Beiträge von PowerPlant im Thema „Die Jäger des verpassten Schnäppchens und wieso ich auch mit 20% auf Alles keine 80% Verständnis aufbringen kann“

    ... ich hab eher manchmal den Eindruck, man stört das Personal beim Quatschen mit den Stammkunden, die da einfach gerne abhängen 😂 Zumindest erging es mir so in Modellbau und Hifi-Läden

    Zumeist aber nicht im Beispiel Geschäften - da habe ich eher den Eindruck, man freut sich riesig dass endlich einer kommt und man etwas fachsimpeln kann...

    Bis einer rein kommt und sich beschwert, dass der Verkäufer lieber mit Leuten fachsimpelt, die eh schon alles wissen ;)

    Ich ziehe für mich auf dem Thread bisher folgendes:

    Der örtliche Fachhandel ist als „Medium“ in Deutschland zu klein, um so relevant zu sein, wie es gern dargestellt wird. Auch dessen „Neukundengenerierungskraft“ ist wahrscheinlich nicht entsprechend. Aber sie ist anscheinend gegeben. Und das führt uns zu einer Frage der Interessengruppen, um nicht von Zielgruppen zu sprechen. Einigen hier reichen Informationen online, andere ziehen diese Fachhändlerrichtung vor. Da kann man von Generationenwechsel oder der naiven „Ignoranz der Jungend“ sprechen. Ich ziehe es vor, bei sogenannten Persona zu bleiben. Sicherlich muss sich kein Vertriebsweg mit höchstmöglicher Reichweite rühmen, um relevant zu sein, solang der „Return on Invest“ den Aufwand rechtfertigt. Darum spricht man wohl vom Marketingmix. Jeder hat seine eigenen Wünsche, wie und wo er gerne angesprochen würde.

    Allerdings ist es dann genau so falsch, konservativ an nur einem/wenigen Vertriebsweg(en) festzuhalten. Denn eines sehen wir hier im Thread ganz genau: an denen scheiden sich die Geister. Und so lang ein Weg Schnittmengen mit denen genügend anderer Menschen teilt, bleibt er relevant. Es gilt nur regelmäßig zu prüfen, ob das auch so ist.

    Das ist bitter für alle die Fachgeschäfte, aber da heutzutage fast alle Informationen offen liegen, sehe ich absolut keinen Mehrwert mehr durch eine 'Fachberatung'.

    Wenn die Informationsbeschaffung für Dich ein Vergnügen ist kann ich Dir recht geben, allerdings ist eine Beschaffung kompletter Informationen nicht unbedingt einfach.

    Auf dem Niveau wie Fachhändler bei Brettspielen beraten können? Das denke ich schon, immerhin sehe ich in jedem YouTube-Video mehr, als der Fachhändler vor Ort mir zeigen kann. Und Top-Listen zu jedem Thema zeigen auch genügend Alternativen, für der Beratung gleich kommen.

    Hobgoblin Ich hab genau das mal versucht! "Ich habe ein Budget von X bis Y und suche einen Neuwagen für Z. Was haben sie da im Angebot?"


    Der Verkäufer hat mich angesehen wie das, was er verkauft ;) Der war nicht mehr gewohnt, dass sich jemand wirklich beraten lassen wollte. "Sie müssen doch wissen, für welches Auto sie sich interessieren?!"

    Ich bin 28 und ich bin noch NIE in einen Laden OHNE zu wissen, was ich will. [...] da heutzutage fast alle Informationen offen liegen, sehe ich absolut keinen Mehrwert mehr durch eine 'Fachberatung'.

    Danke, genau das war der Kernpunkt meiner langen Ausführung auf der vorangegangenen Seite.

    Hobgoblin Das ist astreines Empfehlungsmarketing. Das forciert Amazon auch durch seine Bewerter-Kreise. Und es funktioniert vorzüglich. Das, was im Produkttext steht, ist Verkaufsblabla. Das macht quasi auch der Händler, wenn er dir was anbietet. Was ein Bekannter/eine Bewertung/eine augenscheinlich objektive Rezension macht, wirkt "echter" und bekommt mehr Vertrauen geschenkt, weil keine Absicht dahinter steht.

