Beiträge von PeterRustemeyer im Thema „Spiel des Jahres / Kennerspiel des Jahres Orakel 2023“

    Warum wurde der Preis eingeführt? Weil genau die Diskussion über den gefühlt sinkenden Anspruch des SdJ eine erweiterte Würdigung komplexerer Spiele -über Sonderpreise und Empfehlungen hinaus- notwendig zu machen schien/ein Preis Richtung "schwieriger" Mechanismen für sinnvoll erachtet wurde.

    Ich meine mich zu erinnern, dass es genau andersrum war.

    Mit Dominion hat 2009 ein Spiel den Preis gewonnen, das schlicht "zu hoch" für die Zielgruppe (Garnichtspieler) war.


    Was du beschreibst, ist ein Luxusproblem: Vielspieler sind von einem Preis, der sie gar nicht ansprechen will, unterfordert.

    Ist die Zielgruppe vom Preisträger überfordert, ist es dagegen ein echtes Problem.

    Nico

    Der Oscar zeichnet (gefühlt) öfter mal Filme aus, die nicht unbedingt Blockbuster/Publikumsmagneten sind. Aus künstlerischen und/oder politischen Gründen. Das SdJ funktioniert (gefühlt) komplett anders.


    Ja, 30k ist ein erfolgreiches Spiel.

    Ja, ein SdJ verkauft vielleicht 300k.

    Aber es gibt genug SdJ, die auch ohne Preis weit mehr als 30k verkaufen, weil es halt einfach schon vorher mega beliebte Spiele waren.

    MicroMacro hatte zB 2021 locker die 100k vor der Nominierung gesprengt (da erinnere ich mich an eine Zahl). Codenames oder Azul vermutlich auch.

    Der Preis ist dann nur eine Bestätigung, und natürlich nochmal ein fetter Bonus. Aber kein +900% Sprung.


    Der Oscar und das SdJ arbeiten einfach komplett anders.

    Würde SdJ wie der Oscar funktionieren, hätte 2018 zB #HoldingOn das SdJ gewonnen, weil es ein mutiges Thema hatte.


    Ich find's einfach völlig falsch, so zu tun, als kämen diese riesigen Verkaufszahlen nur durch den Preis, wenn die Jury immer wieder explizit Spiele auszeichnet, die schon ohne Preis absurd erfolgreich waren.

    Weltweit betrachtet wirkt sich der Kennerspielpreis sicher kleiner als 10% Steigerung aus. Aber nur auf Deutschland bezogen ist es prozentual eben deutlich mehr. Das sollte man auseinanderhalten, wenn man mit Zahlen um sich wirft.


    Natürlich betrachte ich weltweit. Es ist mir völlig wurscht, ob mein Spiel von einem Deutschen, Franzosen oder Koreaner gespielt wird. Alles macht mich gleich glücklich, und alles macht mich gleich reich (für lokalisierende Verlage, zB Feuerland für Wingspan, macht es natürlich einen Unterschied, aber ich bin a) kein lokalisierender Verlag und habe b) extra dazu geschrieben, dass es unklar ist, in wie weit man internationale Zahlen berücksichtigen sollte).


    Du wirfst hier gerade "Spiel des Jahres" und "Kennerspiel des Jahres" etwas durcheinander. Beim Spiel des Jahres sind es immer deutlich über 100% Steigerung und auch 1000% keine Seltenheit. Beim Kennerspiel kann die Zahl zwischen 20% und 200% Steigerung liegen.

    Die Faktor 10 Spanne, die du gerade bei beiden Preisen zugrunde legst, ist halt imho ein Beleg dafür, dass eine prozentuale Betrachtungsweise hier nur bedingt aussagekräftig ist. Und nur darum ging es mir.

    Was der Preis eigentlich bewirkt: Menschen, die sonst nix kaufen, kaufen genau das eine Spiel. Und das sind X Menschen, nicht x% Menschen.

