Beiträge von Dee im Thema „22.04.-28.04.2024“

    Puh, da fällt es mir auch ein wenig schwer, einen Daumen nach oben zu geben :S

    Vorgemerkt für den nächsten Spielbericht: Spiele, die ich als nicht gut empfunden habe, aber bei BGG ein hohes Rating haben, in ein eigenes Posting umziehen, damit der Rest des Textes die Daumen hoch bekommen kann ... ;)

    Ich kann es im Übrigen auch nicht erklären, warum das in der Partie so war. Vielleicht waren wir alle zu müde an dem Abend oder Neuheiten-müde oder BGG-Weight > 4.0 müde ;) oder was auch immer. Aber zwei Wochen später flutschte Brass einfach nur so bei fast allen. Und es ist natürlich auch schwer nach so einer Erfahrung in der gleichen Gruppe das Spiel noch einmal auf den Tisch zu bekommen. Da kann wohl niemand mehr vorbehaltlos rangehen.

    Ich fasse mal wieder fast den ganzen April zusammen, mehr wird da wohl auch nicht mehr kommen.

    Age of Innovation (Feuerland Spiele, 2023)

    „Age of Innovation“ ist der geistige Nachfolger von „Terra Mystica“ von 2012. Zuvor gab es 2017 mit „Gaia Project“ bereits eine Reimplementierung im Weltall. „Age of Innovation“ behält nun das Setting, übernimmt aber einige Elemente aus dem Weltraum und fertig ist das neue Spiel.


    Normalerweise schreibe ich bei Erstpartien sehr ausführlich, wie das Spiel funktioniert und wie ich einzelne Punkte wie Thema, Mechanismen oder Wartezeit empfunden habe. Bei „Age of Innovation“ spare ich mir das aus zwei Gründen: 1. Es ist exakt wie „Terra Mystica“ mit einer kleinen Erweiterung um Bücher und Erfindungen. Da ich nur eine Partie gespielt habe, konnten die gemischten Völker und Tableaus mit ihren unterschiedlichen Eigenschaften natürlich nicht zum Tragen kommen. Für mich war es also wie „Terra Mystica“.

    Der zweite Grund: Das war eine der schlechtesten Spielerfahrungen, die ich seit langem hatte. Wir waren zu viert und insgesamt empfand jeder am Tisch das Spiel als langweiliges und überkomplexes Ressourcentauschen. Ich habe „Terra Mystica“ nur dreimal gespielt, wenn es hinkommt. Ich war nie Fan davon, aber es war zum Mitspielen geeignet. Ich vermute aber, dass auch „Terra Mystica“ heute bei mir durchfallen würde, wenn es sich genauso anfühlt.


    In Summe haben wir drei Stunden gespielt, nach einer vorherigen 45-minütigen Erklärung. Das ist für ein Heavy-Euro-Game nicht extrem viel, aber es fühlte sich sehr zäh an. Hauptgrund für das schlechte Spielgefühl war das extrem langsame Vorankommen. Es fühlte sich nicht spannend an, wenn ich irgendwo Land umforme oder ein Haus baue. Ganz im Gegenteil hätte ich gerne schneller gespielt, aber da waren dann die drei Mitspieler im Wege. Die haben nicht mal extrem lange nachgedacht (das ist meist mein Part in der Runde), aber die einzelnen Züge zogen sich dann doch irgendwie in ihrer Ausführung. Dazu kamen zwei Runden, in denen einmal ein Mitspieler und einmal ich nach gefühlt zwei Aktionen passen mussten. Die restlichen 15 Minuten Wartezeit bis zum Rundenende konnte ich leider nicht mal durch Smalltalk überbrücken, weil ja alle noch in Gedanken und am Planen waren. Mich interessierte auch nicht, was die anderen trieben, da ich es nicht beeinflussen konnte. Der Zuruf „Du kannst Macht bekommen.“ hilft da auch nicht über das Alleinsein hinweg. „Age of Innovation“ fühlte sich in diesen Phasen solitär an, obwohl es das Spiel objektiv natürlich nicht ist.

