Beiträge von fjaellraeven im Thema „Sättigung erreicht? Wenn die Begeisterung für Neuheiten deutlich schwindet.“

    Ich für meinen Teil kann ganz klar sagen, dass die Liebe zum Spielen definitiv nicht abgenommem hat, jedoch der Blickwinkel auf das Hobby sich immer weiter verschoben hat und ich mich öfters nicht mehr richtig aufgehoben finde in der aktuellen Art über Spiele zu reden, diese wahrzunehmen oder zu bewerten.

    Ich habe auch auf Unknowns gemerkt, dass ich die letzten Jahre über immer mehr den Bezug verliere. Im Vergleich zur Berichterstattung auf YouTube, Instagram oder Podcasts ist dieses Gefühl deutlich schwächer ausgeprägt, aber es ist da und nimmt zu.


    Hier im Forum dürfte ich einer der jüngeren sein, weswegen "früher war alles besser" zwar durchklingen mag, aber nicht so gemeint ist. Ich persönlich empfinde jedoch vieles als zu schnelllebig. Meinungen zu Spielen außerhalb des Forums, BGG oder bestimmter Blogs messe ich relativ wenig Wert bei. Das hat vor allem den Grund, dass gute Wertungen inflationär gebraucht werden, ich gefühlt mit neuen Spielen überhäuft werde, die besser sein sollen als die alten Vorgänger und wegen denen ich genau diese älteren Spiele eigentlich vor Erhalt verkaufen können sollte. Die neuen Spiele sind dann absolut genial, da sie 5cm dickes Cardboard nutzen, 200 Miniaturen haben, Holzwürfel durch Plastikäste ersetzt wurden und das erste Anspielen unglaublich Lust auf mehr macht, was eine 9 mit Tendenz nach oben rechtfertigt.


    2019 (?) hatte ich mir aufgrund meines Austauschpartners beim Secret Santa Instagram zugelegt, dort mit meinem Santee geschrieben und auch angefangen Sachen zu posten. An sich eine tolle Sache, da ich gerne (über Spiele) schreibe/rede und den Austausch mag. Nach kurzer Zeit folgten Leute und entfolgten wieder, da man nicht zurückfolgte. Personen schrieben einen an, ob man nicht in Gruppe Z eintreten wolle, da man sich dort gegenseitig pushe. Irgendwelche Sachen mit Spielebezug wurden gepostet, damit man 20 Leute verlinken konnte um auch an dieser Challenge teilzunehmen.

    Soweit so unspektakulär, doch waren die eigentlichen Posts oft inhaltsleer oder Lobhudelei. Kanäle, die täglich zu neuen Spielen posteten, die sie als Rezensionsexemplar angefordert hatten, und diese tollen Spiele noch ganz oft in den nächsten Wochen spielen wollten. Leider ging dies nicht auf, da ja an den nächsten Tagen neue Spiele präsentiert werden sollten, die aber auch allesamt zu überzeugen wussten.


    War das anfangs vielleicht noch eher ein Phänomen von Instagram, so nehme ich das zunehmend auch in anderen Medien war. In einige der hier ab und an beworbenen Podcasts höre ich rein und habe genau dieses Gefühl beim Hören. Da sitzen ein oder mehrere Personen und reden über Spiele, die allesamt richtig genial werden sollen. Beim Gespräch merkt man dann, dass teilweise Autor/Verlag nicht gekannt werden, persönliche Beziehungen zum Verlag/Autor bestehen und das Spiel der Knaller wird oder sich ganz oft einfach nicht wirklich mit dem Spiel auseinandergesetzt wurde. So werden stumpf Kurzbeschreibungen vorgelesen, eventuelle Vorgänger nicht gekannt und die Mechaniken hat man maximal Mal in der Übersicht bei BGG überflogen.


    YouTube verfolge ich so gut wie gar nicht mehr, da es mich dort schon damals gestört hat, dass Spiele nach einer oder wenigen Partien eine Review erhalten und danach vom Tisch verschwinden. Ein Martin Klein hat mit seinem Wertungssystem eine Entwicklung des Spiels aufgezeigt und die Wertung des Spiels plausibel erklärt. So etwas vermisse ich heute (Ausnahmen bestätigen die Regel). Ich erinnere mich noch an Reviews oder Videos, in denen ein Spiel schlecht bewertet wurde aufgrund eigener Regelfehler, da das Spiel kurz vorher im Livestream neben dem Chat erlernt wurde.


    Hier auf Unknowns ist das zum Glück noch nicht der Fall, sodass ich auch weiterhin gerne im Forum unterwegs bin - wenn auch hauptsächlich lesend. Früher wurde jedoch gefühlt mehr über das Spiel selbst geschrieben, heute haben viele Beiträge eher den Charakter eines Chats und man muss sich schon fast rechtfertigen, wieso man nicht den All-in mit Sundrop genommen hat. Um einige Nutzer hat sich zudem ein Personenkult entwickelt, während andere Nutzer bei immer gleichen Themen aneinandergeraten und Threads für ihre persönliche Meinung missbrauchen oder entfremden.


    Wenn ich dann hier davon lese, dass die "Sättigung" an der Sammlungsgröße festgemacht wird, dann kann ich nur schmunzeln. Für manch einen mit knapp 1000 Spielen wurde die Sammlung laut eigener Aussage schon auf die wirklich guten Spiele eingedampft und es ziehen ja nur noch wenige Kickstarter und ein zwei neue Spiele pro Monat ein. Dieser Zustand ist die Sättigung.

    Ich selbst habe eine "Sammlung" von 50 Spielen inklusive der Vorbestellungen und abzüglich der Titel, die nach einem Durchspielen ausziehen (Exit, Unlock, Sherlock) oder die sich noch beweisen müssen (want to play). Das ist eine Größe, die für mich persönlich trotzdem noch genug Genres und Gelegenheiten abdeckt.


    Nach Essen fahre ich dieses Jahr nicht um mir etwas zu kaufen - ich hole nur eine Vorbestellung und Crystal Palace von fjelfras ab - sondern weil Spielen mich weiterhin total begeistert. Ich zahle mit Anreise 40-50€ um über die Messe zu schlendern, vielleicht was anzuspielen, Leute zu treffen oder anderen im Vorbeigehen beim Spielen zuzusehen.

    Von den Neuheiten spricht mich nichts derartig an, dass ich es gerne kaufen wollen würde, aber trotz dessen freue ich mich auf die Spiel und die Spiele. Bevor ich etwas kaufe, überlege ich mir auch, mit welchem Spiel das neue in potentieller Konkurrenz steht. In einigen Fällen entscheide ich mich für den Kauf und entscheide nach dem Spielen welches der Spiele bleibt, in vielen Fällen sehe ich den Mehrwert der neuen Titel nicht. Das hat in dem Fall aber weniger mit Sättigung zu tun, als vielmehr mit der Güte der alten Spiele.