Beiträge von Archibald Tuttle im Thema „25.03.-31.03.2024“

    ...gestern vor dem Kino dann noch die dritte Runde mit Ratingen-Schnäppchen:

    #Richelieu Nicht das Kardinal&König-Kartenspiel, sondern das bei White Goblin Games 2012 herausgekommene Bluff/Gebietsmehrheitenspiel. Man setzt Agenten ein, verheimlicht dabei welche Minus- und welche Bonuswerte geben, und die Mehrheit wertet am Ende das Gebiet. Eigentlich total schlicht, aber dann doch ziemlich spaßig, da mit einem Gerüst aus Bonusaktionen versehen, die die Chose recht tricky machen können, und in der Endwertung Vermögen und Einfluss gleichermaßen wichtig sind. Designtechnisch ist das Spiel allerdings total daneben gegangen: Kleine gezeichnete Gesichter stehen stellvertretend für bestimtme Aktionen, das ist unglaublich nervig und schlecht erkennbar. Die Anleitung ist die Hölle, mies übersetzt und ohne FAQ auf BGG unspielbar. Das größte Problem aber: Das Spiel hat mit Weimar gemeinsam, dass es genau für 4 Spieler designt ist - leider steht 2-4 auf der Schachtel, aber das ist tatsächlich Blödsinn, alle Karten und Aktionen sind genau auf 4 Spieler ausgerichtet, ohne jedwede Anpassung bei niedrigeren Spielerzahlen. Ich hab es gekauft, weil WGG wirklich viele gute Spiele rausgebracht hat, und auch hier steckt eine wirklich gute Idee dahinter (Inkognito, Morgenland und klassisches Area Control zu vermischen), aber die Durchführung ist missraten wie bei keinem anderen Spiel des Verlags. Immerhin hat das Design das französische Pendant zum Hippodice gewonnen, da fragt man sich schon, was auf dem Weg zur Veröffentlichung alles schiefgelaufen ist.

    #ArcheosSociety Das einzige Spiel, das ich schon vorher kannte, und auch das neueste Spiel meiner Ratingen-Einkäufe. Das ist ja die überarbeitete Fassung von #Ethnos, diesmal ohne Area Control (gottseidank), dafür mit Leistenhochlaufen - und im Hintergrund agiert immer noch der Augustus/Via Magica-Bingo-Mechanismus. Mochte ich schon beim ersten Ausprobieren, und so habe ich dann auch beim leicht überteuerten Flohmarktexemplar gerne zugeschlagen. Und ausgerechnet beim teuersten Spiel, dass ich da gekauft habe, trifft mich fast der Schlag, als ich es aufmache: Die Karten sehen verbogen und abgespielt aus, die Spielerboards haben Macken etc. - nunja, das ist halt das Risiko, wenn man ungeprüft folierte Flohmarktspiele kauft. Aber ausgerechnet beim jüngsten Spiel hätte ich eine solche Frechheit nicht erwartet. Das Spiel selbst gefällt mir als Familienspiel+ aber immer noch ausgezeichnet, und ist für mich die beste Implementierung von Moris Bingo-Idee. Schade dass es wohl auch in dieser Fassung nicht zum Erfolg und eventuellen Erweiterungen gereicht hat. Irgendwie scheint da ein Fluch drauf zu liegen (Mori hat wohl mehrere Erweiterungen fertig in der Schublade).

    #Piratenbucht in der Days-of-Wonder-Version. Da schleiche ich ja nun schon lange drumrum, mein vorletzter noch fehlender Days-of-Wonder-Titel (weil ich leider nicht bereit bin, die Wucherpreise für Schatten über Camelot plus Erweiterung auf dem Gebrauchtmarkt zu bezahlen). Das Spiel hatte eigentlich immer ziemlich schlechte Besprechungen, entpuppt sich dann aber beim Ausprobieren als wirklich nettes Piraten-Familienspiel. von dem sich sowohl Yvios Freibeuter der Meere als auch Korsaren der Karibik jeweils mehr als ein Element abgeguckt haben. Für die Kinder war das hier das unerwartete Highlight meiner Flohmarkteinkäufe, obwohl es z.T. hundsgemein zugeht und die Interaktion der Spieler miteinander mit "Messer in den Rücken" noch zu nett beschrieben ist. Allerdings hat das Spiel ein großes Runaway-Leader-Problem. Wer anfangs einen Kampf gewinnt, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit das Spiel gewinnen. Daher empfiehlt es sich, z.B. die "legendary Pirates"-Variante auf BGG auszudrucken und mit ins Spiel zu nehmen.

