Literatur und Dates

  • ..naja, so spektakulär war das jetzt auch nicht. Das war im Studium, ein Treffen zwecks gemeinsamen Verfassens eines Referats mit durchaus mehr Interesse aneinander. Beim Bücherregal fielen mir zwar Nietzsche und Hölderlin auf, aber zu dem Zeitpunkt hatte ich von beidem nicht genug Ahnung, um das als Warnzeichen sehen zu können, im Gegenteil, es faszinierte mich, auf eine junge Frau zu treffen, die derart sperriges Zeug las (und die Bücher sahen tatsächlich gelesen aus). Beim zweiten Treffen (wenn man so will das erste Date) wurde dann Eraserhead von Lynch geguckt, der ja auch einigermaßen spacig ist. Die anschließende Beziehung war dann eine ziemlich wilde Achterbahnfahrt zwischen "den eigenen Hamster mit in die Badewanne nehmen, weil der so schön paddelt" über "wieso ist die Tequila-Flasche heute leer, die ich gestern auf der Arbeit geschenkt bekommen habe" bis hin zu Essstörungen mit 750g-Gläsern Nutella. Braucht man nicht unbedingt öfter im Leben.


    Später, im Dozierendenleben, habe ich dann erfahren, dass Dozierende, die freiwillig einen Kurs zu Hölderlin, Nietzsche oder auch Heidegger anbieten, grundsätzlich alle mental instabilen Studierenden der gesamten Hochschule zu sich anziehen, weshalb das nur wenige ein zweites Mal tun. Mir ist das bei Filmen passiert, wenn ich Kurse zu Jodorowsky und Lynch angeboten habe.

  • Willst Du mir sagen, dass ich meine Nietzsche-Ausgabe lieber mal klammheimlich in die zweite Reihe stellen soll? Was tue ich dann bloß davor? Hm, am besten wohl Burroughs, Kerouac und Miller. Das ist viiiiiiiel unverdächtiger...

  • wenn ich Kurse zu Jodorowsky und Lynch angeboten habe

    Sehr spannend! Das gab es auch an meiner Uni. Und ich habe das gern besucht ("Ästhetik des Hässlichen"). Heißt das, ich bin instabil? :/

    Und was sagt das über die jeweiligen Dozenten aus, die sich ja intensiv mit der Materie auseinander setzen mussten? ^^


    Hölderlin wäre mir jetzt im Übrigen auch unverdächtig vorgekommen, da ist Nietzsche eher ein Hinweis mMn.


    Aber solche Damen habe ich auch kennengelernt. Bin allerdings nicht sicher, ob das Regal so ein sicherer Indikator ist, oder nicht viel mehr der Tequila und der Hamster.

  • Naja, bei Hölderlin tut die Lebensgeschichte wohl einiges zum Ruf dazu (erst in eine der schlimmsten Nervenheilanstalten des 19. Jahrhunderts eingesperrt, dann als "unheilbar" entlassen und bei einem Schreiner mit dem schönen Namen Zimmer für 36 Jahre eingesperrt).


    Und um es mal aus Dozierendensicht zu erklären: Du bekommst es an der Uni in unseren Fächern fast immer mit einer Handvoll mental instabiler Studierender zu tun (ich hatte in den 20 Jahren, in denen ich unterrichtet habe, etwas über zehnmal Kontakt zum psychologischen Dienst). Dafür bringen Dir solche Kurse aber oft auch die intelligentesten Studierenden. Du darfst Dir jetzt aussuchen, wozu Du gehören willst :).


    Und: Der Clou ist ja, dass Du das mit dem Hamster und dem Tequilla nur dann weißt, wenn leere Flaschen oder Hamster-in-der-Badewanne-Fotos das Wohnzimmer zieren. Sonst bleibt eben nur die Bücherwand ;).

  • wenn ich Kurse zu Jodorowsky und Lynch angeboten habe

    Sehr spannend! Das gab es auch an meiner Uni. Und ich habe das gern besucht ("Ästhetik des Hässlichen"). Heißt das, ich bin instabil? :/

    Als Mathematiker muss ich hier mal eingrätschen: Nur weil alle mental instabilen in den Kurs gehen heißt das nicht, dass alle die in den Kurs gehen mental instabil sind. Das ist ein gefährlicher Trugschluss. (Der auch gerne in der Werbung genutzt wird: Kunde sieht erfolgreichen Menschen mit Produkt X und gewinnt den Eindruck, dass jeder der Produkt X nutzt erfolgreich ist.)

    Andererseits: Nur weil die Folgerungen nicht zwangsläufig in beide Richtungen funktionieren, heißt das nicht, dass du aus dem Schneider bist... :crazy::vogel:


    (disclaimer: Mir ist bewusst, dass du dir über den Sachverhalt im Klaren bist - aber wenn ich das hier nicht schreiben würde, müsste ich stattdessen arbeiten....)

