Beiträge von fjaellraeven im Thema „Dauern Spiele heutzutage zu lange oder ist das nur ein Gefühl?“

    Ich geb mich der Wortklauberei nicht hin - viele Spiele dauern länger, lest wie Ihr wollt.

    Ich glaube es wollte dir niemand deine Meinung zu dem Thema absprechen, zumindest war das nicht die Intention meines ursprünglichen Postings.


    Wenn wir uns die letzten 20 Jahre anschauen, dann würde ich deine Aussage in der Hinsicht mittragen, dass die Spiele im gehobenen Eurobereich im Querschnitt an Komplexität gewonnen haben. Damit einhergehend ist oftmals auch ein Anstieg der Spielzeit bedingt. Ich sehe es ebenfalls so, dass einige Spiele heutzutage gerne auf allen Hochzeiten mittanzen und teilweise einen bunten Strauß an Mechaniken bieten , der dem Spiel aber nicht immer gut steht. Die Spiele mancher Autoren lösen eine Erwartungshaltung im Bezug auf den Anspruch aus, die von eben jenen Autoren bei Folgetiteln oftmals bedient oder gar übertroffen wird. Natürlich sind nicht alle Spiele komplexer oder länger, die Spielzeit von komplexen Spielen ist aus meiner Sicht aber zumindest nicht rückläufig.


    Die eigentliche Aussage meines Beitrags war jedoch die, dass manche Spiele aktuell auf Grund anderer Spielendbedingungen abgestraft werden. Bei den meisten Spielen ist es egal, da das Spiel nach X Runden endet und jeder Spieler eben eine bestimmte Anzahl an Zügen hat. Spiele wie Corrosion, Arche Nova oder Terraforming Mars sind aber flexibel in ihrem Ende, da die Spieler direkten Einfluss darauf haben.

    An Arche Nova habe ich sowohl zu zweit als auch zu dritt jüngst locker vier Stunden gespielt - beide Male hab ich sehr fokussiert aufs Ziel gespielt und asap mit Artenschutzpunkten das Spiel entschieden. Schneller ließ es das Spiel m.E. nicht zu, musste ja immer erst die Verbandsaktion geeignet hochgelevelt werden usw.

    Ich nutze mal dieses Zitat. "Schneller ließ es das Spiel nicht zu". Das ist eine Aussage, die ich mit meinem Ausgangspost kritisiert habe, da sie den Anspruch von Richtigkeit erhebt. Hättest du geschrieben, dass du für deine Runde nicht das Gefühl hast, dass sich das Spiel schneller spielen lässt, dann würde ich nichts sagen. Die Tatsache, dass andere und ich das Spiel mit drei Spielern in der Erstpartie in (deutlich) unter drei Stunden gespielt haben, zeigt aber, dass es das Spiel eben doch zulässt. Bei den aufgeführten Spielen sind die Leute am Tisch dafür zuständig, wie lange das Spiel dauert. Natürlich können die Karten mal nicht passen, nur macht das am Ende keine +90 Minuten aus. Für mich sind solche Aussagen problematisch, da sie dem Lesenden den Eindruck vermitteln, dass das Spiel einfach (zu) lang ist. Das Spiel ist es aber nicht, nur wirkt es in so manchen Posts so. Wenn daraufhin manch einer das Interesse an eben jenem Spiel verliert, da er diese persönliche Wahrnehmung als Fakt wahrgenommen hat, denn es wurde ja sprachlich genau so formuliert, dann finde ich das sehr schade und falsch.


    Spiele dauern in unterschiedlichen Runden unterschiedliche lang. Das liegt in der Natur der Sache. Nur sollte man eben bei Berichten über Spielerfahrungen die Länge nicht als Fakt verkaufen, wenn sie wahrscheinlich nicht alleinig am Spiel liegt. Diese variablen Spielendbedingungen sind da Fluch und Segen, da sie ein schnelles Spiel belohnen, aber auch ein langsames und unfokussiertes Spiel erlauben. Spaß können beide Varianten machen, nur finde ich es falsch dem Spiel den zweiten Punkt vorzuhalten, wenn das Spiel sich eben auch deutlich schneller spielen lässt. In diesem Fall täte ein "das Spiel ließ sich in unserer Runde nicht schneller Spielen" Abhilfe und wäre alles, was ich mir wünschen würde.

