Erstmal danke an die ganzen Verlagsvertreter hier; ohne eure Beiträge wäre dieser Thread nicht mal im Ansatz so lesenswert.
Was ich aus der ganzen Diskussion rausziehe, ist dieses: Ravensburger veranstaltet über eine kürzlich zugekaufte Crowdfunding-Plattform einen Wettbewerb für Kleinverleger, bei dem sie sich erhoffen, durch ein bisschen eigene Vorauswahl einen besonders guten Titel aus dem Massenmarkt-Bereich auf das nächste Level heben zu können, um dann daran mitverdienen zu können.
Im Optimalfall ist das eine Win-Win-Situation -- allerdings nur für Ravensburger und exakt einen der Teilnehmer. Es ist auch definitiv kein Wettbewerb für Autoren/Spieler, auch wenn die Ravensburger-Seite "Gamer" anspricht mit "Das ist deine Chance, dein Spiel der ganzen Welt zu zeigen!" und der Startbeitrag hier das mit "es ist ein Autorenwettbewerb" vorstellt. Es heißt zwar "Gamefound unterstützt die Crowdfunding-Kampagnen, während Ravensburger bei der Spielmechanik unterstützt", aber da sind haufenweise Fallstricke für hoffnungsvolle Autoren drin.
Wer da nicht gewinnt, hat sich schnell in enorme Unkosten gestürzt, auf denen er nachher sitzenbleibt, denn das gesamte wirtschaftliche Risiko der Eigenveröffentlichung trägt man erstmal selbst. Und selbst wenn man gewinnt, dass steht man schnell vor Aufgaben wie dass man seinen Backern erklären darf, warum die Retail-Version von Ravensburger nachher die Hälfte von dem Preis kostet, den man seinen Backern abgeknöpft hat. Und zwar ohne darauf irgendeinen Einfluss zu haben, denn man macht sich hier völlig abhängig von Ravensburger.
Für mich passt das einfach nicht zusammen. Wer verlegerisch arbeitet und das wirtschaftliche Risiko trägt, so wie das Ravensburger hier von seinen Teilnehmern erwartet, der muss auch selbst alle Fäden in der Hand halten. Also z.B. auch dann, wenn es um mögliche Lizenzierungen geht. Ich würde mich niemals abhängig machen von jemandem, der selbst null Risiko hat, aber am Ende über mein Produkt entscheiden will.
Klar: Ravensburger/Gamefound werden bei den drei gestarteten Crowdfunding-Kampagnen vermutlich auch ein unterstützendes Auge drauf haben, denn ein Scheitern würde ihnen auch PR-technisch um die Ohren fliegen. Gerade für Kleinverleger-Anfänger kann das theoretisch auch eine enorme Hilfe sein, in diesem Geschäft einen Fuß in die Tür zu bekommen. Aber das Risiko trägt immer der Teilnehmer und deshalb wäre das Mindeste, was Ravensburger hier tun sollte, dass sie auf der Kampagnenseite sehr deutlich schreiben, dass von Teilnehmern eigenständige verlegerische Tätigkeit erwartet wird, sprich dass es ein Wettbewerb für Kleinunternehmer ist. Idealerweise mit Erfahrung in Kostenkalkulation, Einkauf, Spieleherstellung, Logistik, Social Media Betreuung und anderem. Und eben kein Wettbewerb für "Gamer".
BTW: Man kann sich durchaus auch fragen, wie so ein "Wettbewerb", der alle Kosten und Risiken auf die Teilnehmer auslagert und nachher nur oben den Rahm abschöpfen will, zu dem "achtsamen Umgang miteinander" passt, was Ravensburger als einen von seinen vier Markenwerte bei jeder Gelegenheit betont.