Beiträge von LemuelG im Thema „Adaptionsqualität der Serie "Das Rad der Zeit"“

    LilyMaus Dein gutes Recht. Ich bin eher beeindruckt, wie gut es in der Gesamtsicht der beiden Staffeln gelungen ist, einen riesigen Berg relevanter Informationen zum jeweils geeigneten Zeitpunkt rüberzubringen, ohne dass es einen erschlägt, und dabei den Kern der Handlung zu erhalten und in ein anderes Medium zu übertragen, das zeigen muss, statt zu erzählen und das mit anderen Wirkmechanismen und in einer seriellen Struktur funktionieren muss. Ganz andere Spannungsbögen und so. Gerade in Staffel 2 erlangen viele Figuren so eine Tiefe, die in Staffel 1 noch nicht ansatzweise gegeben war.


    Ich finde insbesondere Episode 2.6 ganz grandios, aber spätestens ab Folge 2.3 ist eigentlich die komplette Staffel eine Stufe besser als Staffel 1; als Buchkennerin kannst Du die 2.6 guten Gewissens auch einzeln mal anschauen und dann entscheiden, ob das ein Versprechen ist, dem Du doch folgen magst. Freilich, einzelne Figuren (etwa Min) weichen von der Handlung her komplett von den Büchern ab. Auch Moiraine, für die Staffel 2 sonst keinen Arc gehabt hätte. Aber alle anderen Hauptfiguren sind für mich komplett stimmig mit den Büchern. Und das ist doch echt was.

    Staffel 1 gefiel mir echt gut - und wie so oft: in Staffel 2 bin ich völlig lost und weiß gar nix mehr... müsste Staffel 1 noch mal schauen, aber irgendwie ist der Drive weg bei mir. Also: raus.

    Zur Motivation: Staffel 2 ist viel viel viel besser als Staffel 1. Da verpasst Du wirklich was.


    Hat jemand ein kurzes Zusammenfassungsvideo von Staffel 1 bei der Hand? Das "Was zuletzt geschah" vor Folge 1 ist doch etwas knapp geraten.

    sg181 Zu Egwene:


    brettundpad Ja, die Storydetails sind bei vielen Figuren schon sehr anders, absolut, aber die großen Pfosten sind schon weitgehend identisch. Spannend finde ich allerdings, dass Du Egwene als Beispiel nennst - gerade ihre Story ist bis dato doch faktisch identisch zum Buch. Bei Min oder Moraine bspw. schaut das freilich ganz anders aus.


    Edit: Das war die Antwort auf Deinen ersten Beitrag zum Thema vor Lesen der weiteren Antworten.

    Mit Abstand zu den Hörbüchern nochmal mit der Serie angefangen, gefällt mir gleich viel besser als damals. Hab meine Frau mitschauen lassen, die war sehr begeistert und hat dann gleich mit dem Lesen der Bücher angefangen. Freuen uns auf Staffel 2. :thumbsup:

    Staffel 2 ist so dermaßen anders als die Bücher, das ist eine absolute Zersplitterung. Ich bin regelrecht irritiert. Also sollte man da vorsichtig sein, weil die Bücher wirklich eine andere Geschichte erzählen.

    Mit den Folgen 4-6 hat sich das wieder massiv angenähert. Ganz viele Kernelemente sind wie im Buch oder sehr ähnlich. Ich finde Staffel 2 bislang richtig richtig gut. Skript, Inszenierung, Schauspiel, Ausstattung, Effekte, Gesamteindruck auf einem ganz anderen Level. Und mit einer ganz anderen Basis als das doch sehr generische, aber nun mal notwendige erste Buch in Staffel 1 ("unsere Helden brechen auf ins Abenteuer") beginnt Wheel of Time in Staffel 2 wirklich zu zeigen, was das Einzigartige an dieser Welt und den handelnden Figuren ist.


