Beiträge von Ernst Juergen Ridder im Thema „Eure Berufe“

    Ich war nach 7 Semestern mit allem durch (Zwischenprüfung, große Scheine, Schwerpunktsprüfung und wiss. Abschlussarbeit) und habe dann nach dem 8. Semester die 1. juristische Staatsprüfung abgelegt und nach 2,5 Jahren dann die zweite. Wüsste nicht, warum man jetzt vorsätzlich länger machen sollte, außer man genießt eben das Studentenleben (sehr valider Grund in meinen Augen :lachwein: ).

    Bei mir sehr ähnlich. 7 Semester Studium = 3 1/2 Jahre. 9 Monate erstes Examen. 2 Jahre Referendarzeit. 9 Monate zweites Examen. Macht zusammen 7 Jahre vom Studienbeginn bis zum Ende der Ausbildungszeit.

    Examen dauerten jedenfalls damals gefühlt endlos, auch wenn man immer alles ohne jede Verzögerung machte. Im ersten Examen z.B. passierte zwischen der schriftlichen und der mündlichen Prüfung fünf volle Monate schlicht gar nichts; man wartete einfach auf seinen Termin. Im zweiten Exmanen war das auch so.

    Ich würde aber sagen, dass Jura in sieben Semestern, vermutlich sogar weniger, heute zwar möglich ist, aber nicht unbedingt wünschens- oder erstrebenswert, solange die Prüfungen so bleiben, wie sie sind. Es kommt eben leider tatsächlich immer mehr Stoff dazu, ohne dass die Prüfung sinnvoll reformiert würde.

    War das nicht schon immer so? Zu meiner Zeit leistete die Uni (auch) nicht, was man für die Prüfung brauchte. Nur zwei Professoren haben in meinem ganzen Studium am Ende des Semesters tatsächlich alles gemacht, was sie vorher angekündigt hatten. Man musste sich vieles halt auch selbst beibringen und man ging (meistens jedenfalls) zum Repetitor; der brauchte für den examensrelevanten Stoff 1 1/2 Jahre und war immer auf dem neuesten Stand.

    Jura ist halt auch einfach ein verdammt langes Studium, vor allem, wenn man sich aufs erste Examen gründlich vorbereitet, nicht durchs Studium hetzt oder auch nicht gleich einen Platz im Referendariat bekommt...

    Zwischen Abitur (mit 19) und Studienbeginn (mit 21) war ich zwei Jahre bei der Bundeswehr (Reserveoffizierlaufbahn). Mein Studium ist lange her, Bachelor/Master gab es damals noch nicht. Mindeststudienzeit für Jura bis zum ersten Staatsexamen waren damals 7 Semester, 12,5 Semester waren der Durchschnitt bei denen, die zum Examen angetreten sind.

    Fachlich wüsste ich nicht, warum man mit sieben Semestern nicht sollte auskommen können. Trotzdem gibt es viele Umstände, die diese Zeit nachvollziehbar verlängern können. Für mich war eine solche Verlängerung keine Option; ich habe im 5. Semester geheiratet, da hieß es, munter voran und Verantwortung für die Familie übernehmen; zudem wollte ich die zwei Jahre "aufholen".

    Merke aber selbst mit 30 (optisch eher mitte 20), dass es als Jurist alles andere als vorteilhaft ist, sehr jung zu sein/zu wirken.

    Das kann ich so unterschreiben. 1975 bin ich mit 28 Jahren Richter geworden (hätte auch zwei Jahre früher mit 26 sein können, s.o.). Ich sah aber noch jünger aus, als ich tatsächlich war.

    Wir machten damals noch Scheidungssachen am Landgericht als Einzelrichter. Nach zwei oder drei Monaten fragte mich mal ein scheidungswilliger Ehemann, wann er denn seinen Fall einem "richtigen" Richter vortragen dürfe, was auch immer er sich darunter vorgestellt haben mag, wahrscheinlich älter, würdig aussehend, oder was weiß ich. Zu dem Zeitpunkt hatte ich ihn schon wenige Minuten zuvor rechtskräftig geschieden (auf Rechtsmittel hatten die Anwälte verzichtet), was er offenbar gar nicht gemerkt hatte. Da war ich halt noch sehr jung, sah noch jünger aus und es fehlte mir an der nötigen Berufserfahrung für den rechten Umgang mit allen Beteiligten. Da musste dann manchmal noch der in der Bundeswehrzeit verinnerlichte Spruch "Unwissenheit wird durch stramme Haltung überspielt" (will sagen: Zeige dich selbstbewusst, auch wenn du keine Ahnung hast) zur inneren Aufrichtung erinnert werden.