    Das Spiel schlägt bei mir in die gleiche Kerbe wie viele andere der Heavy-Euro-Games der letzten Jahre: Komplex um der Komplexität willen. Da wird da noch ein Mechanismus, da eine Ressource und da eine Leiste drangeschraubt und schon steigt vermeintlich der Spielspaß. Bei mir aber nicht mehr. Daher war „Age of Innovation“ ein totaler Reinfall, dem ich maximal noch zu zweit eine Chance geben würde – aber eigentlich auch nicht. (3,5)


    Hinweis: Die Woche darauf habe ich „Clans of Caledonia“ mit der Industria-Erweiterung gespielt (siehe unten). Auch wenn ich die Erweiterung aus ähnlichen Gründen nicht mag, hat mir das Spiel – welches teilweise schon sehr nah an „Terra Mystica ohne Terraforming“ ist – gezeigt, wie es gut laufen kann. Die meisten Aktionen sind sehr schnell ausgeführt, ich bin schnell an der Reihe und eine Partie ist (ohne Erweiterung) in zwei Stunden gespielt. So mag ich das eher.
    #AgeOfInnovation

    Mountain Goats (OSTIA Spiele, 2022)

    Als Absacker (nachdem wir zuvor noch „Trekking: Reise durch die Zeit“ einschoben) senkten wir den Anspruch und spielten eine Partie Bergziege, äh, ich meine „Mountain Goats“. Das Spiel ist nicht neu, sondern kam bereits 2010 als „Level X“ bei Schmidt Spiele heraus. Damals noch mit komplett abstraktem Board, jetzt verkauft es sich mit Bergziegen vielleicht besser. Abstrakt bleibt es dennoch …

    In der Tischmitte liegen fünf Kartenreihen mit Werten von 5 bis 10 aus. Bei der 5 und 6 liegen vier Karten, bei der 7 und 8 drei und bei der 9 und 10 nur noch zwei. Unterhalb jeder Reihe steht jeweils eine Ziege einer Spielerin. Wenn ich am Zug bin, würfel ich vier W6. Die Würfel kann ich nun frei gruppieren, sodass die Summe der jeweiligen Augengruppe möglichst zwischen 5 und 10 liegt. Denn genau auf den Karten steigt meine Ziege um jeweils ein Feld auf. Kommt sie ganz oben an, erhalte ich einen entsprechenden Siegpunktchip mit Werten von 5 bis 10. Stehe ich bereits oben und habe erneut diese Zahl gewählt, erhalte ich wieder einen Chip. Wenn aber eine Mitspielerin ebenfalls oben ankommt, werde ich wieder ganz nach unten befördert. Das Spiel endet, wenn drei Siegpunktstapel leer sind. Bonuspunkte gibt es, wenn man ein Set von allen Werten von 5 bis 10 hat.


    „Mountain Goats“ ist wirklich sehr simpel, sodass man es auch mit jüngeren Kindern (vermutlich ab 4) spielen kann. Dennoch empfand ich es als netten Zeitvertreib für 15 Minuten, denn länger dauert eine Partie nicht. Die Entscheidung, ob ich eher den langen Weg für geringe Punkte auf mich nehme, dafür aber auch länger sicher stehe, oder den kurzen mit dem Risiko gleich vertrieben zu werden, fand ich nett. Auch bei den Bonuspunkten für ein komplettes Set gilt es abzuwägen, weil ich mich dazu eben auch breit aufstellen muss. Insofern spiele ich das gerne als Absacker wieder mit oder halt mit Kindern, wenn diese Würfelaugenaddition lernen wollen. (6,5)
    #MountainGoats

    Top Ten (Cocktail Games, 2021)

    Eine Spiel-des-Jahres-Nominierung von 2022 kam mit „Top Ten“ auf den Partytisch. Wir spielen kooperativ und eine Person liest eine Aufgabenstellung vor, beispielsweise „Essgewohnheiten beim Date von ‚frisst wie ein Schwein‘ bis ‚edel wie eine Prinzessin‘“. Die Mitspielerinnen bekommen Zahlenkarten von 1 bis 10 zugelost, wobei manche Zahlwerte für die Runde zufällig aussortiert werden. Jetzt müssen die Mitspielerinnen reihum gemäß ihrer Zahl die Aufgabe erfüllen. Manchmal reicht es nur etwas zu sagen, des Öfteren müssen wir aber etwas darstellen. Die Aufgabenstellerin muss dann alle Interpretationen korrekt in aufsteigender Reihenfolge anordnen. Gelingt dies an einer Stelle nicht und es geht absteigend, gibt man einen Einhornchip ab. Wenn alle Chips leer sind, hat man verloren …

