Beiträge von MetalPirate im Thema „Unconscious Mind [Fantasia Games] / Das Unbewusste [Frosted Games]“

    Redaktioneller Schliff erfolgt doch immer

    Richtig. Aber in solchem Maße, noch nach Kampagnenstart? Das ist schon ungewöhnlich... (Hier erstmal völlig wertfrei gemeint.)


    typischerweise bekommen wir davon wenig bis gar nichts mit.

    Falsch, jedenfalls wenn wir von redaktionellem (Grob-/Fein-)Schliff in dieser Phase eines Crowdfunding-Projekts reden. In dem Moment, wo zumindest Draft Rules draußen sind (und das sollte bei allen Eurospielen schon zu Kampagnenstart der Normalfall sein), sind alle späteren Regeländerungen jederzeit problemlos nachvollziehbar.


    Hier ist zumindest auffällig, dass die Grafik schon auf Hochglanz poliert ist, während das Spiel noch ziemlich unreif scheint. Das ist eben nicht nur bloßer Feinschliff an den Regeln, sondern deutlich mehr als das. Da gehen bei mir normalerweise auch diverse Warnlampen an, denn natürlich fragt man sich da, warum das nicht schon vor Kampagnenstart möglich war. Aber im Falle von Endless Winter, also dem ersten Spiel von Fantasia Games, hat das schon einmal überraschend gut funktioniert; das will ich den Machern hier gerne positiv anrechnen. (Eine Garantie, dass die Weiterentwicklung hier bei Unconscious Mind nochmal genauso gut funktioniert, ist das natürlich trotzdem nicht, schon klar.)

    Stand heute bleibe ich trotzdem bei "nicht backen". Bei Endless Winter hat sich das Backen mit 1€ (und erhöhen im PM auf all-in) im Nachhinein gelohnt. Aber hier kann ich mich nicht mal dazu bringen, den einen Dollar einzuwerfen. Ich sehe hier nur ein völlig aufgeblasenes, ziemlich unoriginelles Spiel, das gleich mehrere Punkte triggert, die ich persönlich nicht so mag. Ich persönlich mag z.B. keine komplett unthematischen spielmechanischen Verkomplizierungen als Selbstzweck ("wenn du hier einsetzt, dann musst du noch X machen und das triggert dann Y, wenn Z gilt"), mich stört die viel zu große Menge von Add-Ons gleich bei der Erstauflage. Und das allgegenwärtige Leistengeschubse beim gesamten Ressourcenmanagement ist auch kein Pluspunkt bei mir. Aber ich weiß auch, dass andere bei diesen Punkten weniger empfindlich sind, und ich will das Spiel auch niemandem mies machen, für den ein Spiel schon "thematisch" ist, sobald das Artwork zum drübergestülpten Thema passt. Mir reicht das halt nicht.

    Vor allem aber fehlt mir hier jegliches besonderes Etwas, irgendwas halbwegs Originelles, und dann das Herausarbeiten davon bei der Spieleentwicklung. Das hier ist eher der Designansatz "viel hilft viel". Irgendwie besteht das Spiel nur aus einem Dutzend anderswo zusammengeklauter übernommener und neu abgemischter Versatzstücke. Das Stärkermachen von Aktionen durch Symbolerwerb über die Spielzeit (hier: Wien-Board) hat Newton schon interessanter hingekriegt und ein konfigurierbares Rondell gab's bei Empyreal schon spannender. Sowas in gut gemacht trägt ein ganzes Spiel. Eine Handvoll von solchen Ideen zusammen ergibt aber nur ein überladenes Etwas mit Verkomplizierung als Selbstzweck. Ohne Fokus auf eine (!) gute Hauptidee ist ein Spiel für mich auch null-komma-null elegant.

    Grafisch wird's sicher super, das ist jetzt schon klar zu sehen, aber spielerisch? Nee, ich finde auch nach weiterem Regellesen, Videoschauen und TTS-Herumspielen immer noch nichts bei Unconscious Mind, was mich da zum Mitmachen verleiten kann -- und das, obwohl ich's nach Endless Winter eigentlich gerne mögen würde.