    In einer gerechten Welt müsste es für Folge 6 IMHO übrigens eine Emmy-Nominierung für Madeleine Madden geben. Wird vermutlich nicht passieren, aber das war schon extrem stark. Da freue ich mich auf alles was noch kommt.


    Auffällig allerdings, dass die Handlung bislang kaum über Buch 2 hinausgeht. Bin gespannt wie Buch 3 verarbeitet wird, wenn Staffel 3 sich Interviews zufolge auf Buch 4 fokussieren soll. Aber ich lasse mich überraschen und fühle mich in guten Händen bei den Machern. Die wissen offenbar doch was sie tun. (Geringfügige Ungereimtheiten beim Alter diverser Damodreds mal außen vor gelassen.)

    Seit heute sind die ersten drei Folgen der 2. Staffel online. Die Abweichungen zum Original sind erheblich, siehe Spoiler, aber die eingeschlagene Richtung stimmt und die schauspielerische, dramaturgische, inszenatorische und ausstattungstechnische Qualität hat nochmal einen Sprung gemacht. Insbesondere die weiblichen Figuren in Tar Valon haben Power und sind das Herz der Story, wie schon in den Büchern. Warte gespannt auf mehr.


    (Achtung, wirklich Spoiler!)

    In meinem Empfinden fand ich die Knebel der Damane am Ende verstörender/bedrohlicher als ich mir Leinen vorgestellt hätte.

    Diesbezüglich hatte Elayne in Buch 5 (das ich gerade im Re-Read habe, daher die frische Erinnerung) ja festgestellt, dass die Leine für das Funktionieren nicht erforderlich ist. Und das a'dam zur Kontrolle machtlenkender Männer aus Band 4 kommt auch ohne Leine aus. Insofern für mich eine unproblematische Anpassung - kabellose Lautsprecher via Bluetooth sind wir ja heute auch gewohnt, anders als Robert Jordan zu Lebzeiten. :floet:

    Im Buch bläst auch nicht der DR das Horn, insofern kann ich das Argument nicht nachvollziehen.

    Es geht um die Sichtweise der Grenzländer. Die Frage wird meines Erachtens explizit am Anfang von Buch 2 diskutiert. Dass Mat sich in einer Notsituation anders entscheidet, ist da dann ja ein ganz anderes Thema, da er kein Grenzländer ist und ihm der DR herzlich egal ist.


    Weiter oben wurde ja schon diskutiert, ob Macht lenken eine notwendige oder nur eine von ggf. mehreren hinreichenden Voraussetzungen dafür ist, die Waygates zu nutzen. Bisher wurde aus meiner Sicht nichts gezeigt, was ausschließt, dass sie auch auf anderem Wege genutzt werden können. Sollte das noch kommen, dann bin ich bei Dir, dann ist das ein Logikloch. (Aber hey, ich habe Harry Potter Band 4 überlebt, der sich komplett um ein Logikloch gigantischen Ausmaßes dreht, und bin trotzdem dabei geblieben. Ich bin hart im Nehmen.)


    In der Gesamtbetrachtung war ich beim Schauen einfach beeindruckt, was sie hingekriegt haben - denn machen wir uns nichts vor, das ist ein massiv anspruchsvoller Hub, diese Menge Text zu einer kohärenten, sinnvollen und dann auch noch interessant zu schauenden Serie zu übersetzen. Und ich behaupte ja gar nicht, dass die alles perfekt gemacht haben. Aber sie haben so viel so viel besser gemacht, als ich das vorher erwartet hätte. Das versuche ich anzuerkennen. Und außerdem will ich unbedingt, dass sie in der Verfilmung mindestens bis Buch 4 kommen, weil ich das umgesetzt sehen will - Geschichte der Aiel und so weiter. Insofern bin ich vielleicht nachsichtiger, und mir fehlen eventuell auch die Alternativserien mit emotionaler Anbindung.


    Insofern: Lassen wir uns überraschen, wie es weitergeht und ob sie auch Dich hier und da positiv überraschen.