    #FlowerPower Und da lag es dann plötzlich für 10 Euro vor mir, das letzte mir noch fehlende Kosmos-2er-Spiel, das man jahrelang nicht für einen bezahlbaren Preis gebraucht bekommen konnte, ohne dass sich der Grund dafür erschloss - das Cover ist wirklich verstörend-hässlich. Jetzt gespielt weiß ich immer noch nicht warum das vor ein paar Jahren noch so gesucht war, es muss wohl schlicht selten sein. Es handelt sich um ein sehr schlichtes abstraktes Spiel, in dem 2/3 der Zeit eigentlich nur nebeneinander aufbaut, um dann im letzten Drittel doch noch ein paar wichtige Entscheidungen gegeneinander treffen zu können. Bisher erschließt sich mir nicht, inweiweit man da in der überlangen "Aufbauphase" darauf hinbauen kann, vielmehr scheint mir das Spiel wirklich von Zug zu Zug rein taktische Entscheidungen abzufordern, was an sich schon ungewöhnlich für die Kosmos-Reihe ist. Kann man spielen und hat wahrscheinlich mehr Tiefe als ich ihm jetzt zutraue - aber ich glaube, die werde ich nicht mehr finden.


    Da der Rest der Ratingenfunde aus verschiedenen Gründen noch einige Zeit auf ihren Einsatz warten muss, hier ein kleines Zwischenfazit: Unter den jetzt gespielten 13 Spielen waren 5 Titel, die ich vorher bereits aktiv gesucht hatte, und 8 Titel, von denen ich zuvor wenig bis gar nichts gehört hatte. Und - wenn auch anders aufgeteilt - waren es ebenfalls acht Titel, die ich jederzeit wieder auf den Tisch bringen würde, und fünf Titel, die ich nach dem ersten Spiel eher als Flops einschätzen würde (was bei einem Preis von je 5 Euro aber nicht allzu schlimm ist),

    Insgesamt hat sich der Großeinkauf also gelohnt, ich liebe solche "Funde" ja vor allem für die damit verbundenen Überraschungen und schrägen Einfälle - und davon gab es diesmal eine ganze Menge. Und wenn sie nicht 5-10 Euro gekostet hätten, hätte ich das Gros davon nie kennengelernt.

    Gestern ein netter Abend mit Momo95 und spieleerfahrenem Neuzugang, der sich wacker geschlagen hat. Zuerst:

    #Vindication mit einigen Modulen aus den Erweiterungen. Ich konzentrierte mich auf Relics und wie immer Begleiter, was für mich aber heute absolut katastrophal lief (letzter Platz) - trotzdem macht es viel Spaß. Leider waren ca. 50% schwarze Karten ("Treachery") im Spiel, und ich gebe zu, dass mich - der negative Interaktion in anderen Spielen sehr mag - es in einem Cube-Pusher wie Vindication doch etwas stört. Da würde ich für die nächste Partie ein paar der Promos wieder aussortieren bzw. die Stapel absichtsvoller mischen. Nicht weil es Pläne kaputt macht, sondern weil es eher aufgesetzt wirkt und die zentralen Spielmechanismen nicht so richtig sinnvoll ergänzt, sondern eher Aufhalt- und Vermeidungsstrategien befördert. Ansonsten aber immer noch ein feines Spiel, und der Zufallsanteil beim Aufdecken der Plättchen führt wirklich jedes Mal zu einem anderen Spielverlauf (beide Tavernen im obersten Dreieck ist schon eine Ansage). Drei Mitspieler ist aber definitiv die Obergrenze für mich, das Spiel gewinnt wenig zu fünft, die Wartezeiten aber sind schon zu dritt lang genug.

    Anschließend dann nochmal #DieKaufleutevonAmsterdam , mit der holländischen Auktionsuhr, Auktion meets Halli Galli (um zu bieten, muss man zuerst auf die Uhr drücken und das Gebot zahlen, dass sie dann anzeigt). Wie der neue Gast am Ende meinte, das Spiel ist spürbar veraltet und nicht so gut wie andere Knizia-Auktionsspiele, aber meine Güte, diese bekloppte Uhr ist und bleibt einfach ein Heidenspaß. Der Gast darf sehr gern wiederkommen!