    Zumindest in der Theorie. In der Praxis haben wir die Chips ignoriert und einfach jeden einmal Aufgabenstellerin sein lassen. Was ich definitiv sagen kann: „Top Ten“ erfordert die richtige Gruppe. Und damit meine ich nicht einzelne Menschen, die mal albern sind, sondern die gesamte Gruppe sollte sich gut kennen, um das Vorgemachte gut einordnen zu können. Gefallen hat mir auch sehr, dass ich von den anderen abhängig bin, je weiter hinten ich sitze. Wenn vor mir jemand fast wie ein Schwein frisst, aber noch zu normal daherkommt, ich aber die 2 auf der Hand habe, muss ich abwägen, wie schweinisch ich mich wirklich gebe. Diese Nachjustierung der eigenen Umsetzung fand ich klasse und so war ich auch immer involviert und gespannt, was die anderen sagen und zeigen.

    Unschön war, dass es Aufgabenkarten gibt, die bei uns viele Diskussionen ausgelöst haben, weil wir sie nicht eindeutig interpretieren konnten. Eine Frage war in etwa: „Von oben kommt Lärm. Was macht der Nachbar? Von ‚Stört nicht.‘ bis ‚Ich ruf die Polizei.‘“ Uns war unklar, ob wir jetzt den Nachbarn nachmachen sollen, wie sehr er sich aufregt oder sagen sollen, welches Geräusch von oben kommt. Sicherlich kann man sich einigen, aber es bringt die Stimmung etwas runter, wenn ich in einem Partyspiel Regelauslegungen diskutieren muss. In Summe war es aber ein spaßiger Abend. (7,0)
    #TopTen

    Lacuna (CMYK, 2023)

    „Lacuna“ ein abstraktes, schön anzusehendes Spiel für zwei Personen. Auf einem Stofftuch in der Tischmitte werden zufällig jeweils sieben Marker in sieben Farben verteilt. Beide Spielerinnen haben jeweils sechs kleine Metallpokale (einer in Silber, einer in Gold), die sie abwechselnd auf das Tuch stellen. Dabei muss ich meinen Pokal so auf das Tuch stellen, dass er auf der Linie zwischen zwei gleichfarbigen Markern liegt, wobei diese Linie nicht durch andere Marker unterbrochen sein darf. Die beiden Steine erhalte ich dann und meine Mitspielerin ist dran. Wenn alle Pokale platziert sind, wird für jeden Marker geprüft, an welchem Pokal er am nächsten liegt. Diejenige Person erhält den Marker dann. Auf die Art werden alle 49 Marker verteilt. Wer die Mehrheit einer Farbe hat (also mindestens vier Steine), gewinnt diese. Und wer die meisten Farben (also mindestens vier) gewonnen hat, gewinnt das Spiel.

    „Lacuna“ sticht natürlich vor allem durch sein Material hervor. Das Tischtuch wäre nicht notwendig, sieht aber hübsch aus. Die Metallpokale liegen extrem schwer und schön in der Hand. Und auch die farbigen Marker mit leicht anderen Formen sehen hübsch aus. Daneben steckt aber auch echt einiges an taktischer Tiefe im Spiel. Es erfordert aber vor allem eine gute Abschätzung, wo die Platzierung eines Pokals sinnvoll ist, um am Spielende möglichst viele Marker in der Nähe einzuheimsen. Alternativ kann man auch versuchen, bereits im Spiel die Farbmehrheiten zu erhalten, wobei die Marker selten so gut liegen, dass dies ungestört geht.


