Gestern Abend endlich mein erstes COIN, GMTs #FireInTheLake zu zweit.
Ich als USA gegen den Vietcong, mit botgesteuerten Nord- und Südvietnamesen.
Das Spiel ist ziemlich asymmetrisch, alle Fraktionen haben andere Ziele und andere Aktionen.
Als USA bin ich die Kampfsau, will aber spieltechnisch vor allem eigene Truppen abziehen/retten und eine positive Einstellung der Regionen zur Regierung in Saigon herstellen. Also nicht allzu viel kämpfen.
Der VC spielt Guerillakrieg, er will eine eher negative Einstellung zur Regierung erzwingen + sabotieren (?).
Südvietnam will meine Gelder in Vetternwirtschaft umleiten, und möglichst viele Gebiete kontrollieren, am besten auch über mich, weil ihre eigenen Klötzchen nicht ordentlich kämpfen können.
Nordvietnam ist die zweite Militärmacht im Spiel, aber eher "Masse statt Klasse", und die wollen ebenfalls Gebiete kontrollieren + (?).
Es spielt also jeder gegen jeden, auch wenn USA und Südvietnam sowie Nordvietnam und Vietcong auf dem Papier eher Verbündete sind, sich zB nicht bekämpfen.
Zeitlich beschränkt wird das 3-Stunden-Szenario über ein Set von Ereigniskarten, in das - mit ungefähr 8 Karten Abstand - drei "Coups" reingemischt werden, beim dritten endet das Spiel spätestens, außer eine Partei konnte vorher schon ihre Siegpunktschranke bezwingen. Pro Ereignis sind immer zwei Fraktionen dran, die dann entweder das Ereignis oder eine ihrer zahlreichen Aktionen durchführen können.
Die Zeit bis zum ersten Coup brauchte ich, um ungefähr die Regeln zu verstehen.
Strategisch wählte ich aber vielleicht nicht den dümmsten Ansatz: Ich habe die Bots weitestgehend ignoriert und lieber meinen Mitspieler gejagt, vor allem mit Luftangriffen auf Regionen, in denen ich eh schon unbeliebt war (Luftangriffe sind nicht allzu gut für die Stimmung). Das spielte zwar eher dem Südvietnam-Bot in die Hände, aber sei's drum.
Dieser hatte ohnehin über eine Ereigniskarte all mein schönes Geld ausgegeben, so dass ich sowieso nur kämpfen konnte. Lästig, diese Bots.
Beim ersten Coup erfuhr ich dann, wie ich selbst am besten an Punkte rankomme: Danach kommt nämlich eine kurze Phase, in der ich haufenweise Geld ausgeben kann, um die Stimmung in verschiedenen Regionen zu verbessern (kurz: Siegpunkte zu sammeln).
Also die Zeit bis zum zweiten Coup genutzt, um in möglichst vielen Ländern Bedingungen dafür herzustellen (eigene Truppen und südvietnamesische Polizei vor Ort).
Schön friedlich und mit vollen Geldkoffern.
Nach diesem war aber der NVA-Bot kurz vor dem Sieg, den ich bisher überhaupt nicht bekämpft hatte.
Aber weil es halt ein Bot ist, will der ja eh gar nicht so richtig gewinnen.
Ich habe aus voller Gier (meine zweite Siegbedingung) nur eine einzelne Basis und eine Rumpfbesatzung von Soldaten zurückgelassen (~10 von meinen ca. 40 insgesamt möglichen), und bin dann mit denen in die Schlacht gezogen. Unter schier obszönen Verlusten wurde die NVA fast bis in die Heimatprovinz zurückgedrängt. Das Kampfsystem ist ziemlich einseitig: Es gibt keinen "Gegenschlag", wenn ich angreife, verursache nur ich Verluste... Und es gibt erstmal kein "Bewegen UND Kämpfen". Das passiert erst in einer Folgerunde, bis dahin kann man aber selbst angegriffen werden... Amis können das aber sehr wohl, über ihre Luftbewegungs-Spezialaktion. Kurzum, die roten Klötzchen fielen wie die Fliegen, ohne sich zu wehren. Das hätte ein menschlicher Gegenspieler sehr sicher zu verhindern gewusst.
