Beiträge von MetalPirate im Thema „Sättigung erreicht? Wenn die Begeisterung für Neuheiten deutlich schwindet.“

    Muss mal den Thread rauskramen, weil mich das Thema gerade intensiver beschäftigt. [...]

    Herzlichen Glückwunsch. Wie du an der Zahl der Reaktionen sieht, hast du ins Wespennest getroffen. Geht vielen so. Auch in diesem Forum wird eher dem Spiele-Kauf-Hobby als dem Spiele-wiederholt-Spielen-Hobby gefrönt.

    Ich wollte auch erst eine längere Antwort schreiben, aber dann habe ich gesehen, dass ich in meinem bisher einzigen Beitrag in diesem Thread vor gut einem halben Jahr eigentlich schon alles gesagt habe, was es aus meiner Sicht dazu zu sagen gibt. Das braucht man nicht nochmal wiederholen.

    An meine Regel, normalerweise kein Spiel mehr zu kaufen, das nicht mindestens ein Jahr alt ist und immer noch gespielt und positiv besprochen wird, habe ich mich seitdem konsequent gehalten. (Daher kann ich auch bei den ganzen "Unknown Spiel des Jahres"-Diskussionen nicht mitreden, aber das stört mich überhaupt nicht. Danke fürs Wählen, dann weiß ich, was ich mir vielleicht irgendwann mal näher anschauen sollte.) Nur ein Unterschied zu damals gibt es: Meine Crowdfunding-Altlasten sind jetzt bis auf zwei abgeschriebene Verluste allesamt da, jetzt sind nur noch eine Handvoll Crowdfunding-Sachen offen, davon nur zwei neue Spiele, Rest Erweiterungen oder Sonderausgaben von Bekanntem. Und das ausschließend von Verlagen, wo man sich ziemlich sicher sein kann, dass die Projekte 100% reibungslos abgewickelt werden, incl. pünktlicher Lieferung.

    EDIT: Noch ein Unterschied zu meinem ersten Beitrag hier im Thread: Sammlung im letzten halben Jahr um rund 35 Spiele reduziert, bei ca. 10 Neuzugängen, eingetroffene Kickstarter mitgezählt, sonst wär's noch deutlich weniger Neues. Ich halte nichts von radikalen "Hälfte weg!"-Ansätzen oder Ähnlichem, aber mit leichtem Erhöhen der Verkaufsrate und radikalem Drosseln beim Kaufen geht's langsam aber sicher in die richtige Richtung. Damit bin ich glücklich, so kann's gerne weitergehen.

    In den letzten zwölf Monaten habe ich bei mir eine deutlich schwindende Begeisterung für Neuheiten / neue Crowfunding-Projekte festgestellt.

    [...]

    geht jemanden das ähnlich

    Ich fühle mich auch angesprochen. Mein Stapel ungespielter Spiele ist noch lange nicht abgebaut. Das sind vielfach Kickstarter, die vor Corona bestellt wurden, resultiert aber auch noch in normal-gewohntem Kaufverhalten im ersten Corona-Jahr, trotz deutlich reduzierter Spielzeit. Daher habe ich für mich beschlossen, im Normalfall keine Spiele mehr zu kaufen bzw. zu bestellen, die nicht mindestens ein Jahr alt sind und auch als Nicht-mehr-Neuheit immer noch positive Bewertungen bekommen. Neuheiten gehen mir aktuell komplett am Allerwertesten vorbei. Ich habe heute zum ersten Mal auf die BGG-Preview-Liste für Essen geschaut.

    In der modernen Social Media Welt wird allerlei Durchschnittsware bis zum Geht-Nicht-Mehr hochgejubelt, selbst wenn der Hochjubler vom Spiel kaum was außer der ach-so-tollen Materialqualität loben kann und oft schon mit der richtigen Interpretation der Regeln überfordert ist. Brauche ich nicht. Entscheidend ist, was aus eigener Kraft des Test der Zeit bestehen kann. Deshalb meine selbst gesetzte 1-Jahres-Regel. Willkommener Nebeneffekt ist, dass mittlerweile Erstauflagen auffällig oft Fehler haben, die dann später in Zweitauflagen korrigiert werden. (Beim einen Verlag öfter, beim anderen seltener.) Wer angesagte Neuheiten unbedingt als Erster haben muss und deshalb nach Essen fährt: Viel Spaß dabei! Ganz ehrlich gemeint. Aber ich bin da raus, und das sage ich als jemand, der früher in der Zeit vor Essen an jedem Wochenende ein Dutzend Spielregeln gelesen hat und dann während der Messe immer 10+ ausgewählte Neuheiten gekauft hat.

    Essen werde ich dieses Jahr vermutlich nochmal mitnehmen. Bei 140km einfacher Strecke kann man das als Tagesausflug mal machen. Herumschlendern und anschauen, eventuell mit Familie. Aber Neuheiten kaufen? Wohl eher nicht. Immer noch zu viel Ungespieltes durch Corona, und das Spieleregal ist schlicht voll.


    wo liegen bei euch die möglichen Ursachen für diese Entwicklung? :/

    Alles, was du auch aufzählst, mit Ausnahme der Menge der ausstehenden Kickstarter. Da habe ich vor zwei Jahren schon angefangen, meine Bestellmenge deutlich zu reduzieren, d.h. wenn da mal die letzten Altlasten da sind und ich den einen tatsächlichen und den anderen möglichen Komplettausfall-Flop großzügig rausrechne (auch ein Grund für KS-Müdigkeit!), ist da nicht gar mehr viel ausstehend.

    Hinzu kommt allerdings ein anderer Grund: Ich kann mit Solo und dem allgemeinen Trend zur Interaktionsarmut in vielen modernen Spielen nicht allzu viel anfangen. Brettspiele leben für mich vom Miteinander-Spielen. Sorry, aber Alleine-Spielen oder Nebeneinander-Spielen ist für mich (!) nicht das Gleiche, da ist der Reiz weg. Dann kann ich auch gleich am Computer spielen.


    Betonen möchte ich allerdings, dass ich den Verlagen, Autoren oder anderen, die in der Spielebranche arbeiten, keinen Vorwurf mache. Wenn der Markt nach maßlos überproduzierter, solo-kompatibler 08/15-Ware verlangt, sich das mit Crowdfunding und bezahlter Youtuber-Hochjubelei gewinnbringend vermarkten lässt, und die Masse der Backer auch höhere dreistellige Preise noch als "angemessen" verteidigt, selbst wenn die Hälfte von dem ganzen überproduzierten Rotz niemals auf den Tisch kommen wird, dann ist's völlig klar, das das Angebot so ist, wie es halt ist.