High Score : Die Befürchtung hat sich leider bestätigt. In Zweierrunde gibt es zu wenige Gezocke, als dass das Spielgeschehen Spass machen hätte können - so zumindest meine Meinung nach einer vorzeitig abgebrochenen Partie. Weil der nachlegende Spieler hat nichts zu verlieren und kann alles risikieren. Denn wenn er den vorlegenden Spieler im Ergebnis nicht übertrifft, ist er sowieso Zweiter und Letzter zugleich.
In grösserer Runde könnte man noch versuchen, auf Platz zu spielen oder eben dabei überreizen und statt Platz 2 auf den letzten Platz einer Spielrunde gespült werden. Am frühen Sonntag hatte sich keine grössere Runde gefunden, die High Score mit uns austesten wollte. So oder so, der eigene Einfluss ist eh gering - es ist und bleibt eben ein reinrassiges Würfelspiel.
Schade fand ich ebenso, dass wir unseren kompletten Zug ausführen mit allen Nachwürfelversuchen. Was bedeutet, dass der Rest der Spielrunde mitfiebern muss, um am Spielgeschehen beteiligt zu sein, bis man dann selbst aktiv zum Zug kommt. Somit für mich ein Spiel, das mit der Stimmung der Spielrunde steht oder fällt und ebenso deshalb auch als triviale Würfelei durchfallen könnte.
Das Spiel konnten wir an einem Hüne-Spieltisch ausprobieren. Inklusive LED-Randbeleuchtung, die mir nochmals gezeigt hat, dass solche LED-Leisten trotz Diffussor mich persönlich eher stören und blenden und nur die Randbereiche ausleuchten. Die ausgelegte Spielmatte war mir persönlich zu dünn und reichte nicht bis an die Reelingränder. Im Vergleich zum Geeknson Bristol klar weniger imposant und weniger funtional und eher rustikal in der Optik, wobei bei den Preisunterschieden eh jeglicher Vergleich unfair ist. Deshalb weiter mein Tipp: Jeder stabile Tisch mit dicker Baumwolltischdecke reicht völlig aus. Alles andere ist komplett verzichtbar und purer Luxus mit Ärgerpotential, wenn die ausgelieferte Qualität (wie bei mir und dem Bristol in mehr als 15 Punkten erlebt) schlicht nicht stimmt für den verlangten Preis und sich Reklamationen zeitlich arg ziehen.
Harry Potter Wettstreit um den Hauspokal : Êin Lizenzspiel im Kosmos-Verlag. Redaktionell wäre da weit aus mehr möglich gewesen, besonders wenn man schon die offizielle Lizenz mitsamt der Charakterbilder aus den Filmen nutzen darf. Wir spielen eines der vier Häuser mit jeweils drei Charaktere, die wir während ihrer Zauberer-Ausbildung begleiten. Im Kern ein Workerplacement, bei dem wir Bücher und Hüte als Ressourcen sammeln, um Lektionen und Aufträge in zwei Schwierigkeitsgraden zu bestehen. Als Gimmick sammeln wir als Belohnung farbige Plastikedelsteine in einem Reagenzröhrchen, die wir am Spielende vergleichen können.
Spierisch wird Hausmannskost für den Vielspieler geboten. Also eher was für den Familienspieler, der zudem auch noch Harry Potter Fan sein sollte. Die Aufmachung ist dabei leider eher schlicht in Gestaltung und Illustrationen. Die Symbolik war für mich oftmals schlecht lesbar, weil sich Symbole nur in Details unterschieden und damit Verwechslungsgefahr bestand. Wer zudem die Charaktere nicht am Bild erkennt, muss mit der neutralen Rückseite der Worker-Plättchen spielen, denn auf der eigenen Spielablage steht nur der Name. Spielerisch macht das aber keinen Unterschied. Und spielerisch ist das alles eher flach und altbekannt: Erst Ressourcen sammeln, dann zügig aufleveln, nebenbei Aufträge und Lektionen besorgen und dann Aufträge erfüllen. Altbekannt und etwas Harry Potter typisches konnte ich auch nicht dabei finden. Nix für mich, obwohl ich alle Bücher gelesen und die Filme im Kino gesehen habe.