    Online heißt eben nicht weg vom persönlichen Kontakt. Genauer gesagt kann ich als Händler online sogar noch viel stärker mit den Leuten in Kontakt treten. Mit mehr Leuten, in höherer Frequenz und viel zielgerichteter. Wenn immer weniger Leute in den Laden kommen, hat er sogar immer mehr Zeit dafür ;) OK, der letzte Satz ist ein wenig zynisch.

    Online ist aber kein persönlicher Kontakt; und das sage ich als einer der bereits über 20 Jahre in der Onlinewelt unterwegs ist

    Mhhhhh sagen wir mal so: Definiert man "persönlich" als "vor einander stehend", dann hast du recht. Ich sehe aber Möglichkeiten von Chats, Videotelefonie, etc. ebenfalls als recht persönlich im Vergleich zu Automatismen, Videos, Posts und Newsletter.

    Soll einfach heißen: Ich kann auch mit dem Kunden interagieren und ihm die Vorteile meines Fachwissens weitergeben, auch ohne dass er 1m entfernt von mir steht.

    Das ist richtig. Ich habe die Aussage dahinter allerdings anders verstanden: Ich habe verstanden, dass Leute "einfach so" mal in den Laden kommen und sich informieren lassen, was das denn überhaupt ist.

    Auch das gibt es, aber eher selten. Es gibt aber im Spielwarenhandel durchaus nicht selten Kunden, die zum Beispiel einfach nur "ein Geschenk für eine 8-jährige" suchen. Und denen kann man dann natürlich viele Dinge anbieten. Man kann einfach mal die neueste Lego-Packung hinhalten oder Barbie (oder was auch immer in diesem Bereich heutzutage "in" ist). Oder man zeigt ein Kinderbuch. Oder ein Plüschtier. Oder Jonglierbälle. Oder ein Spiel. Und an dieser Stelle hängt natürlich viel von der verkaufenden Person ab, wohin die Reise geht.

    Ebenfalls richitg, aber das kann nicht nur der Fachhandel. Das kann Online auch, sogar besser bzw. zielgerichteter. Zum Beispiel durch Retargeting.

    Und ich sehe auch eine Gegenbewegung zu Amazon, Aldi und Konsorten. Ich sehe an allen Ecken und Enden kleine Läden aufpoppen, in denen bärtige Hipster versuchen, es wieder richtig zu machen. Bäckereien, wo das Brot dann halt 5 Euro kostet, aber es schmeckt halt wieder wie richtiges Brot und nicht wie die Altpapier-Aufbackscheiße, die alle anderen mir als Brot verkaufen wollen. Kleine türkische oder indische "Supermärkte", Gemüseläden ohne Verpackungen, klassische Marktstände, Kaffeemanufakturen, was auch immer.

    Und die Leute nehmen das Angebot an. Und das sind nicht nur bärtige Hipster wie ich.

    Das finde ich auch gut! Der Vergleich hinkt aber, weil du hier von unterschiedlichen Produkten sprichst und Qualität Geld kostet. Kaufe ich Paleo bei Onlinehändler A oder bei Fachhändler B erhalte ich aber dasselbe Produkt.

    Brettspielläden müssen - wenn wir keine Pandemie hätten - meiner Meinung nach nicht hin zum Onlinehandel, sondern hin zum persönlichen Kontakt. Raus aus der Nerd-Ecke, die Kunden mit Veranstaltungen, Brettspielcafés usw in den Laden locken.

    Das sage ich ja auch, aber eben davon geht auch viel online. Bisher wird den Kunden aber suggeriert: Ihr macht etwas falsch, denkt auch mal an euren armen Fachhändler. Aber der Kunde macht nichts falsch.

