Beiträge von ode. im Thema „Eurogame vs. German Game“

    "Engagement" heißt nach meiner Lesart in dem Sinne des "Schools of Design"-Artikels durchaus Einbindung der Spieler; die Frage wäre dann aber, ob ein hartes Euro ohne nennenswerte Glückselemente und Spieler-zu-Spieler-Interaktion tatsächlich dazu in der Lage ist (da unter diesen Bedingungen eben auch Unlust aufkommen kann, insbesondere in Kombination mit dem Faktor Komplexität).

    Da sehe ich aber durchaus auch einen Kennwert in Bezug auf die Einbindung von Mitspielern. So haben es viele Euros der letzten 15 Jahre zum Prinzip erhoben, dass es kurze, knackige Spielzüge gibt. Damit die Downtime sinkt. Und die Spieler schneller wieder am Zug sind. Das kann man schön bei Alea beobachten. Die Spiele sind meiner Ansicht nach deshalb so erfolgreich gewesen von Anfang an, weil dies ein wenig Verlagsprinzip war. Man lese auch diverse Aussagen von Stefan Feld diesbezüglich gegen. Er hat in diversen Interviews davon gesprochen, dass er auf eben jenen Aspekt zu achten von Stefan Brück (seineszeichens Redakteur von Alea) gelernt hat. Die im gleichen Zeitraum aufkeimenden Spielmechaniken, wie bsw. Worker Placement, zielen auch darauf hin. Wir besprachen es just. Einsetzphase, Auswertungsphase. Einsetzphase ohne Aktionsabwicklung, weil man eben dann schneller hintereinander weg am Zug ist. Danach alle hintereinander weg auslösen (ohne sich entscheiden zu müssen, das ist ja schon geschehen). Worker Placement hatte in seiner ursprünglichen Form eben den Sinn, den Spielzug eines Spielers aufzuteilen. Einerseits um interessante Timingeffekte zu erzielen, andererseits um die Downtime zu senken. Denn der bis dahin "normale" Spielzug eines Spielers war: Entscheidung treffen und dann auch ausführen, wofür man sich entschieden hat. Das wurde eben aufgeteilt um kürzere Spielzüge zu erreichen und weniger Downtime zu haben. Alle Spieler fühlen sich nun mehr eingebunden als es bsw. bei einem Spiel wie Tikal, mit 10 Aktionspunkten pro Spielzug, war...

    @JoelH

    Ich wollte dir auch gar nicht entgegen reden. Man muss ja nicht immer unterschiedlicher Meinung sein um diskutieren zu können... ;)

    Natürlich hätte man die Rollenwahl auch als Einsetzmechanismus realisieren können. Aber das wäre m.E. nicht so "schön" gewesen. Bei Caylus "arbeiten" die Worker in gewisserweiße ja wirklich für einem. Den einen setzt man ins Wirtshaus, den anderen schickt man zum König usw. Bei Puerto Rico hingegen ist man es ja selbst, der gerade eine Rolle einnimmt, von daher wäre das stupide einsetzen eines Steins irgendwie nicht so ästhetisch.

    Das sehe ich nicht so. Ich sehe keinen Unterschied darin, ob ich einen Worker in ein Wirtshaus setze, damit er dort XY für mich macht, oder ob ich einen Arbeiter auf den Händler setze und dieser nun für mich eine Ware verkaufen kann. Oder ob ich in einer spontan von mir erfundenen Caylus-Variante die Rollenkarte "Wirt" zu mir nehme um die Aktion dann auszuführen - und im Gegensatz zu PR kann sie nun keiner mehr in dieser Runde ausführen. Ob ich nun die Rolle einnehme oder eine Spielfigur "einen Job" bekommt. Da sehe ich, jetzt besonders bei dem Level an Abstraktion, keinen Unterschied.

    Anders wäre es, wenn mir von der einmal gewählten Rolle Wirt nun etwas bleibt. Ich Erfahrung als Wirt sammel und bestimmte Fähigkeiten erlerne. Und in späteren Runden erwerbe ich wieder neue Fähigkeiten als Händler und erweitere so mein Handlungsspektrum. Das wäre dann etwas, was dann auf mich als Person auswirkt. Dann würde ich wirklich von "Rolle" in die ich schlüpfe sprechen. Aber bei PR ist es echt für mich nur so, dass ich eine Karte nehme und nun die Kapitän-Aktion für alle auslöse. Ich fühle mich da nicht als Kapitän, oder so was. Daher ist das Level an Abstraktion bei den beiden Spielen für mich kein Grund mich da mehr ins Thema gezogen zu fühlen...

    Eine schöne Sache, die mir dazu einfällt, möchte ich mal hervorheben. Bei #Caverna kann man seine Arbeiter mit Waffen ausrüsten. Diese Waffen bleiben bei dem Spielstein, den ich damit bestücke. Er hat für den Rest des Spiels eine Waffe, die ich sogar noch verbessern kann. Mein Arbeiter bekommt eine dauerhafte Eigenschaft. Das ist eine sehr schöne Idee, wie ich finde. Ähnlich, aber doch etwas anders, macht es das Spiel #Archon von meinen Lieblingsgriechen von Artipia Games. Dort kann man gleichzeitig mit dem Worker eine Karte ausspielen, die dieser Figur eine Zusatzeigenschaft gibt. Bsw. spiele ich die Karte "Merchant" aus. Setze ich diesen Worker nun auf ein Feld, das mir Rohstoffe bringt, so bekomme ich mehr Rohstoffe. Ich gebe den Workern quasi Sonderrollen.

