Jura ist halt auch einfach ein verdammt langes Studium, vor allem, wenn man sich aufs erste Examen gründlich vorbereitet, nicht durchs Studium hetzt oder auch nicht gleich einen Platz im Referendariat bekommt...
Zwischen Abitur (mit 19) und Studienbeginn (mit 21) war ich zwei Jahre bei der Bundeswehr (Reserveoffizierlaufbahn). Mein Studium ist lange her, Bachelor/Master gab es damals noch nicht. Mindeststudienzeit für Jura bis zum ersten Staatsexamen waren damals 7 Semester, 12,5 Semester waren der Durchschnitt bei denen, die zum Examen angetreten sind.
Fachlich wüsste ich nicht, warum man mit sieben Semestern nicht sollte auskommen können. Trotzdem gibt es viele Umstände, die diese Zeit nachvollziehbar verlängern können. Für mich war eine solche Verlängerung keine Option; ich habe im 5. Semester geheiratet, da hieß es, munter voran und Verantwortung für die Familie übernehmen; zudem wollte ich die zwei Jahre "aufholen".
Merke aber selbst mit 30 (optisch eher mitte 20), dass es als Jurist alles andere als vorteilhaft ist, sehr jung zu sein/zu wirken.
Das kann ich so unterschreiben. 1975 bin ich mit 28 Jahren Richter geworden (hätte auch zwei Jahre früher mit 26 sein können, s.o.). Ich sah aber noch jünger aus, als ich tatsächlich war.
Wir machten damals noch Scheidungssachen am Landgericht als Einzelrichter. Nach zwei oder drei Monaten fragte mich mal ein scheidungswilliger Ehemann, wann er denn seinen Fall einem "richtigen" Richter vortragen dürfe, was auch immer er sich darunter vorgestellt haben mag, wahrscheinlich älter, würdig aussehend, oder was weiß ich. Zu dem Zeitpunkt hatte ich ihn schon wenige Minuten zuvor rechtskräftig geschieden (auf Rechtsmittel hatten die Anwälte verzichtet), was er offenbar gar nicht gemerkt hatte. Da war ich halt noch sehr jung, sah noch jünger aus und es fehlte mir an der nötigen Berufserfahrung für den rechten Umgang mit allen Beteiligten. Da musste dann manchmal noch der in der Bundeswehrzeit verinnerlichte Spruch "Unwissenheit wird durch stramme Haltung überspielt" (will sagen: Zeige dich selbstbewusst, auch wenn du keine Ahnung hast) zur inneren Aufrichtung erinnert werden.