Beiträge von PeterRustemeyer im Thema „(Vermeintliche) Plagiate und der Umgang damit“

    Der Beitrag der Spieleoffensive ist online:


    Ist im Wesentlichen ein längeres Interview mit Christian Beiersdorf von der SAZ. Die Spieleoffensive stellt nur Fragen.


    Unfinished Business wird auch kurz angesprochen, aber Christian sagt sinngemäß (und imho nicht ganz zu Unrecht), dass er die Kommunikation der Truppe derart unterirdisch findet, dass er sich damit nicht mehr groß auseinandersetzen will. Man müsse halt kucken, wie das Spiel am Ende aussieht (jetzt wo die finale Version doch nicht mehr so final ist).

    Dann noch mal anders herum: Wie viel Schöpfung muss ich einem Spiel hinzufügen, damit es KEIN Plagiat mehr ist? Im vorliegenden Fall ist es - aufgrund der ersten abgeschriebenen Anleitung ja recht evident - aber wenn sie nun als ersten Regelentwurf den nun paraphrasierten genommen hätten UND offenbar dem Produkt etwas hinzu gefügt haben - ab wann wäre es kein Plagiat mehr gewesen?

    Es gibt keine allgemein gültige Regel.


    Aber so wie du es gerade formulierst, wäre es nie ein eigenständiges Werk.

    Wenn das Originalspiel noch 1:1 drin steckt und nur von außen ein paar Sachen drangeklebt werden, ist das eine Variante/Erweiterung, aber kein eigenständiges Spiel.


    Spieldesign ist, wenn du Altbekanntes zerrupfst und neu zusammensetzt.

    Um das Thema Geld grüble ich schon das ganze WE.

    Ganz grob:

    günstiger Illustrator - 2000 Euro.

    1000 Schachteln, Regeln und Karten produzieren lassen - 5000 Euro

    Fulfillment - nix (umgelegt auf Käufer)

    500x 25** Euro sind 12500, bleiben 5500 übrig, hauen wir irgendwas um die 1500 Steuern weg und teilen das durch die zwei, hat jeder 2000 Euro.

    Plus sie können noch 500 Schachteln verscherbeln, was dann alles "Reingewinn" ist, wenn man alle Kosten weglässt.*

    Wenn es gut läuft, haben am Ende beide vielleicht 5000 Euro verdient (das kann man viel finden oder nicht, ich find's eher überschaubar).


    Das ist mega grob und bestimmt völlig falsch, aber sollte ungefähr in die Richtung gehen.


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    * Natürlich wird erstmal mit 0 Euro gerechnet für Testspiele, Entwicklung, Grafikdesign, Spielregel schreiben, Druckdaten machen, Promo, Messestand, Arbeitszeit am Stand und sonstige Auswände (um die anderen 500 Schachteln loszuwerden), Kosten für Betrieb einer Webseite inkl Shop, Zeit/Kosten für Verkaufsabwicklungen, Zeit/Kosten für Reklamationen... und, und, und.

    Diese Sorte Selbstbetrug findet aber bei fast allen Autoren/Kleinverlagen statt, weil das für die Allermeisten halt einfach 3/4 Hobby ist.


    ** Dass überhaupt Geld liegen bleibt, liegt am sehr hohen Verkaufspreis (normalerweise kostet ein Spiel mit ein paar Karten eher 10-15 Euro). Den können die nehmen, weil sie eine Community haben, die das bezahlen will, der Preis enthält quasi schon eine saftige Spende an den Kanal. Das ist auch überhaupt nicht schlimm, immerhin haben sie eine Menge Zeit reingesteckt, diese Community aufzubauen (aber eigentlich müsste man dafür dann auch wieder Kosten veranschlagen).

    Wie angedeutet, empfinde ich meine Aussage ja selbst als Wunschdenken, aber so läuft die Diggerspirale halt immer weiter

    Das hat auch wieder nix mit ihm zu tun, außer dass er ein Nutznießer ist.