    Als kleines Zwischendurchspiel für 15 Minuten hat mir „Lacuna“ gut gefallen. Es ist aber auch nicht ein Spiel, das ich jeden Tag spielen muss. Für ab und an ist es aber sicherlich ganz nett. (7,0)
    #Lacuna

    Clans of Caledonia: Industria (Karma Games, 2024)

    Im Februar berichtete ich über meine Prototyp-Partie von „Clans of Caledonia: Industria“. Der Verlag Karma Games hatte im März dann zu einem kleinen „Industria“-Turnier aufgerufen, um noch mehr Feedback und Testdaten für die Erweiterung zu erhalten. Trotz meiner nicht so guten Erfahrung mit dem Prototyp meldete ich mich an, um zu schauen, ob mir die Erweiterung vielleicht bei der zweiten Partie besser gefällt. Nachdem ich zufällig mit anderen Spielern aus der Zeitzone GMT-6 (USA) zusammengewürfelt wurde, war die erste Hürde, einen Zeitslot zu finden. Die zweite war, dass sich Spieler überhaupt an den Tischen melden. Von den ursprünglich 44 Teilnehmern blieben nur 20 übrig. Und auch von denen meldeten sich danach wieder nicht alle. Mein Tisch kam immerhin mit drei Spielern zustanden, auch wenn wir erneut acht Stunden Zeitdifferenz überbrücken mussten. Dafür lernte ich aber nette Menschen aus Mexiko und Kanada kennen. :)

    Am Inhalt von „Industria“ hat sich wenig geändert: neue Plättchen, viele neue Clans, das Refill-Board, Bauernhofmärkte, aber vor allem das neue Zugtableau mit Lieferungen und Meilensteinen. Es gab aber zwischen Februar und April massive Anpassungen. Zum einen am Design. Das Zugtableau zeigt jetzt richtige Städte und Bahnstrecken – und ist damit für mich wesentlich unübersichtlicher geworden. Alles wirkt so gedrängt. Das macht es nicht leicht, zu sehen, wo etwas ist. Und es gibt viel zu sehen! 7 Lieferplättchen, 12 Lieferbonusplättchen und 4 Meilensteine, manche mit nicht intuitiver Symbolik. Der Spielaufbau dauert also eine Weile länger und vor allem dauert das initiale Erarbeiten, welches Plättchen was kann, seine Zeit. Ich fand es eher schwer, den Überblick zu behalten und musste auch während der Partie immer wieder die Bedeutungen der Plättchen in der Anleitung nachschlagen.


    Zum anderen wurde auch sehr stark an der Balance gearbeitet. Die Lieferbonusplättchen sind jetzt so designt, dass sie umgerechnet ungefähr so viel Geld abwerfen, wie sie kosten. Sie können also eher als Tauschhandel angesehen werden. Und das ist sehr gut, da auf die Art nicht mehr Geld in den Umlauf kommt, wodurch nicht mehr Aktionen möglich sind, was die Spielzeit sonst extrem erhöhte. Das passierte mir beim ersten Prototyp-Test im Februar, dass massig Geld im Umlauf war und somit die Spielzeit, aber auch die Wartezeit nach dem Passen enorm erhöht war gegenüber dem Grundspiel. Hier hat sich die Erweiterung sehr stark verbessert.

    Auch die Clans wurden überarbeitet. Wir spielten mit dem Canal Clan, dem Hot Blast Clan und dem aus dem Grundspiel bekannten Clan Campbell. Für den Canal Clan ist alles an einem Kanal benachbart. Er darf also auch zehn Felder weiter weg weiterbauen, solange das an einem Kanal liegt, wo er schon etwas liegen hat. Zusätzlich gilt bei ihm auch der Nachbarschaftsbonus für alles, was an seinem Kanal liegt, sodass er fast grundsätzlich verbilligt einkaufen kann. Der Hot Blast Clan wurde so geändert, dass nur noch der Geldbonus für die Platzierung nebendran übrig geblieben ist. Und auch die anderen Clans wurden teilweise überarbeitet und umgestaltet. In Summe haben mir die Änderungen gefallen, da die Clans damit ausgeglichener wirken und vor allem nicht mehr zu viel Geld bringen, was das Spiel nur unnötig verlängerte.

