Beiträge von MetalPirate im Thema „Fog of War / Kriegsnebel in Brettspielen?“

    Aktuell habe ich noch keine bessere Lösung gefunden, als das ganze in Reihenfolgen weiter aufzudröseln. Beispielsweise könnte man die Reihenfolge der Einheiten irgendwie verändern und gegen die Auswirkung Rechnen. Quasi Schnell gegen Stark. Bzw. schnell gegen lang. Jeder Spieler überlegt sich eine Aktion, die einen bestimmten Initiativwert hat. Je mächtiger, desto höher dieser Wert. Anschließend werden die Aktionen abgehandelt, jedoch mit dem niedrigsten Initiativwert beginnend.


    Macht das irgendwie Sinn?

    Klar. Naheliegende Umsetzung durch Karten- oder Plättchendraften aus offener Auslage, bei der die gedrafteten Karten bestimmen, ob man bei der danach stattfindenden eigentlichen Aktion früh dran ist mit einer schwachen Aktion oder spät dran mit einer starken Aktion. Siehe z.B. das brandneue #Pyramids von IELLO. Auch #Yamatai funktioniert ganz ähnlich (da gilt die Reihenfolge aber für die nächste Runde). Ist aber natürlich beides thematisch in einer ganz anderen Ecke...


    Pyramids | Board Game | BoardGameGeek

    Interessantes Thema! Grundsätzlich denke ich, dass jeder Autor entsprechend des Mediums mit den Mitteln arbeiten muss, die er dafür zur Verfügung hat. Versuche, Computerspiele 1:1 in Brettspiele umzusetzen (oder umgekehrt), sind deshalb meist zum Scheitern verurteilt. Der Computer kann nun mal für eine in 100 x 100 Punkte zerlegte Karte (d.h. 10000 einzelnde Felder!) für jeden Punkt kurz und schnell berechnen, welche Einheit oder welches Team den Punkt sieht, ggf auch noch mit Modifaktionen wie unterschiedliche Sichtweiten, Deckung oder Sichthindernisse dazwischen. Ins Brettspiel bekommt man das nicht transformiert, schon gar nicht so fein aufgelöst auf einen 100 x 100 Punkte Gitter.


    Also muss man als Fan der entsprechenden Videospiele anders herangehen: Suchen, wo es ein ähnliches Spielgefühl in der Brettspielwelt gibt. Wenn man das "ich weiß was, was du nicht weißt!" als das "Besondere Etwas" identifiziert hat, dann findet man das durchaus aus bei Brettspielen. Spiele, bei denen es verdeckte Information gibt, die aber für einen oder mehrere Spieler (aber eben nicht alle!) bekannt sind. Zum Beispiel alles mit Bluff-Elementen, wo man Karten auslegt, die der Mitspieler nicht kennt, aber darauf irgendwie reagieren muss. Oder, noch näher dran, bei zweidimensionalen Auslagen von verdeckt liegenden Plättchen, bei denen Spieler das Recht erwerben können, darunter schauen zu dürfen. Sicher keine 100 x 100, sondern aus Gründen der Machbarkeit viel weniger, aber das kommt dem schon mal nahe. Wenn wir von dem Startpunkt "was kann das Brettspiel leisten?" ausgehen, geht's vermutlich nicht viel besser.


    Gleichzeitig zeigt das aber, wo dann bei Brettspielen das Problem liegt: Spieler X darf unter das Plättchen schauen, aber er muss es eben wieder verdeckt zurücklegen. Damit bekommt das Spiel automatisch einen gewissen Memory-Character. (In der Theorie ist das dann die dritte Informationsform neben "open information" und "hidden information", nämlich "trackable information".) Erfahrungsgemäß sind aber viele Brettspieler nicht die allergrößten Freunde von Memory-Elementen in ihren Brettspielen. Theoretisch gäbe es noch die Möglichkeit des Aufschreibens, aber Spiele, bei denen jeder haufenweise Informationen notieren muss, sind noch unbeliebter; die Schlussfolgerung "das kann aber ein Computerspiel besser!" ist nur allzu naheliegend. Man spielt keine Brettspiele, um Papier vollzuschreiben.


    Kurz und gut: wenn du ein Brettspiel testen willst, dass dir die Möglichkeit gibt, Fallen zu stellen, die der andere mit gewissen Aufwand entdecken können, d.h. wo jeder sich entscheiden muss, ob es den Aufklärungsaufwand wert ist, dann schau dir mal Stadt der Spione - Estoril 1942 (#StadtDerSpione, City of Spies) an. Viel näher kommt man meiner Meinung nach spielmechanisch nicht ran, solange man keine App-Unterstützung einbauen möchte. Mit einem ganz ähnlichen spielmechanischen Ansatz könnte man auch ein Spiel bauen, das thematisch eher Richtung Kampf als Richtung Spionage schaut.