Trans Atlantic II : Der neue Mac Gerdts, der für die SPIEL 2022 geplant ist in der Veröffentlichung beim PD-Verlag. Erklärt vom Autor persönlich und als Handmuster gespielt, bei dem sich einige Details noch ändern werden und können. Aktuell wird noch Feedback der Prototyp-Spieler eingeholt, um das Spiel für die finale Form zu optimieren. Rund lief es jetzt schon und das lag nicht nur am verwendeten Rondell. Dabei angenehm elegant zu spielen, weil spielmechanisch weitaus entschlackt im Vergleich zum Vorgänger. Den habe ich nur einmal mitgespielt, dauerte mir zu lange und war mir vom Handling zu umständlich. Habe ich danach nie wieder auf einem Spieltisch in meinem Umfeld gesehen.
Der zweite Teil lehnt sich thematisch an seinen Vorgänger an, spielt sich aber mehr wie ein Navegador, auch wenn die Schiffe nur statisch ausgelegt werden und nicht aktiv herumfahren. Stattdessen werden die ältesten Schiffe einer Region verdrängt, so dass man stets bemüht ist, ausreichend Geld zu scheffeln, um sich modernere Schiffe leisten zu können. Dazu gibt es diverse Möglichkeiten, die auf dem Rondell verewigt sind: Alle Schiffe und Handelshäuser einer Region werten, was auch die Mitspieler freut. Oder bis zu drei beliebig eigene Schiffe nach Europa liefern zu lassen. Oder Geld anhand der Ladekapazität einsacken. Oder das schnellste Schiff eine Atlantiküberquerung machen lassen. Das alles kostet Kohle und die will per Rondellaktion nachgeliefert werden. Zeigleich baut man seine Punktewertungen pro Schiffstyp aus. In Folge rücken immer besserer aber auch teurere Schiffe nach und nach überschaubarer Spielzeit kommt dann die finale Endwertung.
Wer ein elegantes Rondellspiel der mittleren Komplexität sucht und schon Navegador gerne gespielt hat oder eine komprimierte Version von Trans Atlantic sucht, der wird hier fündig und findet ein wirklich gutes Spiel. Allerdings auch "nur" ein gutes Spiel, weil der absolute Whow-Faktor fehlte mir im Rückblick dann doch. Wer diesen bei einem Eurogame-Optimierspiel eh nicht vermisst, ist wohl die richtige Zielgruppe.
Der Spielplan soll übrigens doppelseitig sein: Einmal wie in den Bilder zu sehen, auf einer historischen Seekarte, die anfangs etwas unübersichtlich wirkte. Und dann eine eher abstrahierte Version, die mehr Fokus auf Spielbarkeit legt. Was mir noch fehlte, das waren Übersichtskarten der Rondellaktionen und eine Ausgleichsaktion, wenn man mal kein Schiff am Zugbeginn einsetzen kann. Denn optimalerweise sollte man das immer machen, dazu braucht es aber ausreichend Schiffe und vorab das Geld dafür und ein wenig Spielpraxis, um das perfekte Timing zu finden. Bin gespannt, wie sich das Spiel bis zum Herbst weiterentwickeln wird. Wird so oder so seine Fans finden, denn historisch korrekt recherchiert und illustriert ist hier alles.
Gutenberg : Buchdruck als Brettspiel. Die zwei Besonderheiten sind die Letter aus Holz und die Zahnräder, die sich jeder selbst zusammenbastelt. Dabei sind die Holz-Letter reine Optik und Haptik ohne spielerischen Mehrwert, denn die werden schlicht gesammelt und auf Buchdruck-Auftragskarten abgelegt und sind im Gegensatz zur Druckerfarbe wiederverwendbar. Die Zahnräder bieten unterschiedliche Sonderaktionen und drehen sich, auf dem eigenen Spielerboard gelegt, jede Runde um eine Aktion weiter. Die grösste Schwierigkeit dabei ist, die Drehrichtung von Zahnrädern zu beachten. Rein spielmechanisch ist das eher ein gefälliger Gimmick.
So planen wir dann Runde für Runde zeitgleich hinter unseren Sichtschirmen, wie viel Klötzchen wir für einzelne Aktionen einsetzen wollen, um möglichst früh aus der gemeinsamen Auslage wählen zu können. Wer zu wenig Klötzchen pro Aktion geplant hat, muss mit dem leben, was einem die Mitspieler übrig lassen. Der Spielablauf bleibt stets gleich: Aufträge nehmen, die zu den eigenen Lettern passen. Druckerfarbe einkaufen und in geforderten Fähigkeiten aufleveln. Zahnrad-Bonusaktionen auswählen und im eigenen Räderwerk einbauen oder mit dem zufrieden sein, was man bisher an Bonusaktionen hat. Aufträge erfüllen und Punkte wie auch Geld sammeln, um teilweise neue Letter nachkaufen zu können.