Weil der VC den Südvietnam-Bot ziemlich gebeutelt hatte (alleine eine einzelne Ereigniskarte zog 6 Punkte Vetternwirtschaft ab), war der auch keine Bedrohung mehr, obwohl ihm mein militärisches Agieren diverse Punkte einbrachte. Der Bot selbst hörte zudem irgendwie auf, sich um eigene Punkte zu bemühen, sondern fing an, von sich aus und gar nicht so ineffizient den VC zu jagen, sehr zum Ärger meines Mitspielers.
Und dem selbst fehlte es an Handlungsmöglichkeiten. Er hatte die Stimmung überall gekippt, wo er rankam, aber das reichte nicht, die restlichen Städte waren zu vollgestopft mit Polizei und Militär, da kam er nicht durch. Er war ohnehin ziemlich zurückgeworfen von meinen anfänglichen Napalmgeschenken.
Die dritte Couphase kam dann wesentlich schneller als erwartet, ziemlich weit vorne in ihrem Achterstapel, und ich konnte als einziger meine Siegbedingung erreichen, die anderen Fraktionen lagen 6-8 Punkte hinter ihren Zielen.
Vermutlich hatte ich letztendlich einfach besser auf die Blödheit der Bots gesetzt.
Gegen einen menschlichen Spieler hätte ich der NVA sicher nicht so lange Zeit und Freiräume geben dürfen. Und ein menschlicher Südvietnamese hätte vermutlich auch verhindert, dass ich seine Einheiten überall dort rekrutiere, wo sie nur mir was bringen, oder sie wenigstens wegbewegt.
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Ach so, zum Regelaufwand und zur Zugänglichkeit:
Lässt man die Bots und ihre Algorithmen regeltechnisch außen vor (hat alles mein Mitspieler gemacht), sind die restlichen Regeln von #FireInTheLake nicht unbedingt wahnsinnig kompliziert.
Lästige kleinteiligste "Sonderregeln" habe ich nicht zu Gesicht bekommen, die Grundmechanismen und Aktionen sind eigentlich ziemlich klar. Es ist nur recht viel davon, wenn man es erklärt bekommt.
Es werden aber halt wieder (in bester GMT Manier) diverse unnötige Hürden in den Weg geworfen... Winzigste Texte mittig auf dem Spielplan, die von keiner Sitzposition aus lesbar sind... Statt die Regionen der Übersicht halber zu nummerieren, haben sie nur ihre asiatischen Namen... Die "Spielerhilfen" und Kartentexte sind teils ziemlich knappe Stichwortlisten, die eher als Erinnerungsstütze dienen, wenn man die Regeln dahinter eh schon kennt...
Und das Spielfeld ist schon zu Beginn derart mit Zeug vollgeballert, dass man erstmal ein paar Minuten Counter und Klötzchen studieren muss, bevor man irgendwie auch nur ansatzweise eine Art Plan formulieren kann (es baut sich nicht auf, alles ist schon da).
Alles funktioniert, aber es ist schon ein wenig knifflig zu erlernen, gerade aus strategischer Sicht.
Interessant fand ich aus Autorensicht vor allem den Reihenfolgemechanismus: Auf jedem Ereignis steht eine Spielerreihenfolge, aber es sind in der Regel immer nur zwei Fraktionen "verfügbar" (die, die gerade keinen Zug hatten), zwischen denen dann die Reihenfolge bestimmt wird. Der erste legt zudem fest, welche Aktionen dem zweiten zur Verfügung stehen (Event ja/nein? Spezialaktion ja/nein?).
Dann tauschen die Fraktionen, die zwei, die dran waren, sind raus, und die anderen kriegen das nächste Ereignis.
Spannend ist auch, dass man gar nicht sooo oft "dran" ist. Alle zwei Ereignisse einmal, und das sind ja nur ca. 20-24 Stück., also 10-12 Aktionen/Ereignisse pro Spieler.
Man darf die Aktionen aber dafür schon fast beliebig ausweiten, teilweise die halbe Karte mit einer Aktion vollrekrutieren.