Beiträge von ravn im Thema „29.05.-04.06.2017“

    Am Pfingstwochenende drei Partien Tempel des Schreckens in zwei unterschiedlichen Spielrunden gespielt - jeweils zu fünft. Mir gefällt es, weil es die Spannung von Werwölfe konzentriert und auf das eigentliche Spielgeschehen fokussiert. Durch die Ansagen reihum hat man zudem ein paar Anhaltspunkte, bei wem man eine Tür aufschliessen möchte und wo nicht. Das steigert sich dann von Runde zu Runde. Vom Handling empfehle ich einen Tisch, bei dem jeder wirklich aktiv mit der Schlüsselkarte an einer Tür andocken kann, weil das erzeugte bei uns mehr Stimmung als ein "dreh mal die Karte ganz links von Dir um". Bietet zudem ausreichend Potential für paraniode Reden, Beschuldigungen und Gegenreden.


    Steht und fällt damit mit der Spielrunde, ob die sich auf das Spiel einlassen will. Eher nix für mundfaule Eurogame-Optimierer, fernab davon für mich aber das beste Spiel in diesem Genre. Eben weil es die Balance zwischen leichtem Einstieg, ansteigendem Informationsgrad und Spannungsbogen meistert, dabei aber nicht zum trivialen Ratespielchen wird. Im Direktvergleich war mir "Werwölfe Vollmondnacht" zu chaotisch, bei "Stay away" hatte man zu wenig Einfluss, während "Are you the Traitor" zu kopflastig war.


    Zudem kam mal wieder nach langer Zeit Mysterium auf den Tisch. Atmosphärisch schönes Spiel und eine spannende Spielpartie, die wir erst in allerletzte Sekunde gewonnen haben. Besonders toll die Momente, wenn mich sich so absolut sicher über eine Kartenidentität ist, nur um dann bei dem nächsten Hinweis sich ebenso ganz sicher für eine andere Karte entscheidet. Jetzt fehlt mir nur noch eine Partie, in der ich selbst der Geist bin - bisher hatte ich meinen Mitspielern immer den Vortritt gelassen.


    Codenames und Word Slam haben zudem erneut als Grossrundenspiele überzeugt. Kommunikativ, schnell erklärt, wobei mir Word Slam in Summe inzwischen besser gefällt, weil die einzelnen Runden kürzer sind und der Spannungsbogen somit kompakter. Bei blöder Codenames-Auslage, in denen so nix zusammenpassen will, können sich Partien dann auch mal ziehen und zwischen Euphorie und Langatmigkeit schwanken. Trotzdem haben beide Spiele inzwischen einen festen Platz, wenn man mindestens zu in Sechserrunde zusammenkommt.


    Der zweimalige Wettlauf nach El Dorado war spannend, allerdings waren unsere beiden Partien nach rund zwei Drittel der Laufstrecke vorzeitig entschieden und der Zieleinlauf dann nur noch Formsache. Bisher nur ohne Höhlenplättchen gespielt, eventuell geben die dem Spiel dann nochmals einen Kick, auch über die komplette Partie die Spannung halten zu können. Wie viel spielerische Tiefe das Spiel hat, muss sich in Folgepartien dann noch zeigen. Da erinnert es mich an Valletta, das ich ebenfalls gut finde, nur noch nicht weiss, wie lange der Wiederspielreiz anhält. Deckbau mit Thema ist aber immer gut und Rennspiele sowieso. Somit weiterhin Daumen hoch für den Wettlauf nach El Dorado.


    Dann gab es noch eine Fünferpartie Terraforming Mars. Mit zwei Punkten Abstand ganz knapp gewonnen. Diesmal hatten wir den Mars fast vollständig bebaut und bepflanzt, was ich eher selten miterlebt habe. Mit meinem Stahlkonzern hatte ich eine gute Kartenkombo, bei der ich ein Stahl in 7 Geld umtauschen und für 7 Geld meine Stahlproduktion erhöhen konnte. Daneben noch viel Energie produziert, die ich allerdings nur für Temperaturerhöhungen nutzen konnte. Zudem gezielt darauf gespielt, mein Einkommen und mein Terraformingwert zu erhöhen. Da sind Standardprojekte gar nicht mal so übel und allzu gerne übersehen. Dauerbrenner und jede Partie ist anders und spannend und erzählt seine ganz eigene Geschichte. Mein absolutes Lieblingsspiel, jederzeit gerne wieder - immer wieder.


