnierrahmen bezieht sich "gut spielen" eben nicht auf die einzelne Partie, sondern das übergeordnete Ziel Turniersieg. Heißt: man muss sogar genau das von dir geschilderte Verhalten von jedem Turnierspieler erwarten.

    Ist das Königsmacherproblem bei komplexeren Spielen unvermeidlich?

    Wenn am Spielende im Mehrspielerspiel Spieler A und Spieler B fast gleichauf liegen, dann ist es immer im Bereich des Möglichen, dass die anderen Spieler das Spiel dadurch (mit)entschieden haben, ob und wie stark sie für bzw. gegen A bzw. B gespielt haben. Wer das komplett ausschließen will, darf nur 2er spielen -- oder weitgehend interaktionsfreie Spiele, was aber zumindest für mich langweilig wäre. Die grundsätzliche Gefahr besteht ab drei Mitspielern also immer. Da sollte man sich nichts vormachen.


    Wie stark das Königsmacher-Problem in der Praxis ist, hängt meiner Meinung nach auch ganz wesentlich von den Mitspielern ab. Für mich ist es kein Königsmachen, wenn jemand nur für sich betrachtet gut spielt und dabei eher als "Nebeneffekt" einen anderen zum Sieger macht. Man "darf" einen anderen zum Sieger machen, wenn man dadurch z.B. vermeidet, selbst Letzter zu werden. Wenn man selbst nicht mehr gewinnen kann, ist das legitim. Das "jeder muss für sich gut spielen" ist für mich dabei aber ein unausgesprochener Grundsatz beim Spielen. Daran MUSS sich jeder halten. Dass man nach einem anstrengenden Arbeitstag auch mal "leer im Kopf" ist und Fehler macht: geschenkt, kennt jeder. Aber wer ein Spiel absichtlich einfach abschenkt oder gar nicht selbst gewinnen will und stattdessen seine Energie nur darauf verwenden, dass ein anderer Spieler gewinnt bzw. auf keinen Fall gewinnt, mit dem möchte ich nicht zusammenspielen. Bei den richtigen Mitspielern ist das absichtliche Königsmachen deshalb auch kein wirkliches Problem. Da spielen auch alle "anständig" zu Ende, auch wenn sie nicht mehr gewinnen können.


    Ich unterscheide deshalb zwischen absichtlichem (schlecht!) und unabsichtlichem Königsmachen (nicht unbedingt schön, aber passiert gelegentlich). Letzteres kann gelegentlich passieren und Spiele sind mehr oder weniger anfällig dafür. Wichtig ist z.B. dass jeder, auch der Zurückliegende, noch bis zum Spielende erstens die Motivation und zweitens die Möglichkeiten hat, etwas für ihn sinnvolles zu tun. Bietet das Spiel dies nicht, provoziert es erratisches Spielen, und das äußert sich dann in der Praxis oft im Königsmachen. So Endwertungs-Kleinkram wie "drei Ressourcen sind noch ein Punkt" sind aus diesem Grunde oft wichtiger, als der normale Spieler denkt. Damit ist auch der letzte Zug noch relevant, und von einem normalen Spieler kann man erwarten, dass er dann im Zweifelsfalle noch die Ressourcen holt, um noch einen Punkt mehr zu machen, anstatt zu sagen: "Egal was ich mache, es bringt mir keinen Punkt mehr, also mache ich einfach, worauf ich gerade spontan Lust habe, hmmm, mal überlegen, ich greife jetzt den Spieler X an, damit er nicht gewinnt." Wenn es für ihn keinen Unterschied mehr macht, ist das okay! Wenn doch, ist's nicht mehr okay. Ganz wesentlicher Unterschied. Deshalb muss ein Spiel auch dem Letzen noch für ihn sinnvolle Optionen geben.


    Das genannte Mombasa als 3er ist auch überproportional anfällig und zwar aus einem anderen Grund. Spiele mit Aktien oder ähnlichem (hier: die Kompanie-Anteile) brauchen zwingend viele Mitspieler, damit das dahinter stehende Markt-Modell funktioniert. Das ist einfach grundlegende Spieltheorie. Beim Mombasa-3er riskiert man z.B. folgendes: Zwei Spieler treiben gemeinsam eine Kompanie voran, weil es sich ungewollt und unabgesprochen so ergibt, es bringt ja schließlich beiden nur Vorteile, und schon hat der Dritte ein Problem. Er kann (muss) dann auch mit einsteigen, aber das Spiel wird dann nicht mehr so interessant, wie es sein sollte. Mombasa würde ich deshalb nur zu zweit oder zu viert spielen wollen. Im diesem Sinne: ja, Mombasa hat da ein gewissen Problem. Bei Scythe oder Puerto Rico sehe ich das dagegen nicht. Das solltest du ( @franjos-fjh ) ggf. noch ein paar Mal spielen, und wenn das Problem trotzdem bleibt, dann könnte das evtl. auch an deinen Mitspielern liegen.