Beiträge von Dee im Thema „29.08.-04.09.2022“

    Du hast wirklich viele Freiheiten und musst dir einen Plan überlegen, bei dem du dir mit Sicherheit selber Stöcker zwischen die Bein wirfst.

    Für mich fühlte sich das an wie ein Sudoku, bei dem alle Felder leer sind. Wie auch bei Five Tribes ist mir das zu offen.


    Gruß Dee

    Oros (Board Game Circus, 2022)

    „Oros“ habe ich seit der Kickstarter-Kampagne im Juli 2021 auf meiner Interessenliste. Der befürchtete Verwaltungsaufwand für das Schieben der Plättchen hat mich aber abgehalten, das Spiel online auf Tabletopia auszuprobieren. Da „Oros“ auf der BGG-Previewliste der SPIEL'22 zu finden ist, wollte ich es doch zumindest einmal testen. Denn in der Anleitung klang es immer noch interessant.


    In „Oros“ sind wir Gottheiten und erschaffen unsere eigene Welt. Das Spielbrett stellt eine Art plattgedrückte Weltkugel mit Spalten und Reihen dar. Auf manchen dieser Felder liegen zu Spielbeginn Plättchen mit 1, 2, 3 oder 4 Landseiten oder Inselplättchen. Auf unserem eigenem Spielertableau gibt es sechs Aktionsspalten. Jede Aktion startet bei Fähigkeit 1, kann durch Erfahrungspunkte aber gesteigert werden. Wenn ich am Zug bin, darf ich drei Aktionen nacheinander ausführen. Hierfür muss ich einen meiner Anhänger auf ein freies Aktionsfeld verschieben. Das heißt, ich kann nicht direkt nacheinander die gleiche Aktion nutzen. Die Aktionen erlauben es mir, das Spielfeld zu verändern. So kann ich alle Plättchen einer Reihe oder Spalte oder dem äußeren Ring um X Felder verschieben. Oder ich kann X zusammenhängende Plättchen in eine Richtung schieben und damit Landmassen aufeinanderprallen lassen. Das ist lustig, weil so Vulkane und Berge entstehen. Mit einer anderen Aktion kann ich diese Vulkane ausbrechen lassen, wodurch die Lava ins Wasser oder umgebende Landteile fließt und sich so neues Land bildet. Das Zusammenstoßen und der Vulkanausbruch sind dabei simple Mathematik: Wert des Zielplättchens = Wert von Plättchen A plus Wert von Plättchen B, maximal 4. Wenn größer 4, dann kommt ein Vulkan des Restwertes dazu. Vulkane addieren sich genauso. Eine Besonderheit ist, wenn zwei 4er-Landplättchen aufeinander stoßen, denn nur so entsteht ein Berg. Mit meiner letzten Aktion kann ich auf den Bergen Heilige Stätten in Form von Denkmälern, Tempeln und Schreinen errichten, die mir Erfahrungspunkte und Pyramidenpunkte bringen. Für den Bau muss ich aber einen meiner Anhänger auf den Berg bewegt haben, was gar nicht so einfach ist, da diese anfangs nicht schwimmen können und auch nur sehr langsam laufen. Die Schritte auf der Pyramide dienen dem Spielende. Wird das oberste Feld von jemandem erreicht, endet die Partie und es wird abgerechnet. Punkte gibt es für die Pyramidenschritte, für den Ausbau der Aktionen, für Anhänger auf dem Spielplan und für die Heiligen Stätten.


