"Historische" Eigenbauten und Basteleien

  • Es gab mal eine Zeit vor unknowns, ja sogar eine vor dem Internet. Und auch da wurde schon gespielt und gebastelt, das Wort "pimpen" hätte bestenfalls Irritationen erzeugt ("so ein Schmutzfink!") ^^

    Und so sind schon früher bemerkenswerte Dinge geschaffen worden und nach wie vor wert, gezeigt zu werden.

    Wer mal was Gebasteltes aus seiner spielerischen Frühgeschichte vorzeigen möchte, kann diesen Thread nutzen - so wie ich mich über aktuelle Berichte und Anregungen freue, bin ich auf Eure historischen Werke gespannt. Und bitte nicht missverstehen, das muss natürlich nicht aus dem letzten Millennium sein - so alt ist hier ja längst nicht jeder - , sondern von Euren persönlichen spielerischen Anfängen, als Ihr Euch von der Faszination für Spiele zu eigenen Taten habt antreiben lassen.


    Ich mache mal den Anfang mit diesem schmucken Stück - Verlies , in Deutschland erschienen bei Parker 1978 (BGG)

    Das gönnte ich mir damals vom Taschengeld, auch wenn es recht teuer war. Zu Beginn meines Studiums in den frühen Achtzigern kam es mit Studien-Freunden gelegentlich auf den Tisch. Im Karton war viel Luft unter einem großen Pappteil versteckt, während für die vielen kleinen Plättchen ein letztlich doch nicht praktisches Plastik-Tiefziehteil dienen sollte.

    Während ich seit gut zwei Jahren im Schaumkern-Thread über gebaute Inserts berichte (hiermit fing es an), dürfte dies hier mein ältestes Insert sein - auch wenn das damals noch keiner so nannte.

    Unten das mehr oder weniger leere Tiefziehteil, darüber entnehmbare Trays aus Karton mit den sortierten Plättchen und ein Fach für Charakter-Karten.

    Die Fächer für die Monster und Schätze haben ihrerseits noch einen kleinen Einsatz, so dass die kleinen Stapel der Plättchen leicht entnommen werden können.

     


    Und dann ist da noch eine selbstgebaute Kopie des Spiels Minister von Rudi Hoffmann, erschienen bei Pelikan 1975 (BGG), die dank der vielen Luft im Karton hier einziehen sollte.

    Dieses Spiel entdeckte ich bei einem der Studienfreunde im Regal und es galt damals bereits als gesuchte Rarität. Mit der liebevollen Darstellung speichelleckender Bediensteter des Beamten-Apparates galt es, die Karriereleiter hochzuschleimen und die Mehrheit der Minister im Kabinett und damit den Kanzler zu stellen. Thematisch irgendwie zeitlos das gute Stück 8o , dessen Charme der graphischen Gestaltung - der begabte Autor selbst zeichnete wie in vielen seiner Spiele damals verantwortlich - von der späteren Neuauflage (TM 1998) nicht annähernd erreicht wurde.

    Auch wenn ich dem Freund das Spiel nicht abschwatzen konnte, so durfte ich es mir doch für eine Reproduktion ausleihen. Ein Freund meines Vaters arbeitete in einem Industriebetrieb als Buchbinder und konnte mir dort den Plan leicht verkleinert fototechnisch kopieren und zu einem 1A-Spielbrett aufarbeiten, so dass es im Verlies-Karton noch Platz finden sollte.

    Um die Minister-Steine kümmerte ich mich. Zuerst fertigte ich mit Hilfe von Trennwachs eine Negativ-Form einiger Steine aus Silikonmasse. Darin wurden dann in mehreren Gängen eingefärbtes Kunstharz gegeben und so hatte ich die originalen M-Steine in ihrer ursprünglichen Form auch für mein Spiel kopiert. Klar, das hätten auch ein paar farbige Klötzchen getan, aber wenn schon, denn schon 8-))

     

    Das sollte nicht mein letztes Eigenbau-Spiel bleiben. Finanziell hatten wir Studenten es nicht so dicke, aber die spielerischen Begehrlichkeiten waren schon damals groß. Mal schauen, wie Ihr hier diesen Thread aufnehmt und was Ihr Eurerseits berichtet. Vielleicht lasse ich da noch den einen oder anderen Beitrag folgen.

