Um mal eine Gegenstimme zu bringen:
Ich musste mich auch erst an das Kartenmanagement gewöhnen, halte es aber mittlerweile für extrem geglückt, wenn nicht sogar für einen kleinen Geniestreich.
Einer der Punkte, der mich an den meisten Coop-Spielen nervt, ist der häufig eingebaute Counter, gegen den man anspielt. Dieses "Ihr verliert, wenn X Würfel auf dem Brett liegen oder wenn Figur Y Punkt Z erreicht oder keine Würfel mehr auf Feld V liegen oder Kartenstapel W leer ist" oder, oder, oder. Das ist immer so beliebig. Darum mag ich zum Beispiel Too Many Bones so: Kein Counter. Man spielt, bis man keine Lebenspunkte mehr hat (und verliert), oder die Gegner besiegt sind. Einzig der Fatigue-Modus ab Runde sechs, der allen am Kampf Beteiligten jede Runde einen Lebenspunkt stiehlt, funktioniert hier als kleiner Regulativ-Counter.
In Gloomhaven hingegen finde ich den Counter sowohl thematisch als auch mechanisch hervorragend eingebaut.
Thematisch: Deine Leute gehen mit voller Kraft in den Dungeon, stehen bis zu den Haar- oder Hornspitzen im Saft, und je länger sie kämpfen, desto weniger Kraft haben sie und können nicht mehr so viele körperlich anstrengende Sachen machen, bevor sie sich nochmal ausruhen müssen, bis sie schließlich ganz zusammenbrechen und verlieren.
Mechanisch: Dadurch, dass man mit der Ausdauer auch die Fähigkeit verliert, bestimmte Fähigkeiten zu nutzen, zwingt einen das Spiel in eine wundervolle Form des kreativen Denkens. Wenn man gegen Ende mit nur noch vier oder fünf Karten dasteht, aber noch 3 oder 4 fitte Gegner auf einen warten, und man sieht eigentlich schon keine Chance mehr, betrachtet dann aber seine Karten, und sieht plötzlich diese eine Kombo, die eine Synergie, und dass man das Level doch noch schaffen kann, eine Verbindung, die man nie gesehen hätte, wenn man nicht aus dem Mangel heraus kreativ hätte werden müssen - das fühlt sich schon toll an. (Not macht ja bekanntlich erfinderisch.) Und wenn der Plan dann noch, trotz der Zufallskomponenten, hinhaut, dann ist das schon emotional großes Kino.
Und ich mag, dass man den Counter hier dank des Deckbuildings anpassen und verbessern kann. Statt MEHR Karten in den Counter bekommt man einfach BESSERE. Auch das etwas, was ich so in keinem anderen Coop-Spiel finde (mir fällt zumindest gerade keines ein), dass man den Counter qualitativ verbessern kann statt quantitativ.
Gloomhaven hat da eine wirklich grandiose Mechanik geschaffen. Muss man die deswegen mögen? Nein. Manche Leute würfeln halt lieber. Aber mir gefällt sie, und sie ist einer der Gründe, warum mir Gloomhaven als eines von wenigen Koop-Spielen mit Countern tatsächlich Spaß macht.