    Worker Placement beschreibt zwar schon den Mechanismus, was viel tiefgreifender ist als der reine Oberbegriff, ist aber m.E. ein gutes Beispiel, denn bei Worker Placement habe ich nur einen Gedanken, Caylus

    Die Sache ist ja die, dass Worker Placement eben sehr viele verschiedene Facetten hat. Früher hieß es mal, dass bei WP zwangsläufig eine Einsetzphase und dann eine Auslösephase nötig sei. Siehe Morgenland, Caylus, Die Säulen der Erde, Stone Age... Dort wird immer erst eingesetzt bis alle damit fertig sind, und dann wird (auf unterschiedliche Weisen) ausgelöst. Aber das nächste prominente Beispiel ist dann Agricola. Niemand wird bezweifeln, dass es ein WP-Spiel ist. Uwe nennt ja auch Caylus als Vorbild für die Einsetzmechanik. Aber dort wird immer sofort die Aktion ausgelöst, nachdem man sie gewählt hat. Es gibt keine separate Phase des Auslösens der Aktionen. Weiteres Beispiel einer Variante: Tzolkin. Hier können die Spieler selbst entscheiden, ob sie einsetzen oder auslösen. Denn der Zeitpunkt des Auslösens entscheidet über die Aktionsart oder deren Umfang. Aber zweifellos werden dort "worker geplaced". Oder?

    Ich hab das immer schon gesagt, aber jetzt stelle man sich mal folgendes vor: Wir spielen Puerto Rico. Und statt die Rollenkarte zu sich zu nehmen, liegen sie in der Mitte des Tisches aus. Und sind keine Rollen, sondern Aktionsfelder, denn ob "Rolle" oder "Aktionsfeld" - spielt doch keine Rolle. Man löst eine Aktion aus. Jetzt stellen wir uns weiter vor, die Spieler haben je einen "Worker" und statt eine Rolle zu nehmen setzen sie ihren Worker auf ein Aktionsfeld und führen diese Aktion aus. Die Variation bei dieser Worker-Placement-Art wäre dann, dass jeder Spieler die Aktion mitspielen darf. Es wird auch sofort ausgelöst (wie bei Agricola), aber eben für alle statt nur für einen. Hm. Am Ende würde man doch niemandem den Mund verbieten, wenn er behauptet, dies wäre eine WP-Variante. Aber eigentlich ist es doch ein Rollenwahl-Mechanismus.

    Was macht also WP aus? Was ist das für eine Schublade? Da passen ja fast alle Spiele rein. Das meine ich damit, wenn ich behaupte, dass die Sache sehr schwammig ist. In meinem Puetro Rico-Beispiel wäre Worker Placement bloß eine Verwaltungsart. Der Worker zeigt an, welcher Spieler welche Rolle gewählt hat.

    Sowohl Rollenwahl als auch Worker Placement sind unterschiedliche Varianten einer Aktionswahl und einer Aktionsausführung. Vielleicht sogar einer Spielreihenfolgebestimmung (ich denke da an die großartige Variante von Paolo Mori in Vasco da Gama).

    Man mag mir zustimmen oder auch nicht. Die Aussage hinter meinem Geschreibsel soll ja auch nur sein: Schublade? Hat doch nicht viel Sinn...

    Die Geschichte läuft ja andersrum. Zuerst gibt es das Spiel, erst danach wird die Schublade dazu erfunden, falls es genügend Nachahmer gibt.

    Die Sache ist ja auch relativ schwammig. Nimm mal die ganzen Versuche "Worker Placement" zu definieren. Klar, wenn man drüber spricht braucht das Kind einen Namen. Aber ich steh seit einiger Zeit auf dem Standpunkt, dass man sich Schubladen dann zunutze machen sollte, wenn man sie braucht. Eben beispielsweise im Gespräch. Nach dem Motto: "Und? Was ist das so für ein Spiel?" "Ich würd sagen "heavy euro" mit Worker Placement-Elementen... Aber musst mal ausprobieren, ist gut!" Und dann halt ausprobieren statt sich Sorgen zu machen, ob's in die Schublade passt...

    @Machiavelli101: Danke für die Info. Aber bsw Maus&Mystik war doch von denen selbst entwickelt, oder? Oder dieses dieses Gulli-Piratten?

    Versucht doch mal mehr an der Lösung der Frage zu arbeiten als daran, was nun besser oder schlechter ist.

    Für mich sind Schublade überflüssig. Ich spiele einfach, was ich mag.

    Was ich nicht verstehe, besonders in diesem verlinkten BGG-Artikel: Macht man sich vorher Gedanken darüber, was man für ein Spiel erfinden will? Ob Amitrash, Euro, German game oder was weiß ich? Ich glaube nicht...

    Dieser ganze Monster-, Fantasy- und Sci-Fi-Krempel mit Miniaturen und Plastik und so, der da bei den Heidelbergern raus kommt: Ist das eigentlich german trash?

    Mittlerweile wird jedoch "German games" meinem Empfinden nach häufiger gebraucht, um einen Unterschied in der Komplexität zu kennzeichnen. Die eher kurzen, simpleren Spiele (z. B. viele Werke von Michael Schacht, Dirk Henn, Wolfgang Kramer, ...) werden als "German games" bezeichnet, komplexere Kost (Feld, Rosenberg, Chvatil) eher als "Eurogames".

    Das hab ich auch bisher so empfunden.

    Nur mal so als Beispiel: Die Siedler von Catan würde ich als Prototyp des "german game" bezeichnen, wohingegen "euro style games" eher so von Wallace, Rosenberg, Feld kommen... Oder so von Ystari, Treefrog, Alea, What's your game?...

    Kann man natürlich nicht pauschalisieren. Wenn ich mir so manches Spiel aus dem Hause Days of Wonder oder Asmodee anschaue... Die sind auch oft eher die Familienspiel-Kategorie...