matthias19281 :
Klar, die Unterscheidung, wann etwas ein Song und wann ein Gesamtkunstwerk ist, ist sicherlich fließend und jeder zieht da die Grenze an einer anderen Stelle.
Ich höre ebenfalls meine Alben gerne am Stück, da auch ich es so empfinde, dass ein Album erst dann seinen vollständigen "Charakter" zeigt, wenn man alle Songs im Zusammenhang wahrnimmt (auch wenn sie nicht zusammenhängen und als Einzelsongs gedacht sind). Auf einem Album sind die Songs ja auch bewusst plaziert. Da gibt es Songs, die eben gut als Opener funktionieren und andere, die eher am Ende eines Albums passen und die man auch nicht wirklich anders anordnen könnte, ohne dass sie an Kraft durch ihre Einbettung in den Kontext der anderen Song verlieren würden.
Insgesamt wird etwas dadurch für mich mehr und mehr zum Song, je "notwendiger" das Ende eines Parts unaufgelöst bleibt und erst durch den Beginn des nächsten aufgelöst bzw. fortgeführt wird. Je deutlicher da ein musikalischer Bruch drin ist, desto mehr werden es in meinen Augen Einzelsongs.
Auch wichtig wäre für mich, dass ein Part, um nicht zum Song zu werden, nicht zu lang und in sich abgeschlossen sein darf. Wenn ich ihn herausnehmen und einzeln hören kann und er immer noch für sich stehend funktioniert, ist er wohl eher ein eigener Song.
So gesehen sind die ersten paar Beispiele, die Du oben angeführt hast (bis inklusive Uriah Heep, soweit ich da reingehört habe), alles eher lange Songs, da hier die Übergänge eher nahtlos sind. Sie werden musikalisch vorbereitet und dann durchgeführt und der nächste Part führt das Ganze musikalisch weiter. Gerade die Steel Butterfly, Uriah Heep und Deep Purple kenne ich teils schon und gefallen mir recht gut. Insgesamt bin ich aber wie gesagt nicht so im 70er Rock zu Hause... und wenn, dann eher Queen
Für mich ist ein Fade-Out und Neubeginn ein Cop-Out dafür, einen sinnvollen Übergang zu schreiben / finden. Dadurch werden es bei mir zwei Songs.
Aber auch nahtlose Übergänge garantieren in meinen Augen keinen Longtrack, wenn die Songs für sich stehen und dazwischen "nur" Zwischenspiele sind, die die Teile dann zwar zu einem Gesamtkunstwerk verbinden, aber die Songs dennoch eher eigenständig und unabhängig sind.
Das wäre dann ggf. eher eine Suite
Das Lou Reed Beispiel ist mir dann doch zu sehr Noise, das kann ich mir nicht gut anhören, sorry
Auch das letzte Beispiel ist da sehr grenzwertig - ich steh da halt nicht so auf gefühlte "random sounds" (auch wenn sie noch so geplant sind ) wenn sie lange Strecken einnehmen. Jazz oder Freejazz ist auch so gar nichts für mich
Ein Song darf sich gerne auch mal an einem "Thema aufhalten", wenn er sich denn entwickelt und man das Gefühl hat, dass die Entwicklung ein Ziel hat (und es immer wieder melodisch oder rhytmisch griffige Passagen gibt), wie z.B. hier:
Die ersten Minuten sind erst einmal klassischer Song, erst danach entwickelt es sich - hat dann in der Mitte wieder einen Songpart, zum letzten Drittel gibt es dann leider einen leichten Cop-Out, weil der langsame Part so ein Soundteppich ist, dass man da nicht mehr so sehr von einem klaren Übergang sprechen kann.
Aber insgesamt spricht mich auch hier wieder der Wechsel aus klassischen Rock-Song-Passagen mit frech-harten Riffs einfach total an. Cheesy ist dabei weniger ein Problem für mich (wobei ich da z.B. Ayreon wieder nicht gut hören kann - das ist sogar mir dann too much - aber vor allem, weil Lucassen dort gefühlt immer die gleichen Ideen und Übergänge verwurstet... )
Bei Dream Theater, die ich früher in dieser Richtung eigentlich sehr gerne gehört habe, sind mir bei den neuen Sachen inzwischen die Song-Parts eines Longtracks sogar oft zu unzusammenhängend, als ob man sich am Reißbrett einfach mal ein paar Song-Teile ausgedacht hat und die dann am Ende irgendwie zusammenklebt, um einen langen Song mit verschiedenen Teilen zu bauen (und wenn man sich ihre Spread-Sheets so ansieht, die sie für ihre Songs machen, dann ist das ggf. genau das, was sie tatsächlich tun).
Da hängen dann die Teile gefühlt nur deshalb zusammen, weil sie "zufällig" in aufeinanderfolgenden Takten im gleichen Song vorkommen - aber da fehlt mir dann das Gefühl der Progression, also des Wegs zum Ziel und es wird immer mehr willkürlich / beliebig als zusammenhängend.
Und, um der nicht gestellten Fragen vorzugreifen und den Bogen zum Thread zu schlagen: Ja, ich habe den verlinkten Song eben gehört