  • das mit dem Hamster und dem Tequilla nur dann weißt,

    Ehh, hier finde ich ja eben nicht. Gerade im Studierendenalter. Da dürften zu dem Zeitpunkt schon erhebliche Mengen Alkohol geflossen sein oder über dem Mensagericht die verücktesten Hamsterstorys ausgetauscht worden sein, bevor man sich gegenseitig Regale zeigt. Aber gut, ist 15 Jahre her, kann heute anders sein :lachwein:

  • Im Studium hab ich meine Brettspiele bei Dates noch verheimlicht. Jetzt muss meine Frau mit meiner Brettspielsucht leben. ;)


    Keine Ahnung wie das heute ist aber vor einem Vierteljahrhundert lies sich keine Frau von einer Brettspielsammlung beeindrucken. ;)


    Mein Studi-Job im CD Laden und die Möglichkeit darüber billiger an CDs und Konzerttickets zu kommen war da erfolgreicher.

    You know I'm born to lose, and gambling's for fools

    3 Mal editiert, zuletzt von Oli1970 ()

  • Im Studium hab ich meine Brettspiele bei Dates noch verheimlicht. Jetzt muss meine Frau mit meiner Brettspielsucht leben. ;)


    Keine Ahnung wie das heute ist aber vor einem Vierteljahrhundert lies sich keine Frau von einer Brettspielsammlung beeindrucken. ;)

    Vielleicht hast Du die falschen Frauen getroffen ;)  ….

  • Keine Ahnung wie das heute ist aber vor einem Vierteljahrhundert lies sich keine Frau von einer Brettspielsammlung beeindrucken.

    Das ist definitiv nicht korrekt, ich kenne mehrere Gegenbeispiele.

    André Zottmann / Thygra Spiele - u. a. viel für Pegasus Spiele tätig
    Ich gebe hier generell immer meine eigene, ganz persönliche Meinung von mir.

    Einmal editiert, zuletzt von Thygra ()

  • Als jemand der seine Frau in einem Spiegelnden kennengelernt hat, und feststellen musste, dass sie da schon mehr Spiele als ich hatte, würde ich das auch als Gegenbeispiel aufführen wollen.

    Be seeing you,
    Matthias Nagy

    Das hier ist mein Privat-Account. Alle hier geäußerten Meinungen sind nur meine privaten Meinungen und geben nicht die Meinung von Deep Print Games oder Frosted Games wieder.

  • Zitat von Brandigan


    „Edit: Sorry für OT übrigens! Können wir gern begraben.


    Den Mann, den du nicht interessant findest, schon zu dir nach Hause zu nehmen - das macht wohl keine Frau. Zu dem Zeitpunkt hat man entweder das "Interessante Gespräche"-Stadium hinter sich, oder es war nie relevant. Dann ist auch das Bücherregal egal. So ein Regal als "Datekiller" quasi geplant vorzuhalten, ist seltsam (Platzverbrauch! [da könnten Spiele stehen!] Kosten! [die bösen pseudointelektuellen Autoren wurden damit finanziell unterstützt...]. Der Strip impliziert damit ja, dass das eine gängige und wirksame Methode zum Beenden eines solchen Abends ist. D.h. "in universe" sind diese Bücher / Autoren klar schlecht besetzt. Es muss einen mir nicht bekannten, aber offenbar breiten Diskurs über diese Veröffentlichungen geben, an den sich der Comicautor anschließt. Sonst funktioniert das Ding ja für überhaupt niemanden. Da es einige lustig fanden, scheine nur ich da kulturell beschnitten zu sein. Hätte da "Twilight", "Die geheimnisvolle Welt der Horoskope" und "Warum 18 Katzen nicht zu viel sind" gestanden, hätte man vielleicht über gängige Red Flag-Klischees ahnen können, was gesagt werden soll. Aber so muss man halt wissen, dass Coelho, Sick und eine Poetry Slammerin DAS Schlimmste ist, was man sich ins Regal stellen kann. Mindestens mir war das neu 🤷🏻

    Dann: Der Mann, der schon mit nach Hause gegangen ist, und sicher gewisse Erwartungen durch diese Einladung hat, wird sich selten von "pseudointelektueller" Literatur zu diesem Zeitpunkt abschrecken lassen. Der dürfte dann ja selbst unter das Klischee fallen - schließlich erkennt er die Autoren und hält sich für "besser" - somit passt man dann ja eigentlich ganz gut zusammen.

    Also, eigentlich ist es halt nur ein Diss auf diese Autoren, aber ich bin mir nicht sicher, aus welcher Richtung die Verachtung kommt. Von "unten", also von jemandem, der Bücher an sich für fehlgeborene OSB-Platten hält, oder von "oben", von jemandem, der unter Wittgenstein gar nicht erst anfängt, mit anderen zu reden?

    Aber hey, so wichtig isset eigentlich auch nicht 😅“


    Dieser Cartoon war übrigens in der FAZ abgedruckt.

    Befreundete Buchhändlerinnen und ich fanden den Cartoon sehr witzig. Aber vielleicht muss man die entsprechende Klientel auch mal selbst als Kunden / Kundinnen erlebt haben, die diese Art von Büchern kaufen ;)…. ( und Schublade zu :saint:)