    #Verlies #Minister

  • Zeigen wird schwierig, weil sich das Ergebnis nicht mehr in meinem Besitz befindet und ich nicht mal Fotos habe. Nichtsdestotrotz kann ich vom großen Rumis-Selbstbau berichten:

    Rumis – heute besser bekannt als Blokus 3D – gab es 2003 nur als kleine Auflage von der Murmel Spielewerkstatt aus der Schweiz. Es war wunderbar aus Holzklötzchen gefertigt und von toller Qualität, aber leider, leider arg teuer, jedenfalls für meine damalige Freundin und mich – das Stichwort „Studenten“ fiel ja oben schon. So bekamen wir in Essen zwar große Augen, konnten einen Kauf aber nicht rechtfertigen. 2004 lief es uns wieder über den Weg und lockte immer noch sehr. Wenn wir damals gewusst hätten, dass es schon englische und französische Editionen mit Kunststoff-Steinen gab (laut BGG), wären wir wohl mal auf die Suche gegangen.

    So reifte auf der Rückfahrt die Idee eines Selbstbaus. Ein paar Flaschen Acrylfarbe lagen noch herum, ein paar Bretter auch, einzig die Würfelchen zum Bau der Steine fehlten. Bei Winkler Schulbedarf wurden wir fündig: Holzwürfel 20 mm³, 100 Stück 5,60 €. [Yay, Mail-Archiv! ;) ] Super. Direkt mal 7 Pack bestellt, um 4 Spiele basteln zu können. Wenn schon, denn schon ;) Die Bretter gingen leicht von der Hand. Die Oberfläche hätte zwar etwas glatter sein können, aber ging schon … Die Würfel waren ok, ein paar mussten wir aussortieren, aber etwas Reserve war ja eingeplant. Sie ließen sich gut verkleben und selbst das Bemalen von jeweils 11 Steinen in 4 Farben war flotter erledigt als gedacht. Allerdings hätten wir nach dem Prototyp vielleicht mal das Trocknen abwarten und das Handling testen sollen, statt direkt die Spiele 2 bis 4 anzufertigen.

    Beim spielerischen Test zeigte sich nämlich, dass die Würfel längst nicht so maßhaltig waren wie angenommen (Holz ist halt kein Metall) und wir trotz höchster Sorgfalt auch nicht jeden Stein auf den 1/10 mm perfekt geklebt oder bemalt hatten. Ein paar Farbnasen waren kein großes Hindernis, die Längendifferenzen führten aber dazu, dass wir einige Steine aussortieren mussten, weil man mit diesen nicht gescheit in die Höhe bauen konnte. Das Spiel funktioniert halt nur wirklich gut, wenn die Steine absolut sauber ineinander gleiten können. Dazu waren weder die Geometrien noch die laienhaften Oberflächengüten unserer Ergebnisse wirklich geeignet. So spielten wir ein paar Partien damit und ließen es kurze Zeit später in einem Karton verschwinden.

    Ob wir damals auch wie ursprünglich geplant eines verschenkt hatten, weiß ich schon gar nicht mehr. Eine Ausgabe verblieb jedenfalls bei mir und wurde – natürlich ungespielt – vor einigen Jahren vor einem Umzug aussortiert, auch wenn’s mir ein wenig das Herz brach. Da 2015 Blokus 3D eingezogen war, gab’s aber keinen Grund mehr ein derart sperriges Erinnerungsstück aufzuheben. Ich hätte nur mal daran denken sollen, ein paar Beweisfotos zu schießen ;) [Gerade gesucht, nix gefunden, sorry …]

    Blokus 3D i. ü. wird bei uns immer mal wieder gespielt und ist im Familienspielbereich immer noch eine Empfehlung wert.

  • Nicht mehr vorzeigen kann ich meine Risiko-Variante aus meiner Kindheit. Anstelle der Weltkarte haben wir eine 1:25000 Wanderkarte der Heimat genommen und darauf Gebiete und Grenzen eingezeichnet. Joah, war ganz nett, hat aber auch nur so halb funktioniert. Das Projekt konnte sich dann doch nicht durchsetzen. :D

    The dice decide my fate. And that's a shame.

  • Ich habe noch mein "Drachen-Mahjong" von 2001. Ist eine Eigenvariante und hat mit dem eigentlichen Mahjong nichts gemein.


    Die Grafik habe ich damals noch mit Illustrator erstellt und dann mit einem Epson A3 Tintendrucker gedruckt. Die Zeichen auf den Spielsteinen sind einem Amiga-Spiel entnommen, alles andere stammt von mir.


    Es wird auf Zeit gespielt (die Sanduhr habe ich nicht mehr) und der aktive Spieler bekommt Augenkarten, je gesammeltes Paare eine höhere. Ist abgeräumt, wird das Drachenbrett angehoben und der abräumende Spieler bekommt eine Drachenkarte, die die Hälfte seine Augenzahl zählt.


