Boonlake
Gestern hatte ich in einer Runde zu dritt das Vergnügen, Boonlake kennenlernen zu dürfen. Wie so oft bei Expertenspielen unserer Zeit ist man auf den ersten Blick ein wenig erschlagen, aber das Meiste fügt sich dank gut angebrachter Symbolik rasch so zusammen, dass man neben dem Beherrschen der Regeln auch als Anfänger an sowas wie eine Strategie denken kann.
Im Kern ist das Spiel einfach. Man wählt aus sieben Streifen mit Aktionen einen und führt ihn aus. Meist ist zunächst eine Kartenaktion - ausspielen oder für etwas Geld abwerfen - angesagt, bevor der handelnde Spieler seine Hauptaktion ausführt. Anschließend dürfen alle reihum noch Teil 2 der abgebildeten Aktionen ausführen. Der aktive Spieler fährt noch mit seinem Schiffchen einem Bonus entgegen und wenn ein erstes Schiff gewisse Schleusen passiert, kommt es insgesamt viermal im Spiel zu Teilwertungen, bevor eine Schlusswertung noch weitere Punkte ergibt und den Sieger bestimmt.
Wer des Siedelns mächtig ist, wird sich rasch zurecht finden. Da werden Hexfelder erkundet, mit Pionieren in Besitz genommen, zu Häusern und Siedlungen aufgewertet und dabei zu Spielbeginn aufgedeckte Teil-Etappenziele verfolgt, für die man schließlich Plus- statt Minuspunkte bekommen möchte. Auf Weiden können Rinder gehalten werden und diverse Nachbarschaftsregeln bestimmen weitere Erträge bei Bau (soweit man das bei Rindern und Pionieren sagen darf) und Wertungen.
Insbesondere die Karten bestimmen unser Geschick, versprechen sie doch spielerische Vorteile bzw. fixe oder von der Entwicklung abhängige variable Siegpunkte für die Schlusswertung. Zum Ausspielen müssen die Voraussetzungen - Anteile an vier Wirtschaftsbereichen, in denen zwei kleine Kanus helfen können - und ab und zu eine Stange Geld herhalten.
Alles was man so auf den Plan bringt, kommt von einem persönlichen Tableau und schaltet dort Erträge (Geld und Siegpunkte) für die kommenden Wertungen frei. Ein Teil des Tableaus zeigt 12 kleine Tore, die - wenn man sie mit einem Hebel ausstattet - zwischen den Wertungen einmalige Boni gewähren können, ungenutzt Siegpunkte bringen.
Soweit ein kleiner Abriss der Regeln
Und das Spiel? Ich kann es nicht leugnen, Siedeln und Aufbauen ist zwar nicht neu, aber mein Ding und ein optisch und haptisch bestens umgesetztes Spiel wie Boonlake schmeichelt meiner spielerischen Wohlfühlzone. Einen (subjektiven) Haken hat es dann leider doch (für mich) - und da scheint es in dieser Zeit nicht allein zu stehen. Es dauert... Eigentlich nicht so schlimm, ich kann samstags ausschlafen. Aber es ist eben nicht so leicht, Mitspieler zu finden, wenn von vornherein klar ist, dass der Abend mit einem Spiel gelaufen ist. So toll ich Spiele wie Underwater Cities (ein "Eisbrecher"-Titel der 4-Stunden-Marke), Arche Nova und nun Boonlake auch finde, ich sehne mich einmal mehr nach "Quickies" wie Orleans und Viticulture. Wir mögen vielleicht nicht die Schnellsten sein, von AP-Anfällen kann aber keine Rede sein. Und wir wollen einander nicht zu unüberlegten Handlungen drängen - soll ja ein gutes Spiel bei raus kommen. Wer es ähnlich hält, dürfte zu ähnlichen Zeiten gelangen.
Nun ja, wir fühlten uns durch das Spiel bestens unterhalten und irgendwann nach 1 Uhr in der Nacht habe ich die lieben Freunde verabschiedet, wir hatten uns gegen 19 Uhr getroffen. Ok, plaudern, regeln lernen und Futterpause - das war auch noch alles mit drin, aber gut 4 Stunden haben wir bestimmt gespielt. Wir spielten schon einige Zeit, als der spielbesitzende Freund meinte, sein Ergebnis von rund 150 Punkten aus seinem ersten und bislang einzigen Spiel wohl nicht erreichen zu können. Zu fern schien diese Nummer angesichts der wenigen bis dahin gesparten Punkte, für die man kaum eine Zählleiste benötigt hätte. Zum Ende hin nahm das aber ordentlich Fahrt auf. Für die interessierten Statistiker der Endstand: 209 - 181 - 178. Da der Spielverlauf abhängig vom Verhalten der Spieler ist, sind Ergebnisse zwischen Partien nur bedingt vergleichbar. Nur soviel: wir haben mit den Schiffen nicht wirklich gebummelt.