Der Selbstschutz/Kodex der Branche schützt natürlich nur so halb vor "Außenseitern", denen alles egal ist. Wenn jemand trotzdem reingrätschen will, dann kann das erstmal niemand verhindern. Aber der Außenseiter schadet sich mit solchem Verhalten selbst und wird nach so einer Aktion vermutlich erstmal wenig Erfolg haben, Partner zu finden oder sonstwie Fuß zu fassen. Und ich glaube auch nicht, dass sich mit sowas Geld verdienen lässt.
Als Beispiel: Wenn ich mir Regeln und Material von #Catan mopse und dann 5-6 asymmetrische Startrollen ("darf Würfelwurf wiederholen, startet mit 1 Holz", "darf immer 2:1 tauschen, startet mit 1 Getreide"), Ereigniskarten ("Starkregen: Straßen brauchen ein zusätzliches Erz") und ne Miniregeländerung ("Ritter veschieben bei 2 und 12 statt bei 7") dranpappe, dann ist das sehr sicher nach 5-10 Testspielen ein brauchbares, vielleicht sogar ein gutes Spiel... weil jemand anders halt vorher schon 99% der Arbeit* gemacht hat.
Und dann was? Kein Verlag Deutschlands wird das Ding annehmen. Ein Großteil der Spieler wird ebenfalls durchschauen, was ich da getan habe, und mein Spiel nicht haben wollen. Klaus Teuber wird mir den Vogel zeigen, wenn ich ihn frage, ob ich das so unter meinem Namen als Autor drucken darf.
Und dann was? Selbst wenn mir Kosmos und Teuber keine Anwälte und bezahlte Schläger auf den Hals hetzen, wenn ich das Ding selbst drucken lasse, krieg ich vielleicht ein paar hundert Spiele an Oma, Freunde und ahnungslose Messebesucher verscherbelt. Ich hab weder wirklich Geld verdient, noch zukünftig irgendeine Chance auf Kooperation mit einem echten Verlag mit echten Vertriebswegen. Und die Leute, die von der Geschichte Wind bekommen haben, werden mich meiden.
Der total dumme Weg, finanziell wie auch reputationstechnisch, ist es, das Ding tatsächlich finanzieren und drucken zu lassen, Geld für Illustrationen in die Hand zu nehmen. Dann sitz ich auf meinen Kosten, die Brücken sind verbrannt und es bleibt nur der Weg nach vorne: durchziehen um jeden Preis.
Ziemlich genau das hat der Digger getan, und es wäre nicht nur ihm um die Ohren gehauen worden, aber seine generelle Art und sein Umgang damit bieten natürlich eine deutlich größere Zielscheibe, als wenn das irgendein völlig unbekannter Neuling machen würde (was übrigens auch immer wieder passiert, aber so einer kriegt in der Regel sein Spiel auch nicht verkauft und/oder produziert, das Ganze scheitert dann deutlich früher und harmloser).
Jetzt im Nachhinein ein paar Zahlenwerte zu ändern oder "inspiriert von Big Deal" in die Anleitung zu schreiben, ändert daran auch genau nichts. Das einzige, was etwas ändern würde, wäre eine Übereinkunft mit dem Autor (viel Glück bei der Vorgeschichte), denn dann wäre sowieso alles in Ordnung, ein Einstampfen des Projekts oder echte Arbeit: ein eigenes Spiel erfinden und die bezahlten Illus da dranpappen.
Der "schlaue Weg" sieht so aus, vorausgesetzt, du hast wirklich was zu bieten (was ich hier nicht sehe): die Arbeit machen, das Ding dem Autor zeigen, mit ihm gemeinsam einen Verlag suchen, Profit. Siehe zB die Luftschiffe bei #Scythe.
Ich hab auch neulich einen Post auf Reddit gesehen, wo ein "Designer" darüber geklagt hat, wie schwer es ist, ein übernommenes System zu seinem eigenen zu machen. Er hatte von #Gloomhaven die oben/unten-Karten, die Initiative usw übernommen, und wunderte sich nun, dass für alle anderen Designprobleme nun die einzig sinnvolle Lösung ist, es genau so zu machen, wie Isaac es getan hat. Warum das so ist, liegt auf der Hand: weil du halt immer noch keine eigenständige Idee hattest, Junge.
Er ist nach eigenen Angaben hauptberuflich Storyteller aus der Videospielbranche und will das trotzdem alleine durchziehen. Viel Spaß dabei.
Der schlaue Weg wäre, storytechnisch in Vorarbeit zu gehen, dann Isaac ins Boot zu holen, seinen Namen auf die Schachtel zu schreiben und das ganze "Spacehaven" und nicht "Abenteuer auf Alpha Centauri" zu nennen.
Wenn die Branche eins brauchen kann, sind das fähige Storyteller (bisher meist eher gruselig amateurhaft, auch in großen Titeln).
Und es würde auch wesentlich mehr Geld bringen, auch wenn Isaac den Löwenanteil bekommen würde, weil du dann halt 50.000 statt 500 von den Dingern unter die Leute kriegst.
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* "99% der Arbeit" kann alles mögliche sein, hier ist es das funktionierende mechanische Gerüst. In anderen Fällen machen die 1000 Quizfragen in der Schachtel die Essenz aus, und es ist dann natürlich ebenfalls eine Frechheit, die Fragen 1:1 zu kopieren und in ein anderes Spiel zu packen, auch wenn die Quizregeln völlig anders sind. Ich finde es völlig absurd, dass man das anders sehen kann (wie es einige der 10er auf BGG offensichtlich tun). Es ist nicht das geringste Problem, sich ne Mechanik zu mopsen und ein Spiel draus zu basteln. Aber wenn du dann genau nix Substantielles hinzufügst, dann ist es halt am Ende immer noch keine eigenständige Spielidee.