Beiträge von Thygra im Thema „Quo vadis mit den eigenen Prototypen?“

    PowerPlant Ich würde nichts ändern, sondern einfach nach dem passenden Verlag weitersuchen. Wenig Material ist aus meiner Sicht kein Ablehnungsgrund für ein Expertenspiel. Man muss halt nur durch die Optik des Spiels und durch eine sinnvolle Beschreibung auf dem Schachtelboden dafür sorgen, dass es nicht von der falschen Zielgruppe gekauft wird.

    Wesentlich kleiner ist die Zahl derjenigen, die konsistent sind, und Jahr für Jahr Spiele verlegt bekommen. Paar dutzend?


    Und diejenigen, die wirklich davon leben (können und wollen), das lässt sich wohl schon fast an Fingern und Zehen abzählen.

    Aber wirklich nur "fast", denn etwas höher ist die Zahl IMHO durchaus.

    (Wobei "davon leben" sowieso schwierig zu definieren ist, wenn zum Beispiel auch ein Ehepartner Geld aus einem Nicht-Spiele-Beruf nach Hause bringt.)

    Aber passiert das dann schon auch manchmal, dass die Redaktion Dinge, die verbessert werden müssten, auch direkt mal selber verändern und dann nochmal spielen?
    Also nach Partie 1 quasi das "lektorieren" schon anfangen, wenn man das so sagen kann? Vielleicht auch nach Rücksprache mit dem Autor?

    Natürlich geschieht so etwas! Wenn uns etwas stört, fragen wir uns in der Redaktion, ob wir das mit einfachen Mitteln (also mit kleinen Änderungen) verbessern können. Fällt uns da schnell etwas ein, probieren wir das aus. Wie PeterRustemeyer bereits sagte, wir wollen ja nicht das Spiel bewerten, sondern ein gutes Produkt finden. Und wenn wir Potenzial sehen, versuchen wir dieses auch herauszuholen.

    Sollten wir das Spiel dann trotzdem ablehnen, unsere Änderung aber weiterhin für sinnvoll erachten, teilen wir dem Autor das auch mit. Er kann dann selbst entscheiden, ob er unsere Änderung einbaut oder verwirft, weil sie ihm nicht gefällt. Es ist völlig normal, dass in einem veröffentlichten Spiel auch Ideen von Redakteuren anderer Verlage eingeflossen sein können.

    Sobald aber größe Änderungen nötig werden, die einen Umbau des vorliegenden Prototypen erfordern, informieren wir den Autor über unsere Ideen und fragen, ob er sich vorstellen kann, sein Spiel in diesem Sinne umzubauen.

    Ist es normal, dass Verlage Prototypen mit Detail-Feedback zurückschicken?

    Ich denke, das ist von Verlag zu Verlag unterschiedlich, teilweise sogar von Redakteur zu Redakteur.

    Deshalb kann ich hier nur für mich sprechen: Wenn ich klare Kritikpunkte benennen kann und/oder Verbesserungsvorschläge habe, dann nenne ich die üblicherweise, sofern ich zumindest halbwegs Potenzial darin sehe, dass der Autor weiter an dem Spiel arbeitet.

    Wenn ich der Meinung bin, dass ein Spiel auch mit Überarbeitung kein Potenzial hat, sende ich keine Verbesserungsvorschläge.

    Manchmal kann ich aber keine konkreten Punkte nennen, zum Beispiel weil ein Spiel eigentlich gut funktioniert, es aber aus Verlagssicht trotzdem keine Chance auf dem Markt hätte. Das ist recht oft der Grund für eine Absage.

    Was erwarten die, dass man dann macht? Die Fehler beheben und nochmal einschicken?

    Manchmal ist das so. Ein Spiel gefällt vom Ansatz her gut, überzeugt aber in der vorliegenden Form nicht. Es besteht aber aus Verlagssicht die Hoffnung, dass das Spiel mit einer Überarbeitung so gut werden kann, dass es eine weitere Chance verdient hat. Dann gebe ich natürlich besonders viel Detail-Feedback in der Hoffnung, dass der Autor damit etwas anfangen kann und das Spiel vielleicht wirklich einige Zeit später eine neue Chance bei mir/uns erhält.