Sagen wir es ganz direkt. Gutenberg ist für mich ein Blender, der mit seinem Spielmaterial einiges verspricht, was spielerisch dann doch nicht eingehalten werden kann. Durchaus grundsolide, aber spannend ist anders. Aber eventuell ist Buchdruck schlicht nicht spannend. Wer absoluter Fan des Thema ist und noch keine Planungs-Ressourcen-Aufträge-Optimierspiele dieser Art besitzt, kann hier sicher zugreifen. Ich habe hingegen keine Lust, das Spiel nochmals zu spielen. Oder lag es auch an dem viel zu grossen doppelten Spieltisch, weil es für vier Spieler aufgebaut war und wir arge Probleme hatten, den zentralen Spielplan zu erreichen und nachzufüllen? Oftmals prägen die Rahmenbedingungen, die leider auch eine ungenaue wie in Details falsche Erklärung mit sich brachte, den Gesamteindruck und der war hier bei Gutenberg einfach nicht gut.
The Border : Wer Würfelland Europa kennt, muss hier ganz gehörig umdenken, denn die Regeln sind im Detail ganz anders. Auch wenn das Material gleich aussieht, ist das hier ein komplett anderes Spiel. Auch ein Roll & Write mit Farbwürfeln und topografischen Ankreuz-Möglichkeiten. Nur hier sind die Wege klar vorgegeben und man muss eher vorausplanen, welche Farben in welcher benötigter Anzahl man in seinem Zug sammeln möchte. Wer sich dabei zu viel vornimmt, überlässt am Ende zu viele Farbwürfeln, die selbst nicht benutzt werden können, seinen Mitspielern.
Wer Würfelland Europa ausgespielt hat, der findet hier eine neue Herausforderung und mehr als nur eine Variante. Im Direktvergleich gefällt mir allerdings Würfelland Europa besser, weil mir das scheinbar mehr Möglichkeiten lässt, während ich hier mehr auf passende Farben zocken muss. Wer unbedingt vier mal Rot auf fünf Würfeln benötigt, wie ich, hat schlicht schlecht bis dahin gespielt und muss halt glücklich würfeln. Achtet unbedingt darauf, wirklich alle Regeldetails in Eurer Erstpartie zu beachten, denn allzu schnell lässt sich The Border falsch spielen und kann dann arg trivial wirken.
Splinter : Am Samstag kennengelernt. Am Sonntag in anderer Zweierrunde nochmal gespielt. Und direkt einen Lerneffekt gemerkt, weil diesmal lief so einiges besser. Macht mir weiterhin Spass, wenn als kleiner Spielehappen für Zwischendurch verstanden. Schnell erklärt und schnell gespielt und dennoch ausreichend knifflig.
Und sonst? Meine Ersteinschätzung zu Die Wandelnden Türme konnte ich in einer erneuten Zweierpartie für mich bestätigen. Das Spiel ist schlicht elegant, hat stabiles Material, spielt sich flink und macht einen Heidenspass, auch weil es so herrlich fies sein kann. Solange man es nicht zum überlangen Denkfest macht, was ich zum Glück bisher nicht erleben musste, kann ich es nur absolut empfehlen. Weiterhin mein Tipp auf das SdJ.
Mein abschliessendes Gesamtfazit: Damit geht mein 39. SpieleWahnsinn zu Ende. Hat sich absolut gelohnt, schon alleine weil ich Ensemble, Inspektor Nase und Die Wandelnden Tüme kennenlernen konnte in entspannten Spielrunden. Drei Spiele, die ich nicht auf der Liste meiner Wahrnehmung der ganzen Neuheiten hatte und die mich absolut begeistern konnten. Dazu etliche andere gute Spiele erlebt und ganz viele gute Momente. Danke an alle MitspielerInnen und allen ErklärerInnen vor Ort. Die nächste Haltestelle ist dann "Spiel Doch!" in Dortmund. Bis dahin.