    Da ich hier zitiert werde und ein neuer Thread aufgrund meines Posts aufgemacht wurde:


    Zuallererst möchte ich deutlich sagen, dass ich jedem seine eigene Spielweise zugestehe, was auch im ersten Post von mir hoffentlich deutlich wurde. Manch einer oder eine spielt eben gemächlicher, nimmt sich viel Zeit zum Nachdenken und hat eventuell gerade dadurch Spaß am Spiel. Wenn das auch für die Gruppe passt, in der gespielt wird, dann ist alles wunderbar. Am Ende geht es beim Spielen darum Spaß zu haben und beim Spielen wird man merken, ob ein Spiel für einen selbst über die eigene Spielzeit trägt oder nicht. Das ist individuell und daran gibt es absolut nichts zu deuteln.


    Mit meinem Post bezog ich mich aber auf verschiedene Berichte und Erfahrungen, die ich im vergangenen Jahr selbst gemacht habe. Die Spiellänge wurde, um beim Beispiel Arche Nova zu bleiben, zu Anfang als zu lang bezeichnet, was bis zu meinem Posting in dem Thread gefühlt auch der Tenor war - Solopartien mal explizit ausgeklammert.


    [...] Ich bin aber auch der Meinung, dass das Spielgefühl einer Person oder eine Gruppe halt deren Spielgefühl ist. Zu sagen, dass „dem nicht so ist“ (Zitat oben), wirkt da komisch. Natürlich ist das in der Gruppe so gewesen. Sie haben die Zeit ja gestoppt. Das heißt natürlich nicht, dass dem immer so ist, aber das behaupten die meisten, die sich über eine zu lange Spielzeit beschweren, auch eher nicht. Aber die als zu lang empfundene Spielzeit in einigen Runden ist ein Fakt und nichts, was man jemanden absprechen oder ausreden sollte. [...]

    Die Spielzeit in einigen Runden wird als zu lang empfunden. Das ist ein Fakt, wie du so schön schreibst. In den Posts steht aber oftmals nicht: Arche Nova dauerte bei uns vier bis fünf Stunden, da wir uns die Zeit nahmen viel nachzudenken und die Züge bedächtig planten und ausführten. In den Beiträgen steht dann, dass Arche Nova zu lang sei und sich ziehe. Aus diesem Grund kann ich widersprechen. Wäre dies nämlich Fakt, dann wären keine kürzeren Runden, wie bei mir und einigen anderen, möglich. Dementsprechend ist das Anbringen der Spiellänge natürlich ein individueller Kritikpunkt, der Erwähnung, gleichzeitig aber auch eine Einordnung verdient. Oftmals klingt es in einigen Wochenberichten nämlich so, als wäre die lange Spielzeit eben Spiel X anzukreiden und nicht vorrangig den Spielern. Wenn das Spiel über diese längere Spielzeit für die eigene Gruppe trägt, dann besteht darin kein Problem, nur schreckt es wahrscheinlich andere Leser ab, die nicht vier bis fünf Stunden das eine Spiel spielen wollen, die Spielzeit nach einigen Beiträgen aber als gegeben ansehen.


    [...] Deswegen meine Meinung: Wenn jemand ein Spiel als zu lang empfindet, ist das halt dessen Empfindung. Natürlich schadet ein Hinweis auf eine bessere Spielweise sicherlich nicht. Aber demjenigen zu sagen, dass er das Spiel „falsch spielt“ (obwohl er ja nach Regeln alles richtig gemacht hat) und es deswegen dem Spiel nicht anlasten darf, halte ich für falsch. Vor allem, wenn die Erstspielzeit auch dazu führt, dass das Spiel danach nie wieder angefasst wird. [...]


    Ich möchte anderen Spielern oder Spielerinnen nicht vorschreiben, wie sie ein Spiel zu spielen haben und ihnen dadurch eventuell den Spaß an eben diesen Spielen rauben. Es darf auch jeder ein Spiel falsch oder mit Hausregelen spielen, wenn es so besser für einen funktioniert, nur finde ich, dass eben diese lange Spielzeit oftmals auch nicht eingeordnet wird, sondern es wird wie ein Fakt präsentiert, dass Spiel XY zu lange dauert. Dazu passt dein nächstes Zitat:


    [...] Allgemein zum Thema: Ja, ich halte einige der heutzutage erscheinend schwergewichtigen Spiele (Euros) für zu lang. Und auch gar nicht Wettrennspiele, sondern auch andere, wie z.B. „Stroganov“ (was immer noch ein sehr gutes Spiel ist). Einfach aus dem Grund, dass ich an einem Experten-Spieleabend, die bei mir halt nur unregelmäßig alle 2-3 Wochen stattfinden und nur 3 oder 4 Stunden gehen, gerne auch mal zwei große Spiele spielen würde. [...]