    Online heißt eben nicht weg vom persönlichen Kontakt. Genauer gesagt kann ich als Händler online sogar noch viel stärker mit den Leuten in Kontakt treten. Mit mehr Leuten, in höherer Frequenz und viel zielgerichteter. Wenn immer weniger Leute in den Laden kommen, hat er sogar immer mehr Zeit dafür ;) OK, der letzte Satz ist ein wenig zynisch.

    Ein gewisses Grundinteresse muss natürlich schon vorhanden sein. Aber wenn du das Thema Töpfern spannend findest, weshalb solltest du dich dann nicht in einem Fachgeschäft beraten lassen?

    Das ist richtig. Ich habe die Aussage dahinter allerdings anders verstanden: Ich habe verstanden, dass Leute "einfach so" mal in den Laden kommen und sich informieren lassen, was das denn überhaupt ist.

    Wenn ich bereits Interesse habe, dann ist ein Fachhändler natürlich nett. Aber eben auch nicht unabdingbar. Habe ich keinen Fachhändler in Reichweite - was für die meisten Menschen in Deutschland der Fall ist - dann kann ich immer noch dieselben Informationen im internet finden. Sei es geschrieben oder als Video oder gar Podcast.

    Ich habe heute im aktuellen Katapult Magazin (Druckausgabe) einen interessanten Artikel über die Buchpreisbindung gelesen und wie sie dazu beigetragen hat, die Vielfältigkeit der deutschen Verlags- und Buchhandelsszene aufrecht zu erhalten...

    (Ich beziehe mich auf den gesamten guten Beitrag von @DailyAviator, wollte nur nicht alles zitieren)

    Das ist eine interessante Ansicht, die sich lohnt weiter zu besprechen, finde ich! Allerdings möchte ich hier nicht auf den Punkt "Buchpreisbindung" und deren Vorteile eingehen, wenn wir eine Preisbindung für Brettspiele hätte, sondern auf die übertragbaren Punkte auf die aktuelle Ist-Situation.

    Im Durchschnitt lese ich aus diesem Thread bisher heraus – der Beitrag von z.B. Goldfuzzy hat das schön zusammengefasst – dass viele Leute den Fachhandel schätzen. So löblich das auch ist, allein vom Ansehen wird aber niemand satt. Immer wieder taucht in diesem Thread die durchaus berechtigte Ansicht auf, dass man als Käufer ja auch schauen müsse "wieviel Hobby man für sein Geld bekommt". Ich denke, dass die wenigsten Leute so agieren wie Ben2 das für sich beschrieben hat ("Hobbybudet pro Monat, aus dem man eben nicht das Maximum an Quantität rausholt). Das darf auch jeder für sich selbst entscheiden, denn in erster Linie ist die Beziehung zwischen Fachhändler und Kunde eine Geschäftsbeziehung.

    Halten wir also fest: Das Gros der Käufer ist an "Rabatten" bzw. Preisvergleichen interessiert. Da hat der Fachhandel schon aufgrund seiner Ausrichtung und seiner Eigenarten, die PeterRustemeyer hervorgehoben hat, keine Chance gegen. Weil er einfach nicht dieselben Möglichkeiten wie eine Kette oder gar der reine Onlinehandel hat.

    Über unbedachte Aktionen wie die Beratung kostenpflichtig zu machen und bei Kauf anzurechnen haben wir zum Glück nicht mehr weiter gesprochen. Denn wenn ich als Fachhandel einen Vorteil gegenüber dem Onlinegeschäft habe, dann ist es der persönliche Kontakt. Diesen Vorteil dann auch noch mit einer Kostenhürde zu versehen ist wie sich sein eigenes Insolvenzgrab zu schaufeln. Der Schluss liegt nahe, dass ich als Fachhändler ausgenutzt werde, dass sich die Leute bei mir informieren und dann im Internet günstiger einkaufen. Auch das kam in Goldfuzzy 's Beitrag heraus ("mal in der Hand halten"). Und dieses Vorgehen kann man den Kunden nicht verübeln, denn ein kluger Händler kauft auch bestmöglich ein. Schließlich besteht zwischen dem Kunden und dem Fachhändler in erster Linie eine Geschäftsbeziehung, in der der Kunde dem Fachhändler nichts schuldig ist (was aber gern so gedreht bzw. romantisiert wird).