    Bei der Einführung der Aiel wird extra noch darauf rumgeritten, dass sie nur kämpfen und gefährlich seien, wenn sie sich verhüllen. Eines der ehernen Gesetze dieses Volkes. Hier sieht man zum ersten Mal eine lebendige Aiel, die noch dazu kämpft - natürlich unverhüllt. Warum? Wäre das so schwer gewesen, einen kurzen Handgriff zum Schal in die Kampf-Choreographie einzubauen? War das so wichtig, dass man hier das Gesicht der Schauspielerin sieht?

    Habe mir die Szene eben nochmal angeschaut. Der Fairness halber - die Szene beginnt ja mit verhülltem Gesicht, und die Frau enthüllt das Gesicht, als sie glaubt, dass keine Feinde mehr in der Nähe sind. Der Angriff kommt dann aus dem Hinterhalt, und auch in den Büchern verteidigt sich ein angegriffener Aiel sehr wohl auch ohne Shoufa, wird diese aber bei erster sich bietender Gelegenheit anlegen. Nach den ersten beiden Angreifern gibt es dann allerdings in der Tat einen sehr kurzen Moment, wo die Shoufa hätte hochgezogen werden können, während sie um den Stein herumläuft. Danach sind immer beide Hände auf den Speeren.


    Ich finde das angesichts der speziellen Vorgeschichte dieser Figur allerdings erzählerisch zumindest begründbar, dass just diese Geste in höchster Gefahr in dieser Situation unterbleibt bzw. sie nicht daran denkt. Bei allen anderen Aiel würde ich das aber in der Tat anders sehen.


    (Wenn ich allein an Treppensteigen mit FFP2-Maske denke, finde ich es aus rein praktikablen Gründen übrigens durchaus anspruchsvoll, Kampfszenen mit Nase und Mund verhüllt zu filmen, da das den Darstellern zusätzlich zur Choreographie nochmal zusätzliche Belastungen zumutet. Ich wäre dennoch enttäuscht, wenn das in den Folgestaffeln nicht relativ konsequent gehandhabt wird. In dieser Szene war dieses Element aber für mich glaubwürdig gehandhabt.)


    Dass der Name genannt wird, finde ich derweil völlig unproblematisch. Buchleser kennen ihn und den Kontext ohnehin, und Nicht-Buchleser können ihn nicht einordnen, da er noch in keinem anderen Kontext gefallen ist.

    Ja, es gibt insgesamt Schlimmeres, was die Serie am Material der Vorlage verbricht, aber sie steht exemplarisch dafür, wie egal den Showrunnern es letztlich ist eine kohärente Geschichte zu erzählen und die Geschichte der Bücher gut umzusetzen. :thumbsdown:

    Das sehe ich komplett anders, ich habe große und erfolgreiche Anstrengungen wahrgenommen, bei allen Verdichtungen dem Geist der Vorlage konsequent zu folgen, auch wenn diverse Elemente abweichen.

    Ich bin gerade mittendrin; wir haben gestern Episode 4 gesehen.

    Das mit den vielen verschiedenen Rassen hat uns auch gestört - es ist für uns einfach nicht stimmig. Es wäre ok, wenn es irgendeine große Hafenstadt wäre, in der Schiffe aus aller Welt anlegen, aber ein kleines, abgeschiedenes Dorf? Nein, das ist nur mehr reine PC. Den Vogel abgeschossen hat dann allerdings die Aussage vom Gleeman in Episode zwei oder drei, als sie den Käfig mit dem Gefangenen runternehmen und er seine Haarfarbe analysiert und zu Matt sagt (so ungefähr, ich kann mich nicht mehr genau erinnern): "There aren't many things outside accent and dress that can tell you where a person is from. But it is rare to see that color of hair outside the Aiel Waste." Also offensichtlich gibt's überall bunte Menschen, nur in der Aiel Waste nicht? LOL.

