Beiträge von Neva Kee im Thema „Teasen vs. Spoilern“

    Wenn ich die Diskussion so weiterverfolge, kommt mir noch ein Gedanke bzw. ein Verhalten in Bezug auf Spoiler oder gar Reviews, den ich an mir selbst bereits festgestellt habe - es würde mich interessieren, ob es auch anderen so geht:

    Es ist mir schon mehrfach so gegangen, dass ich mir Reviews oder auch Kommentare zu Serien / Filmen, aber auch Büchern und Musik-CDS oder Brettspielen, etc. angesehen habe, die ich grundsätzlich interessant fand.

    Nach dem Review oder Kommentar hatte ich das Gefühl, das jeweilige Medium schon "zu kennen" bzw. zumindest die wesentlichen Höhepunkte oder Tiefpunkte schon kennengelernt zu haben. Dadurch, dass sich dieses Gefühl des "kenne ich schon" eingestellt hat, ist meine Lust darauf, es wirklich noch selbst zu "erleben" tatsächlich deutlich zurückgegangen bis zu dem Punkt, dass ich es gar nicht erst probiert habe.

    Das liegt natürlich auch noch daran, dass ein Tag nur 24 Stunden hat und die inflationäre Masse an neuen Dingen, die mittlerweile erscheint, es unmöglich macht, alles, was einen interessiert, wirklich zu erleben.

    Dennoch finde ich es unglaublich schade, dass durch diese, letztlich unbefriedigenden und nicht vergleichbaren, "Proxy"-Erlebnisse das unvoreingenommene Erleben des eigentlichen Mediums selbst, getrübt oder gar verhindert wurde.

    Dieser Informations-Überschuss sorgt im Vergleich zu früher (bei mir) tatsächlich dafür, dass die "unschuldige" Freude, etwas ohne viel Vorwissen einfach selbst zu erleben, ein stückweit verloren gegangen ist.

    Daher bin ich tatsächlich dazu übergegangen, mir weniger und weniger Trailer, Reviews und Erlebnisberichte durchzulesen. Das tue ich mit Ausnahme von Dingen, von denen ich noch nicht gehört habe oder wo ich mir extrem unsicher bin, ob sie mir gefallen könnten oder bei Dingen, von denen ich weiß, dass ich sie wohl nicht schauen / spielen werde - hier ggf. nur, um mich dort bestätigt zu sehen.

    Und siehe da: Dinge die gut sind, machen mir NOCH mehr Spaß, wenn ich sie selbst "überraschend" entdecke und Dinge die schlecht sind, sind manchmal gar nicht sooo schlecht oder sie sind zumindest überraschend schlecht und nicht "wie erwartet" schlecht ;)

    Insgesamt würde ich also dafür plädieren, lieber (noch) mehr selbst zu erleben, als in der gleichen Zeit nur Proxy-Erlebnisse zu haben und sich spoilern oder seine Meinung vorprägen zu lassen.

    Ich würde auch klar sagen: "Es kommt darauf an" ;)


    Wenn mir jemand bei einem Film nur erzählt, dass der nach 2/3 die totale Wendung nimmt und auf einmal ganz anders wird, dann empfinde ich das als unangemessenen Spoiler, auch wenn ich sonst gar nichts über den Film oder die Story erfahre, denn ich schaue dann den Film in dem Wissen, dass das passiert und wäre von dieser Wendung gerne überrascht worden, weil sie sicherlich als Storytelling-Konzept für den Film genau so überraschend funktionieren und den Zuschauenden den Boden unter Füßen wegziehen / bewusst irritieren soll.

    Diese Erfahrung wird mir dadurch genommen und ich schaue dann eher distanziert den ersten Teil des Films, da ich schon weiß, dass ich mich nicht zu sehr darauf einlassen darf, weil sich eh nochmal alles ändert.

