[2020] Camp Pinetop, Stephen Davies, Talon Strikes Studios

  • Bei mir kam mal wieder etwas neues auf den Tisch, und da ich zu diesem eher unbekannten Spiel hier noch nichts gelesen habe (außer ein paar kurzen Erwähnungen, vielleicht hab ich aber auch wieder net richtig gesucht), bekommt das Spiel einen eigenen Thread, auch wenn es eher etwas "kleines" ist :)


    Dieses Mal geht es um

    Camp Pinetop

    #CampPinetop

    Camp Pinetop | Board Game | BoardGameGeek

    Autor Stephen Davies

    Publisher Talon Strikes Studios LLC

    1-5 Spieler



    Mein Bericht fußt auf 2 gespielten Solo-Szenarien, ich gehe auf die Unterschiede zwischen Multiplayer und Solo in der Beschreibung ein.


    Worum geht’s?

    Auf ins Zeltlager! Die Spieler sind Teilnehmer eines Ferien-Zeltlagers (das ist so ein US-Pfadfinder-Setting, ich muss immer an Fähnlein Fieselschweif denken), das sie möglichst erfolgreich abschließen wollen - es geht darum, vieles zu lernen und sich dafür entsprechende Patches, also Aufnäher, zu verdienen, die man an seine Uniform nähen und stolz drauf sein kann.

    Das ganze funktioniert, in dem man sich mit Hilfe seiner Ausrüstung durch die Umgebung des Zeltlagers bewegt und durch das Abgeben passender Ausrüstungskarten dann den entsprechenden Patch einkassiert, der dann wiederum einen Bonus gibt – einmalig oder dauerhaft. Karten müssen also passend gesammelt werden, was aufgrund eines immer geringer werdenden Handkartenlimits nicht so einfach ist, um sie zum richtigen Zeitpunkt abwerfen zu können. Dabei muss man im Multiplayer auch immer aufpassen, wo sich die Konkurrenten aufhalten, denn die muss man mit Karten bezahlen, wenn man das Feld betreten will. Und jede Karte ist kostbar.

    Solo ist das Grundprinzip das gleiche, aber etwas angepasst und vor allem hat man 9 ganz unterschiedliche, sehr goldige Solo-Szenarien mit ganz verschiedenen Zielen, die erreicht werden müssen.


    Wie sieht’s aus?

    Niedlich ;) Wobei es jetzt nicht eine aufdringlich putzige Optik ist oder so, die Karten wiederholen sich auch alle, also sonderlich viele unterschiedliche Illustrationen haben wir nicht, aber das was da ist, sieht einfach putzig aus. Qualitativ ist auch alles tutti, die Karten sind super, die Patches aus festem Karton, die Spielertableaus sind zwar dünn, fühlen sich aber gut an und liegen schön plan auf. Und die Camper-Meeple sind einfach zu süß ;)



    Es gibt zwei Regelhefte, zum einen die eigentliche Anleitung, zum anderen das nicht minder dicke Solo-Heftchen.


    Wie funktioniert’s?


    Aufbau

    Jeder sucht sich eine Farbe aus und bekommt die Materialien dazu – Camperfiguren, 4 kleine und eine größere Holzscheibe, 12 Patches und ein Spielertableau. Auf diesem wird mit der größeren Holzscheibe der aktuelle Rang markiert – alle starten beim Opossum, wer als erstes den Dachs als höchsten Rang erreicht, der gewinnt.



    Je nach Spieleranzahl legen wir ein Raster aus den Umgebungskarten aus.

    Die Umgebungskarten zeigen neben Bild und Titel auf jeder Seite einen Patch und am Fuß eine Kombination aus mehreren Symbolen sowie ein Zelt in den Farben grün (runde Form), blau (quadratische Form) oder grau (Diamanten-Form):



    Alle Ausrüstungskarten werden gemischt, und oberhalb des Rasters in einem Stapel platziert. 2 Karten werden rechts vom Stapel aufgedeckt hingelegt, 2 Karten links vom Stapel und jeder bekommt Handkarten, je nach Spieleranzahl.