    Auch wenn sich Sachen verbessert haben, bleibt meine grundsätzliche Meinung zu „Industria“ bestehen: Es verschiebt mir den Fokus vom Hauptplan etwas zu sehr. Gäbe es nur die Meilensteine und eine einfachere Möglichkeit, diese freizuschalten, fände ich das klasse. So ist es mir aber zu viel und ich lasse die Erweiterung vermutlich aus. Dennoch fühlt sie sich inzwischen recht gut und rund an. Nur die Spielzeit zu dritt war mit fast drei Stunden etwas zu lang. Dies konnte ich diesmal aber eher nicht der Erweiterung anlasten, sondern den TTS-Serverabbrüchen. (8,0)


    BTW: Ich habe die erste Runde ganz knapp mit 170:169:127 verloren. Ich hätte als Zweiter zwar im Turnier nachrücken können, aber weil alle anderen Spielpartner aus dem amerikanischen Breitengraden waren, habe ich aufgrund der schwierigen Terminfindung abgelehnt.
    #ClansOfCaledoniaIndustria

    Brass: Birmingham (Giant Roc, 2023)

    Vor circa zehn Jahren spielte ich das erste Mal „Kohle“ (jetzt „Brass: Lancashire“). Meine Meinung damals war klar: zu langatmig, zu repetitiv, hohe Downtime. Jetzt, zehn Jahre später, habe ich mehr Spiele kennengelernt und kann zumindest über „Brass: Birmingham“ etwas anderes sagen.

    In „Brass: Birmingham“ versuchen wir ein Netzwerk aufzubauen, um Waren zu liefern. Hierfür bauen wir Gebäude in Städten und verbinden diese durch Wasserwege oder Zugstrecken. Die Gebäude geben uns Kohle, Eisen, Bier oder eine der drei Waren, die wir liefern wollen. Kohle und Eisen benötigen wir oft für den Bau von Gebäuden, Bier für die Lieferung von Waren. An welchem Ort wir etwas bauen können, wird über Handkarten gesteuert. Acht davon haben wir auf der Hand und spielen immer zwei davon aus. Die Karten zeigen entweder einen Gebäudetyp, den ich irgendwo in meinem Netzwerk bauen kann. Oder sie zeigen eine Stadt, in der ich die dort zur Verfügung stehenden Bauplätze nutzen kann, auch ohne ans Netzwerk angeschlossen zu sein. Unterteilt ist eine Partie in zwei Epochen. In Epoche 1 bauen wir ganz normal und bauen unser Netzwerk über die Wasserwege aus. In Epoche 2 werden alle erschlossenen Wasserwege und Stufe-1-Gebäude entfernt und wir dürfen nun noch das Schienennetz ausbauen. Gewertet wird ebenfalls zweimal: Zum einen zeigen die Gebäude Siegpunkte, wenn sie aufgebraucht sind. Zum anderen gibt es Punkte für jede Netzwerkstrecke entsprechend den benachbarten Gebäuden.

    Ich war anfangs etwas skeptisch, weil es mir bereits bei der Erklärung schon fast zu viel mit Regeln wurde. Dazu kamen noch teilweise sehr kleine Symbole auf den Plättchen und eine sehr kleine Spielerhilfe. Aber im Laufe der Partie gab sich das. Die Spielerhilfe benötigte ich kaum, weil alle Aktionen so eingängig und selbsterklärend sind (einzig die Überbauen-Aktion haben wir wohl vergessen und kein einziges Mal genutzt). Und die Symbole sind ebenfalls nach einmaligem Lernen verständlich, ohne dass ich diese genau erkennen muss. Ich muss mir dabei auch gar nicht groß merken, welche Ressource ich wofür brauche, da alles schön auf dem Spielplan zu sehen ist.