    Kann mir mal jemand sagen, was ihn spielerisch an Unconscious Mind reizt? Für mich sieht das (bisher) wie ein klassischer 08/15 Kickstarter aus: gnadenlos überproduziert und rein optisch wird's sicher herausragend (Vincent Dutrait kann's halt), aber im Kern ist das doch bloß grundsolide Euro-Standardware mit zu vielen großen und kleinen Erweiterungen und Zusatzmodulen, die direkt mitverkauft werden sollen. Entweder der Kram ist notwendig, dann gehört's mit ins Grundspiel rein, oder er ist nicht notwendig, dann sollen sie mit der Veröffentlichung warten, bis sie die Erfahrungen aus dem Grundspiel für die Entwicklung der Erweiterungen nutzen können.

    Ich sehe nicht, dass ich dafür dreistellig bezahlen möchte. Dafür hat's ein zu aufgesetztes Thema, zu viel uninteressantes Leistengeschubse (absolut jedes Erhalten oder Bezahlen von Ressourcen ist irgendwelches Leistengeschubse!), zu wenig originelle Mechanismen und auch vielleicht ein bisschen zu wenig Streamlining, denn es ist schon relativ regellastig für das, was es macht. Und am Ende kommt halt aus gefühlt allem irgendwie Siegpunkte raus.

    Mein Eindruck war des öfteres: mehr Schein als Sein. Das "Insight Dial" ist z.B. eigentlich nichts anderes als drei Leisten mit gemeinsamem Nullpunkt und jeweils drei Feldern. Knallt aber den zur Verfügung stehenden Platz auf dem Tisch großflächig mit schöner Grafik zu. Und Glas(Plastik?)-Perlen kommen als Anzeiger natürlich auch drauf, damit so ein eigentlich belangloser Anzeiger nochmal edler aussieht. Naja, man sieht halt an sowas, was den Machern offensichtlich wichtig ist. Irgendwie alles mehr Schein als Sein. Opulente Grafik: ja, klar. Aber elegant? Nein, eher überladen.

    Von Endless Winter war ich anfangs auch nicht voll überzeugt, aber das hatte direkt einen Schuss Eleganz und Originalität drin, den ich hier irgendwie komplett vermisse. Bei Unconscious Mind ist doch mechanisch absolut nix dabei, was man anderswo nicht schon zig mal gesehen hätte. Und wenn's im Wesentlichen nur um guten Zusammenbau altbekannter Zutaten geht, tendiere ich dann doch eher zu den Autoren/Verlagen, die zuvor schon mehr gerissen haben, bevor ich dreistellige Preise ausgebe.

    Ein bisschen musste ich bei der Beschäftigung mit diesem Kickstarter an Darwin's Journey (Luciani/Mangone, ThunderGryph Games) denken, das nach längerer Verzögerung wohl Anfang des nächsten Jahres erscheint. 100-Euro-Preisklasse, gnadenlos überproduziert, wenig origineller Mechanismensalat, Erweiterungen direkt mit dabei. Aber einmal haben die Autoren mit Newton, Barrage, Marco Polo etc. schon einiges Habenswertes produziert -- und hier haben wir dann Coloma (überraschend gut für große Spielerzahlen), Sierra West (totaler Murks), Merchant's Cove (belanglos jenseits von "alles mal ausprobieren") oder Lions of Lydia (solide, aber letztendlich verzichtbar) als Referenzen für früheres Schaffen als Spieleautor. Wenn's bei Unconscious Mind nur die drei Erstlingsautoren wären ohne den etablierten Durchschnittswaren-Autor dabei, würde ich dem Ganzen offener begegnen...

    Wieso denn Goldwaage? Das "Weiß jemand ob es im kickstarter vielleicht schon eine deutsche Regel geben wird?" war doch eine klare Frage, auf die mit "deutsche Version in der Kampagne eher ja, aber deutsche Regel schon während der Finanzierungsphase wohl eher nein" eine Antwort gibt, die dem Fragesteller auch wirklich weiterhilft. Jedenfalls soweit möglich. Genaueres wird man dann rechtzeitig von dem hier mitschreibenden Redakteur des deutschen Lokalisierungspartners erfahren.