Um eines vorweg zu nehmen: natürlich kann ich nicht garantieren, dass mir ein Spiel gefallen wird, aber ich kann es ziemlich genau abschätzen und darauf basierend entscheiden, ob ich es mir kaufen möchte oder nicht. Das Anspielen via Tabletopsimulator ist eine Möglichkeit um diese Einschätzung zu festigen, die ja sonst nur auf dem basiert, was ich sehen oder lesen kann. Frostpunk habe ich so eingeschätzt, dass es genau meine Art Spiel sein könnte. Während der Kampagne war ich mir diesbezüglich schon sehr sicher, konnte nach dem Anspielen jedoch definitiv sagen, dass ich jeden einzelnen Euro in etwas investiert hatte, was mir zusagt. Dabei ist zu bedenken, dass ich niemand bin, der jede Woche fünf neue Spiele spielt, die gerade auf Kickstarter laufen oder kruz vor dem Erscheinen sind. Wenn ich etwas spiele, dann weil ich Lust darauf und berechtigtes Interesse daran habe.
Wir beide sind auch nur schwer zu vergleichen. Du besitzt laut BGG, und um Erweiterung bereinigt, 598 Spiele. Von diesen Spielen sagst du, dass sie dich komplett umgehauen haben oder du sie super findest - sonst wären sie ja schließlich ausgezogen. Meine "Sammlung" umfasst - abzüglich der Spiele, die ich noch gerne loswerden würde ("for trade" und Einmal-Spielen alà Sherlock) - ~55 Titel. Diese Titel sind Spiele, die ich wirklich sehr gut finde. Das sind Spiele, die ich bei der Wahl zwischen verschiedenen Titeln eines Genres vorziehen würde. Alle Spiele, die den direkten Vergleich verlieren, ziehen entweder aus oder im erst gar nicht ein. Platz ist genau wie Zeit ein limitierender Faktor und ich hätte weder Zeit noch Platz für weitere 543 Spiele. Vielleicht mag ich aber genau diesen "Minimalismus" und die Beschränkung, sodass ich da nicht wirklich mit vielen anderen vergleichbar bin.
Teil dessen mag sein, dass ich im Gegensatz zu dir weitestgehend raus aus dieser Brettspielblase bin.
Instagram empfinde ich als anstrengend. Dort posten täglich die gleichen Kanäle neue Berichte zu Spielen, die sie für sich neu entdeckt zu haben scheinen, aber regelmäßig auf den Tisch bringen wollen. Facebook und Twitter nutze ich nicht. YouTube habe ich vor Jahren öfters mal geschaut, damals aber schon lieber die Eindrücke zu Spielen. Heute empfinde ich das alles als zu viel. Ständig Videos zu neuen Spielen und immer auf der Suche nach dem nächsten großen Ding. Dazu werden dann Meinungen rausgehauen, die teilweise nicht wirklich fundiert sind und auf Regelfehlern fußen. So etwas stört mich immens und ich habe für mich herausgefunden, dass ich die Zeit für mich sinnvoller nutzen kann.
Ich liebe und lebe Brettspiele, nur eben auf meine Weise. Das Forum hier ist für mich die zentrale Quelle an Informationen neben BGG. Sollte mich etwas ansprechen, schaue ich es mir an. Eventuell auch mal ein Video, aber dann nicht in Form einer Review, sondern zur Übersicht über den Spielaufbau und Ablauf. Am Beispiel Siege gibt es ja auch einige Eindrücke. Um einen groben Überblick zu gewinnen reicht es, aber viele der Kanäle, die regelmäßig Reviews für Kickstarter auf ihren Kanälen veröffentlichen, kann ich nicht ernst nehmen. In diesen Videos findet sich so gut wie keine Kritik, vieles ist toll und insgesamt meist eine gefühlte Neuerfindung des Genres, nur eben in besser.
Wahrscheinlich ist das ein Grund, wieso ich nicht Teil dieser Blase sein möchte. In einer extra Whatsapp-Gruppe bin ich ebenfalls nicht. Wenn ein Spiel etwas für mich ist, dann werde ich es früher oder später auch entdecken. Regelmäßig Nachrichten zu Spielen, die ich nicht kenne und bei denen ich den vermeintlichen Drang verspüre mich informieren zu müssen um nicht außen vor zu sein, möchte ich nicht erhalten. Hier im Forum und im privaten Kreis kann ich die Meinung einiger Nutzer*innen sehr gut einschätzen und für mich reflektieren. Das ist etwas was ich sehr schätze. Wahrscheinlich ist dies auch bei Gruppen oder anderen Netzwerken möglich, aber das ist mir am Ende zu viel Information durch zu viele Kanäle.
Meine Position ist wahrscheinlich schon eine Randerscheinung in unserem Hobby. Ich muss aber sagen, dass ich mit meinem Weg für mich gut fahre und auch zufrieden bin. Die Spiele, die ich mir kaufe, bleiben zum Großteil in der Sammlung (sofern es keine Spiele wie Exit oder Sherlock sind). Demensprechend kann ich für mich eine relativ gute Aussage dazu treffen, ob mich ein Spiel am Ende ausreichend überzeugt, dass ich es kaufen möchte. Unfehlbar bin ich in meiner Einschätzung aber selbstverständlich nicht.
Sollte sich Six: Siege als Spiel entpuppen, dass mir nach ein paar Partien keinen Spaß mehr macht, dann wird es den selben Weg nehmen wie bei dir und auf dem Marktplatz landen. Am Ende muss ich Spaß mit dem Spiel haben und wenn ich den nicht habe oder mit anderen Spielen eben mehr, dann wird das "schlechtere" Spiel ausziehen. Das mag auch der Grund sein, weshalb ich die Varianz so hoch (ein-)schätze: Ich brauche keine fünf anderen Skirmisher für sechs andere Konstellationen am Tisch, damit ich auch immer das genau Passende habe. Wenn mir Siege das bietet, was ich darin zu sehen erhoffe, dann habe ich meinen Skirmisher, in welchen ich massig Zeit versenken kann. Ähnlich geht es mir beispielsweise bei Cloudspire. Bei diesem Spiel habe ich auch eine immense Varianz durch die Völker und diese Völker spielen sich tatsächlich ausreichend anders, sodass jede Partie eine neue Herausforderung darstellt und mir den Spaß vermittelt, den ich während meiner ersten Runden mit dem Spiel empfunden habe.