    Oros – Pyramide (Tabletopia)


    Die Anleitung lässt sich gut lesen. Ich hatte dabei zwar Fragen, aber die klärten sich später. Ansonsten gibt es ein paar Regeln, die ich während meiner Partie immer wieder vergessen habe. So werden rot umrandete Hotspots auf dem Spielfeld sofort mit einer Insel belegt, wenn sie durch Verschieben frei werden. Oft merkte ich erst ein, zwei Züge später, dass da etwas fehlte. Und auch die Bewegung eines Anhängers von einer Heiligen Stätte herunter ist etwas kompliziert zu merken, da die Heiligen Stätten aufeinander gebaut werden. Bei einem Vollausbau heißt das, dass auf dem Bergplättchen ein Denkmal-Plättchen steht, darauf dann ein Tempel-Plättchen und darauf ein Schrein-Plättchen. Steht ein Anhänger auf dem Schrein, benötige ich bereits drei Schritte, um wieder auf das Bergplättchen zu gehen, um von dort weiterzuwandern. Das ist zwar logisch, wenn ich es mir real vorstelle, aber in der Partie habe ich oft vergessen, die Schritte korrekt zu zählen und bin direkt von einer Heiligen Stätte mit einem Schritt auf das Nachbarplättchen gelaufen.


    Die eigentliche Spielmechanik mit Arbeitereinsatz und Aktionswahl ist leicht zu verstehen. Am kompliziertesten empfand ich das Verschieben auf dem äußeren Ring des Spielfeldes, da hierbei Plättchen auch gedreht werden müssen. Manch einen wird es aber schon überfordern, dass die äußeren Plättchen mit denen auf der anderen Seite benachbart sind und gemeinsam verschoben werden können. (Wer den Torus von „Galaxy Trucker“ kennt, wird sich aber schnell zurechtfinden.) Eine erhöhte Komplexität ergab sich für mich auch in den ersten Zügen aufgrund der Optionsvielfalt. Da es keine Richtungsvorgabe gibt, was wirklich gut oder schlecht ist, fühlte es sich für mich so an, als würde ich das Spiel ausprobieren ohne zu wissen, wohin es führt. Und das gefällt mir eher weniger. Ich bevorzuge Spiele, die zwar eine Optionsvielfalt bieten, mir aber – beispielsweise durch Zielvorgaben – Leitplanken an die Hand geben, an denen ich mich entlanghangeln kann, weil ich das Spiel halt noch nie gespielt habe. Und auch die Steigerung der Fähigkeiten fand ich vor allem beim Bewegen von Landschaftsplättchen nicht optimal bezüglich der Komplexität. Zum Spielstart darf ich nur eine Gruppe von drei Plättchen bewegen. Später darf ich ein einzelnes Plättchen bewegen – und das auch noch diagonal. Vor allem am Rand und mit dem äußeren Ring ergeben sich dadurch so viele und teils abstruse Möglichkeiten, wo ich ein Plättchen hinschieben kann, dass ich darüber gar nicht nachdenken wollte.


    Oros – Spielertableau mit Aktionen (Tabletopia)


    Mechanisch funktioniert die Aktionswahl sehr gut und ist mir auch schon aus anderen Spielen bekannt. Auch die Steigerung der Fähigkeiten finde ich gut. Wenn ich diese gleichmäßig auf den ersten vier Aktionen durchführe, erhalte ich zusätzlich auch neue Anhänger. Das hat mir gefallen, weil ich so zwischen Spezialisierung auf einige Aktionen oder Breite für neue Anhänger wählen muss. Das Plättchenschieben funktioniert, ist aber auch das, was mich im Spiel die meiste Zeit gekostet hat. In einer Aktion konnte ich drei Vulkane ausbrechen lassen, was jeweils 4er-Vulkane waren. Das heißt, die Plättchen, auf denen die Vulkane standen, wurden zu 4er-Landplättchen und der Rest floss dann in eine oder mehrere Richtungen meiner Wahl weiter. Dort kann es dann wiederum zu einem größeren Resultat als 4 kommen, was wieder Vulkane entstehen lässt. Zusammen mit einer Zusammenstoß-Aktion von drei Plättchen mit drei anderen hatte ich in diesem Zug viel zu tun. In Summe benötigte ich für einen Zug circa fünf Minuten. Zum einen konnte ich erst zu Zugbeginn wirklich überlegen, was ich tue, weil sich die Erde weitergedreht hat und ich so gut wie nicht vorplanen konnte. Und dann muss ich drei Aktionen planen, die ich aufgrund der Blockade durch eigene Anhänger auf den Aktionsfeldern sehr gut durchdenken muss, damit auch alles korrekt aufgeht. Wenn Verschiebe- oder Vulkanausbruch-Aktionen dabei sind, muss ich mir im Kopf einiges zurechtlegen. Zum anderen kommt die Zeit von der Ausführung der Aktionen. In Tabletopia ging dies teilweise sogar noch einfach, weil ich eine ganze Reihe markieren und verschieben konnte. In der Realität muss ich die Plättchen teils einzeln verschieben. Ich kann mir vorstellen, dass diese auch mal verkanten oder bei Heiligen Stätten mit mehreren Anhängern auseinanderfallen. Es kam bei mir auch noch dazu, dass bei den drei Aktionen, die teils sehr lange dauern und Folgeaktionen nach sich ziehen können, ich manchmal vergaß, ob ich jetzt erst zwei oder schon drei Aktionen ausgeführt hatte. Die Downtime stelle ich mir vor allem im Vierpersonenspiel eher groß vor. Immerhin ist es sicherlich interessant zuzuschauen, wie sich die Erde in den Zügen der Mitspielerinnen verändert. Und demnach ist auch die Interaktion sehr hoch. Zum einen indirekt, weil ich jemand anderem etwas verbaue, weil es meine Aktion bewirkt. Aber auch direkt, weil ich eine Reihe verschieben kann, damit beispielsweise jemand nicht mehr so einfach an einen Berg kommt, um dort eine Heilige Stätte bauen zu können.