    Jeder weiß einen guten Fachhandel wegen des Erlebnisses zu schätzen, mal ein Spiel in der Hand zu halten. Das geht mir unbestritten auch genau so. Aber: Kaufe ich dann ein Spiel, wenn es teilweise über 10% teurer ist als im Internet? Wahrscheinlich machen das die wenigsten. Auch das hat Brettspiel Dude in seinem Beitrag schön beschrieben. Auf der anderen Seite liest man aber aus den Beiträgen auch raus, dass es kein wirklicher Verlust wäre, wenn dieses Erlebnis nicht mehr geboten würde.

    Für mich persönlich habe ich festgestellt: Ich besuche meine Fachhändler in der Nähe (Tellurian oder Kult Spiele) so gut wie gar nicht mehr. Das hat 3 Gründe:

    1. Die Preise sind tatsächlich teilweise extrem weit über dem, was im Internet geboten wird. Ich persönlich durchforste nie nach Bestpreisen – diese Seiten nutze ich nur, wenn ich etwas verkaufen will, um den aktuellen Neupreis festzustellen und so die Preispolizei zu vermeiden. Bei größeren Titeln können das schnell mal 10-20 € sein. Im Internet habe ich auch meine Anlaufstellen und bestelle nicht bei dem Shop, der mir am günstigsten erscheint, sondern bei dem, der mir am besten erscheint. Da geht es mir ebenfalls um Kommunikation und Service. In diesem Sinne hat also ein gut aufgestellter Onlinehändler dieselben Vorteile wie ein Fachhändler vor Ort. Nur das Medium unterscheidet sich.
    2. Immer, wenn ich durch die Läden schaue, das ist mir in 2020 besonders aufgefallen, entdecke ich nichts neues oder interessantes. Entweder besitze ich die für mich interessanten Spiele schon, oder ich besaß sie, oder ich habe mich zuvor schon informiert und das einzige, was mir der Laden dann noch geben kann, ist das zweifelhafte Erlebnis, eine eingeschweiße Verpackung in die Hand zu nehmen. Dahinter steckt im Kern aber das Angebot. Natürlich beschränkt sich ein Fachhändler in erster Linie auf den Mainstream in unserer Nische. Da findet man ein Scythe, ein Twilight Imperium, die X-te Version von Catan.
    3. Eigentlich der wichtigste Grund, gerade in Corona-Zeiten: Ich bin kaum noch in der Stadt. Hat man sich früher mal "auf einen Kaffee" in der Stadt getroffen, gibt's das heute nicht mehr. Die Dortmunder Innenstadt (was nur auf Kult Spiele zutrifft, weil Tellurian in einem Wohngebiet zu finden ist) findet seit der Eröffnung der Thier-Galerie dort sehr gebündelt statt - zumindest gefühlt. Und diese Malls gibt es ja überall. Auf der einen Seite wird das Einkaufserlebnis gebündelt, um denselben Effekt wie im Internet zu ermöglichen (der nächste Shop ist nur einen Klick entfernt), inklusive vernünftiger Parkplätze, kurzer Wege, etc. Nur kann oder möchte sich anscheinend kaum Fachhändler die Mietpreise solcher Malls leisten.

    Ergo glaube ich, dass die "Mal eben"-Kundschaft in Brettspielläden immer mehr abnimmt, nicht nur in Dortmund.