    Unsere Gesellschaft hat einfach gemerkt, dass "Anstand" ein Begriff ist, der eher theoretischer Natur ist. Es gibt keine Konsequenzen, wenn du dich schäbig durchs Leben bewegst. Das machen unsere Politiker vor, das machen unsere Promis, das machen viele von uns im Alltag. Das Arschlochprinzip, erst machen, dann fragen, bzw wenn keiner meckert, war es ok, dass ich mich vorgedrängelt habe. Wenn doch, sag ich halt kurz sorry, hab mich aber immer noch vorgedrängelt.


    PS: Mich erinnert der Digger am ehesten an den Wendler. :lachwein:

    und dann, aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung, vom Markt genommen worden

    Weil es zu so einer gerichtlichen Entscheidung einfach nicht kommt. Bzw selbst wenn ich dein Spiel 1:1 abschreibe, so lange auf meinem Cover Eisbären sind und auf deinem Cover sind Robben, ist es gefühlt 50:50, wie der Richter entscheidet. Das wissen sowohl Kläger wie auch Täter, und das macht es echt unattraktiv, sich für sowas einen Anwalt zu suchen.


    Gerade weil die rechtliche Lage so verwaschen ist, nimmt die Branche das eher selbst in die Hand, inklusive Ächtung (deshalb sind diese 1er auf BGG auch nicht lächerlich, sondern halt ein Teil der wenigen Tools, die uns bleiben, um so ein Verhalten abzustrafen).

    Wenn ich mich richtig erinnere, will Stephan das Spiel in den Retail bringen. PeterRustemeyer

    Was der Typ gerne machen würde und was der Markt tatsächlichhergibt, ist aber auch nicht unbedingt dasselbe.


    Ich sehe hier jetzt echt nicht die Riesenauflage und den größten Andrang aller Zeiten.


    (immer noch: alle Kritik ist berechtigt, aber rückt mal eure Erwartungen zurecht, um wie viel sich da MPLPRN bereichern könnten bzw um wie viel Brent Beck betrogen wurde, und dementsprechend auch, wie realistisch eine Klage ist. Stoppt den Typen, ja, aber lasst mal das finanzielle Motiv außen vor)

    Ich wollte nur die Perspektive graderücken.


    Ich finde es ein bisschen seltsam, dass hier teilweise geschrieben wird, der Digger wolle sich hier bereichern ("einen schnellen Taler machen").


    Mit oder ohne Plagiat, das Ding war für seine Fans gedacht und hätte diesen Zirkel nie großartig verlassen. Das war jetzt nicht die Hotness vor dem Herrn, sondern ein kleines Projekt mit winziger Zielgruppe.

    Dementsprechend hält sich sowohl der Schaden für den Originalautor in Grenzen, wie aber auch der Gewinn für die Plagiatoren. Da wird echt nicht viel rumkommen, der einzige, der hier vielleicht irgendwie seinen Schnitt macht, ist der Mensch, der die Illus gemacht hat (wenn er nicht blöd genug war, sich auf eine Umsatzbeteiligung einzulassen oder sonstige Freundschaftspreise veranschlagt hat).


    Das Plagiat an sich ist fies, darüber können wir gerne reden und das finde ich persönlich reichlich schäbig, aber es geht hier echt mehr um den Präzedenzfall bzw eine Grundsatzdebatte denn um einen konkreten monetären Schaden. Gefühlt war von Anfang an klar, dass die da nicht ernsthaft Geld verdienen können.


    (vermutlich wäre der Bums mit 500 Euro Pauschale für Brent Beck erledigt gewesen, wenn sie vorher nett gefragt hätten)

    Aber wenn ich eine innovative Idee/Variante gehabt hätte, auf die weder Verlag noch Autor vorher gekommen waren, diese nach meiner Präsentation ablehnen, um dann selbst aufgrund meiner Idee eine eigene Umsetzung zu entwickeln und man dann nicht mal als Inspirationsquelle in der Anleitung erwähnt wird oder so, fände ich das dann auch nicht so toll.

    So war das auch nicht gemeint.

    Ist natürlich ziemlich hypothetisch die ganze Sache, aber wäre 5a nicht auch etwas unfair dem Variantenideengeber gegenüber?