    Die Prozentangabe "von denen, die das Spiel gekauft haben" ist halt maximal nutzlos für irgendeine Betrachtung (weil maximal abhängig davon, wie gut sich das Spiel ohne Preis eh schon verkauft), während ich relativ sicher bin, dass die Absolutmenge der Menschen, die einfach stumpf einmal zu Weihnachten das aktuelle SdJ kaufen, halbwegs konstant ist (von Coronasprüngen mal abgesehen).

    PeterRustemeyer : Ich will dir da nicht widersprechen, wenn du da einen besseren Überblick hast. Das sind so die Zahlen, die so rumgeistern.. 20-40% klingt da doch recht wenig.

    Wobei die Zahlen fürs Kennerspiel sicherlich deutlich geringer sind als für das Spiel des Jahres.


    Was ich damit sagen wollte: Selbst wenn man es quantifizieren könnte, ich würde es eher absolut ausdrücken und nicht in Prozenten. Wenn ich raten dürfte, wäre der Wert des Preises bei ca. +200-500k verkauften Schachteln fürs SdJ, +50-100k fürs Kennerspiel.*


    Das bedeutet vielleicht +1000% für ein Spiel, das sonst eher überschaubar erfolgreich ist.

    Aber wenn Flügelschlag 1.5 Millionen Schachteln verkauft hat, sind es halt <10%.


    Der Preis ist der wichtigste auf dem Planeten.

    Aber er ist halt nicht für alle Siegertitel gleich wichtig.


    ---

    *die Zahl wird ohnehin nicht erhoben, weil die Kunden nicht gefragt werden, ob sie das Spiel auch ohne Preis gekauft hätten. Sie wird zudem schwanken wie verrückt, sie wird von weiteren Faktoren abhängen (zB wie teuer das prämierte Spiel ist), es ist unklar, ob und wie man internationale Verkäufe reinrechnen kann usw.

    20%, 40%, das sind doch ganz andere Zahlen als ein Spiel des Jahres..ganz andere Größenordnung.


    "Ganz andere Größenordnung"?


    Wenn die Jury ein Micro Macro, Flügelschlag, Exit oder Azul auszeichnet, sind es sehr sicher weniger als 20%.

    Wenn die Jury ein Paleo auszeichnet, sind es recht sicher um die 20-40%.

    Wenn die Jury ein Spiel auszeichnet, das vorher gar nix gerissen und niemanden interessiert hat, sind es sicher mehr als 40%.

    Ich vermute, ein in Deutschland zuerst erschienes Spiel welches als (Kenner-)Spiel des Jahres nominiert oder sogar ausgezeichnet wird, wird früher in anderen Sprachen lokalisiert als ein Spiel welches beim (Kenner-)Spiel nicht erwähnt wird.

    Jein bis nein.


    Üblicherweise ist ein nominiertes Spiel schon vorher nicht ganz unerfolgreich, und hat dadurch schon internationale Partner an Land gezogen (wenn die nicht eh von Beginn an dabei waren, weil heute eh alles international ist). Ich habe zB als direkte Folge des Preises glaubich nur die rumänische und skandinavische Sprachvariante dazubekommen, alles andere war schon da. Ist jetzt nicht unerfreulich, dass das auch noch passiert ist, aber jetzt auch nicht der totale Karrieresprung. ;)


    Inwieweit sich der deutsche Preis auf den nichtdeutschen Verkauf auswirkt, kann glaubich nur Spekulation bleiben.

    Bei mir waren es gefühlt genau 2 Wochen BGG-Hotness, und dann war's das.

    Tatsächlich verkauft sich Paleo in den Ländern am besten, wo es auch zum dortigen Spiel des Jahres nominiert/erklärt wurde, und verkauft sich eher überschaubar in den anderen.


    Edit: auf den finanziellen Erfolg hierzulande hat das SdJ aber maximal Einfluss, nur für den Fall, dass das hier irgendwer bezweifelt.