    Doch woran liegt das? Was machen die Händler falsch? Oder machen sie alles richtig, nur die Zeiten ändern sich? Meine These: Beides ist der Fall! Meine Erklärung:

    1. Ohne Online geht es nicht! Sei es mit dem eigenen Onlineshop (der durch die Ausrichtung auf ein Ladengeschäft dennoch nie so funktionieren können wird wie ein reiner Onlinehandel), aber auch bzgl. der Präsenz. Da spielen viele Bereiche eine Rolle, wie Social Media, Erreichbarkeit, SEO, SEA, etc. Wenn ein potenzieller Neukunde nach Brettspielen sucht, muss er bei seinem örtlichen Fachhändler statt bei Thalia oder Amazon landen. Passiert das? Wohl in den wenigsten Fällen. Das ist ein Punkt, der sich mittlerweile einfach entwickelt hat. Wir haben damals schon wärend der Feuerland-Aktion zur Spiel 2020 besprochen, ob man von einem im Internet agierenden Verkäufer (ganz gleich welcher Art) einen funktionierenden Onlineshop (statt Bestellung per E-Mail und Vorkasse) erwarten kann. Da sage ich ganz klar: Kann man nicht nur, muss man sogar. Denn die Konkurrenz macht es vor. Ich will in der Brettspiel-Verkaufsliga mitspielen, dann muss ich mich auch den Regeln beugen. Im Extremfall heißt das: Ich setze mich mal 1-2 Wochenenden hin und lerne etwas über das Internet, oder ich bezahle jemanden, der das kann. Klar kostet das Geld und nicht jeder hat eine Affinität dafür. Aber dann kann ich auch überlegen, was mir wichtiger ist: Meine Komfortzone oder mein Geschäft, das an globale Gesetzmäßigkeiten gebunden ist?
    2. In meinen Augen dünnt sich das Einkaufserlebnis in den Großstädten aus. Entweder wird es zentralisiert (durch Malls/Einkaufszentren) oder aber es wird gar nicht mehr wahrgenommen, weil die Leute es schlichtweg nicht mehr brauchen/annehmen wollen. Da ist eine gute Lage umso wichtiger. Daran kann ein Fachhändler natürlich nur schwer etwas ändern, aber es trägt ja zum Problem bei. In Dortmund - beispiel Kult Spiele - ist es in 2020 sogar so extrem gewesen, dass wegen Umbau des Gebäudes der Laden durch ein anderes Geschäft betreten werden musste, ohne dass das vor dem Gebäude extrem auffallend gekennzeichnet wurde. Zumindest nicht in den Monaten, in denen ich in der Stadt war. Das ist sicherlich ein extremes Beispiel, aber so kann ein Neukunde auch nicht darauf aufmerksam werden. Auch ohne dieses Problem ist der Laden eher versteckt und abseits der Einkaufsstraße. In Wien bzw. München musste ich mich nach Planet Harry und dem Funtainment auch wundsuchen und im Endeffekt sind das zwei Läden in Garagengröße mit entsprechend kleinem Sortiment. Ohne Navi hätte ich die nie gefunden und ich habe explizit nach ihnen gesucht. Die Lage ist extrem wichtig.
    3. Die Einstellung der Fachhändler ist vielleicht nicht mehr up2date? Die Art und Weise, wie Menschen sich Informationen suchen, hat sich geändert. Das wurde auch hier schon beschrieben: Der Händler will erstmal verkaufen, was er auf Lager hat und wird darauf hin beraten. Was er nicht hat, muss er bestellen. Dann ist seine Relevanz für den Kunden schon komplett dahin, das kann er nämlich selbst tun. Es reicht heute nicht mehr, sich hinter seine Ladentheke zu setzen und auf die Schafe zu warten. Da muss man in die Öffentlichkeit gehen wie ein Marktschreier. Und zwar dahin, wo die Leute nunmal sind. Und je jünger das Zielpublikum, desto "normaler" ist das Internet für sie. Mittlerweile sprechen wir da auch nicht mehr von Schülern, auch ich bin mit Mitte 30 bewusst mit dem Internet aufgewachsen. Die Bevölkerungsschicht, auf die das zutrifft, ist also alterstechnisch gesehen so langsam die Mitte der Gesellschaft. Positive Beispiele dafür sind z.B. der Wolpertinger oder so langsam auch BigPandaV, die selbstständig in Gruppen aktiv sind, Videos drehen, etc. Man muss von Social Media ja nichts halten. Aber ein Händler sollte etwas von Werbung halten. Und das ist nunmal der kürzeste Weg zum Kunden. Auch zum Neukunden, wenn man ein wenig Geld in die Hand nimmt. Persönlicher Ausflug: Wenn ich als Händler den Persönlichen sozialen Kontakt als mein USP ansehe, dann aber wenig von Social Media halte, müsste ich eigentlich nochmal drüber nachdenken ;)

