Beiträge von LemuelG im Thema „Artikel in der FAZ über den Schwerkraft-Verlag“

    Niemand hat behauptet, dass man aus Metaphern in Märchen nichts lernen kann oder soll. Ich wende mich hier nur gegen Deine Gleichsetzung der Realität mit den Extremen von Archetypen, die ich für fahrlässig vereinfachend halte. Mein Verständnis, ohne Jungs Werk näher zu kennen: Die vielen Archetypen manifestieren sich im echten Menschen in ganz vielen Persönlichkeitsfacetten, vom Bösewicht bis zum Helden, um den komplexen Charakter des Menschen zu bilden, der in unterschiedlichen Situationen ganz unterschiedlich entscheidet (und darum mal der Held sein kann und am nächsten Tag böse).


    Metaphern aus der Fiktion geben Ideale vor, die man sich für künftige Entscheidungen als Wegweiser bewahren kann, wenn man sich mit ihnen identifiziert. Aber es wird doch niemand mit jeder Faser seiner Persönlichkeit zum Dagobert Duck, bloß weil er die Comics gern liest. Da ist die menschliche Psyche dankenswerterweise komplexer. Auch bei klugen Kindern.

    Wenn wir nur auf Unternehmer bauen könnten, die Visionäre im Sinne Deiner Definition sind, dann würden in diesem Land ziemlich viele Leute jeden Tag ziemlich hungrig und frierend zu Bett gehen.


    Aber wenn Dein unverrückbares Bild aller Kaufleute ist, dass sie böswillig die Zeit stehlen und das Lachen wegkaufen, dann brauchen wir hier nicht mehr weiter zu diskutieren. (Übrigens, Lefuet in Timm Thaler könnte fast als überzeugter Visionär in Sachen seiner Geschäftsidee im Sinne Deiner Definition durchgehen, oder?!)


    Aber vermutlich haben Michael Ende und James Krüss beim Schreiben durchaus verstanden, was eine Metapher ist und wie sie im realen Leben vs. dem Märchen zu interpretieren ist ...

    Liebe Schwarz-Weiß-Maler (denn nichts anderes sind die Alternativen 1 und 2), wie wäre es denn mit Variante 3:


    Ich möchte mich mit Dingen beschäftigen, die mir Freude machen. Auch wenn ich damit nicht reich werde, möchte ich davon leben können. Und vielleicht ein paar Angestellten die Chance geben, ebenso ihr Auskommen zu finden. Und dabei auf dem Markt etwas anbieten, was es sonst vielleicht nicht gäbe.


    Oder Variante 4:


    Ich habe es satt, für unfähige Chefs zu arbeiten. Lieber auf eigenen Beinen stehen und am Ende des Tages sehen, wofür ich gearbeitet habe. Selbst wenn mein Herz nicht für das brennt, was ich vor langer Zeit gelernt habe - ich muss auch Miete bezahlen.


    Oder Variante 5:


    Ich rocke 70 Stunden in der Woche, um den Laden aufzubauen. Ich biete etwas an, was die Leute haben wollen und ihnen nutzt. Der Gesellschaft geht es besser, weil diese Nachfrage erfüllt wird. Es ist keine Schande, damit Geld zu verdienen. Meine Leute sind die besten der Welt, ich bezahle sie gut, damit sie gute Arbeit machen.


    Oder oder oder.


    Selbstverständlich gibt es ausbeuterische Geschäftsleute auf der Welt, genauso wie korrupte Politiker und arbeitsscheue Angestellte (in meiner Firma bewundere ich immer den morgendlichen Sprint mancher Kollegen zur Stempeluhr, wonach ihre Bewegungen in Zeitlupe übergehen). Aber genauso gibt es überall eine Vielzahl ehrbarer, hart arbeitender Leute, die sich trotz teils widriger Bedingungen dafür einsetzen, Arbeitsplätze zu schaffen oder zu erhalten und gute Produkte herzustellen.


    Aber ein bisschen Differenzierung jenseits etablierter Stereotypen hat noch keinem geschadet.

    Ich bin auch entschieden dafür, künftig nur noch wirtschaftlich erfolglose Verlage zu akzeptieren. Es geht uns allen doch viel besser, wenn der Verleger von seiner Arbeit nicht leben kann. Und Spiele produziert, die nicht nachgefragt werden. Hauptsache ideologisch auf der richtigen Seite stehen. :ironie: