Beiträge von Khamul im Thema „Dauern Spiele heutzutage zu lange oder ist das nur ein Gefühl?“

    Das stimmt sicherlich, aber ich weiß nicht ob das nicht auch in gegengesetzter Richtung einen Einfluss haben kann

    Das kann es ganz bestimmt. Die Welt ist komplex und der Mensch auf ihr ebenso, da gibt es so viele Faktoren, Trends, Entwicklungsrichtungen. Das würde den Thread inhaltlich sprengen :D

    Dafür gab es früher noch "Überlängenzuschlag", heutzutage ist alles darunter ist vielleicht nicht mehr "episch" genug?

    Möglicherweise wie bei der Spielschachtel: ist die Schachtel zu klein für den angesetzten Preis, kann das sich darin liegende Spiel es nicht wert sein ;) (anderes Thema, braucht nicht fortgeführt zu werden).

    Zur Ausgangsfrage:

    Wie könnte die Frage, ob Spiele heutzutage zu lange dauern, mit "ja" beantwortet werden?

    Wenn konsequent im Vergleich mit Spielen, die z. B. Vor 10 Jahren erschienen sind, festgestellt wird, dass über z. B. 15 Partien hinweg das Gefühl auftritt, dass ein 2h dauerndes Spiel sich bei 90 min Spieldauer besser angefühlt hätte. Oder ein 40-min-Spiel bei 30 min Spieldauer runder wäre. Bei den Spielen aus 2011 scheint die gespielte Spielzeit hingegen passend zu sein.

    Ich stelle mal die Behauptung auf, dass so eine grundsätzliche und versucht objektive Beobachtung nicht gemacht werden wird.

    Ich schätze das Spiele subjektiv gefühlt zu lange dauern, liegt einerseits an der persönlichen wie auch spielerischen Weiterentwicklung. Außerdem an der Entwicklung des Marktes / Spielangebots.


    Persönliche Weiterentwicklung : dass sich die Welt in vielen Bereichen schneller verändert und entwickelt ist denke ich ein Fakt. Durch das Internet und die mit dem Smartphone erreichte sofortige Abrufbarkeit von Neuigkeiten, kann die Information über ein Geschehnis in Australien mich schon kurz nachdem es sich ereignet hat erreichen. Ich sowie viele andere Menschen setzen sich damit auseinander, es gibt Reaktionen, innerlich wie äußerlich wahrnehmbar. Auch darauf wird wieder reagiert.

    Diese Geschwindigkeit findet sich ebenfalls in anderen Lebensbereichen. Wie schnell erhalte ich ein Produkt, wie kurz ist der Zeitraum von "erstmalig gesehen, will ich haben, gekauft, uninteressant". Ebenso verändert sich wie schon erwähnt die Art wie Filme und Serien produziert werden, u. A. kürzere Sequenzen und schnelle Cuts. Wie reagiere ich dann, wenn ein Film mal auf lange Szenen, ausführlichen Aufbau der Story setzt? Langweilt es mich, während schnelle Wechsel unterhält? Neuer Trend ganz klar Tiktok, Youtube-Shorts usw. Die Kinder und Jugendlichen die damit aufwachsen werden ja schon quasi auf kurzen, schnell wechselnden Input gepolt.


    Zum Thema persönliche Weiterentwicklung / Veränderung kann noch viel geschrieben werden..


    Spielerische Weiterentwicklung :

    Nach 500+ Spielen hat die spielende Person bestimmt schon eine Menge verschiedene Spiele erlebt. Gleichzeitig auch einige mechanische Wiederholungen. Da könnte beim nächsten neuen Spiel schon der Effekt "kenn ich schon, nicht so spannend, fühlt sich lang an" entstehen.

    Zudem können sich der Spielgeschmack und die persönlichen Vorlieben mit den Jahren verändern - auch bedingt durch persönliche Weiterentwicklung.

    Der Wechsel von kompetitiven Euros zu kooperativen Ami-Spielen. Lieber 3 kürzere Spiele als 1 Langes, Fokus auf Miniaturen und Tischpräsenz usw. Kann daher gut sein, dass nun neue Titel sich zu lang anfühlen, weil es nicht mehr zur spielerischen Persönlichkeit passt. Ist ja okay so - gibt genug andere Spiele, die gespielt werden können.

    Interessant wäre nun, ob sich dann ein 10 Jahre altes Spiel von vergleichbarer Länge, Art und Komplexität auch zu lang anfühlt, wenn es in 2021 wieder gespielt wird. Und hier die Ergänzung: 10 Jahre alt und in 2021 erstmalig gespielt? Wie fühlt sich das an?

    Drittens - die Veränderung des Marktes :

    Wie viele Spiele wurden vor 10 Jahren zur SPIEL veröffentlicht? 250? Und aktuell? 1000? (ich lasse hier Verschiebungen, Dopplungen etc. Außen vor, es geht mir nur um 2 beispielhafte Zahlen)

    Bei einer 4-fach höheren Anzahl von Veröffentlichungen könnte sich die 4 fache Menge an komplexeren Spielen die schon allein vom Spiel - Design her über 2h dauern können, ergeben. Und was mache ich als Spieler? Will die trotzdem alle spielen, wodurch ich vielleicht kürzere Spiele, die ich vor 10 Jahren noch gespielt hätte, auslassen werde? Dadurch kann der subjektive Eindruck entstehen, dass viel mehr Spiele lang dauern und das kommt mir dann wiederum zu lang vor.

    Zudem gibt es heutzutage durch Veränderungen in der Verlagswelt und Kickstarter-Projekten viel mehr Spiele, die eine kurze redaktionelle Betreuung haben, wodurch der Aspekt "Spielzeit auf Spielgefühl anpassen" zu kurz kommen kann. Gibt bestimmt einige Titel wo z. B. 90% der Spielenden sagen würden, dass die Partie zu lang gedauert hat.

    Was kann man nun aus diesen Ausführungen mitnehmen? Bei sich ansetzen und sich fragen, weshalb das Spiel für mich zu lang dauert:

    Wie verlief die Spielrunde? Hat jemand ständig 5 min für seinen Zug gebraucht, weil er abwägen musste, welche Karte nun optimal ist? Hat einer ständig verpasst, das er dran ist und erst dann mit dem Überlegen begonnen? Gab es 50 Regelfragen? Und wieso kam es dazu? Ist das abhängig von den Leuten am Tisch, weil da oft lange überlegt wird oder / und viel gefragt? Oder ist das Spiel in seinen Prinzipien und Regeln so unklar? Wie war die Erklärung?

    Objektiv messbar ist, wie lange eine Partie gedauert hat - Stoppuhr an und Uhrzeit nehmen. Subjektiv einzuschätzen gilt es, warum die Partie so lange gedauert hat. Und hier bitte auch am Menschen ansetzen. Nicht jedes Spiel ist für jeden gut geeignet und das ist nicht schlimm, weil es viele schöne Alternativen gibt.


    Und zuletzt der Gedanke : was würde jemand zur Frage der Spiellänge sagen, der in 2020 mit dem Brettspielen begonnen hat und nun "seine 2. Welle" an Neuheiten erlebt?