    Zuvor wurden mit den Kindern noch ein paar Ratingen-Anschaffungen getestet:

    #Felinia Michael Schachts drittes Spiel seiner losen Handelstrilogie, nach dem großartigen Valdora und dem für mich eher durchschnittlichen "Die goldene Stadt" bei Kosmos (wobei ich das nochmal spielen müsste). Felinia erschien bei Matagot, denen man wohl auch die fragwürdige Aufmachung als Katzenhandelsspiel zu verdanken hat - bis auf die Katzen auf dem Cover und Spielplan ergibt das Thema einfach überhaupt keinen Sinn und wirkt komplett aufgesetzt (und wurde in der überarbeiteten Neuauflage als "Dragon Boats of the Four Seas" problemlos gegen ein generisches China-Thema getauscht).

    Felinia hat mich interessiert, seit ich 2010 in der Spielbox davon gelesen hatte, wo das Spiel trotz des irritierenden Themas recht positiv besprochen wurde. Trotzdem bin ich in freier Wildbahn noch nie über ein Exemplar gestolpert, gestern in Ratingen war tatsächlich das erste Mal, dass ich auch nur die Schachtel in die Hand nehmen konnte. Felinia setzt auf den gleichen Auktionsmechanismus wie das parallel erschienene #Speicherstadt von Stefan Feld, eine erstaunliche Parallelentwicklung - ist es dort aber das zentrale Spielelement, löst es hier Set Collection und die anschließende Verschiffung erst aus. Ausstattungstechnisch gibt es Licht und Schatten - der Spielplan ist viel zu dunkel geraten, die Farben sind schlecht auseinanderzuhalten, dafür gibt es aber wunderschöne große Pappboote. Es ist ein typisches Schacht-Spiel: An der Oberfläche wirkt es sehr simpel, hat dann aber doch eine gewisse Tiefe, die man erst beim zweiten und dritten Durchgang erkennt. Vor allem aber funktioniert Felinia zu zweit schon ziemlich gut, anders als die anderen beiden Teile der Trilogie, was ihm einen immensen Vorteil verschafft. Für 9 Euro ein echtes Schnäppchen (und wenn ich mal über die Drachenboote stolpere, würde ich mir die leicht verbesserte Version wohl auch besorgen).

    #ProfessorPünschge Zufallsfund, der zu seltsam aussah, um ihn für 5 Euro einfach liegenzulassen. Tatsächlich ist es ein Deduktionsspiel von Zoch, in der eine an Albert Einstein gemahnende Holzfigur mit wirrem Haar einen Weg durch 26 Orte finden muss, der der Aufgabenkarte entspricht. Insgesamt gibt es über 700 Aufgaben, die bei supereinfach starten, aber recht schnell wirklich knifflig werden (mehr als die zweite Schwierigkeitsstufe war mit meinen Kindern nicht drin, die diese Art Spiel noch gar nicht kennen). Auch hier gilt wieder, dass man das besser kooperativ spielt und nicht gegeneinander, und irgendwie habe ich den Eindruck, dass es als Solospiel besser funktionieren würde, wenn nicht einer die Aufgabe vorlesen müsste. Jedenfalls profitiert es nicht gerade davon, von zu vielen Menschen gespielt zu werden, zu dritt ist da schon das Maximum, zu dem ich es spielen wollen würde.

    #AirMail Eins von zwei Spielen aus dem letzten Jahrgang, die ich in Ratingen gekauft habe. Das Spiel dürfte einen Preis für das am meisten ignorierte Spiel eines größeren Publishers (Ludonova) auf der Spiel 2022 verdient haben. Es gibt im ganzen Netz nur eine Videorezension vom Dice Tower, die auch nur so halbgar ist. Das Spiel ist ludonova-typisch ein schicker Euro mit kleinen Flugzeugminiaturen und hübschen Karten, aber auch einem extrem schlichten Cover und eher funktionalem Spielplan. Dieser sieht aus als wäre es PanAm Teil 2, aber bis auf die Grundmechanik des Routenbaus ist das hier viel eher Railways of the World light. Oder besser: es wäre Railways of the World light, hätte man den Auslieferungsmechanismus nicht auf der Basis von Domino gebaut. Das ganze Spiel ist superschön gestreamlinet, aber dann kommt die Auslieferungsphase, und eine kleine Minihölle an Detailregeln und Sonderherausforderungen prasselt auf die Spieler herab, die das Spiel mühelos in Kennerspielregionen heben. Ich vermute sehr, dass allein diese Erklärhürde den Erfolg des Spiels komplett zunichte gemacht hat, wir haben die komplette erste Partie gebraucht um zu verstehen was da was bedingt und wie man mit diesen Vorgaben umgeht. Es fühlt sich aber auch dann noch heftig restriktiv an und wird zu einem sehr puzzeligen Optimierspiel. Upgrades machen die Auswahl im Spielverlauf einfacher, so dass der Frust der ersten Runden weniger wird, dennoch bin ich mir nicht sicher, ob diese Domino-Idee, um die das ganze Spiel herumgebaut ist, wirklich eine gute war. So ganz werde ich nicht schlau draus, für wen das Spiel gedacht ist - es ist zu schlicht für die meisten Zugspielfans und zu restriktiv für ein reines Familienspiel. Dennoch will ich es unbedingt nochmal mit Erwachsenen spielen. Schönn gelöst sind in jedem Fall die zwei Spielplanseiten für 2-3 und 3-5 Spieler mit eigenen Kartendecks, die Anpassung ist auch dringend notwendig.