    Bei den Ausrüstungskarten gibt es Angeln, Wandern, Holzfällen und Paddeln mit entsprechendem Symbol (Angel blau, Wanderstock braun, Axt grün, Paddel rosa) sowie den Joker, der (Überraschung!) für alles eingesetzt werden kann. Zusätzlich zeigt jede Karte eins der Zeltsymbole, wie es auch auf den Gebietskarten vorkommt.



    Jeder Spieler platziert einen Camper auf einem beliebigen Gebiet, möchte man eine Figur auf ein Gebiet stellen, das schon besetzt ist, muss man jedem Mitspieler, der schon da steht, eine Karte bezahlen.

    Neben dem Raster werden 4 kleine „Mastery“ Karten ausgelegt, jede zeigt eine andere Voraussetzung, die erfüllt werden muss, um eine Belohnung in Form eines der abgebildeten Patches zu ergattern (komm ich später noch zu).


    Aufbau - Unterschiede im Solospiel:

    Man braucht keine Masterykarten, es gibt 4 eigene Solo-Patches, die die jeweiligen Patches aus dem Multiplayer ersetzen (man hat am Ende also auch 12 Patches). Genauere Vorgaben – wie baut man das Raster, was sind die Ziele, wie viele Karten müssen im Vorfeld von den Ausrüstungskarten aussortiert werden u.ä. – gibt das jeweilige Szenario vor. Man bildet neben dem normalen Kartenstapel noch einen Reservestapel aus einer Anzahl Karten lt. Szenario. Im Normalfall (also in den beiden Szenarien, die ich bisher gespielt habe war das so) verliert man, wenn man eine Karte vom Stapel der Ausrüstungskarten nachziehen müsste und dieser leer ist.

    Im Solo nutzt man die Rückseiten der Playerboards, auf denen dann nochmal Hinweise und Siegbedingungen zum aktuellen Szenario abgedruckt sind.



    Jedes Szenario beginnt mit einer Einleitung, die erzählt, was Klein-Jimmy, dessen Geschichte man im Solo durchspielt, so erlebt. Ganz goldig illustriert mit einem „handgeschriebenen“ Brief nach Hause – auf dem Foto seht ihr den allerersten Brief, ist also kein Spoiler.



    Spielablauf

    Wenn man an der Reihe ist, hat man 4 Aktionsmöglichkeiten.

    1) 2 Karten ziehen

    2 neue Ausrüstungskarten ziehen, und zwar: entweder 2 verdeckte vom Stapel ODER eine offene von einer der Seiten und eine blind vom Stapel ODER zwei offene, dann muss aber eine von links und eine von rechts sein, es dürfen niemals 2 Karten von einer Seite genommen werden. Nimmt man einen offenen Joker, muss es die einzige Karte bleiben. Liegen 3 Karten mit gleichem Symbol offen, darf man diese ablegen und 3 neue ziehen. Entfernte Karten werden sofort ersetzt.


    Handkartenlimit:

    Das aktuelle Handkartenlimit wird je nach aktueller Spielerstufe vorgegeben – je weiter man im Spiel voranschreitet, desto weniger Karten darf man am Ende seines Zugs auf der Hand haben. Man darf über das Limit drüber während des eigenen Zugs (und während des Zugs der anderen, denn da kann man durchaus Karten bekommen), muss am Ende aber dann auf Limit abwerfen.



    2) 1 Karte ziehen und Camper bewegen

    1 Karte nehmen – blind oder offen – und die eigene Camperfigur im Raster bewegen, normalerweise 1 Gebietskarte weiter. Bewegt sich der Camper auf ein von einem andersfarbigen Camper besetztes Feld, muss man dem Besitzer dieser Figur eine Karte zahlen – stehen da mehrere andersfarbige rum, muss man jeden Spieler bezahlen.

    3) Camper bewegen und einen Patch verdienen

    Wie unter Punkt 2) beschrieben wird der Camper bewegt (und u.U. die Mitspieler bezahlt). Dabei zieht man immer über den Rand einer Gebietskarte hinweg und kann den Patch des neu betretenen Gebiets verdienen, und zwar den, über den man sich hinein bewegt hat. Die Kosten dafür stehen auf der Gebietskarte drauf und müssen mit Ausrüstungskarten von der Hand bezahlt werden. Diese werden abgelegt.