    Durch all diese Faktoren denke ich, dass sich mittelfristig herausstellen wird, dass Fachhändler immer weniger besucht werden. Das Informationsniveau im Internet steigt qualitativ und quantitativ jeden Tag. Abgesehen vom haptischen Erlebnis und dem netten Plausch habe ich bei einem Fachhändler keinen Vorteil gegenüber dem Internet. Dazu kommen aber Nachteile in der Verfügbarkeit, der Zugänglichkeit und der Preisfindung. Die Logistik ist mittlerweile so stark verbessert worden, dass ich nicht nur bei Amazon teilweise noch am selben Tag meine Ware erhalte. Wer da nicht aktiv gegensteuert und einen Mehrwert bietet als lokaler Händler, kann nicht gewinnen.

    Diese These(n) beziehen sich natürlich in erster Linie auf Neukundengewinnung. Dass ein Fachhändler durch Leute wie uns, die wir alle zum bersten gefüllte Regale haben, überlebt bzw. gar wächst, glaube ich nicht. Und insgesamt dreht sich vieles in diesem Thread doch darüber, dass mehr verkauft werden müsste (Stückzahl, nicht Auswahl), damit die Verlage mehr verdienen, um nicht durch kleinere Auflagen (durch Auswahl) immer teurer zu werden.

    Zusammenfassend kann ich als Ergebnis darunter schreiben, dass Fachhandelsaktionen und Aufrufe, die Fachhändler zu retten, nette Aktionen sind. Die für mich immer noch unbeantwortete Frage ist nachwievor, wie wichtig der Fachhandel für die Neukundengenerierung ist. Es ist aber auch möglich, dass es zutrifft, dass der Fachhandel sehr wichtig ist. Dann trifft es aber auch zu, dass der Fachhandel sich der Welt, die sich nunmal dreht, anpassen muss. Es überleben immer die anpassungsfähigsten. Ist es da richtig, den Kunden ins Gewissen zu reden, ihr Handeln entgegen aller anderen Bereiche aktiv zu konservativieren, statt von den Fachhändlern zu fordern sich den aktuellen Gegebenheiten anzupassen? Wie gesagt, wir sprechen hier nicht von vielen kleinen Amazons und Versandwundern. Viel mehr spreche ich davon, dass knapp der Hälfte der von mir ermittelten (knapp über) 100 Fachhändler in Deutschland nicht einmal eine rechtssichere bzw. moderne Internetseite hat, die innerhalb der letzten 5-10 Jahre mal aktualisiert worden wäre.

    Letztenendes gilt doch: Der Kunde hat immer recht. Oder Kunde ist König, wie auch immer ;) Gutes Marketing ist in meinen Augen, den Kunden so anzusprechen, wie er es erwartet. Denn ich will als Händler etwas vom Kunden, nicht umgekehrt. Denn der ist auf mich nicht angewiesen.

    Mich würd mal eure Meinung zu den Punkten interessieren :)

    Jetzt schießt ihr in der Diskussion aber meiner Meinung nach etwas übers Ziel hinaus. Die Ur-Aufgabe eines Händlers ist handeln, ist das Unternehmertum. Ich kaufe Ware ein, ich verkaufe sie - die Spanne dazwischen deckt meine Kosten bzw. ist meinen geplanter Verdienst. Das versuche ich möglichst geschickt zu optimieren.

