Beiträge von Nieselrauch im Thema „Eure Berufe“

    Ich warte noch immer auf die Erläuterung! ;)

    Ernst gemeint? Das wird schwierig und setzt einige Kenntnisse in der Musiktheorie voraus. Ganz grob: es geht um das gleichzeitige Erklingen der Töne B und H in zwei verschiedenen Stimmen, allerdings in bestimmten Zusammenhängen, also historisch, stilistisch, auch 'Kontrapunkt' spielt noch eine Rolle. Wie gesagt - der Begriff ist schon originell und so ein kleines Schmankerl im gelegentlich als 'trocken' empfundenen Theorieunterricht.

    Für mich würde es wohl schwierig bis unmöglich, hier im Forum eine Spielerunde nur aus Kollegen zusammenzustellen.


    Ich bin klassischer Musiker mit Abschlüssen in Musik fürs Gymnasium, Klavierlehrer, Chorleiter und Tonsatzlehrer. Das heißt, nachdem ich den Weg an die Schule nicht eingeschlagen habe: ich kann Menschen zwischen 5 und X Jahren Freude an der Musik durchs Klavierspielen vermitteln, ich kann erklären, warum eine Mollsubdominante mit tiefalterierter Sexte statt Quinte 'Neapolitanischer Sextakkord' - kurz: Neapolitaner, wie die gleichnamige Schnitte - genannt wird, oder was man man unter einem BH-Querstand versteht, oder ob man Obertöne auch sehen kann usw, und ich kann Menschen unterschiedlichster Ausrichtung (ähnlich wie in diesem Forum) in die Lage versetzen, ein komplexes Musikwerk kennenzulernen, zu ergründen und schließlich aufzuführen - sofern sie zum Singen in der Lage sind.


    Ich hatte in den 70er-Jahren noch die Möglichkeit, 20 Semester zu studieren, daher die vielen Abschlüsse. In den knapp vier Jahrzehnten im Beruf war ich an einer großen Städtischen Musikschule, zu je einem Drittel mit Klavierunterricht, Musiktheorieunterricht und Leitung des ambitionierten Kammerchores. Ein sehr erfüllender, befriedigender, abwechslungreicher Beruf! Jeden Tag etwas Anderes, für alle Erfolge und Misserfolge selbst verantwortlich, alle Auswirkungen meiner Arbeit sichtbar. Ein Schwerpunkt meines Theorieunterrichtes war die Vorbereitung der besonders Begabten auf die Aufnahmeprüfung für die Musikhochschule, was mich mit einer Erfolgsquote von 98% sehr glücklich gemacht hat. Ich habe zwei Kammerchöre und ein Solistenvokalensemble gegründet und einige Jahrzehnte geleitet, dabei auch bis in die Mitte meiner 40er Jahre als Pianist auf der Bühne gesessen. Danach wurde ich zu faul zum Üben und habe es genossen, als Dirigent die anderen spielen zu lassen. Ich habe Musik aus 1000 Jahren aufgeführt - von Hildegard von Bingen bis zum 21. Jahrhundert, darunter vieles, was Rang und Namen hat, wie Monteverdi, Schütz, Bach, Mozart, Brahms, Bruckner, Martin, Strawinsky u.v.a. (Nur am Rande: mit einer gewissen Erheiterung lese ich manchmal hier, aber auch anderswo, wenn manche heutige Popgrößen als "größter Musiker aller Zeiten" bezeichnet werden.)


    Nach der Schulzeit wußte ich nicht so recht, was ich machen sollte und folgte dem Rat der psychologischen Berufsberatung: Geodäsie, also Landvermessung. Brach ich aber nach zwei Semestern ab. Ich erwähne es nur, weil ich auch in dieser Fachrichtung hier noch keinen gesehen habe, es folglich hier auch keine Spielgruppe mit Geodäten geben wird. Macht ja nix. Aus dieser Zeit besitze ich noch einiges an Werkzeug, was ich heute zum Basteln für meine Inlays verwenden kann.


    Das erste, was ich nach meinem Renteneintritt machte: in der ersten Chorprobe, die zwei Tage nach meinem Abschlusskonzert von meiner Nachfolgerin geleitet wurde, ging ich zum örtlichen Spieletreff, was ich seitdem quasi ununterbrochen tue.


    Ich bin im übrigen schwer beeindruckt von der Vielfalt der Berufe, die hier auftauchen, von der Offenheit, in der viele über sich berichten (auch von den Schwierigkeiten, Wechseln, Neubeginnen). Hätte ich so nicht gedacht. Sehr interessanter, dabei auch unterhaltsamer Thread!