Freitag
An einem sonnigen Herbstmorgen brechen wir, so wie auch die letzten Jahre, gemütlich gegen 9 Uhr ca. 30km südlich von Stuttgart auf. Die Fahrt verläuft weitgehend unspektakulär reibungslos - und ganz ohne längeren Zwischenstopp (siehe mein Messebericht 2018 ;)).
Gegen 15 Uhr erreichen wir die Norbertstrasse in Essen, und finden sogar noch einen Parkplatz im praktisch gelegenen P5, da vermutlich schon wieder die ersten Besucher mit vollem Kofferraum von dannen gezogen sind. Ausserdem sagt man dem Messe-Freitag ja seit jeher nach dass es der entspannteste und am wenigsten besuchte Tag wäre. Wir können das insofern bestätigen als dass wir um diese Uhrzeit natürlich ohne Wartezeiten den Passierschein €37 kaufen und die heiligen Hallen ohne Anstehen über den Eingang Süd (West hat uns auf Süd verwiesen - West sei nur für Online-Tickets) betreten können.
Uns offenbarte sich auch innerhalb der Messe eine durchaus entspannte, positive Grundstimmung, die uns zu einem ersten Rundgang durch alle Hallen motivierte, um ein Gefühl für die Grösse, die Anordnung der Stände und überhaupt die nur sanft bis merklich spürbaren Änderungen zu bekommen.
Auffällig ist zunächst, dass die Galeria, für mich inzwischen der Spiele-Äquator der Messe, nicht so voll ist wie ich es von den letzten Jahren in Erinnerung habe. Durch den neuen Eingang scheint sich auch dieser Bereich etwas zu entzerren, was absolut zu begrüssen ist, da ein schnelles Überqueren der Galeria in den letzten Jahren nahezu unmöglich war.
Zurück in Halle 3 haben wir einen gerade frei werdenden Platz genutzt um die Fortsetzung von einem uns beiden sehr geschätzten Titel auszuprobieren.
Wettlauf nach El Dorado - die Goldenen Tempel (Ravensburger) #ElDoradoGoldeneTempel
Nachdem ich die erste Erweiterung, aufgrund vieler verhaltener Kritiken, habe links liegen lassen war ich umso erfreuter die neue Standalone-Version in der Messevorschau zu entdecken. Vielleicht lohnt diese sich ja als grosser Fan des Grundspiels? Für Dorado-Veteranen war der Aufbau schnell und einfach zu meistern, und nach nur wenigen Minuten haben wir uns mitten im Dschungel wiedergefunden, diesesmal jedoch auf der Suche nach den namensgebenden Tempelschätzen.
Wesentliche Neuerungen sind eine zusätzliche “Währung” (Fackeln), sowie der Umstand dass das Wettrennen nun in vier Teilschritte aufgeteilt wurde - es müssen 3 Schätze gefunden und an den Ursprungsort zurückgebracht werden. Die Reihenfolge ist den Spielern überlassen, und so kam es dass wir zunächst sternförmig in völlig verschiedene Richtungen losgerannt sind und uns zunächst kaum bzw. gar nicht in die Quere kamen. Aus meiner Sicht eine Verschlechterung zum Grundspiel, auch wenn es da öfter zu frustigen Warterunde kam, hielt es die Spannung (wann geht es endlich weiter, kann ich überholen bzw. wie kann ich mein Deck derweil optimieren) hoch.
Statt den Vulkanplättchen kommen nun Wächterplättchen zum Einsatz, die genau diesen Umstand der möglicherweise geringeren Interaktion Tribut zollen wollen und in den meisten Fällen dem Gegner einen Vorteil verschaffen wenn man in der unmittelbaren Umgegung davon zum Stehen bleibt.
Die neuen Aktionskarten sind aus meiner Sicht das Spannendste am Reboot. Schade dass Ravensburger bisher keine “kleine” Erweiterung gewagt hat - ein paar neue Aktionskarten und Geländetableaus würden mir völlig ausreichen um das Spiel abwechlungsreich und variabel zu halten - neue Regeln schaden dem schlanken, kondensierten Grundkonzept eines gnadenlosen Wettrennens leider mehr als dass sie neuen Spielspass bieten würden. Und damit war bereits die erste leichte Messe-Enttäuschung in den Büchern!