    Wenn du ohne Einladung auf einer Party erscheinst, kann es dir halt passieren, dass du trotzdem nicht rein gelassen wirst, obwohl du extra einen Kuchen gebacken hast. ;)


    Wenn du 100 neue Magickarten erfunden hast, sind die Wizards of the Coast ja auch nicht verpflichtet, die ins Sortiment aufzunehmen und dich zu bezahlen. Und du hast immer noch kein Recht, sie selbst auf den Markt zu bringen.


    Urheberrechte und geistiges Eigentum sind nur dann etwas wert, wenn der Rechteinhaber dich als Partner ablehnen darf.


    Und das aus welchen Gründen auch immer: kein überzeugendes Produkt, keine Zielgruppe, deine Idee ist zu naheliegend, deine Änderungen sind nicht tiefgehend genug oder schmecken uns nicht, an deiner Idee wird schon anderweitig gearbeitet, wir haben keine Zeit, keine Lust, dein Gesicht gefällt uns nicht (das ist nichtmal ein Scherz, man muss sich ja auch vorstellen können, mit dem anderen zu arbeiten).


    Und das ist auch erstmal völlig unabhängig davon, wie viel Arbeit du dir gemacht hast (ohne dass dich jemand darum gebeten hätte).

    PeterRustemeyer Etwas gestolpert bin ich unlängst über Terra Nova. Vorab: Die beiden Autoren wurden vorher gefragt - stehen ja auch auf der Box. Als Autor wird allerdings Andreas Faul genannt. Und irgendwie resoniert der Begriff der Autorenschaft bei mir anders - eigentlich hat er das Spiel mit 3-4 (guten) Kniffen ja "nur" vereinfacht. Reicht das aus, um Autor des Spiels zu sein?

    Ich bin weder eine Autorität auf dem Gebiet noch weiß ich, wie das Projekt zustande gekommen ist und was mit wem abgesprochen wurde. Ich hab mir Terra Nova nicht angekuckt und meine letzte Partie Terra Mystica ist gefühlt 10 Jahre her.

    Ich halte Terra Nova für eine Variante von Terra Mystica, und Andreas Faul ist dann wohl der Autor der Variante.

    So lange das von allen Beteiligten sauber kommuniziert und geregelt wurde, und ich habe nichts gegenteiliges gehört, sehe ich da kein Problem.


    (Stefan Gust ist auch der Autor der Variante von Big Deal, das bestreitet ja keiner. Das Problem ist, dass die ihre Variante als eigenständige Erfindung bezeichnen und den Autor von Big Deal nicht involviert und anfangs ihn oder sein Spiel nicht mal erwähnt haben)


    Wenn du ein "Paleo - Familenspiel" erfindest, zB durch Weglassen von dem ganzen Blödsinn, den keiner versteht und der trotzdem in der Schachtel gelandet ist, dann würde ich folgende Schritte erwarten.

    1) du zeigst es Hans im Glück

    2) die überlegen, ob sie überhaupt grundsätzlich Interesse an so einem Projekt haben

    3a) falls nein, ist das Projekt tot und du gehst auch nicht zu einem anderen Verlag damit

    3b) falls ja, kommunizieren die mit mir und fragen mich, ob ich das nicht auch selbst hinkriegen würde

    4) ich sag dann entweder ja oder nein

    5a) falls ja und ich krieg das auch wirklich hin, bist du raus (in dem Fall kucken wir deine Ideen nicht mal wirklich an)

    5b) falls ich keine Lust habe oder das nicht alleine machen will, bist du drin, dein Name steht neben meinem auf der Schachtel, je nach Arbeitsteilung - denn das wird immer noch ne ordentliche Stange Arbeit werden - steht meiner vielleicht auch gar nicht mehr drauf. Aber wir handeln da irgendwas aus, und selbst wenn ich genau Null mithelfe, du bekommst lange nicht den vollen Autorenanteil.

    Aber es wundert mich tatsächlich, dass diese oben/unten-Mechanik (...) nicht mehr Designer inspiriert hat.

    Weil - siehe oben - das halt echt keinen Spaß macht.