    Die Kostüme und Decken waren teilweise ein wenig zu gut gemacht, auch das hat ein wenig die Stimmung getrübt. Die Darstellung der Magie dagegen war IMHO sehr gelungen!

    Regie, Schauspieler und Kulissen (bzw. CGI) haben uns ebenfalls sehr gut gefallen, und die Story soweit ist ebenfalls sehr passend für so eine Serie. Also Alles in Allem: bis jetzt zwei Daumen hoch. Es gibt IMHO wenig Fantasyserien, die dieses Niveau erreichen.

    Gleich zu Beginn der 7. Folge kommt eine Aiel-Szene, auf die kannst Du Dich freuen. Für mich die mit Abstand beste Einzelszene der 1. Staffel und ein Vorgeschmack auf die nächsten Staffeln.

    wenn ich eine Sache herausstellen möchte, ist es das, um was es in der Serie eigentlich gehen sollte: um den Dragon Reborn. Leider werden die unterschiedlichen Facetten dieses „ultimate saviors“ and „destroyers“, den die zugehörige Welt erwartet, nicht ansatzweise beleuchtet; das einzige, das hängenbleibt, ist, dass er ein superstarker Machtnutzer sein soll;

    Ich glaube, schon an dieser Stelle sind wir uns nicht einig. Ich finde ja schon in den Büchern den Dragon Reborn eigentlich eine der am wenigsten interessanten Figuren. Mich persönlich haben die vielen starken Frauenfiguren sowie die Machtstrukturen der Aes Sedai immer viel mehr interessiert. Insofern, ja, der Drache ist schon wichtig, aber er ist keineswegs der Fokus alles Handeln und Seins.

    allerdings waren die fünf Aufgenommenen, die mal eben 50000 Trollocs abgemurkst haben, bereits eindrucksvoll genug (nachdem sie sinnloserweise ihre Männer - angeführt von einem Agelmar, der seinem Namen nicht gerecht wird - geopfert haben)…

    Ich fand dieses Element äußerst gelungen. In Kombination mit der früheren Szene zur goldenen Rüstung wird für mich (mit der Erfahrung des Buchlesers) sehr deutlich, dass es sich um ein angreal handeln muss, das die leitbare Power massiv verstärkt (und zugleich dazu führt, dass Amalisa nicht mehr stoppen kann). Der Dialog vorher verdeutlicht, dass in der Vergangenheit diese Rüstung von den Lords getragen wurde, daher fehlt ihnen jede Erfahrung damit. Für mich waren sowohl Agelmar als auch Amalisa überzeugt, dass sie den Ansturm nicht aufhalten können und überrannt werden.


    Im Buch pustet Rand mal eben die 50.000 Trollocs weg; mit seiner sonstigen Power zu diesem Zeitpunkt hat das auch wenig zu tun und müsste erklärt werden.


    Ach ja, und dass Nynaeve noch nicht tot war in dieser Szene, fand ich offensichtlich. Auch in den Büchern ist etabliert, dass akuter Stress Bursts der Macht freisetzen kann und dass Channelers intuitiv Dinge tun können, die sie bewusst nicht replizieren können. Dass Egwene sehr großes Potenzial hat (wenn auch etwas weniger als Nynaeve), ist ja fundiert.

    Zum allerersten Logikloch, ohne zu viel spoilern zu wollen: Padan Fain ist kein Machtnutzer und ist ja dennoch verantwortlich für die Ereignisse in der ersten Folge - hä? Die Idee von Avendesora zu verwerfen, finde ich schonmal nicht wirklich schlau. (Natürlich könnte man jetzt: „Ginge doch, wenn…“ einwerfen, ich habe aber keinen Verlorenen in Emondsfield gesehen…)

    Ich vermute, dass der Verzicht auf Avendesora bei den Waygates mit der improvisierten Lösung zum Zurückbleiben von Mat nach dem plötzlichen Ausstieg des Schauspielers zu tun hat. Unabhängig davon ist auch in den Büchern Padan Fain derjenige, der die Dunklen Mächte nach Emond's Field führt. Und Myrddraal (heißen die auf Deutsch "Verlorene"?) sieht man doch spätestens in Folge 2, wenn Moiraine & Co. zur Fähre verfolgt werden. Finde ich nachvollziehbar, nicht alle "Monster" auf einmal dem Zuschauer entgegenzuwerfen.