    Ratinger Spieletage: Für meine Freundin und mich ist es fast schon Tradition, die Neuerwerbungen direkt im Anschluss auszutesten (auch wenn natürlich nur für einen Teil der Spiele Zeit war):

    #GuatemalaCafé : Frühwerk der Brands, gespielt wurde es in der Regelvariante des Hippodice-Wettbewerbs (also ohne Blockaderegel). Die Idee, dass man auf zwei getrennten Plänen anbaut und verkauft, ist schon ziemlich originell, und sogar das Spielende aus Rajas of the Ganges findet sich hier wieder. Rondelle mag ich ja immer, das ist also ein weiterer Pluspunkt. Ansonsten ist es sehr typischer 2000er-Routenbau und Gebietsabsteckung mit ansonsten immer noch innovativ wirkenden Handelselementen. Anders als die neueren Brands aber ziemlich wenig verzeihend, hier kann man sich schnell selbst aus dem Spiel kegeln - das würde ein Spiel auf vergleichbarem Kennerniveau heute mit Catch-up-Mechanismen abzufangen versuchen. Meiner Freundin hat es erstaunlich gut gefallen, das waren also schonmal gut investierte 8 Euro.

    #PelicanBay Erstlingswerk der "Drei Hasen in der Abendsonne", vom Autor der Kakerlakenspiele. Damit hat es nichts zu tun, es ist ein typischer Plättchenleger, der sich ganz klar zu zweit am besten spielt (und wohl auch so konzipiert wurde). Wobei, streicht das "typisch". Hier geht es ganz klar darum, wer an das größte Gebiet anlegen kann (und es zugleich dem anderen verunmöglicht). Und schafft man es passende Teile abzulegen darf man gleich zwei unterbringen, was AP geradezu herausfordert. Das Design des Spiels ist immer noch wunderschön, ich kenne wenig attraktivere Plättchenlegespiele, die soviel Stimmung auf den Tisch zaubern. Ob es gefällt hängt davon ab, ob man die Mischung aus hohem Glücksanteil und trotzdem heftigen Brainmelt mag. Mir gefiel es sehr gut, die 5 Euro ist es auf jeden Fall wert gewesen.

    #TheKingsPouch Einer von zwei Titeln, von denen ich nie geglaubt hätte, sie mal auf einem Flohmarkt zu finden - und dann liegt es da heute für 5 Euro offen rum. The King's Pouch kam 2014 bei Korea Board Games (als Zweitauflage einer noch obskureren asiatischen Erstauflage im Vorjahr) raus, danach gab es nie eine Neuauflage, so dass das Spiel wirklich selten und lange Zeit schwer zu kriegen war. Für 2014 war das mechanisch regelrecht revolutionär, es bindet Bag Building mit Worker-Placement und Gebietsmehrheiten zusammen, und das auf immer noch ziemlich originelle Art und Weise. Aus dem Beutel werden Arbeiter gezogen, die aber alle Spezialisten sind, so dass man nie vorher weiß, was man in der nächsten Runde tun kann. Das Beste aber: Ab Runde 2 wirft das Spiel mit Gebäuden um sich, die total overpowered wirken - nur eben gilt das für alle Gebäude gleichermaßen. Zu zweit ist man mit der kleinen Schachtel in 75 Minuten durch, zu mehreren dürfte es doppelt so lang dauern, und dann sind die Wartezeiten wahrscheinlich enorm - insoweit eher was für kleinere Gruppen. Dann aber ein echter Knaller, der genauso gut ist wie Eric W. Martin vor 10 Jahren im Video versprach (der Mann ist sowieso, was Empfehlungen angeht, einer der wenigen, dem ich quasi blind vertraue).