    Da reichen mir bei einem Brettspiel auch schon so Kommentare wie: "Der Boss kommt erst in Szenario 14," weil das die Spannung und Erwartungshaltung für die davorliegenden Szenarien reduziert. Weniger schlimm finde ich, wenn jemand eher neutral über sein Erlebnis in einem speziellen Szenario erzählt: "In einem Szenario wir einen epischen Kampf mit jeder Menge Gegnern...," da die Information eher allgemein ist, ich nicht einschätzen kann, wann und wo dieses Szenario auftaucht und es vermutlich erst zuordnen kann, wenn ich schon drinstecke und es durch das eigene erleben dann "wiedererkenne" und ich außerdem nicht weiß, ob es am Szenario oder an der Spielweise der Gruppe liegt.

    Wenn ich vorher schon weiß, dass mich etwas interessiert, höre ich üblicherweise damit auf, Dinge darüber zu lesen oder Trailer zu schauen (ich habe sogar schon mit geschlossenen Augen und zugehaltenen Ohren im Kino gesessen, weil ich einen Trailer nicht vorher sehen wollte 8o )


    Selbst die Information, dass über die neue Herr der Ringe Serie viel diskutiert wird und sie sehr kontrovers aufgenommen wird, ist in meinen Augen schon eine Information, die ich am liebsten nicht haben würde, da mir das schon vorab das Schauerlebnis trübt, da ich nicht mehr unvoreingenommen schauen kann, sondern automatisch in eine Beurteilungshaltung gebracht werden, mich ebenfalls dazu zu positionieren.

    Auch bei einem neuen Musikalbum einer Band versuche ich vorher keine Reviews zu lesen, da gute zwar den Hype befördern können, schlechte einem aber die Lust und auch die Offenheit gegenüber der neuen Musik vermiesen können. Zudem habe ich schon verschiedentlich erlebt, dass mein Erleben eines Albums am Ende gar nicht wirklich mit der Beurteilung der Kritik übereinstimmte (in beiden Richtungen).

    Manchmal weist einen eine Kritik auch erst auf Details hin, die man selbst gar nicht wahrgenommen hätte und die einem selbst das Erlebnis gar nicht "vermiest" hätten, wenn nicht irgendjemand da unbedingt drauf hätte herumreiten müssen.


    Um mich sinnvoll zu "teasen" wünsche ich mir ein paar stellvertretende, ohne Kontext eher Nichtssagende oder nicht einzuordnende Bilder oder Informationen über die Prämisse eines Films (die in den ersten 10-30 Minuten des Films abgehandelt sind), die einem dennoch das Feeling und das Ziel eines Films / Spiels näherbringen. So kann man den Großteil des Mediums neu und selbst erleben.

    Bei einem Spiel kann man außerdem auch noch rein mechanisch erklären kann, wie das Spiel funktioniert, ohne dass ich das als Spoiler empfinden würde - nur spezielle Mechanismen von zunächst geheimen Bossen oder Levels bzw. wichtige Story-Details bei storylastigen Spielen würde ich da als Grenzwertig / Spoilerig ansehen. Bei einem Film geht das schwerer, da man immer auch etwas von der Story erfährt.

    Solange das bei einem Film jedoch nur die Prämisse betrifft, kann ich damit leben. Leider haben viele Trailer inzwischen die Angewohnheit, schon so viel Story zu zeigen, dass man sich den Rest fast schon denken kann - das hält mich dann eher davon ab, etwas zu schauen, weil ich dann oft das Gefühl habe, alles schon gesehen zu haben und schon zu wissen was kommt. Da man das VOR dem Schauen eines Trailers aber nicht wissen kann... besser keine Trailer.

    Ganz schlimm finde ich es, wenn irgendwelche News-Portale recht zügig irgendwelche Bilder oder entsprechende Überschriften zu Serien oder Filmen posten, wo der reine Anblick schon ein Spoiler ist - das geht dann so schnell, dass man schon gespoilert ist, bevor man wegschauen kann (So passiert bei Game of Thrones in den letzten Staffeln, wo alleine die Bilder der Charaktere einer Folge schon verraten, wer bis dahin überlebt).