Am Wochenende in unterschiedlichen und entspannten Spielrunden in Einschlingen gespielt:
Flick Em Up : Erstmalig nach einem Jahr das zweite Szenario gespielt. Da steckt ne Menge mehr Spiel und Taktik drin, als ich nach diversen Erstpartien mit dem allerersten Szenarie vermutet hatte. Sollte eigentlich viel häufiger aufm Tisch kommen. Eben immer dann, wenn Geschicklichkeit und Taktik gefragt ist. Wer allerdings blöd schnippst, dessen Team hat keine Chance. Deshalb mal ein paar Übungsschnippser vorab einfügen, damit der Druck des Einzelnen etwas genommen wird, denn ohne Daumen zu schnippsen, ist nicht ganz einfach. Toller Auftakt in ein langes Spielewochenende.
Junk Art : Weiterhin das bessere Bausack. Allerdings sind einige Spielmodi mal besser und mal schlechter für grössere Runden geeignet. Besonders fällt das auf, wenn man eine Schnellbaurunde spielt und danach reihum gebaut wird und der Einzelne mehr zuschaut als aktiv mitspielt. Zudem kann die Punktewertung bei zufällig kombinierten Spielmodi hintereinander weg auch mal wenig Sinn ergeben, wenn schlicht der Sieger vorab längst feststeht. So verflacht der Wettbewerbscharakter ein wenig und der reine Bauspielspass muss das Spiel tragen. Etwas mehr redaktionelle Feinarbeit wäre hier schön gewesen. Muss man entweder selbst leisten oder das Spiel so nehmen, wie ist - unterschiedlich, spassig, aber eben doch nicht perfekt zu Ende gedacht. Passt trotzdem.
Fabelsaft : Erstmalig zu fünft gespielt und dabei ist das Gedränge auf der Kartenauslage schon wesentlich grösser als nur zu dritt. Damit kommt es auch öfters dazu, dass man mal Geschenke bekommt. Zudem verändern sich einzelne Karten ganz dramatisch in ihrer Wirkung. Besonders beliebt war da die "Geschenke machen Karte", wobei man für angenommene Geschenke doppelt vom Nachziehstapel entlohnt wird. Damit wird das Spiel fast zum Sozialexperiment, wenn Gier vor Vernunft siegt. Toller Spannungsbogen und erkannt, dass ich das Spiel in der Erstpartie falsch gespielt habe, denn die Jokerkarten kommen erst später ins Spiel, was die Karten selbst aufwertet in ihren Funktionen. Tolles Spiel. Besser noch, wenn man es denn mehrmals spielt und damit eine Entwicklung sieht. Bei uns kam es zu mehreren Revanchen, was für das Spiel spricht.
Agent Undercover : In Fünferrunde gespielt und das mit den Rollen innerhalb der Ortskarten. Schon öfters erlebt, dass die Runde eher schleppend bis langatmig wurde. Hier war es die zufällig fast perfekte Mitspielerrunde, zumal ich das Spiel selbst gern spiele, es aber niemanden mehr aufdränge, weil dazu ist es zu speziell. Perfekt, dass es von anderen Mitspielern gespielt werden wollte und ich nur noch nicken brauchte. Mehrere Revanchen, kurzweilig und kreativ intensiv und stets überraschend. Wäre selbst fast als Agent ohne Ahnung durchgekommen, waren aber dann doch nicht aum Kreuzfahrtschiff. Mitten in die Falle der Mitspieler getappt und genau wegen solcher Momente besonders und erinnerungswürdig.
Mahe : Die heisse Schlacht am kalten Buffet mit tollem Thema und toller Ausstattung. Besonders der Nachtspielplan sieht schön atmosphärisch aus. Der Rest ist ein Zockerspielchen, das in unserer Sechserrunde für beste Stimmung am Tisch sorgte. Empfehlenswert, wer es noch nicht kennt. Ein wenig Schadenfreude gehört schlicht mit dazu und Euphorieausrufe, wenn sich die Schildkröten in den Himmel stapeln und man sich gerne mitschleppen lässt. Alex Randolph konnte es eben. Spiele ich immer wieder gerne mit.
Word Slam : Der Absacker des ersten Spieltages. In Sechserrunde gespielt und weiterhin erstaunlich, wie unterschiedlich doch mit dem vorgegebenen Wortschatz jongliert wird. Für mich das bessere Concept, weil der Wettbewerb der zwei Teams trägt und die Spannung hoch hält, weil man von den Rateversuchen des Gegnerteams profitieren kann, wenn man selbst in einer gedanklichen Sackgasse steckt. Für mich weiterhin der Geheimtipp der SPIEL16 im Genre der kreativen Partyspiele. Absolute Empfehlung.