    Um es abzukürzen; hier steht z.B. schon einiges drin, was richtig schlecht gelaufen ist (man könnte noch vieles ergänzen, findet sich aber in genügend anderen Beiträgen):

    A Scathing Wheel of Time S1 Review from Someone Who Loved the Books : wheeloftime

    In dem Link stehen zu ungefähr je 1/3 für mich ohne Kontext nicht verständliche Kurzstichpunkte, valide Kritikpunkte und Fehlschlüsse. Ja, es gibt in der Serie Luft nach oben, aber viele Kritikpunkte sind auch einfach falsch. Bspw. das Machtobjekt, das Rand von Moiraine erhält - in Buch 3 findet er im Stein von Tear ein entsprechendes angreal, das später einmal den Unterschied gegen Asmodean machen wird. Habe da wenig Schmerz, das schon im Finale von Staffel 1 zu sehen. Sprachlich fände ich aber die Flüche ein gutes Mittel, um die Immersion in diese Welt zu steigern, den Punkt teile ich bspw. absolut.


    Einige der Punkte habe ich oben ja schon angesprochen. Dass vor dem Fenster der Amyrlin Seat kein Krieg herrscht, heißt nicht, dass die Welt nicht in Aufruhr ist.


    Das Horn von Valere wird im Last Battle benötigt und gehört dem Drachen, daher würde kein Lord der Grenzlande jemals wagen, es zu nutzen - allein schon, weil er dann ja an das Horn gebunden wäre und es der Drache nicht mehr selbst blasen könnte.


    Rand mit dem Messer: Tote können nicht wiederbelebt werden, auch Nynaeve war ja nicht tot. Sehe das als einen Strohhalm, auch eher Verzweiflung ohne wirkliche Erfolgschancen (es sei denn, der dunkle Gegner kann keine Wunden heilen).


    Die weitreichende Konsequenz, dass Macht auch Waygates öffnen kann, heißt erstmal nur, dass ein Versiegeln exakt wie im Buch durch Loyal und Gaul nicht so gehen wird; aber da gibt es Unmengen weitere Wege, das bei Bedarf zu erreichen (wenn es nicht eh wegfällt).


    Die Whitecloaks betrachten Aes Sedai buchstäblich als Hexen, ihr stolzester Moment war die Ermordung der Amyrlin Seat vor über 600 Jahren. Und in den Büchern trauen bspw. Elayne und Nynaeve den Whitecloaks jederzeit zu, sie mit Hundertschaften und Bogenschützen zu überwältigen und zu töten. Und jedermann muss damit rechnen, für kleinste scheinbare Verfehlungen als Darkfriend bezichtigt zu werden. Und dafür genügt es, einen Whitecloak falsch anzuschauen, wie etwa Siuan Sanche feststellen muss. Für mich passt die Darstellung in der Serie durchaus; unlogisch finde ich nur, wie sie eine nicht abgeschirmte Aes Sedai einfach auf einen Scheiterhaufen stellen können, ohne dass diese sich wehrt.


    Das Diversitätsthema ist an anderer Stelle hinreichend diskutiert worden, das Fass mag ich nicht wieder aufmachen.

    Dass der Dragon Reborn weiblich sein kann, widerspricht dem fundamentalen Konzept des „Rads der Zeit“, diversity hin oder her - kann man so machen, ist dann aber halt nicht mehr derselbe Mechanismus (und sollte dann konsequenterweise auch nicht den Namen tragen). Als direkte Folgerung - und als zentraler Punkt des World-Building in Randland - wird ausgeblendet, dass gerade der Taint das Zünglein an der Waage ist, ob sich der Dragon Reborn als Retter oder Zerstörer (da über Saidin korrumpierbar durch den Dark One) herausstellen wird - diese Widersprüchlichkeit in seiner Person, um welche die Bewohner von Randland wissen, führt zu den extremen Einstellungen und unterschiedlichen Motiven der vielen Fraktionen, die in der Serie ohne diese Verwurzelung bloß eine unübersichtliche Gemengelage bilden.