    Die Gesamtspielzeit im Solomodus lag bei ungefähr 90 Minuten. Ich spielte zwölf Runden, wovon ungefähr 60 Minuten Spielzeit auf mich entfielen und 30 Minuten auf die zwei Solo-Automa. Dies ist auch die Besonderheit bei „Oros“. Es spielen mindestens immer drei Gottheiten in einer Partie mit. Auch im Zweipersonenspiel muss mindestens eine Automa-Gottheit teilnehmen. In einer Solopartie muss ich mich schon um zwei kümmern. Es gibt vier Automa in unterschiedlichen Spielstärken, die sich auf den Rückseiten der vier Spielertableaus befinden. Die Automa unterscheiden sich zum einen in den Siegpunkten, die sie durch Erfahrungsschritte auf ihrem Tableau erhalten. Zusätzlich hat jeder Automa ein Kartendeck. Im Automa-Zug wird eine Karte aufgedeckt. Sie gibt an, welche drei Aktionen der Automa durchführt. In der Regel ist dies eine Heilige Stätte bauen und Anhänger einsetzen, wenn möglich, danach das Verschieben von ein oder zwei Spalten oder Reihen um zwei Felder und zum Schluss 0 bis zwei Felder auf der Pyramide vorwärtslaufen. Die Verwaltung war anfangs etwas aufwändig, weil ich die Symbolik lernen musste. Zum Ende des Spiels hin dauerte ein Automa-Zug in der Ausführung aber nur noch eine Minute. Ich fand die Handhabung ganz gelungen und abwechslungsreich, auf der anderen Seite aufgrund des Automa-Decks aber natürlich auch sehr zufällig. Bei realen Mitspielern kann ich zumindest erahnen, welche Aktionen sie ausführen wollen.


    Oros – Spielplan im ersten Drittel der Partie (Tabletopia)