Infos zur Partie:
Anzahl Spieler: 2
Gespielt: unvollständige Partie (ca. 30 min)
Vorläufige Note: 6/10
El Dorado war leider das einzige Spiel dass wir am Freitag auf der Messe gespielt haben. Dafür ging es Abends in der Unterkunft noch mit folgenden Titeln weiter (beides keine Messe-Neuheiten - aber Root stand schon lange auf meiner Wunschliste, daher habe ich die Werbetrommel dafür gerührt):
Root (Leder Games) #Root
Root hatte ich mir bereits weit im Vorfeld der Messe ausgespäht - nachdem ich zu Vast in meiner ersten (und bis dato einzigen) Partie keinen richtigen Zugang gefunden hatte, war ich trotzdem hochmotiviert Root eine Chance zu geben - und ds nicht nur weil es für mich schon rein optisch viel ansprechender erschien.
Als Fraktion habe ich mir Marquis de Cat ausgesucht, und es mir zum Ziel gemacht die Stärke bzw. Ziele der Fraktion so konsequent wie nur möglich umzusetzen, und mich nicht gross mit den möglichen Gegnern und deren Möglichkeiten mich zu stoppen auseinandersetzen - aus meiner Sicht kein schlechter Ansatz für eine Erstpartie bei asymmetrischen Spielen.
Diese Strategie der “Gegner-Ignoranz” war, zu meiner Überraschung, dann auch fast aufgegangen, wäre da nicht der Vagabund in allerletzer Sekunde mit einer 15 Punkte-Runde noch an meinen bis dato 23 Punkten vorbeigezogen.
Mir hat Root sehr viel Spass gemacht - es war faszinierend zu sehen was die anderen Spieler mit Ihren Fraktionen anstellen, und hat bereits einen Ausblick darauf gegeben welche Spieltiefe und welches Balancing drin steckt. Wo Vast noch eine lange Erklärung der Fraktionsregeln benötigt hat, waren wir in Root nach ca. 15-20min bereits startklar und konnten weitgehend autark unsere Züge durchführen. Um das Spiel wirklich gut zu spielen wird es aber dennoch viele Partien in gleicher Runde mit möglichst allen Fraktionen benötigen - und das ist vermutlich der einzige Knackpunkt den ich an Root auszusetzen habe. Dieses Szenario ist leider eher unwahrscheinlich, daher wird der Einstieg in das Spiel sich wohl meistens wie eine Lernpartie anfühlen.
Entscheinend für den Sieg ist sowohl das eigene Timing, als auch einen Blick auf die Gegner - wann wäre es theoretisch möglich die Ziellinie mit einem punkteträchtigen Zug zu erreichen? Dies zu verstehen und rechtzeitig zu agieren macht vermutlich den Meister in Root. Kombiniert mit der liebevollen und geradezu putzigen Aufmachung der Spiel-Komponenten für ein konfrontatives Spiel könnte hier ein moderner Klassiker enstanden sein. Jedenfalls lassen bereits mehrere Erweiterungen durchblicken dass Root ein beachtlicher Erfolg ist. Es verdient zumindest grossen Respekt, da wohl kaum etwas schwierige sein dürfte als in einem solchen Spiele neue Fraktionen mit komplett neuen Regeln zu integrieren ohne die Balance aller bisherigen Kombinationen aus dem Gleichgewicht zu bringen.
Infos zur Partie:
Anzahl Spieler: 4
gespielt: vollständige Partie (ca. 120 min)
Vorläufige Note: 8-9/10
Imhotep (Kosmos) #Imhotep
Das Spiel ist aus meiner Sicht immer etwas zu unrecht unter dem Radar geflogen. Wir wollten zum Abschluss des Tages noch einen lockeren aber trotzdem nicht trivialen Absacker spielen - und der schweifende Blick über das gut gefüllte Spieleregal blieb an Imhotep hängen. Das Duell hat mir letztes Jahr auf der Messe bereits einigen Spass bereitet, aber der grosse Bruder ist keinen Deut weniger spannend/interessant. Das Material ist sogar noch einladener/haptischer, und die 4er Partie hat uns auch nur knapp über 30 min gekostet, und ist denkbar knapp mit nur 5 Punkten Differenz zw. Platz 1 und Platz 4 ausgegangen. Imhotep würde ich immer wieder gerne mitspielen. Schön dass es durch die DSP Classic Goodie Box von Frosted Games nun nochmals mit einer Mini-Erweiterung geehrt wurde.
Infos zur Partie:
Anzahl Spieler: 4
gespielt: vollständige Partie (ca. 35 min)
Note: 8/10