    Als Glücks-Joker kann der aktive Spieler einmal in seiner aktiven Runde die zwei Würfel werfen. Bei einem Pasch darf die Sanduhr wieder umgedreht werden und er kann sich aussuchen, ob er weiter spielt oder (als verschärfte Regel) der Gegenspieler mit der Restzeit auskommen muss.


    Hier ein paar Bilder:

    Die minimalistisch gestaltete Schachtel.

    Der umgedrehte Deckel ist das Spielbrett.

    Unter dem Drachenbrett ist das Fach mit den Drachenkarten versteckt.

    Alle Spielsteine gut unsortiert gelagert.
    Das aufgebaute Spiel mit den Augenkarten und den Glücks-Joker-Würfeln.


    Die Spielsteine sind, wie alles andere an Material auch, aus Papier gefertigt. Ihr Volumen ist mit Feinsand gefüllt, damit sie ein angenehmes Gewicht haben. Trotz des Materials und des Klebens ist das Spiel erstaunlich Widerstandsfähig gegen Angrabbeln und "Steinschubsen". :D

  • Steinschubser : Wow - das sieht ja sehr edel aus 8-))

    Widerstandsfähig gegen Angrabbeln und "Steinschubsen". :D

    Daher der Nickname hier ^^

  • Das erinnert mich an das von meinen Brüdern selbstgebaute Risiko in den späten 70ern. Brettspiele gab es damals in der Familie quasi nicht, nur die übliche Spielesammlung und ein Monopoly.

    Ein Bruder hatte Schreiner gelernt und die Armeen aus Holzklötzchen zurechtgesägt (Würfel für 1er, längliche Quader für 10er), diese dann mit Filzstiftkreuzen ringsum farblich markiert. Die Auftrags- und Armeekarten wurden mit Kugelschreiber auf weißes Papier geschrieben bzw. gemalt und ausgeschnitten. Die Weltkarte war selbstgemalt, kann mich aber nicht genau erinnern, mit welchen Mitteln. Würfel kamen aus der genannten Spielesammlung.

    Sehr rudimentär, aber es wurde rauf und runter gespielt!

  • Fotos habe ich auch keine mehr, doch kann ich mich an drei Eigenbauten aus der Teenagerzeit erinnern.


    Das erste war ein „Kriegsspiel“, dessen Spielbrett so groß war wie eine Tischtennisplatte. Das waren mehrere aneinander geklebte und mit Wasserfarben bemalte DIN-A3 Blätter. Spielmaterial waren die allseits bekannten Kunststoffsoldaten und -fahrzeuge. In der groben Erinnerung war es eine Mischung aus Roll&Move, Talisman und Risiko. Beide Spieler hatten an ihrem jeweiligen Spielfeldende ihre Basis und man musste versuchen, die Basis des anderen einzunehmen. Das hat über viele Wochen unsere Tischtennisplatte in Beschlag genommen und musste dann entsorgt werden, da wir nicht an Möglichkeiten zum Lagern gedacht hatten.


    Ein weiteres war quasi Risiko im Weltraum, nachdem wir auch in Kontakt mit König der Sterne gekommen waren. An viel mehr als schöne bunte Planeten mit Verbindungen dazwischen und m.E. auch Ereigniskarten (in den 80ern brauchte JEDES gute Spiel Ereigniskarten :D ) kann ich mich nicht mehr erinnern.


    Das dritte war ein Playmobil- / Legospiel im John Sinclair Universum. Wenn ich so zurückschaue, sehr ähnlich Talisman (das wir nicht kannten), nur halt alle Spielbretter aus Lego- oder Playmobil gebaut. Es gab mehrere Welten - letztlich kam nach jeder Partie eine dazu, wenn uns die Spielzeit weiterhin zu kurz vorkam, mit ihren x Stunden. :D


    Einen ernsthaften Nachbau habe ich aus der Zeit meines Geek-Status zu berichten: Hammer of the Scots. Hatte das nach meinem Umzug nach München kennengelernt und fand es thematisch und mechanisch toll. An ein Original war, trotz BGG, nicht heranzukommen, doch an Files der Einheiten und der Karte. Insofern alles ausgedruckt und auf einen Spielplan und selbst gesägte Holzquader geklebt. Das Exemplar war gute 8 Jahre in meinem Besitz, bis ich dann in einem Math-Trade oder einer Wohltätigkeitsauktion an ein Original kam.

    Letting your mind play is the best way to solve problems. (Bill Watterson)

    Bin auch immer mal in der FAIRPLAY zu lesen.