Beiträge von Biberle im Thema „[Brettspieltag.de] Vantage: Ein wahrlich besonderes Spielerlebnis (19. Juli)“

    Mit ging es nicht um die The Crew ansich sondern um den Punkt mit dem "jemand, der noch nie ein Stichspiel gespielt hat" als Maßstab. Dazu war meine Frage, ob das wirklich immer das Kriterium ist. Wenn das so wäre, wäre ja im Prinzip jedes Spiel automatisch ein Kennerspiel. Auf Flip 7 trifft das ja genauso zu?

    Finde ich überhaupt nicht. Es gibt tatsächlich sehr viele Menschen, die sich selbst bei den Basisregeln eines Stichspiels (bedienen, abwerfen etc.) schwer tun, sie zu verinnerlichen. Da musst du schon einen Mechanismus verstehen, der im Alltag so eigentlich nicht vorkommt. Push your luck bzw. einfach ein gewisses Risiko eingehen ist dagegen etwas sehr Menschliches, auf das allgemeine Leben bezogen. Und dahingehend, wie das nun bei Flip 7 umgesetzt wird, gibt es eigentlich absolut Null Nicht-Verständnis-Potenziel. Auch von den Konsequenzen: Ausscheiden oder Aussteigen und die vor einem liegenden Punkte zählen.

    Der geistige Vorgänger Paaranoia (im englischsprachigen Raum als Pairs recht populär), hat ein fast identisches Spielprinzip, allerdings sind die Entscheidungen mit einem typischen Brettspiel-Mechanismus als Konsequenz hinterlegt, den man dann tatsächlich auch erst wieder verstehen muss.

    Es gibt einen Spruch zur Kunst, den man in der 7. Klasse kennen sollte, der das schön zusammenfasst: "Man sollte die Regeln kennen, bevor man sie bricht."
    Ein Regelbruch erzeugt ebenso Kunst wie die Einhaltung der Regeln. Das heißt, die Regeln liegen nicht in der Frage der Kunst, sondern in der Frage, welche rezeptionsästhetischen Erkenntnisse gibt es über die einzelnen Kunstformen, und was bewirkt es, wenn man diese bricht?

    Zu behaupten, nur das Einhalten handwerklicher Erkenntnisse erzeuge Kunst und das nicht-Einhalten wäre ein irgendwie objektiver Nachweis für Nicht-Kunst, ist wirklich ein absoluter Anfängergedanke und zeugt von Unwissenheit darüber, was Kunst konstituiert.

    DAS berühmte wenngleich im Wortsinne anfänglich nicht gerade populäre Beispiel dafür ist sicherlich Picasso.

    Ich will gar nicht wissen, wieviele Leute schon geätzt haben " was soll der Scheiß? Das soll Kunst sein? Sows konnte ich schon als Zehnjähriger."

    Neben der unsäglichen Dümmlichkeit solcher Aussagen an sich muss halt einfach festgehalten werden, dass Picasso ein ganz hervorragender und extrem begabter Grafiker/Zeichner/Maler im "klassischen" Sinn war, er also die hier zitierten Regeln bestens beherrschte. Nur um sie dann nach allen regeln der Kunst wieder zu demolieren und zu zerstören.

    Selbst ein Bild davon machen kann man sich übrigens im "Museu Picasso" in Barcelona, in dem zwar keines seiner weltbekannten Werke hängt, das sich aber ausführlich wie kein weites seiner "gegenständlichen" Frühphase widmet.

    Ebenfalls erwähnenswert finde ich, dass er sich seinem sprichwörtlich epochalen Werk "Les Demoiselles d’Avignon" mit fast schon wissenschaftlicher Akribie genähert hat. Es entstanden im Vorgang Hunderte Skizzen und Studien. Er hat das Bild also nicht aus Jux und Tollerei gemalt, sondern ganz gezielt, die damaligen Regeln für "gute" und "richtige" Kunst gezielt gebrochen, und zwar mit gnadenloser Konsequenz.

    Was? wieso? Habe ich etwa schon wieder Gefühle eines Nerds verletzt?

    Naja, du schüttest hier halt ziemlich viel Häme und Sarkasmus aus; gleichzeitig lässt mich deine Wortwahl vermuten, dass du nicht mal grundlegende Ahnung davon hast, wie ein Entwicklungsprozess bei einem Brettspiel abläuft. Das passt nicht ganz zusammen, finde ich.

    Wobei du hier, wohl eher zufällig, sogar einen halben Treffer gelandet hast. Fryxgames ist ein Familienunternehmen, Autoren und Betreiber des Verlages sind identisch. Eine der Illustratorinnen ist mit Naomi Fryxelius zudem eine der Schwestern im Familienverbund, so gesehen hat der Autor hier tatsächlich nicht besonders viel Geld ausgegeben.

    Aber meiner Meinung nach merkt man sehr wohl, dass man es bei ihr mit einer professionellen Illustratorin zu tun hat. Muss nicht der eigene Geschmack sein, aber Häme ist ziemlich unangebracht.

    Also woran liegt das? Der Stil/das Spiel sieht in meinen Augen nicht billig oder "weniger wertig" aus, als andere Spiele. Leigt es vll einfach daran, dass viele Spiele alle recht ähnlich aussehen und wir daraus eine Art "Erwartungshaltung" im Kopf haben, wie ein Spiel optisch auszusehen hat? Ansich sollte man es ja gerade positiv heraushaben/wahrnehmen, wenn etwas optisch mal anders aussieht.

    Die Frage ist doch, wenn etwas einen bestimmten Stil hat, der (wie meiner Meinung schon auch bei Fate) leicht ins "trashige" geht: Will man das so oder können es die Grafiker einfach nicht besser?

    Und bei Fate gibt es Illustrationen, mit denen man beides vertreten könnte. Wobei ich eher den Eindruck habe, als wären z.B. die Karten unterschiedlich stark ausgearbeitet. In manchen steckt gefühlt sehr viel Arbeit drin, andere wurden wohl schon in einem eher groben Stadium als final abgesegnet.