    Ich sehe hier gar keinen Widerspruch. Auch in den Büchern sind die Details der Prophezeiungen nur wenigen wirklich bekannt, die meisten Menschen wissen nur, es gibt da eine Legende, und irgendwann wird der Drache wiedergeboren. Und ganz ehrlich, Moiraines Aussage "Einer von Euch vier ist der wiedergeborene Drache. Ich weiß nicht wer." kann man auch als geschickte Wahrheitsbeugung lesen - sie weiß, dass es einer der Jungs sein muss (aber nicht welcher), aber sie will Egwene dabei haben, weil sie wahrgenommen hat, dass sie lernen kann, die Macht zu lenken. Ihre Aussage ist trotzdem wahr, wenn sie weiß, dass es Egwene nicht sein kann. Ähnlich kann ihr Interesse für Nynaeve motiviert sein. Generell finde ich, die Sorge vor dem männlichen Drachen muss nicht in Staffel 1 zentral sein, die wird hinreichend in den folgenden Staffeln thematisiert werden.

    Als ebenfalls großer Fan vieler zutiefst unterschiedlicher SciFi- als auch Fantasyzyklen (von Philip Jose Farmer und Stanislaw Lem bis Anthony Ryan und Brandon Sanderson) habe ich „Wheel of Time“ erstmals gelesen, als gerade der vierte Band in den USA erschienen war, ASoIaF folgte kurze Zeit später.

    Bei beiden Serien war ich echt enttäuscht, was aus den Büchern gemacht wurde und welche Logiklöcher sich in den Serien auftaten - bei Martin ging das wenigstens erst ab der Staffel los, als keine vollständige Romanvorlage mehr verfügbar war, bei Jordan bereits in der ersten Folge… 😢

    Ich starte mal ein neues Thema, weil ich wirklich daran interessiert bin, die Kritikpunkte detaillierter zu verstehen und ich den Serien-Thread nicht mit andauernden Diskussionen zuspammen möchte. Ich möchte hier im Thread keine Spoiler setzen - ich gehe davon aus, dass Ihr mindestens die 1. Staffel gesehen, vielleicht auch ein paar der Bücher gelesen habt, wenn Ihr hier lest.


    Meine Bitte: Konkretisiere doch bitte Deine Kritikpunkte. Wo siehst Du Logiklöcher schon in Folge 1, wo eine schwache Buch-Serie-Übersetzung?


    Meine Perspektive bislang: Nahezu alle inhaltlichen Kritikpunkte lassen sich aus meiner Sicht auf unvermeidliche Zwänge in der Adaption zurückführen, die jeden Showrunner gleichermaßen zum Finden von Antworten zwingen.


    1. Sieben Hauptfiguren in Staffel 1 statt nur eine Perspektive in Buch 1 (bis auf den relativ kurzen Abschnitt mit Perrin und Egwene bei Wölfen und Tinkers mittendrin). Im Buch nimmt man weitestgehend nur das wahr, was Rand erlebt; die anderen Figuren sind über weite Strecken abwesend oder inaktiv (Mat im Dolch-Düsterkoma verbringt weite Teile des Buches damit, sich stumm und finster durch die Gegend zu schleppen; im Finale stehen Mat, Perrin, Egwene und Nynaeve faktisch unbeteiligt herum, während sich alles nur auf Rand fokussiert). Das wäre für eine Serie undenkbar, hier müssen Rand, Mat, Perrin, Egwene, Nynaeve, Moraine und Lan gleichermaßen zu Geltung kommen und etwas zu tun haben, damit man sich für sie interessiert. Daraus folgt zwingend, dass Dinge gezeigt werden müssen, die im Buch allenfalls erwähnt werden oder gar nicht in der Form stattfinden. Daher ist bspw. notwendig, den Troll-Angriff aufs Dorf zu zeigen.