    Ich will nicht eine Mechanik mopsen und dann auf Teufel komm raus versuchen, sie so weit zu verdrehen, bis es etwas eigenes ist. Es wird dabei auch tendenziell eher schlechter als besser, weil naheliegende Lösungen halt oft die richtigen sind, und - oh Wunder - der Originalautor die naheliegenden Lösungen selbst gefunden hat.


    Du willst als Autor irgendwo starten, wo du das Gefühl hast, du darfst ausprobieren, was du willst, ohne diese Zwänge.

    deine Fünferschritte waren dafür für mich auf jeden Fall schon mal hilfreich.

    Das war nur so aus dem Bauch raus runtergeschrieben, erhebt keinen Anspruch an Vollständigkeit oder Allgemeingültigkeit. Bitte nicht in eine Regel verwandeln.


    Ist das wirklich duch Gloomhaven „geblockt“?

    Was Isaac in Gloomhaven gemacht hat - für mich als Autor: er hat einen Weg gefunden, das alte System interessant zu machen.


    Früher war immer: "wähle zwei (auch doppelt) aus: laufen, hauen, zaubern, heilen". Das war funktional, aber irgendwie auch trivial. Stehst du vor einem Monster, haust du zweimal. Wenn nicht, läufst du einmal hin und haust es dann (oder ähnlich). Das sind keine Entscheidungen, das ist alles völlig offensichtlich.


    Sein Kartensystem macht fast dasselbe (weil oben immer eher hauen/zaubern, unten immer laufen ist), aber es macht es auf einmal interessant, weil auf den Karten halt weniger langweilige Aktionen drauf stehen. Du kannst vielleicht ein Feld laufen und dann richtig fett hauen, aber nur einmal alle 10 Karten. Aber die Untenaktion ist auch voll gut. Und die Initiative ist falsch für genau jetzt. Huch, spannende Entscheidungen in einem Dungeon Crawler?


    Das ist für mich seine Innovation im Dungeon Crawler Bereich (alles andere in seinem Regelbuch, seine Welt und seine Kampagne interessieren mich nicht).

    Und diese Innovation gehört (meinem Bauchgefühl nach) immer noch ihm, es ist sein Recht, daraus Kapital zu schlagen und Zombiehaven, Marshaven und Vikinghaven rauszukloppen, ohne dass ein anderer Designer das vor ihm anpackt.

    In meiner Wahrnehmung passt die Definition von Chatgpt nur eingeschränkt, schon beim Begriff „Spielkonzept“ komme ich ins Stolpern. Ein neues Spiel mit Deckbuildingmechanismus ist sicherlich nicht gleich ein Plagiat, nur weil es den Mechanismus nutzt. Ascension, das schnell auf Dominion folgte ist wahrscheinlich kein Plagiat, hat es doch den wechselnden Markt neu eingeführt, gleiches dürfte für Trains gelten, hat es doch als erster Deckbuilder ein Spielbrett mit eingeführt.

    Bauchgefühl und Ehrlichkeit zu sich selbst.


    • Neues Thema, gleiches Spiel - ist aus Autorensicht dasselbe Spiel.
    • Gleiches Spiel, paar Karten anders oder Ereigniskarten obendrauf oder asymmetrische Startkarten oder so - ist eine Variante/Erweiterung, bedarf also Zustimmung.
    • Kernmechanismus gleich, aber das Spiel hockt in einem völlig anderen Genre (Kinder- statt Expertenspiel, Koop statt gegeneinander etc) - es wird langsam grau. Ich würde vermutlich immer noch mit dem Ursprungsautoren reden.
    • Bauteile aus irgendwelchen Spielen wild neu kombiniert - so langsam ist es safe, und ich würde nicht mal mehr den/sie Ursprungsautoren fragen/nennen.
    • Bauteile komplett neu interpretiert, alles so wie nie zuvor- ich bin völlig safe.


    Dazu kommt, dass haufenweise Mechanismen Gemeingut geworden sind. Keiner hat ein Patent auf "Stiche", "Roll&Move" oder "Lebenspunkte" (wahllose Beispiele). Auch tiefere Mechanismen wurden ungefährlich zum snacken: Deck Building, Worker Placement, Bag Building, Dice Placement, Roll&Write, hau rein.


