Beiträge von Captain Gidsen im Thema „27. 9. - 3. 10. 2010“

    Zu dritt sind viele Spiele irgendwie komisch. Entweder man geht im Zweierspiel direkt aufeinander los oder spürt im Vierer eine gewisse Symmetrie. Sitzen drei Menschen am Brett, muten manche Spiele seltsam an, kennt ihr das?
    Wir waren gestern abend jedenfalls zu dritt: Die Herren Themeboy, Abstracto und GrafPusher. Wundert Euch bitte nicht über unsere Gamer-Kampfnamen, wir sind auch nur nerdige Ludo-Luchadores :)
    Erstes Spiel war Ascension - Chronicle of the Godslayer. Ich bin ja zugegebenermaßen eine Deckbuilding-Bitch, auch wenn ich gerne auf Grund mangelnder Interaktion und reichlichem Solitärpotential unke. Aber ich mag die Idee. GrafPusher ist ein Dominionprofi, Abstracto steht eher nicht so auf massig Kartentexte. Die Runde Ascension ist schnell gespielt und auf Anhieb fehlerfrei - auch wenn die Regeln sich darüber ausschweigt, ob man den Kultisten mehrfach im eigenen Zug vermöbeln darf (ja, darf man sagt der BG'Geek) und wann Karten nachgefüllt werden (sofort, wenn möglich mit Mach 3). Wir geben dem Kultisten einen Namen, und weil ich irgendwo im Netz gelesen habe, dass jemand den "Hobo" nennt, machen wir das auch so. Wir kaufen also Helden und Konstrukte, verhauen Monster und den Hobo und sammeln fleissig Siegpunkt-Plastikkristalle (nette Idee). Ich hab mir anfangs Kartenzieh-Helden gekrallt und kann so ordentlich mein Deck durchwühlen und so gleich teures Material einkaufen. Ein Hochgefühl auf den bevorstehenden "easy win" stellt sich ein. Die anderen hauen dafür schön fleissig Monster. Mein Schwerpunkt liegt bei den Enlightened-Karten, GrafPusher geht auf Lifebound und Mechana und Abstracto kauft halt so wild vor sich hin. Manche nennen es planlos, es stellte sich aber als taktisch wertvoll heraus. Denn am Ende gucke ich mit 60 Punkten in die Röhre, während meine Kontrahenten sich mit je 70 den Sieg teilen dürfen.
    Fazit: Schneller Aufbau. Einfaches Spielprinzip, das an ein entschlacktes Dominion erinnert, seine Wurzeln bei Magic aber nicht verleugnen kann (allein das Kartendesign!). Die Grafik ist Geschmackssache, uns gefiel der 60er-Jahre-Psychedelic-Look sehr gut, ist mal was anderes als ein Menzel oder Vohwinkel (siehe unten). Das Spielprinzip ist deutlich taktischer als bei Dominion, weil man immer nur eine Auslage mit 6 Karten vor sich sieht und dann im eigenen Zug entscheiden muss, was _jetzt_ wichtig und gut ist. Das muss man mögen. Thunderstone ist dagegen epischer, erzählerisch dichter und bietet meiner Meinung nach langfristigeren Unterhaltungswert allein auf Grund der zufälligen Zusammenstellungen und der Kombinationen aus Helden, Monstern und Dorfkarten.


    Zweites Spiel an diesem jungen Abend war Asara. Wolfgang Kramer wollte nochmal zeigen, dass er es kann. Ich erwarte von einem Kramer-Spiel keine bahnbrechenden Innovationen oder ein Spielgefühl, das meinen (gefühlten) IQ von 150 anregt. Kramerleiste? Check. Unterschiedliche Möglichkeiten, um an Punkte zu kommen? Check. Saubere Grafik mit Aufforderungscharakter? Check, äh aber da kann der Kramer ja nichts für. Egal. Es sieht gut aus, Ravensburger hat nen guten Job gemacht.
    Das Spielprinzip will ich Euch hier nicht erklären, denn das kann man an anderen Stellen ausreichend begutachten. Oder man läßt den Autor das machen: Hier bei Wolfgang at Home.
    Wir spielen also los und einigen uns eingangs auf die Profivariante. Wir spielen schließlich heute nicht zum ersten mal am Brett. Ist auch gut so, denn die zusätzlichen Aktionen sind schon prima. Abstracto und ich ringen um nen ordentlich langen schwarzen Turm, während GrafPusher sich nen teuren weißen hinstellt und da auch noch feinstes Gold drannagelt. Nach drei von vier Runden haben wir grad mal um die 20 Siegpunkte auf der Skala die bis 100 geht und wundern uns. Ich ziehe mit billigem Braun einen neuen Burdsch Chalifa hoch, während die anderen auf Qualität und Masse setzen. Spannend bleibt es die ganze Zeit, dann - zack! - ist das Spiel vorbei und die Uhr zeigt kurz vor 12. Gute Sache: Man ist dauernd dabei und merkt nicht, wie die Zeit vergeht. So soll es sein. Am Ende gewinne ich souverän, weil ich ständig neue Karten gekauft habe und so extra-Züge hatte, während die Würmer links und rechts von mir sich um so Nebensächlichkeiten wie "Gunst des Kalifen" stritten. A#*%kriechen bringt halt nur bedingt was, das Spiel geht ja auch um Turmbau. Dazu muss man sagen, dass in unserer Männerrunde mit Zoten und Gags nicht gegeizt wurde - hey es geht schließlich darum, den Längsten zu bauen! Siggi Freund hätte Spaß am Zusehen gehabt.
    Fazit: Schöne Grafik, eleganter Mechanismus, der nicht zu verkopft ist (GrafPusher ist so ein Grübler, da hatte ich bereits Angst, dass es ausartet). Spannend war es bis zum Schluß, die Endabrechnung allerdings etwas fummelig. Hier liegen auch meine beiden Kritikpunkte: Die Größe eines Turmes wird durch die Anzahl der Elemente bestimmt, nicht durch die tatsächliche physische Länge. Da es zweierlei Mittelteilgrößen gibt, empfand ich das als Kontra-Intuitiv. Schließlich bauen wir große Türme, nicht mehrgeschossige. Zweitens: Am Ende kriegt man wie bei Eurogames typisch für irgendwie alles Punkte. Insgesamt höchster Turm, die meisten Türme, Restgeld, höchster oder zweithöchster Turm jeder Farbe. Es gibt schlimmere Spiele, die plötzlich noch Überraschungspunkte vergeben, aber Asara ist für mich nur zu drei Viertel planbar. Die Komplexität ist angenehm, man hat zahlreiche Möglichkeiten und kann auch mal durch schlaues Kartenlegen den Mitspielern ein Beinchen stellen. Durch die Bedienpflicht einer Farbe kann man Dilemmas (Dilemmen? Dilemmata?) für die anderen aufbauen. Interaktionsniveau: Medium. Wir handeln und diskutieren nicht und machen auch nichts beim anderen kaputt, wir stehen uns höchstens gegenseitig im Weg. Also dreimal Daumen rauf von den Ludo-Luchadores. Asara ist auch für Non-Gamer interessant und ein gutes Gateway-Game. Herr Kramer, sie haben's noch drauf!