(Zitat aus dem Wochenthread:)
Kennt jemand sowohl Roll Player als auch #Sagrada und kann mir mal sagen, wo Unterschiede liegen? Sagrada klingt auch interessant, aber eigentlich auch sehr ähnlich.
Ich habe beides schon gespielt, jeweils mehrfach, und ja, es geht in eine sehr ähnliche Richtung. Beides ist Würfeldrafting, bei dem Würfel nur vor dem Draften geworfen werden (also eher selten in Vergleich zum normal-üblichen Würfelspiel). Ab dem Draften ist alles im Prinzip durchrechenbar. Genau deshalb gehören solche Spiele in der Regel zu nicht meinen absoluten Favoriten, weil es sich dann doch allzu oft nach mathematischen Optimierübung anfühlt. Und wenn's dumm läuft, ist dann auch noch jemand am Tisch, der tatsächlich alles durchrechnen will, und spätestens das bringt solche Spiele leicht auf eine Zeitdauer, die sie einfach nicht vertragen. Man spielt nicht mehr, man rechnet. Die jeweiligen KS-Kampagnen hatte ich auch beide angeschaut, aber wegen meiner allgemeinen Skepsis gegenüber solchen Würfeldraftingspielen nicht unterstützt. In beiden Fällen aber dann sehr bewusst die erste Chance zum Probespielen im Spieletreff ergriffen. Soviel vorab.
Von Roll Player (#RollPlayer) war ich sehr positiv überrascht. Roll Player macht sehr vieles richtig, was mich normalerweise an solcherlei Spielen etwas stört. Es hat eine spielerische Leichtigkeit (die allerdings ein wenig Affinität zu D&D-Rollenspielen verlangt, um zur Geltung zu kommen), die Bonusfähigkeiten der Attribute belohnen clevere Ideen, die Marktkarten sind so gestaltet, dass sich ihr Wert möglich schlecht klar berechnen lässt, es gibt gute Kombinationsmöglichkeiten und durch die Alignment-Verschiebungen sind auch interessante Abhängigkeiten drin, die nebenbei einzelne Karten für unterschiedliche Spieler auch unterschiedlich attraktiv machen. Vieles davon ist echt clever ausgedacht. Dennoch war's mir keine 60+ EUR wert, so toll fand's ich dann doch nicht.
Ein paar kleinere Schwächen hat's nämlich auch. Im 3er-Spiel kann (und im 4er-Spiel wird) es passieren, dass zwei Spieler Klassenfarben haben haben, die sich ein bevorzugtes Set von Rüstungskarten teilen, während der/die andere(n) Spieler da keine Konkurrenz haben. Die "variable player powers" finde ich auch erkennbar unterschiedlich stark. Interaktion gibt's sehr wenig, und wenn, dann allzu oft rein negativ: "ich wähle vom Markt die 'leather boots' zum Verschrotten für 2 Gold, damit du nicht dein leather armor set zusammenbekommst." -- das ist die stärkste From der Interaktion, die man finden wird. Außerdem kann der Glückfaktor schon zuschlagen in einem Maße, der in Anbetracht der Spielzeit schon etwas grenzwertig werden kann, z.B. bei der Verfügbarkeit der "class color dice", insbesondere bei wenig Spielern. Der eine hat im 2er-Spiel gerade mal 1 Siegpunkt durch class color dice, mehr war schlicht nicht möglich, und der andere holt so 5 Punkte, ohne groß etwas dafür getan zu haben, einfach weil deutlich mehr Würfel dieser Farbe auf dem Beutel gezogen wurden -- und 4 Punkte Differenz sind bei Roll Player schon viel.
Aber alle Kritikpunkte, die ich an Roll Player habe, waren kleinerer Art; im Grunde hat mir das Spiel gut gefallen, und das obwohl ich diese Richtung von Spielen ja eher kritisch sehe. Bei der Erweiterung kriegen wir im Spieltreff eine Sammelbestellung hin und da bin ich jetzt dabei. Aber Achtung: die Erweiterung verändert den Charakter des Spiels deutlich. Es werden jetzt tatsächlich in gewisser Regelmäßigkeit eigene Kampfwerte erwürfelt. Normalerweise ist's bei einem Würfelspiel ja keine Erwähnung wert, wenn viel gewürfelt wird, aber Roll Player war diesbezüglich eben ungewöhnlich. An dieses (sehr gut kaschierte) Optimierspiel eine klassische "dice chucker"-Erweiterung dranzunageln, das ist schon etwas gewagt. Ich hab's mir aber genau angeschaut (Regeln + P'n'P) und ich denke, das passt so. Lieber mit mehr Würfelzufällen die Leichtigkeit erhalten als mit noch mehr Berechenbarkeit das Ganze dann doch zur mathematischen Optimierübung aufblasen.
Jetzt zu #Sagrada. Auch das wurde bei uns im Spieletreff ein paar Mal als Absacker gespielt, nach kürzeren Hauptspielen wie El Dorado. Ganz ehrlich: für mehr als Absacker taugt's mir nicht. Bisher jedes Spiel gewonnen, aber Sagrada muss ich definitiv nicht haben. Sagrada bestätigt nämlich ziemlich gut alle meine Vorbehalte gegen solcherlei Spiele. Thema kommt kaum durch, das ist die mathematisch-abstrakte Optimierübung pur, mit dem einzigen Vorteil, dass es wunderhübsch aufgemacht ist, zumindest die Kickstarter-Version, die ich mitspielen konnte. Ansonsten ist Roll Player das eindeutig bessere Spiel.