    Andere Mechanismen sind halt so klar mir einem Spiel verbunden, dass sie (noch) nicht "snackbar" sind. Ein Dungeoncrawler mit oben/unten-Karten ist Gloomhaven, da hast du nix verloren. Da musst du schon ganz woanders hin, um das sicher zu snacken, zB ein kompetitives Wirtschaftsspiel mit oben/unten-Karten, da sagt dann wieder keiner was.


    Es macht auch für dich selbst keinen Sinn. Warum sollte ich einen Platzhirsch wie Gloomhaven neu erfinden wollen? Jeder halbwegs vernünftige Spieler kauft nicht meins, sondern Gloomhaven.


    Sobald dein Autorenkopf sagt "boah, was ich da gebaut habe, das ist echt ähnlich wie Spiel XY", sitzt du sehr sicher schon tief in der Grauzone - und ich persönlich würde dann vermutlich den Prototyp entweder massiv ändern, oder - und das ist wahrscheinlicher - verschrotten. Denn es macht echt wenig Spaß, an einem Spiel zu arbeiten, wenn man dabei nur versucht, sich von einem guten Vorbild ausreichend zu entfernen. Es macht wesentlich mehr Spaß, wenn man weiß, dass man auf der sicheren Seite ist und sich austoben kann, wie man will.

    Ein Spiel für den Eigengebrauch nachbauen, entweder weil es anders nicht mehr erhältlich ist oder eben weil man das Thema oder Balancing oder whatever ändern möchte.

    Wird hier gerade diskutiert:

    r/boardgames on Reddit: Is recreating 'Abandonware Boardgames' for personal use... pirating?
    Posted by u/No-Specialist3502 - 51 votes and 171 comments
    www.reddit.com


    Für die meisten scheint es völlig ok zu sein.


    (für mich persönlich ist es unter Vorbehalt "nur für den Eigengebrauch" kein Problem. Es lässt sich eh nicht kontrollieren, es entsteht quasi kein wirtschaftlicher Schaden, es kostet vermutlich das Doppelte wie ein Spiel aus dem Handel oder wenigstens eine Menge Zeit, es entsteht aus Liebe zum Spiel und nicht zur Bereicherung, und es wird nicht so getan, als hätte man das selbst erfunden)

    Der Selbstschutz/Kodex der Branche schützt natürlich nur so halb vor "Außenseitern", denen alles egal ist. Wenn jemand trotzdem reingrätschen will, dann kann das erstmal niemand verhindern. Aber der Außenseiter schadet sich mit solchem Verhalten selbst und wird nach so einer Aktion vermutlich erstmal wenig Erfolg haben, Partner zu finden oder sonstwie Fuß zu fassen. Und ich glaube auch nicht, dass sich mit sowas Geld verdienen lässt.


    Als Beispiel: Wenn ich mir Regeln und Material von #Catan mopse und dann 5-6 asymmetrische Startrollen ("darf Würfelwurf wiederholen, startet mit 1 Holz", "darf immer 2:1 tauschen, startet mit 1 Getreide"), Ereigniskarten ("Starkregen: Straßen brauchen ein zusätzliches Erz") und ne Miniregeländerung ("Ritter veschieben bei 2 und 12 statt bei 7") dranpappe, dann ist das sehr sicher nach 5-10 Testspielen ein brauchbares, vielleicht sogar ein gutes Spiel... weil jemand anders halt vorher schon 99% der Arbeit* gemacht hat.


    Und dann was? Kein Verlag Deutschlands wird das Ding annehmen. Ein Großteil der Spieler wird ebenfalls durchschauen, was ich da getan habe, und mein Spiel nicht haben wollen. Klaus Teuber wird mir den Vogel zeigen, wenn ich ihn frage, ob ich das so unter meinem Namen als Autor drucken darf.


