Beiträge von Poeppel im Thema „Terraforming Mars“

    Ich bin der Meinung man sollte nicht draften.
    Denn das gibt die Unplanbarkeit über mehrere Generationen viel besser wieder. Die Konzerne auf dem Mars können sich noch so tolle Strategien überlegen, nach zwanzig Jahren (oder wieviel rechnet man für eine Generation? 30 Jahre?) ist so viel unvorhersehbares passiert, dass der Kurs wieder völlig neu bestimmt werden muss. Daher die vier neuen Karten, die man sich eben nicht aussuchen darf. Rein thematisch macht das (für mich) viel mehr Sinn, als das draften. Anders als in den meisten anderen Spielen, spielen wir hier eben nicht einen Konzernlenker/ Anführer/ König/ Rat/ Menschen/ Wesen/ o.ä. der durch das ganze Spiel kontinuierlich plant, sondern jede Spielrunde (Generation) einen anderen Konzernlenker, der dann auch anders denkt als seine Vorgänger und den Konzern vielleicht mit ganz anderen Strategien in seiner Zeit Zukunftsfähig machen will.
    Eine klar thematische Begründung gegen das draften.
    Wer beim Spielen nicht nur die Mechanik sieht, sondern auch viel Spielspaß aus der gemeinsamen Aufgabe des Terraformens zieht, wird es vielleicht ähnlich sehen.


    Allerdings bekommt der Zufall so natürlich mehr Einfluss im Spiel. Ohne Draften kann es schon mal sehr ungerecht werden. Es kann passieren, dass man das Beste aus seinen Mitteln macht und trotzdem haushoch verliert, weil ein Mitspieler einfach gut zueinander und zum Konzern passende Karten zieht. Ich habe kein Problem damit. Da sind genug glattgebügelte Spiele im Schrank, bei denen jeder die gleichen Chancen hat. Für mich ist Spielen kein Sport, bei dem ich irgendjemand (auch nicht mir selbst) beweisen muss, dass ich besser bin als die anderen und deshalb von Anfang bis Ende nachweisbar gleiche Bedingungen brauche. Es reicht, wenn die Ausgangsbedingungen gleich sind, danach darf der Zufall gerne mal zuschlagen, jedenfalls solange ich nicht das Gefühl habe gespielt zu werden. Und das Gefühl kann bei Terraforming Mars höchstens in den ersten Kennenlernpartien aufkommen, oder wenn ich mir eine Langzeitstrategie in den Kopf gesetzt habe, von der ich nicht abweiche, obwohl ich nicht die Karten dafür ziehe. Auch bei schlechten Karten habe ich noch Optionen. Und in den ersten Partien wird gerne die Bedeutung der Plättchen und der Platzierungsboni auf dem Spielplan unterschätzt.
    Die Welt ist eben nicht gerecht. Terraforming Mars auch nicht. Das macht es doch realistischer, oder? Der Reiz liegt darin, aus den mir zur Verfügung stehenden Möglichkeiten das Beste zu machen. Und wenn ich dann völlig zu Unrecht Letzter werde... so what? Ich hatte trotzdem Spaß. Vielleicht habe ich ja auch was draus gelernt. Vielleicht hatte ich Spaß daran zu sehen, wie sich mein Mitspieler riesig über seine tollen Züge und seinen Sieg freute. Aber wie grandios und erinnernswert ist dann eine Partie, in der ich against all odds, trotz Kartenpech, am Ende dann doch noch ganz knapp gewinne, einfach weil ich so wahnsinnig toll gespielt habe und eine nicht so offensichtliche Kombo entdeckt habe, die mir nie aufgefallen wäre, wenn ich nicht mit diesen "Sch***-Karten" hätte klarkommen müssen..


    Wir Spieler sind aber ja nicht alle gleich. Und wer beim Spielen mehr die Mechanik sieht als das Thema und mehr den Wettbewerb liebt als ich (ich spiele gerne kooperativ, konfrontativ, oder stark interaktiv, Wettbewerb um Punkte allein motiviert mich nicht sonderlich), der sollte vielleicht besser doch draften. Fairer wird Terraforming Mars dadurch bestimmt. Aber in meinen Augen eben nicht besser! Nur länger und mit weniger Risiko.


    Terraforming Mars mit Draften ist wie Wettschwimmen mit Schwimmflügeln. ;)