    2. Zwang zur Kompression und Verdichtung. Mit großem Glück kann eine Serie heute mit 8 Staffeln à ca. 8 Folgen rechnen. Das sind also in etwa 64 Stunden für die Umsetzung von über 12.000 Seiten Vorlagenmaterial. Also knapp 200 Seiten pro Folge. Das ist immens viel und kann nur funktionieren, wenn bestimmte Dinge vereinfacht und verdichtet werden. D.h. bestimmte Handlungsstränge werden dran glauben müssen, und es gibt auch nicht wirklich Raum für komplexe Erklärungen. Also mehr als 3 ta'varen, da das einfacher erklärt ist als Egwene umständlich eine (schwache) Motivation der ungestillten Abenteuerlust mitgeben zu müssen, um ihr Aufbrechen zusammen mit den anderen zu initiieren. Eine traumatische Erfahrung für Perrin mit seiner Axt, weil damit binnen weniger Sekunden dauerhaft sein zwiespältiges Verhältnis zur Waffe klar wird und zugleich alle künftigen Schwierigkeiten mit Faile aus seiner Perspektive fundiert werden. Aginor und Balthamel erfordern umfangreiche Erklärungen für wenig handlungstechnischen Mehrwert. Staffel 2 kombiniert Handlungsstränge der Bücher 2 und 3. Und so weiter.


    3. Kosten. Insbesondere bezogen auf das Location Design. Buch 1 ist faktisch ein Road Trip, von einer Stadt zur anderen, in jeder passiert ein bisschen was. Hier jeweils das Geld in die Hand zu nehmen für das Designen von Städten (auch wenn große Teile davon dann nur am Rechner entstehen) und Sets, die niemals oder erst 6 Staffeln später nochmal zum Einsatz kommen können, lässt das Geld dann an anderer Stelle fehlen. Auch hier ein rein praktisches Problem.


    4. Bindung des Recurring Cast. Ebenfalls aus einer Kostenperspektive entsteht die Thematik, dass es für eine Serie schwierig ist, frühzeitig jemanden zu casten, der dann aber erst 2 Jahre später dauerhaft auftaucht und zwischenzeitlich nicht gebraucht wird. Denn das heißt, für die Zwischenzeit entweder die Person bezahlen, ohne dass sie zum Einsatz kommt, oder aber riskieren, dass er oder sie in anderen Projekten gebunden ist, wenn die Figur dann wieder auftaucht. Insofern aus praktischen Gründen voll nachvollziehbar, Elayne auf Staffel 2 zu verschieben.


    5. Vermeidung von Kopien. Ein Element wie den grünen Mann (Tree Friend) kann man nach den Herr der Ringe-Filmen aus meiner Sicht nicht mehr guten Gewissens in Film oder Serie auftauchen lassen, da er als reines Derivat wahrgenommen würde.


    Vielleicht lassen sich noch weitere unvermeidliche Einflussfaktoren finden. Im Rahmen dieser Faktoren lassen sich die konkreten Entscheidungen dann absolut hinterfragen. Da bin ich auch nicht mit allem glücklich - Moraine und Siuan als "Pillow Friends" hätte es für mich nicht gebraucht, um zu zeigen, wie sie sich vertrauen. Und der Fokus auf den Warder Strepin und wie er nach dem Tod seiner Aes Sedai der Verzweiflung anheim fällt war für mich unnötig umfangreich, um die Beziehung zwischen Lan und Moraine zu untermauern. Aber in der Gesamtperspektive sind für mich sehr viel mehr richtige Entscheidungen getroffen worden. Daher bin ich eben gespannt auf die konkreten Kritikpunkte.