    Und dann was? Selbst wenn mir Kosmos und Teuber keine Anwälte und bezahlte Schläger auf den Hals hetzen, wenn ich das Ding selbst drucken lasse, krieg ich vielleicht ein paar hundert Spiele an Oma, Freunde und ahnungslose Messebesucher verscherbelt. Ich hab weder wirklich Geld verdient, noch zukünftig irgendeine Chance auf Kooperation mit einem echten Verlag mit echten Vertriebswegen. Und die Leute, die von der Geschichte Wind bekommen haben, werden mich meiden.


    Der total dumme Weg, finanziell wie auch reputationstechnisch, ist es, das Ding tatsächlich finanzieren und drucken zu lassen, Geld für Illustrationen in die Hand zu nehmen. Dann sitz ich auf meinen Kosten, die Brücken sind verbrannt und es bleibt nur der Weg nach vorne: durchziehen um jeden Preis.


    Ziemlich genau das hat der Digger getan, und es wäre nicht nur ihm um die Ohren gehauen worden, aber seine generelle Art und sein Umgang damit bieten natürlich eine deutlich größere Zielscheibe, als wenn das irgendein völlig unbekannter Neuling machen würde (was übrigens auch immer wieder passiert, aber so einer kriegt in der Regel sein Spiel auch nicht verkauft und/oder produziert, das Ganze scheitert dann deutlich früher und harmloser).


    Jetzt im Nachhinein ein paar Zahlenwerte zu ändern oder "inspiriert von Big Deal" in die Anleitung zu schreiben, ändert daran auch genau nichts. Das einzige, was etwas ändern würde, wäre eine Übereinkunft mit dem Autor (viel Glück bei der Vorgeschichte), denn dann wäre sowieso alles in Ordnung, ein Einstampfen des Projekts oder echte Arbeit: ein eigenes Spiel erfinden und die bezahlten Illus da dranpappen.


    Der "schlaue Weg" sieht so aus, vorausgesetzt, du hast wirklich was zu bieten (was ich hier nicht sehe): die Arbeit machen, das Ding dem Autor zeigen, mit ihm gemeinsam einen Verlag suchen, Profit. Siehe zB die Luftschiffe bei #Scythe.


    Ich hab auch neulich einen Post auf Reddit gesehen, wo ein "Designer" darüber geklagt hat, wie schwer es ist, ein übernommenes System zu seinem eigenen zu machen. Er hatte von #Gloomhaven die oben/unten-Karten, die Initiative usw übernommen, und wunderte sich nun, dass für alle anderen Designprobleme nun die einzig sinnvolle Lösung ist, es genau so zu machen, wie Isaac es getan hat. Warum das so ist, liegt auf der Hand: weil du halt immer noch keine eigenständige Idee hattest, Junge.

    Er ist nach eigenen Angaben hauptberuflich Storyteller aus der Videospielbranche und will das trotzdem alleine durchziehen. Viel Spaß dabei.


    Der schlaue Weg wäre, storytechnisch in Vorarbeit zu gehen, dann Isaac ins Boot zu holen, seinen Namen auf die Schachtel zu schreiben und das ganze "Spacehaven" und nicht "Abenteuer auf Alpha Centauri" zu nennen.

    Wenn die Branche eins brauchen kann, sind das fähige Storyteller (bisher meist eher gruselig amateurhaft, auch in großen Titeln).

    Und es würde auch wesentlich mehr Geld bringen, auch wenn Isaac den Löwenanteil bekommen würde, weil du dann halt 50.000 statt 500 von den Dingern unter die Leute kriegst.


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    * "99% der Arbeit" kann alles mögliche sein, hier ist es das funktionierende mechanische Gerüst. In anderen Fällen machen die 1000 Quizfragen in der Schachtel die Essenz aus, und es ist dann natürlich ebenfalls eine Frechheit, die Fragen 1:1 zu kopieren und in ein anderes Spiel zu packen, auch wenn die Quizregeln völlig anders sind. Ich finde es völlig absurd, dass man das anders sehen kann (wie es einige der 10er auf BGG offensichtlich tun). Es ist nicht das geringste Problem, sich ne Mechanik zu mopsen und ein Spiel draus zu basteln. Aber wenn du dann genau nix Substantielles hinzufügst, dann ist es halt am Ende immer noch keine eigenständige Spielidee.