    Ich suche halt immer nach objektifizierbaren Kriterien.

    Warum nicht so, wie die Jury das macht?


    Stell 100 Leuten, die noch nie was anderes als Maumau gespielt haben, ein Spiel hin und kuck, ob sie das innerhalb von einer Viertelstunde halbwegs fehlerfrei spielen können.

    Falls das für die Mehrheit gilt, haste ein Familienspiel.


    Spiele, die hier durchfallen, setzt du den nächsten 100 Leuten vor, die schon ein paar Spiele des Jahres zuhause haben oder sonstwie so halbwegs spieleaffin sind.

    Wenn die das mehrheitlich hinkriegen, hast du ein Kennerspiel.


    Brauchen selbst eingefleischte Brettspielnerds >15 Minuten, sich ein Spiel zu erarbeiten, hast du ein Expertenspiel.

    Was mich etwas erstaunt, ist die Tatsache, dass die Empfehlungsliste beim KSdJ (erstmalig?) nur zwei Titel umfasst, nämlich Council of Shadows und Mindbug. Sollte man das als Zeichen eines eher schwachen Jahrgangs für die uns Vielspieler werten?

    Wenn ich mich recht entsinne, ist das Auswahlkriterium hier recht simpel: wenn ein Spiel x Daumen hoch bekommt, landet es auf der Liste.

    Also ja, die Jury hat wohl nicht genug Anwärter als würdig empfunden, was für einen eher schwächeren Jahrgang spricht (oder eine sehr uneinige Jury).

    Die ewige Diskussion, warum ein Preis für die Outgroup nicht nach den Kriterien für die Ingroup vergeben wird, geht in eine neue Runde. ^^


    Die Jury hilft aber auch immer wieder mit, dass es einen Grund für solches Gerangel gibt.


    1) Dass nicht das beste Spiel ausgezeichnet werden soll, sondern "dasjenige, welches am besten als Botschafter für das Kulturgut Spiel geeignet ist" (oder so ähnlich), kommt nur so halb rüber, wenn Christoph Schlewinsky mit "und hier die besten Spiele des Jahrgangs" (oder so ähnlich) einsteigt. ;)


    2) Über die Jahre hinweg sind Kennerspiele gefühlt immer komplexer geworden, der Kennerspielpreis dagegen wandert gefühlt eher in Richtung weniger komplex, bewegt sich also weg vom "Mittelwert".

    Der Name des Kennerspielpreises hilft auch nur bedingt, denn durch den fühlen wir Spielekenner uns nicht ganz zu Unrecht als Adressat.


    3) Es gibt immer wieder "Komplexitätsausreißer". Es wirkt manchmal (dieses Jahr eher nicht), als würde die Jury ein bisschen vor dem Hype einknicken bzw doch nach ihrem privaten Spielegeschmack auswählen, wenn sich Spiele wie Barrage, Arche Nova, Dune Imperium oder Terraforming Mars in die Liste verirren. Dass es ein bisschen Unverständnis erzeugt, wenn solche Titel in dieselbe Kategorie fallen wie Exit, Challengers oder Fantastische Reiche, liegt irgendwie auf der Hand. Einem Publikum kein Challengers als Einstieg zumuten zu wollen, aber TFM ist mit einem bisschen Spielelust erfahrbar? Na ja. ;)

    (ich finde es persönlich nicht falsch, herausragende Expertenspiele honorieren zu wollen, aber die Komplexitäts-Bandbreite wird dadurch schon ziemlich strapaziert)


    4) In gar nicht wenig Jahren gewinnt halt auch einfach das "Hypespiel", so dass der Preis auf einmal doch wirkt wie eine Bestätigung der Ingroup. Da können die natürlich nix dafür, wenn das Spiel halt tatsächlich auch in der Outgroup so gut ankommt. Aber es weckt/bestätigt halt schon die Erwartungshaltung, dass die Jury gefälligst die Spiele prämieren soll, die die Bubble geil findet.