    Hier hattest du einen der ersten Spielberichte zu formuliert. Deine Aussage war, wie auch hier, dass du das Spiel für zu lang hältst. Deine Gruppe war nach zwei Stunden noch nicht zur Hälfte durch das Spiel, während meine Runde, die parallel und mit gleicher Spieleranzahl lief, da bereits beendet und im Nachgespräch war. Jetzt schreibt nachher niemand von meiner, aber dafür vielleicht zwei oder drei von deiner Spielrunde einen Bericht zu dem Spiel, in dem die Spiellänge kritisiert wird. Würde Stroganov vier Stunden dauern, dann wäre ich absolut bei dir und würde sagen, dass es zu lang ist. Nun ist es aber so, dass meine Erstpartie deutlich kürzer lief, der "Fehler" für die lange Spielzeit also nicht dem viel zu langen, schwergewichtigen Euro anzukreiden ist, sondern sehr stark von den Spielern in eben jener Partie abhängt. Diese Erfahrung habe ich auch bei anderen Spielen gemacht. So hatte ich zur letztjährigen Spieldigital eine Runde Anno 1800, die an die vier Stunden dauerte. Bei Tabletopia war ein Zugtimer eingebaut, der bei mir am Ende bei 25 Minuten stand, während die Mitspieler bei über 90 Minuten für ihre Züge lagen. Das Argument zu lang kam da auch auf, aber wenn ich dann etwas zu dem Spiel schreibe, dann sollte ich doch zumindest mit einpreisen, dass ich selbst ein eher gemächlicher Spieler bin - was absolut nichts Schlechtes ist. Nur relativiert das die Kritik an der Spielzeit, die in den meisten Fällen nämlich nicht eingeordnet, sondern als Fakt präsentiert wird.


    [...]Andererseits hatte ich Boonlake und Arche Nova durchaus auf der Watchlist und von der habe ich sie nun gestrichen, nachdem ich die Spielzeiten gehört habe. Spiele dieser Kategorie, die ich nur selten Spielen kann habe ich schon zu viel :)[...]


    Genau das ist nämlich die Auswirkung. Manch einer, der Interesse an dem Spiel hatte, streicht es von seiner Liste, da die ersten Berichte - oftmals basierend auf Erstpartien, die grundsätzlich meist länger dauern - dem Spiel eine sehr lange Spielzeit attestieren. Wenn man in solchen Fällen einordnen kann, wer dieser Spieler ist, dann relativiert es die Aussage wahrscheinlich, kann ich dies aber nicht, nehme ich fälschlicherweise Abstand. Dabei gibt es genug Spieler, die deutlich unter den vier Stunden bei Arche Nova bleiben, eher um die zwei Stunden mit zwei oder drei Spielern liegen, aber dies nicht oder zu spät posten, nachdem manch einer das Spiel gar nicht mehr verfolgt.


    Die Spielzeit ist eine subjektive Empfindung, genau wie das Gefallen eines Spiels sehr subjektiv ist. Ich möchte nicht, dass in Wochenberichten demnächst steht: Die Spieldauer bitte durch den Faktor 1,5 teilen, da wir uns viel Zeit für unsere Züge gelassen haben. Nur wäre es manchmal schön, wenn nicht dauernd auf der Spieldauer herumgeritten wird, wenn man sich selbst so einschätzen kann, dass man zu eben dieser Länge beigetragen hat. Kritiseren darf man natürlich und sollte man auch, nur sollte die Kritik auch angebracht sein. Wenn ein Spiel wie Terraforming Mars sechs Stunden geht, weil keiner die Parameter vorantreibt, sondern nur seine Engine ausbaut, dann mag das Spaß machen, dennoch ist die Spiellänge dann nicht ein Fehler des Spiels, sondern eben der Spieler, die einen zentralen Mechanismus des Spiels, der das Ende bedingt, vernachlässigt haben.