Terraforming Mars : In Fünferrunde mit drei Erstspielern, die die Anfängerkonzerne spielten. Ein Mitspieler und ich versuchten uns an die Konzernkarten und mussten feststellen, dass die in ihren Vorteilen dann doch die das Spiel zu sehr einengten. Zumal in Fünferrunde recht wenig Generationen gespielt wurden und wir mit unseren Konzernen den Nachteil der 0er-Produktion zu Spielbeginn kaum aufholen konnten. Eventuell, wenn das Spiel länger gedauert hätte. In Zukunft dann entweder in kleinerer Runde mit Konzernen, so dass langfristige Strategien auch packen können. Erstaunlich, wie sich das Spielgefühl doch änderte dadurch. Gefühlt eine schnelle Partie, auch wenn wir etwas länger am Tisch saßen. Ein Höhepunkt des Wochenendes.
The Last Friday : Der Tiefpunkt des Wochenendes. Wir hatten auf eine 2 1/2 Stunden Partie gehofft, die uns durch die vier Kapitel führen sollte. Am Ende waren es rund 4 1/2 Stunden und damit eindeutig zu lang für das Spiel. Lag aber auch an unserer 6er-Runde, die anfangs zu diskussionsfreudig war. Wenn 6x 15 Spielzüge besprochen werden, fühlt sich das irgendwann wie klebriger Sirup an. Zudem hat das Spiel etliche Detailregeln, die wir allzu schnell dann doch teils nicht beachtet hatten. Da fehlt klar eine Übersicht für den Maniac und die Camper, was wie wann welche Auswirkungen hat. Somit ist die Balance wohl schon im ersten Kapitel in Schieflage geraten, weil der Maniac keinen einzigen Camper töten konnte.
Dann folgten die anderen Kapitel, die sich aber nicht erfrischend neu oder spannend, sondern eher wie eine Wiederholung mit umgekehrten und nochmals umgekehrten Rollen anfühlten. Zumal sich das Spiel nicht entscheiden kann, ob es Amitrash mit Atmosphäre oder optimierte Deduktion sein will. Denn damit der Maniac zielgerichtet spielen kann, sollte er vorab immer wissen, wie und wo es im folgenden Kapitel weitergeht, weil der Spielplan unverändert ins nächste Kapitel übernommen wird. Besonders das zweite Kapitel macht eigentlich keinen Sinn, weil sich ein siegorientierter Maniac einfach schnell selbst töten sollte, um das Spielbrett für die Camper in einem denkbar schlechten Zustand für Kapitel drei vorzubereiten. Da fehlt schlicht der redaktionelle Feinschliff in den Belohnungen zwischen den Kapiteln und besser herausgearbeitete Siegbedingungen und Motivationen, damit sich das Spiel hier nicht selbst aushebelt und absurd wird.
Mit guten Spielübersichten, so dass man in kleinerer Runde das Spiel gezielt von der atmosphärischen Seite angehen kann und nicht mit Regelunklarheiten und vergessenen Details kämpft und dann auch alle vier Kapitel in 120 Minuten beenden kann, dann könnte das Spiel was taugen. Aktuell halte ich es eher in dem aktuellen Zustand für einen Fehlkauf, weil es schlicht das nicht einhalten konnte, was ich mir davon versprochen hatte. Denn ein schnelleres Whitechapel ist es bei 4 1/2 Stunden schlicht nicht. Wird noch eine letzte zweite Chance bekommen, aber maximal zu viert gespielt und mit einem absolut regelsicheren Maniac, der alle seine Möglichkeiten einzusetzen weiss, was in der erklärten Erstpartie so kaum möglich war.
Galactic Emporer : Zu sechst in Vollbesetzung gespielt und damit für das Spiel zu lang gedauert. Im Kern ein Twilight Imperium Light mit Fokus auf Kampf. War dann aber eher ein Haudrauf. Zumal ein Regelfehler bei dem Influence das Spiel ein wenig verflacht hat. Insgesamt nur durchschnittlich, weil es dann doch zu viel direkte Interaktion gab und es Zufall war, wer die wenigste Haue der Mitspieler abbekam. War eventuell nicht die schlaueste Wahl, direkt zu Anfang die Piraten zu nehmen und bei Mitspielern Rohstoffe zu klauen und zudem den allersten Kampf zu initieren. Habe aber Nehmerqualitäten gezeigt.