    „Brass: Birmingham“ hat für mich den großen Vorteil, dass es so schön schlank designt ist. Das bezieht sich auf die Regeln an sich, die Mechanismen und deren Verzahnung. Die Auswahl über die Karten ist zwar etwas zufallsbehaftet, da ich diese von einem Stapel nachziehe, aber im Normalfall habe ich immer irgendeine Möglichkeit, etwas mit meinen Handkarten sinnvoll zu tun. Die schiere Gebäudeanzahl erschlug mich anfangs zwar fast, aber im Prinzip sind diese sehr schnell verinnerlicht. Schließlich gibt es nur sechs Gebäudetypen und diese variieren in ihren Kosten und ihrer Stärke. Ein toller Kniff ist, dass ich Ressourcen entweder von den Mitspielern aus dem gleichen Netzwerk nutzen oder vom Markt kaufen kann. Dadurch entsteht eine angenehme Spieler-Interaktion. Ich möchte sogar, dass jemand mein Eisen benutzt, damit das Gebäudeplättchen umgedreht wird und ich Punkte erhalte. Auch gefallen hat mir der Bruch zur Spielmitte, bei der alle Verbindungen wieder abgeräumt werden. Wo kurz zuvor alles mit allem zusammenhing, muss ich erneut versuchen, ein gutes Netzwerk aufzubauen. Ich fand dies auch nicht wiederholend. Es war im Gegenteil ein interessantes Puzzle, wie ich alles wieder sinnvoll verbinden kann, weil ich für Schienen höhere Kosten habe.

    Das Material hat mir gut gefallen, vor allem die Jetons zum Bezahlen liegen extrem gut in der Hand. Aber auch sonst fand ich alles recht hübsch. Nur mit der dunklen Spielplanseite würde ich ungern spielen wollen, da mich hier weniger gut zurechtfand. Etwas seltsam fand ich, dass uns mehrfach die Ressourcen ausgingen. Vor allem gegen Ende des Spiels, wenn auf eine Eisenhütte gleich mal sechs Eisenwürfel gelegt werden oder als jemand viele Bierbrauereien baute, mussten wir uns um Ersatz bemühen. Das ist nicht tragisch, aber ein paar mehr Holzwürfel hätten es dann doch sein dürfen.

    „Brass: Birmingham“ hat mich sehr stark an „Nukleum“ erinnert, was ich Anfang des Jahres kennengelernt habe. Ich empfand „Brass: Birmingham“ aber als das einfachere und vor allem eingängigere Spiel. Es war für mich wesentlich klarer zu erkennen, wie was zusammenhängt und wie ich sinnvoll etwas erreichen kann. Allgemein fühlt sich „Brass: Birmingham“ auch etwas verzeihender an als „Nukleum“, was mir sehr gefällt. Zusätzlich gibt es in „Brass: Birmingham“ keine Kettenzüge, sodass die Wartezeit nicht extrem steigt. Aber Wartezeit gab es dennoch. Vor allem, wenn ich in einer Runde Startspieler war, ganz viel Geld ausgab und damit in der nächsten Runde letzter war, musste ich die sechs Züge meiner Mitspieler dazwischen abwarten. Im Gegensatz zu „Age of Innovation“ (siehe oben) fand ich es aber interessant, was die anderen machten, weil es meine nächste Aktion direkt hätte beeinflussen können. Mit 150 Minuten Spielzeit zu viert lag das Spiel dann noch im Rahmen eines moderaten Spieleabends.

    Alles in allem hat mich „Brass: Birmingham“ sehr positiv überrascht. Wie eingangs erwähnt, kannte ich das originale „Kohle“ von vor 10 Jahren und das kam mir eher als sperrig und langweilig daher. Ich weiß nicht, ob in „Birmingham“ wirklich so viel verändert wurde, aber es ist ein Spiel, welches mir heutzutage sehr gut gefällt. (9,0)
    #BrassBirmingham

    Cascadia (KOSMOS, 2022)

    Den Abschluss des Abends stellte dann „Cascadia“ dar. Wir spielten mit den Sternchen-Wertungen, wobei ich das Gefühl habe, dass die Wertung nicht schwerer zu erreichen, aber schwerer zu verstehen waren. Aber irgendwann einigten wir uns auf eine Auslegung.


    Nach wie vor ist „Cascadia“ für mich aber kein Überflieger. Es ist ein eher solitäres Spiel, bei dem jeder vor sich hinpuzzelt. Klar schaue ich bei den Gebietswertungen auf meine Mitspielerinnen, aber ansonsten ist es mir herzlich egal, welche Tiere sie zu sich holen, wenn es nicht gerade der Bär war, den ich gerade brauchte. „Cascadia“ spielt sich dafür aber auch schnell herunter, ohne groß nachzudenken. (7,5)
    #Cascadia