    Als Füller dann noch Futschikato und Abluxxen, bei denen ich mal wieder gemerkt habe, dass man als Vielspieler dann doch ein wenig in einer Elfenbeinturm-Vielspieler-Blase sitzt und den Kontakt zu Wenigspielern verloren hat, die bei ungewöhnlichen Spielmechanismen erst einmal den Einstieg finden müssen und lieber mehrmals hintereinander das selbe Spiel erleben wollen, als von einer Regelerklärungshürde zur nächsten Regelerklärungshürde zu springen. Eine Hürde, die wir längst nicht mehr wahrnehmen. Wenn man aber doch so viele verschiedene Spiele hat, die alle gerne gespielt werden wollen, ist eine direkte Revanchepartie in meiner Vielspieler-Blase eher eine Seltenheit geworden. Solche Erfahrungen erden einen dann mal wieder und geben einen anderen Blickwinkel auf das Kulturgut Spiel als Freizeitbeschäftigung.

    Ich hatte letzte Woche eine 4er-Partie Räuber der Nordsee gespielt und war angenehmt überrascht:


    Der Spielverlauf ist eingängig mit "Erst Arbeiter nehmen, Aktion machen, Arbeiter hinstellen, Aktion machen", aber ebenso trickreich, weil man eben eingeschränkt ist in seiner Aktionswahl und wenn es darauf ankommt, dem nachfolgenden Spieler bestimmte Aktionen unmöglich macht, sofern sich da ein Wettlauf und damit direkte Konkurrenz andeutet. In der Anfangsphase schienen diverse Karten mit Mannschaftsmitgliedern stärker als andere Karten zu sein, die keinen direkten Aufbau-Sammel-Bonus boten. Über das Spiel gesehen hat sich dieser Glücksfaktor allerdings ausgeglichen.


    Gut zudem, dass es nicht nur eine Strategie zu geben scheint, weil wir haben alle recht unterschiedlich gespielt und ich am Ende sehr knapp und überraschend gewonnen kurz vor Ende der Punkteleiste angekommen. So habe ich auf schnelle Plünderzüge gesetzt, die zwar nicht viel einbrachten, aber zumindest die Mitspieler unter Druck setzen. Kurz vor der abzusehenden Endphase schickte ich noch zwei meiner Mannschaftsmitglieder nach Valhalla, was mir mehr Punkte einbrachte als Ressourcen zu sammeln und mich mit meinen Mitspielern um die punkteträchtigen Plündereien zu kloppen. Stattdessen diese quadratischen Aufträge erfüllt oder Gold eingesammelt oder Punktekarten ausgespielt, um so Schritt für Schritt ein Punktekonto aufzubauen. Dabei habe ich keine einzige grosse Plünderei am oben Spielfeldrand gemacht - geht also auch so.


    Gerne wieder. Spielt sich rund, locker (für Vielst-Spieler) aber nicht trivial. Einzig die Übersicht zu bekommen und zu behalten, wer welche Vorteilskarte vor sich ausliegend hat, fiel mir schwer. Dazu kannte ich die Kartengrafiken zu wenig und die Texte waren aus der Entfernung zu klein. Ein Spiel, dass durchaus Revanche-Partien verdient hat. Gegen Terraforming Mars kommt es im Direktvergleich aber nicht an, auch weil TFM komplexer scheint, während RdN sich wie ein vertrautes Eurogame ("with a special twist") spielt. Meine Empfehlung: Wer mehr Thema mag, sollte zu TFM greifen. Wer mehr Mechanismus mag, sollte zu RdN greifen. Beide Spiele vertragen sich aber auch gut in einer Sammlung.