    Man nimmt sich den dazu gehörigen Patch, der dann je nach Art des Patches unterschiedliche Auswirkungen hat, und legt ihn passend ans Tableau an.



    Die Patches




    Die grünen, runden Aufnäher bringen einmalige Boni (sofort einen weiteren Camper stellen; Karten ziehen u.ä.) und sind die einfachsten.

    Die blauen, quadratischen Aufnäher bringen dauerhafte Boni (künftig 2 Felder bewegen statt nur einem u.ä.) und sind so mittelschwer.

    Die grauen, diamantförmigen Aufnäher bringen den dauerhaften Bonus, dass beim Bezahlen mit Karten 1x ein beliebiges Symbol für ein bestimmtes Symbol abgeworfen werden kann (jeder Patch macht das für ein bestimmtes Symbol, z.B. also 1 beliebige Karte = 1 Wanderstock). Sie sind am schwierigsten zu beschaffen.

    Alle Patches haben eine aufgebesserte Seite, die Rückseite mit Pfeil. Sie dürfen gedreht werden, sobald sie ein zweites Mal verdient werden, also ein zweites Mal der gleiche Patch bezahlt (oder über Mastery verdient, s.u.) wird. Die aufgebesserte Seite macht das gleiche, nur eben besser, die diamantförmigen z.B. reduzieren die benötigten Symbole einer bestimmten Sorte dann um 1.

    Nur über Patches wird das Spiel gewonnen.


    4) neuen Camper einsetzen

    Man hat 4 Camper gesamt, nur 1 steht von Anfang an auf dem Brett. Um einen weiteren einzusetzen, müssen 2 Karten abgelegt werden, und zwar muss das Zeltsymbol von beiden zu dem Zeltsymbol der Gebietskarte passen, auf die der Camper eingesetzt werden soll. Wie immer gilt auch hier: steht hier schon ein anderer, bekommt dieser eine Karte.


    Die Mastery-Karten

    Masterys zeigen bestimmte Voraussetzungen, die erfüllt werden müssen (z.B. 3 grüne Patches).



    Erfüllt man die Bedingungen, darf man eine seiner Spielerscheiben auf einen der freien Patches legen, jede Mastery zeigt davon 4. Die helfen also dabei, Patches zu verdienen und/oder aufzubessern. Es dürfen mehrere Masterys in einem Zug erfüllt werden, aber jede pro Spielerfarbe nur einmal.


    Während des Spiels verbessert man seinen eigenen Rang Stück für Stück. Sobald man die Voraussetzungen für einen Rang erfüllt hat (bestimmte Anzahl an normalen und aufgebesserten Patches), darf man den eigenen Marker auf den nächsten Rang schieben. Sobald jemand den Dachs erreicht hat, ist das Spiel sofort vorbei und derjenige ist der Held vom Erdbeerfeld Feriencamp.


    Spielablauf, Unterschiede im Solo-Spiel:

    Solo läuft das im großen und ganzen genauso, das Szenario gibt Anpassungen vor. Des weiteren gibt es für jedes Szenario eigene Siegbedingungen, z.B. eine bestimmte Anzahl an verschiedenen Patches, und oftmals noch Zusatzaufgaben, die erfüllt werden müssen. Der Ausrüstungsstapel ist im Solo mega wichtig, denn wenn der leer gespielt ist, und man hat es noch nicht geschafft, dann verliert man sofort. Bei jedem Szenario gibt es noch eine Möglichkeit, sich einen Sonder-Patch für Experten zu verdienen, wenn man es besonders gut gemacht hat (in Szenario 1 z.B., wenn man beim Sieg noch 5 Karten im Nachziehstapel hat).



    Diese Sonder-Patches geben mächtige Einmal-Effekte für den Rest der Kampagne, und sind nach Einsatz verbraucht.


    Wie isses denn nun?

