Beiträge von Toadstool im Thema „[2020] Die verlorenen Ruinen von Arnak, Czech Games Edition/HeidelBÄR Games“

    Ok, ich weiß was du meinst. Bei Agricola schlüpft man regelrecht in die Rolle eines Bauern, während man bei Arnak nicht wirklich behaupten kann, in die Rolle eines Forschers zu schlüpfen. Arnak ist da viel passiver und hat mehr was von einem Bilderbuch, das man durchblättert und wo man sich an den Zeichnung erfreut. Statt Spannung und Aktion, gibt es halt "nur" den träumerischen Blick auf Bilder.

    Sagen wir mal so: Wäre Arnak ein Fortune & Glory mit vernünftiger Mechanik geworden, hätte ich mich auch mehr gefreut. So aber habe ich halt nur das bekommen, was ich in etwa erwartet hatte.

    Definitiv :thumbsup:

    Deshalb frage ich mich schon, warum man überall hört, wie toll das Thema doch ist. Manche Youtuber finden das Thema sogar so toll, dass sie sich mit Hut und Lederjacke vor die Kamera setzen. Ich finde bei dem Spiel überhaupt keine thematische Einbindung, nichts, nada!

    Klar kommt nicht jedes Spiel an ein Meisterwerk wie Agricola ran, aber Agricola ist eine perfekte Vorlage wie Thematik die Spielmechanik unterstützt und umgekehrt. Die Regeln erschliessen sich fast alle rein aus dem Thema heraus:

    • Eine Weide muss im Spielzug immer komplett umzäunt werden (weil sonst die Tiere weglaufen)
    • Ein Tier kann man im Haus halten, es ist ein Haustier
    • Isst man Korn und Gemüse ungekocht, wird man eben nicht gleich satt, als wenn man es in einem richtigen Ofen zu einem Mahl verarbeitet
    • Kinder essen weniger, deshalb braucht man für die in der Erntephase nur ein Teller
    • Tiere vermehren sich nur, wenn es mindestens zwei sind (logisch oder? ;) )
    • Hat man Tiere im Stall, braucht man keine Zäune
    • Will man aussähen, braucht man von dem Gemüse oder Getreide mindestens noch ein Saatgut (aus nichts wächst nichts)
    • Jede Person braucht auch ein Platz zum schlafen, deshalb baut man Räume
    • etc. etc. etc.

    Das nenne ich mal thematisch logische Spielmechanik. Die Ruinen von Arnak hat gar nichts davon, hier kann man sich fast nichts thematisch erschliessen, ausser mit viel Fantasie.

    Das ist für mich eines der besten Beispiele für ein schon oft vorgekommenes Missverständnis: Der Unterschied zwischen Thema und Immersion.

    Ich gebe dir völlig recht in der Aussage, dass die Spielaktionen bei Arnak thematisch wenig, bis gar nicht eingebettet sind.

    Statt einen Dschungel zu erforschen, sammele ich Ressourcen um damit einen neuen Ort "kaufen" zu können. Thematisch ist das Grütze, darüber brauchen wir nicht reden.

    Aber was Arnak schafft und Agricola eben nicht ist, dass Arnak die Fantasy (wenn eine vorhanden sein sollte) ankurbelt. Optik und Spielmaterial holen mich persönlich sofort ab und wecken in mir die Lust, mich an den Tisch zu setzen und sofort loszuspielen.

    Arnak ist kein Brainburner, aber auch kein banales Spiel. Es ist einfach ein freundliches, buntes, einladendes Spiel, dass die Fantasy anregt.

    Agricola hingegen interessiert mich wiederum nicht die Bohne! Ich finde es optisch wie thematisch furz-langweilig. Die Mechanik mag interessant sein, dafür liegt der Immersionsgrad bei Null.

    Von daher würde ich vorschlagen, dass alle Hardcore-Eurogamer mit einer ausgeprägten Fantasy-Beeinträchtigung einen weiten Bogen um Arnak machen sollten. Alle anderen jedoch sollten unbedingt mal einen Blick darauf werfen.

    Die erste Partie habe ich mittlerweile auch geschafft und ich bin keineswegs enttäuscht. Im Gegenteil, ich habe genau das bekommen, was ich mir erhofft hatte.

    Das Spiel geht leicht von Hand und fühlt sich trotz einfacher Regeln nicht seicht an. Das Artwork ist grandios und holt einen thematisch sofort ab. Hauptmechanismus ist in meinen Augen Ressourcenmanagement, da jede Aktion praktisch "bezahlt" werden will. Deckbuilding und Workerplacement ordnet sich da als Mechanik darunter ein.

    Punktetechnisch lagen wir bei 50 zu 64 und da ist spürbar Potential nach oben übrig. Allerdings ist mir die Punktejagd gar nicht so wichtig, da das Spiel Abenteuerfeeling verbreitet und man daher lieber einen neuen Ort "entdeckt" als "olle" Runentafeln im Tempel entziffert, was punktetechnisch meistens lukrativer ist.

    Schön ist auch, dass das Spiel gut zu zweit funktioniert, wobei ich den Sweetspot bei drei Spielern vermute.