Captain Sonar : Mehrere Runden mit unterschiedlichen Mitspielern. Der Einstieg ist weiterhin unterschiedlich schwierig und zu unterschiedlich erfahrene Teams sind keine gute Grundlage für spannende Partien, wenn es zu einseitig und zu emotional überfordernd wird. Das nehme ich als Erfahrung mit. Dazwischen gab es aber auch spannend-launige Partien. Insgesamt drei mal in zwei Tagen erklärt und langsam mag ich nicht mehr, weil die Erklärung doch aufhält und sich im Vergleich zur Spieldauer nur zeitlich lohnend anfühlt, wenn es dann öfters mit diesen Mitspielern aufm Tisch kommt und Erklärung und Spieldauer in einem besseren Verhältnis stehen. Zumal das Spiel deutlich gewinnt, wenn man ein wenig Spielerfahrung hat. Es braucht aber eine gute Erklärung, damit sich jeder ausreichend sicher auf seiner Position fühlt.
Captain Sonar ist hingegen ein Spiel, das erstmal interessant wirkt und zum ausprobieren reizt, im Nachgang dann aber einzelnen doch nicht gefällt, es aber auf das ganze Team ankommt, wenn eine Partie gelingen will. Überforderte oder gelangweilte Mitspieler tun dem Spiel nicht gut und können eine Partie runterziehen. Deshalb schwierig, die passende Runde zu finden. Gerne wieder, noch lieber aber mit Mitspielern, die für sich wissen, dass sie das Spiel mögen. Oder ist das zu egoistisch?
Stille Post Extreme : Wenn irgendwann nach Mitternacht noch weit bis zwei Uhr weitergespielt wird, obwohl einige schon längst ins Bett wollten, sich die ganze Runde vor Lachen fast am Boden wälzt und Runde auf Runde folgt, dann ist eigentlich schon alles gesagt. Neben Word Slam das beste kreative Partyspiel, wenn Codenames zu verkopft scheint. Der Kauf meines eigenen Exemplars, obwohl ich das amerikanische Original schon im Schrank habe, hat sich mehr als gelohnt. Zudem ich mir selbst ein wenig auf die Schultern klopfe, den berechtigten Hype um das Spiel damals mit ausgelöst und gestreut zu haben.
Villen des Wahnsinns 2. Edition : Ein weiteres Highlight. So gut, dass ich mir das Spiel direkt kaufen werde. Blöd nur, dass es aktuell in deutscher Sprachversion ausverkauft ist. Die App wertet das Spiel enorm auf, wirkt unterstützend und in keinster Weise als Fremdkörper oder Ablenkung. Blöd weiterhin, dass ich selbst kein Tablet mit Touchscreen habe und das Lenovo Yoga Book vor wenigen Tagen wieder zurückgeschickt habe. Ideal wäre es, wenn ich die App per Beamer oder Grossbildfernseher im Bild doppeln könnte, aber alleine mit Tablet geht es auch. Schade, dass es keine Sprachausgabe gab. Selbst vorlesen kann das aber auch ersetzen. Trotz dieser ganzen technischen Unperfektheiten fand ich den Spielablauf so stark, dass die Atmosphäre und der Spielspass all das überblenden kann.
Die beste Symbiose zwischen Videospiel und Brettspiel, die ich bisher gespielt habe. Die erste Edition der Villen des Wahnsinns fand ich gut, aber in der Vorbereitung und Aufbau zu zeitintensiv. Deshalb ist es seit etlichen Monaten (oder Jahren?) nicht mehr aufm Tisch gekommen. Die Möglichkeit, mit der zweiten Edition einfach so und gemeinsam loszuspielen und die Regeln ebenso in wenigen Minuten erklären zu können, ist ein ganz starker Vorteil. Unsere Partie hat rund 3 Stunden gedauert. Das waren 3 Stunden bester Unterhaltung. Und um genau diese beste Unterhaltung zu wiederholen, werde ich mir das Spiel selbst kaufen. Die technischen Hürden sind da kein Hindernis.
Chariot Race : Nur kurz angespielt und in der ersten Runde am Kurvenrand zerschellt ausgeschieden. Funktioniert, ist aber eines der weiteren Rennspiele mit Würfeln, das dann doch irgendwie zu gewöhnlich ist, um besonders zu sein. Durch passive und aktive Waffen aber gut gewürzt mit Interaktion, fernab die Spur zu blockieren. Sollte nochmal ne Chance bekommen, weil wäre dem Spiel ansonsten unfair gegenüber Das typische "selbst kaufen nein", aber "durchaus wieder mitspielen" eben.
Mein Wochenendfazit : War gut und abwechslungsreich und in guter Gesellschaft entspannte und ebenso herausfordernde Spielrunden verbracht. Mit Ingo zusammen sicher nochmals besser gewesen - schnelle Genesung! Die Eurogames-Neuheiten sind kaum aufm Tisch gekommen, hatte auch niemand dabei. Fernab Great Western Trail habe ich da weder ein First Class, kein Die Kolonisten, kein Ein Fest für Odin oder gar irgendwas von Queen oder Schmidt oder Zoch gesehen. Fehlte aber auch nicht.