    In erster Linie aber ist das Detail-Feedback aus meiner Sicht eine Art Dank an den Autor dafür, dass er mir/uns das Spiel zur Verfügung gestellt hat.

    Und generell würde mich auch interessieren, wie oft ein Verlag denn so im Schnitt ein Spiel spielt bevor eine Absage oder Zusage erteilt wird. 1 Mal, 5 Mal?

    Jede Anzahl ist möglich. Es kann sein, dass man nach 1 Mal spielen schon weiß, dass ein Spiel nicht in Frage kommt. (Man liest dann sicherheitshalber die Anleitung noch ein zweites Mal, ob man alles richtig gespielt hat.)

    Genauso kann ein Spiel nach 2 Mal, 3 Mal, 5 Mal oder 10 Mal spielen abgesagt werden. Das hängt immer davon ab, wie gut die ersten Partien ankommen und wie viel Potenzial man in einem Spiel sieht.

    Und spielen die das Spiel dann immer zu 100 % nach den Regeln des Autors, oder fangen die auch gleich an Dinge zu ändern wenn sie nicht passen?

    Die erste Partie wird eigentlich immer zu 100% so gespielt, wie der Autor das vorgibt.

    Aus meinem eigenen Geschäftsumfeld kenne ich es aber auch nicht anders als dass man für absolut alle Vereinbarungen eine Deadline setzt - sonst fehlt irgendwie die Hälfte der Vereinbarung.

    Einen Prototypen bei einem Verlag kannst du ja im Prinzip sowieso jederzeit einfach zurückfordern, solange kein Vorvertrag abgeschlossen wurde. Deshalb ist eine Deadline aus meiner Sicht als Redakteur nicht wirklich nötig.

    Die digitale Präsentation habe ich zwar mal probiert, ist aber nicht so mein Ding. Da fehlt mir das persönliche, die Emotionen etc...und ich bekomme dann die Idee dahinter nicht so rübergebracht.

    Hattest du es vorher geprobt oder einfach so probiert? Beim ersten Mal geht so etwas gerne mal schief.

    Kennst du schon die Tipps für Spieleautoren von Pegasus? Die könnten für dich auch teilweise noch recht hilfreich sein, insbesondere zur Präsentation deines Spiels. Du kannst sie hier runterladen:

    Pegasus Designer Days | Events | Community | Pegasus.de - Wir machen Spaß!

    Der direkte Download-Link zum PDF folgt hier:

    Pegasus_Tipps_Spieleautorinnen_1_0.pdf

    Ich würde generell empfehlen, bei deinem ersten Prototypen nicht mehr einer vertanen Chance nachzutrauern. Das trübt ansonsten emotional deinen rationalen Blick darauf, was daran wirklich gut war und was nicht.

    Deshalb finde ich das hier bereits einen guten Schritt:

    Den Mechanismus aus dem ersten Spiel habe ich in ein weiteters Spiel eingebaut und weiterentwickelt (Kennerspielniveau). Leider hat noch niemand angebissen.

    Einzelne Ideen weiterzuverwenden bzw. umzuarbeiten gehört zum Handwerk von Spieleautoren. Nicht ohne Grund hat so manches Spiel viele Jahre an Entwicklung benötigt, bis es irgendwann gezündet hat.

    Mitunter kann es aber auch sinnvoll sein, einen Prototypen ein paar Jahre lang einzumotten und nicht mehr über ihn nachzudenken. Und nach 5 Jahren oder so nimmt man ihn mal wieder zur Hand und analysiert, was man nun noch daran gut findet und was nicht. Evtl. kann man dann Teile daraus recyceln. Vielleicht ist das Ding dann aber auch einfach nur noch für die Tonne gut - außer man möchte das Ding wegen des ideellen Wertes noch behalten.

    Erfahrene Autoren haben jedenfalls gelernt, dass man manchmal den Mut haben muss, eine Idee in die Tonne zu werfen, anstatt Jahrelang erfolglos daran herumzudoktorn, nur weil man nicht loslassen kann.