    #FavorofthePharaoh Der zweite Titel, den ich heute nicht erwartet hätte - eine luxuriös ausgestattete Neuauflage von "Um Krone und Kragen", die das alte Spielbrett durch modulare, variable Bereiche ersetzt, und so eine große Wiederspielbarkeit in diese Kniffelvariante mit Engine Building reinbringt. Um Kopf und Kragen war eines der wenigen Spiele, die ich in den 2000ern überhaupt mitbekommen habe, und die ich damals schon gut fand - die aber wegen des starren Ablaufs auch recht schnell langweilig wurde. Favor "rettet" das Spiel, es gibt jetzt viel mehr Würfelaufgaben, die "Helfer", die man anheuert, sind stärker als früher, und der Ablauf ist in jeder Partie völlig unterschiedlich. Ich hatte schon einige Male hier im Markt gezuckt, als es eingestellt wurde, aber heute für 20 Euro konnte ich dann endgültig nicht widerstehen, und es hat sich voll gelohnt. Wer sowas sucht, für den ist Favor of the Pharaoh wirklich die beste Luxus-Kniffel-als-Engine-Builder-Variante die ich kenne.

    #Eschnapur Zuletzt dann noch etwas völlig Obskures: Ein Reinhard-Staupe-Spiel von 2000, damals noch bei Schmidt-Spiele erschienen, und das meine Tochter etwas unwillig mitspielen musste, weil es erst ab 3 Spielern funktioniert (nach dem Spiel würde ich sogar sagen, dass es besser 4-5 sein sollten). Eschnapur vermischt alle Mechanismen, die im Jahr 2000 gerade en vogue waren: Alles was es im Spiel gibt wird versteigert oder untereinander getauscht. Bezahlt und gesteigert wird mit allem, was man so angesammelt hat, Handel unter den Spielern ist ausdrücklich erlaubt. Macht man eine Entdeckung, muss der höhere "Gewinn" dann wieder unter allen Mitspielern auktioniert werden. Und dann gibt es den absurdesten Catch-up-Mechanismus den ich jemals seh: Eine völlig debil grinsende Buddhastatue (goldglänzend und unerwartet riesig) geht hinter den zurückliegenden Spielern her und verdoppelt ihre Punkte, so dass sie schnell in Führung kommen - und schon hat der Lachbuddha neue Kandidat:innen für seine Spendenarbeit.

    Gekauft habe ich Eschnapur, weil der ebenfalls mit 5 Euro ausgezeichnete große Karton wie die typischen Familienspiele meiner Kindheit aussah. Bekommen habe ich ein als Familienspiel getarntes Kennerspiel, bei dem ich völlig unsicher bin ob es sich nicht lohnt, strategisch in einer Runde quasi auszusetzen, um dann in der kommenden Wertung dank Buddha doppelte Punkte zu bekommen - das könnte man wahrscheinlich absichtsvoll so timen. Wenn das vom Autor so gedacht war, ist es eine der interessantesten, verqueren Punktemechanismen die ich bisher gesehen habe - wenn nicht, ist es wohl nur ein völlig übertriebener Aufholmechanismus. Da der Mann auch Basari gemacht hat, glaube ich fast an Ersteres.

    #Liebe&Intrige Das schrägste Spiel kam aber zuletzt auf den Tisch: Ein von zwei Frauen erdachtes Worker-Placer-Kartenspiel, wo ich in Post-Jane-Austen-Zeiten meine Töchter meistbietend im Park oder in der Spelunke im wahrsten Sinne des Wortes "an den Mann" bringen muss. Die Beschriftungen der Tochterkarten sind z.T. derart frauenfeindlich, wie ja auch die gesamte Spielidee, dass ich mich ernsthaft frage, ob das Ganze damals schon ironisch gemeint war. Tatsächlich spielt man das Spiel am erfolgreichsten, wenn man die eigenen Töchter möglichst schnell mit dem einträglichsten Tattergreis vereint, statt sie mit dem Level-6-Idealgatten zu vermählen, den es eh kaum im Kartenstapel gibt. Hinzu kommen einige der seltsamsten Aktions- und Ereigniskarten aller Zeiten (eine meiner Töchter verlor ihren zuvor beträchtlichen Intelligenzwert, weil sie in der Spelunke unter den Tisch gesoffen wurde). UND das Spiel bietet auch noch fiese Interaktionsmöglichkeiten, wo ich die Dates der Mitspielertöchter (die nur drei Chancen haben zu heiraten) nach Kräften ruinieren kann. Kein wirklich gutes Spiel, aber ein großer Spaß, wenn man das Ganze von der grausamen Wirklichkeit abblendet.