    Bei aller Liebe für den Fachhandel - wenn die Beratung ein Service ist, das den Kunden kein Geld wert ist, ist es so - Punkt! Völlig wertfrei. Dann muss ich dementsprechend darauf reagieren und mein Geschäftsmodell hinterfragen. Z.B. Umstellen auf reinen Online-Handel. (Keine Ahnung ob das wirklich eine/die beste Lösung ist).

    Genau das Thema interessiert mich auch. Darum fragte ich auch schon mehrfach nach Zahlen oder Belegen über die Wirksamkeit des Fachhandels im Bezug auf Neukunden.

    Ich habe schon lange Zeit in Handelsunternehmen und in Softwarehäusern, die für Großhandelsunternehmen Software erstellen, gearbeitet und auch dort erkennt man den Trend weg vom Händler/Großhändler, also ganz ab der Branche Brettspiel. Warum ist das so? Durch das Interner können die Kunden direkt beim Hersteller einkaufen (in unserer Branche wäre das Äquivalent der Verlag). Das betrifft sogar die Industrie. Da werden schon seit längerer Zeit ganze Tonnagen an Stahl über Alibaba und Co direkt beim Produzenten in China geordert und die hiesigen Stahlhändler gucken in die Röhre.

    Bei Verlagen direkt zu kaufen ist über das Internet in den meisten Fällen ebenfalls möglich und die Informationsbasis eines Fachhändlers ist spätestens in Zeiten von YouTube kein Monopol mehr. Das erkennen auch alle anderen Einzelhändler aller Branchen. Oder gehen so merkwürdige Wege, wie eine Beratungsgebühr zu nehmen, die dann auf den Kauf angerechnet wird.

    Man kann über die Veränderungen schimpfen und sie doof finden, aber sie sind nunmal da. Der Kunde ist wesentlich mündiger als vor 10-20 Jahren und kann im Internet überall Informationen bekommen.

    Ich frage mich daher, wie sehr der Fachhändler an der Ecke Einfluss auf Neukunden haben kann. Ich persönlich käme nicht auf die Idee "mal einfach so" in einen z.B. Töpferladen zu gehen und mich da auf gut Glück beraten zu lassen, ob das vielleicht was für mich wäre. Und wie ich so im Bekanntenkreis mit Teenies höre, ist "Bummeln" durch die Stadt sowieso nicht mehr angesagt. Falls ich Informationen zu einem Thema suche, ist das Internet immer der schnellste Weg. Die Hürde dagegen rauszugehen und zu einem Laden zu fahren, nur um mal zu schauen, was dort verkauft wird, ist schon riesig.

    Obendrein habe ich für Marketingzwecke recherchiert und Händleradressen gelistet. Nicht nur, dass viele davon im Internet gar nicht oder nur sehr schlecht zu finden/vertreten sind. Es sind tatsächlich deutschlandweit auch nicht viele Fachhändler. Selbst, wenn man die Pegasus- und Kosmos-Partner zusammenzählt, kommt man auf um die 100 Adressen. Eine flächendeckende Erreichbarkeit ist das nicht. Muss auch nicht, aber aus diesen Gründen stelle ich die Relevanz im Bezug auf Neukundengenerierung einfach nur in Frage.

    Ich lasse mich aber auch gern eines besseren belehren :)

    SGs sind keine Pflicht, das beweisen auch erfolgreiche Kampagnen (Zitat Gloomhaven: „Why no SGs? Because SGs suck!“).

    Den Versand kann man auf einer globalen Ebene auch nicht selbst stemmen, da braucht man regionale Dienstleister allein aus Kostensicht für die Backer.

    Ich stoße mich in dieser Diskussion eigentlich nur an dem Punkt, dass man 24/7 online sein müsste. Da denkt man wie gesagt auch gern von Social Media, stimmt aber auch dort nicht.