    Vielleicht war auch das Spiel gegen die Automa der Grund, wieso es keine großartige Spannungskurve für mich in der Partie gab. Die Fähigkeiten werden zwar stärker, aber das geschieht auf eine so geringe Art und Weise, dass es für mich nicht spürbar war. Die erste Aktion der Partie fühlte sich wie die letzte Aktion der Partie an. Landschaften zusammenstoßen oder Vulkane ausbrechen lassen, damit 4er-Felder entstehen. Diese 4er-Felder zusammenstoßen lassen, damit Berge entstehen. Dann meinen Anhänger dorthin bewegen und eine Heilige Stätte bauen. Da mir nur drei Stätten je Typ zur Verfügung stehen, kann ich nur drei Denkmäler bauen. Da ich pro Berg aber nur eine Heilige Stätte bauen kann, muss ich also auch noch auf die Mitspielerinnen warten, dass sie ein Denkmal legen, damit ich dann einen Tempel darauf stellen kann. Das empfand ich nicht als sonderlich spannend oder unterhaltsam. Ich überlegte einige Male, die Partie abzubrechen, aber wollte dann doch die Endabrechnung sehen, wie ich mich gegen die zwei Automa schlage. (Hinweis: Mit 59:36:32 Punkten bin ich immerhin Zweiter geworden.) Was ich mir auch schwierig vorstelle, ist die Variabilität. Wenn ich immer mit dem Grundaufbau anfange, spielen sich die Partien sehr gleich/identisch. Es gibt zwar alternative Startaufbauten, aber ich fürchte, dass „Oros“ kein Spiel ist, was ich jede Woche einmal spielen möchte.


    Zum Schluss noch ein Wort zum Thema. Nein, das spürte ich nicht. Ich fühlte mich nie wie eine Gottheit, die eine neue Welt erschafft. Für mich fühlt sich „Oros“ eher wie eine Puzzle-Aufgabe an, wie ich mit drei Aktionen und teils blockierten Aktionsfeldern und dem vor mir liegendem Spielplan etwas Sinnvolles anfangen kann, um zu punkten. Der Welterschaffung widerspricht auch, dass die Welt nicht wächst, sondern im Laufe einer Partie kleiner wird. Im Gegensatz zu Pangaea driften die Landschaften nicht auseinander, sondern verschmelzen. Das ist auch logisch, da beim Zusammenstoß von zwei Plättchen nur eines übrig bleibt. Nur durch Vulkanausbrüche oder die Hotspots kommen echt neue Plättchen ins Spiel. Das führte jedenfalls dazu, dass von anfangs 22 Plättchen bei mir am Spielende 17 übrig blieben und über die Hälfte davon Berge waren. Und da sich hauptsächlich aus den Bergen oder besser den Heiligen Stätten darauf Siegpunkte generieren lassen, wird das Ergebnis wohl sehr oft so aussehen. Auch thematisch unpassend ist natürlich die Repräsentation der Erdkugel. Ich weiß, dass dies nicht einfach auf einem Spielbrett umzusetzen ist. Aber auch wenn die Autoren in der Anleitung sagen, dass es sich um das Abbild der Erdkugel handeln soll, stellt das Spielfeld mit seinen Regeln, was wo angrenzt, keine Kugel dar. Am ehesten ist es eine Donut-Erde (Torus, vergleiche „Galaxy Trucker“), aber mit Löchern und der äußere Ring ergibt eine sehr seltsame tektonische Verschiebung im inneren oder äußeren Bereich des Torus' und um den Torusring herum. Sprich, es fühlt sich nicht wie eine Erdkugel an, sondern wie ein Erddonut – den ich mir wiederum sehr spannend vorstellen würde, was Rotation, Schwerkraft, Klima und mehr angeht.


    Oros – Spielplan zum Spielende (Tabletopia)


    Punkten kann „Oros“ bei mir hauptsächlich durch die Grafik. Die Landschaftsplättchen sind leicht comichaft gezeichnet, die Anhänger-Figuren sehen niedlich aus und auch die kleinen Vulkane auf dem Spielbrett machen etwas her. Aber von der Spielmechanik her klang die Anleitung wesentlich besser als das bei mir entstandene Spielgefühl. Ich würde es, wenn es sich ergibt, aber sicherlich noch einmal in der Realität mit echtem Material mitspielen. (6,0)


    #Oros

    Wäre aber mal lustig, wenn jeder seine Vorhersagen für in einem Jahr in einen Thread packt, und dann kramen wir den nächstes Jahr wieder raus.

    Die Spielträumers machen das im Jahresabschlusspodcast. Und prüfen dann auch, welche Vorhersagen vom Vorjahr eingetreten sind. Fand ich immer ganz witzig.


    Gruß Dee