Ihr kennt das: da kommt ein neues Tabletopsystem auf den Markt, ihr findet es toll, die Minis sind hübsch ... ihr verfallt dem Kaufwahn, spielt vielleicht noch einige Male ... nur um dann festzustellen: Tabletop UND Brettspiele, das funktioniert nur selten gut nebeneinander. Zu komplex die Regeln, um das alles irgendwie nur 3x im Jahr zu spielen, irgendwie will jeder bereite Mitspieler ein anderes System spielen, weil dem einen Sci-Fi und dem anderen Western besser gefällt ... und dann türmen sich die teuren Minis und verstauben in irgendeinem Schuhkarton.
Ich glaube, da kann jeder halbwegs TT-Begeisterte ein Lied von singen.
Nun waren gerade die Bonereaper von GW für AoS auf den Markt gekommen und ich war direkt verliebt. Doof nur, dass die Bonereaper, so wie jede neue Armee bei GW, völlig overpowered waren. Und mein Mitspieler hatten darauf keine Lust mehr. Das beste TT nützt dir aber nix, wenn keiner es mehr spielen will. Tja, da standen sie nun: 2000 Punkte wahre Pracht, verdammt zum Verstauben.
Bis mir jemand von einem neuen TT-System berichtete, dass mich aber völlig kalt ließ: Wikinger und Normannen? Kreuzritter? Menschen, genannt Römer, gehen das Haus!
Nun begab es sich aber, dass Stronghold Terrain/Tomahawk Studios dieses System völlig generisch gebaut haben. Und dann kam "Ära der Magie". Das Buch zum Spiel, geschaffen, um alte, verstaubte Fantasy-Miniaturen aus dem Schuhkarton zu holen und damit zu spielen. Fantasy war schonmal besser als Wikinger, is klar. Kein Endzeit, aber wenigstens was, womit man leben kann.
Alles was man brauchte, war das dünne Regelbüchlein, das Buch "Ära der Magie", ein paar Würfel und Maßbänder (wobei die Letzteren selbst auch generisch sind und durch W6 und selbstgebastelte Schablonen ersetzt werden können). Naja und eben die alten oder neuen Minis. Fantasy wenn möglich (aber streng genommen kann man auch Schwestern Sororitas oder Necrons nehmen, das Ding ist echt ziemlich generisch).
Die Regeln sind nicht schwer. Ausführlich, aber wenn man das einmal kapiert hat, um Längen einfacher als ein AoS mit x Warscrollcard-Fähigkeiten. Es gibt 6 Fraktionen, denen man jede alte GW-Armee (oder was man sonst so als Armee hat) aus dem Fantasybereich zuordnen kann: Untote, Horde (das wären beispielsweise Skaven), Königreiche (Menschen, Stormcast Eternals), Unterreich usw.
Jede Armee bekommt dann ein passendes Battleboard. Und das Spiel funktioniert dann ganz einfach: Man generiert über die Art und Menge seiner Einheiten Saga-Würfel und die kann man nutzen, um die Fähigkeiten auf dem Battleboard zu aktivieren. Und damit steuert man dann seine Einheiten. Keine 1000 Sonderfähigkeiten, die man sich irgendwie merken müsste. Der Rest ist Stellungsspiel und Bewegung. Die Bewegungsregeln sind etwas gewöhnungsbedürftig, weil man quasi immer zuerst die mittlerste Mini seiner Einheit bewegen muss, um Abstände einzuhalten. Und man muss sich auch immer in gerader Linie bewegen. Das muss man alles einplanen.
Die Kämpfe sind auch ganz einfach. Man hat Kampfkraft- und Rüstungswerte (jeweils Nah- und Fernkampf). Wenn man jemanden angreift, guckt man, ob man Sichtlinie hat (Fernkampf) und alle Modelle, die LoS haben, generieren x Angriffswürfel. Mit denen würfelt man gegen die Rüstung der Gegner. Für jeden Treffer darf der Gegner immer einen Verteidigungswürfel werfen und verteidigt dann auf 5+ (Nahkampf) oder 4+ (Fernkampf). Für Deckung oder Sonderfähigkeiten gibt es natürlich noch Modifikatoren. Das ist relativ simpel und man kann halt auch mit Einzelmodellen gegen Masseneinheiten antreten, weil man theoretisch immer so viele Verteidigungswürfel hat, wie der Angreifer Trefferwürfel.
Das ist natürlich dann ein Glücksspiel, ohne Frage und das muss man auch wissen. Wer damit leben kann, hat endlich eine hübsche Verwendung für seine alten (oder neuen) Minis, einen netten Abend UND kann trotz Tabletop noch Brettspiele spielen. Das erste Einarbeiten dauert klar seine Zeit, aber wenn man das drauf hat, braucht man bei späteren Spielen nicht mehr viel Nachblättern.
Spannend sind auch die Ermüdungsmarken, die man bei Doppelaktivierungen oder Kämpfen bekommt. Die kann der Gegner dann gegen einen verwenden und wer 3 davon hat, ist erschöpft und darf gar nix mehr machen.
Also ich bin jedenfalls hellauf begeistert. Klar, wer NUR Tabletop spielen will, für den ist das System vllt. zu simpel und bietet auch zu wenig Story. Aber wer ein TT sucht, das er neben Brettspielen spielen kann und wer nicht mehr viel Geld ausgeben will, weil er schon hunderte von Euros in alte Systeme versenkt hat und deswegen eher eine neue Aufgabe für seine alten Minis sucht: schaut es euch an. Ihr braucht lediglich einen echten Mitspieler. Das muss aber kein Crack sein. Wenn ihr die Regeln drauf habt, ist es ganz einfach zu erklären.