    Mir fällt zuerst ein Wort ein: liebevoll. Vor allem die Solo-Kampagne atmet diese kindliche Zeltlager-Begeisterung (die ich eigentlich null nachvollziehen kann, aber trotzdem niedlich finde *lach*), gestützt vom Artwork, den Briefchen… Wirklich schön.

    Aber auch das Spiel dahinter ist ganz gut gemacht – klar hat man das alles irgendwie schon mal gehabt, passende Karten sammeln und abwerfen ist jetzt nicht so die neue Erfindung. Aber es fügt sich gut zusammen, und ich stelle mir die Interaktion mit den anderen Campern im Multiplayer recht interessant vor. Man muss ja schon gut mit seinen Karten haushalten, und dann immer welche abgeben zu müssen, wenn man sich durch die Landschaft bewegt, das will schon alles gut überlegt sein. Führt ja auch dazu, dass die Mitspieler und Mitspielerinnen ihren Zug mit mehr Karten starten können, und das ist immer ein Vorteil. Ich kann Multiplayer aber halt immer nur grob einschätzen, Erfahrung habe ich keine.

    Ich finde es auf jeden Fall toll, wie speziell und besonders der Solo-Modus hier ist, und mit welcher Mühe dieser umgesetzt wurde. Eigene Boards, eigene Patches, eigene Story… Wirklich schön.


    Die Anleitung ist im großen und ganzen okay, kleine Stolpersteinchen hatte ich drin, aber alles nix wildes und dann doch schnell verstanden. In der Anleitung sind einige Erweiterungen direkt mit eingearbeitet, die ich aber nicht habe, das verwirrt mich immer ein wenig ;) Die Erweiterungen sind für solo aber eh irrelevant.


    Der Schwierigkeitsgrad der Solo-Kampagne scheint knackig, Szenario 1 habe ich geschafft, aber ohne den Experten-Patch, Szenario 2 knapp verloren. Tatsächlich braucht man mehr Planung, als ich anfangs gedacht hätte. Ich hatte mir in Szenario 2 z.B. einen Patch geholt, der mir für die Sonderziele nichts gebracht hat, den muss ich nächstes Mal links liegen lassen und mich anderweitig konzentrieren. Dieser Stapel ist einfach sehr schnell leer ;)


    Klar spielt auch Glück eine Rolle - wenn die passenden Symbole nicht kommen, kommen sie halt nicht. Die diamantenen Patches sind sehr mächtig und helfen dabei, dieses Glück zu relativieren, sind aber natürlich auch am teuersten.


    Und bei aller Liebe zum Detail ist es natürlich im Kern komplett abstrakt - von Kärtchen zu Kärtchen gehen, und Symbole sammeln, die man wiederum durch Kartensymbole freischalten muss. Man kann sich das sicher schön reden beim Spielen "Ich geh jetzt auf eine längere Tour durch den Wald und verdiene mir dabei meinen Backpacker-Patch", aber das macht man echt nicht ;)


    Ich kann Camp Pinetop jemandem empfehlen, der sich von Optik und Setting angesprochen fühlt und der ein zugängliches, aber nicht ganz banales Spiel auch mal für abends nach einem Arbeitstag sucht. Solospieler sollten ohnehin nochmal ein extra Auge drauf werfen, denn der Solomodus ist wirklich besonders.

    Englischkenntnisse sind für die Anleitung und die Patches nötig, auch die Mastery-Bedingungen sind Text. Die Karten und Gebiete sind sprachneutral. Es ist aber kein Englisch-Brecher, man kann das mit normalen Englisch-Kenntnissen spielen, viel Text ist es nicht.


    So, vielleicht hilft es ja dem ein oder anderen bei der Entscheidung, oder es hat wenigstens Spaß gemacht beim Lesen. :S




  • Vielen Dank für die ausführliche Beschreibung :danke: ! Ich habe von dem Spiel noch nie zuvor gehört; aber mein Sohn war viele Jahre bei den Pfadfindern (daher weiß ich, dass diese Aufnäher für die Hemden eine wirklich sehr wichtige Rolle spielen), und er spielt auch ganz gerne; vielleicht ist das Spiel was für ihn :thumbsup: .