    Ein Stonemaier Games ist in den ersten Jahren auch sehr weit gekommen, quasi als One Man Show. Man kann sich zwar 40 Stunden am Tag mit Comments beschäftigen, aber das ist eine typische 80/20-Frage.

    Wo ich allerdings zustimme ist, dass dafür wahrscheinlich Leute in den Verlagen fehlen, die sich mit den relevanten Themen auskennen oder dafür Zeit hätten.

    Ich sage dir aber: Ich beantworte nicht wieder KS Fragen und Kommentare, während ich mit 40 Fieber im Bett liege ..

    Das sollte kein Redakteur machen müssen, und auch niemand mit Fieber ;) Aber soweit geh ich ja mit, dass die Strukturen nicht gegeben sind.

    Bleibt nur die Frage, ob ein KS überhaupt Millionen einspielen muss. Queen Games aus deinem Beispiel sollten den Vorteil der Vorfinanzierung auch so nutzen können.

    Nein, das ist eine reine Vertriebs- und Marketingaktion. Das hat auf dem Schreibtisch eines Redakteurs nichts verloren. Außer natürlich er wird als „Interviewpartner“ eingeladen.

    Backer stellen aber nicht selten Detailfragen, die nur der Redakteur beantworten kann.

    das kann doch nicht stimmen. Jeder, der ein Spiel kennt, sollte in der Lage sein, solche Fragen zu beantworten. Der Redakteur ist dafür verantwortlich, dass es andere Leute außer ihm können ;) Sonst wäre ja jedes Spiel ohne den Redakteur am Tisch unspielbar. Fragen zu Preisen, Versand und Ausstattung kommen ebenfalls nicht vom Redakteursschreibtisch bzw. sollten sie es nicht.

    Und selbst wenn, dann wäre es immer noch ein leichtes Fragen zu sammeln und ein wöchentliches Posting dazu zu schreiben.

    Ich finde, ihr bläht das Thema Kickstarter und dessen Aufwand ein wenig zu sehr auf.

    Müssen denn Redakteure eine KS Kampagne betreuen oder könnte die nicht jemand anderes im Beitrag übernehmen? Muss es wirklich eine 24/7 Betreuung geben oder könnte man dies nicht auch in Vorfeld in der KS Kampagne kommunizieren?

    Nein, das ist eine reine Vertriebs- und Marketingaktion. Das hat auf dem Schreibtisch eines Redakteurs nichts verloren. Außer natürlich er wird als „Interviewpartner“ eingeladen.

    MMn ist auch ein KS kein 24/7-Job. Denn die Kampagne läuft 30 Tage, da muss man nicht in Sekundentakt auf Fragen reagieren. Bei Social Media übrigens auch nicht ;)

    Es ist aber schon so, dass diese Kapazitäten, auch wenn es nur 2-4 Stunden am Tag sind, in einem Verlag erstmal geschaffen werden müssen.

    Ich möchte auch noch erwähnen, dass wir uns glücklich schätzen können, hier in Deutschland verhältnismäßig viele Fachgeschäfte zu haben. Diese sind es, die nicht nur informierte Personen als Kundschaft haben sondern eben auch jene, die bisher kaum gespielt haben, mit dem Hobby in Verbindung bringen. Wir Verlage in Deutschland wissen diese Läden sehr zu schätzen und betrachten sie als unsere wichtigsten Partner. Deshalb ist vielfach unser Handeln und Tun eben auch so ausgelegt, dass wir diese Partner mit denken und nicht umgehen. Das könnten wir, wir sind aber der Meinung, dass wir uns langfristig damit keinen Gefallen tun. Deshalb sollte eine zukunftsträchtige Strategie aller Partnerinnen und Partner so aussehen, dass Innovation möglich ist aber eben auch die breite Skalierung über einen Fachhandel.

    Gibt es dafür verlässliche Zahlen oder ist das dein Gefühl?