Beiträge von Archibald Tuttle im Thema „Weather Machine (Lacerda 2021)“

    Habe es Mittwoch auch spielen können, es hat genau meine niedrigen Erwartungen erfüllt: einen Seelenloseren, unthrnatischeren Euro hatte ich schon lange nicht mehr auf dem Tisch. Klar ist es lacerda-typisch gut durchkomponiert, die abläufe sind halbwegs nachvollziehbar. Mir fehlt aber das, was lacerda bisher für mich interessant gemacht hat: dass man in Kanban wirklich Autos baut, in Lisboa wirklich eine Stadt aufbaut, in On Mars den Mars bearbeitet etc. Weather Machine ist hart an der Grenze zum abstrakten Spiel. Und daher reizt es mich in keiner Weise, es nochmal zu spielen.

    Wie viel echtes Thema kann in so einem Spiel überhaupt sein, damit es in der Zielgruppe noch herausfordernd Spielspass verbreitet?

    Ich würde halt wenigstens erwarten, dass die Mechanismen des Spiels auf ein größeres und für mich erkennbares Ganzes abzielen, was über "Punkte sammeln" hinausgeht. Klar gewinne ich bei Praga Caput Regni vorrangig Siegpunkte, aber nebenbei wird da eine Stadt gebaut, darauf laufen alle Mechanismen zu. Das ist total abstrahiert, aber dennoch erkennbar. Weather Machine ist hingegen Stochern im Nebel - nein, halt, nichtmal das. Stochern im Nebel wäre thematischer.

    Und wenn mich das Thema schon nicht erreicht, sollten die Mechanismen origineller sein als hier. Oder sie sind es, aber ich bin zu dumm das zu erkennen, das ist eine valide Option, aber auch dann bin ich nicht der geeignete Käufer.

    „Ihr“ kauft Kickstarter für hunderte Euro, die sind zu dem Zeitpunkt nicht 1x gespielt worden, weil weder Material noch Anleitung zu Kampagnenzeit existierten.

    Nee, tue ich nicht. Gerade wegen der von Dir genannten "Erfahrungen". Von Lacerda besitze ich selbst nur Gallerist, Escape Plan und CO2, weil ich beide relativ günstig (40/60/80 Euro) kaufen konnte. Kanban und Lisboa hätte ich trotz des Preises gekauft, weil sie mich überzeugt haben, aber die existieren im engeren Bekanntenkreis gleich mehrfach. Andere Spiele, die 30-50 Euro kosten und mir gut gefallen, kaufe ich hingegen sofort selbst, egal wer die noch besitzt.

    Weather Machine klang für mich interessant, weil ich das Thema eigentlich super finde. Das ist auch der einzige Grund, warum ich mich mit Anleitung an Tabletopia herumgequält habe, was so überhaupt nicht meins ist. Leider ist das Thema für mich nicht im Spiel drin, und damit scheide ich als Käufer leider aus. Für mich wirkt das Spiel diesmal wie eine etwas undefinierbare Mechanismencollage ohne inneren Zusammenhang, das ist für mich alles andere als "state of the art". Vielleicht tue ich dem Spiel unrecht, das werde ich dann sehen, wenn es auf dem Markt ist. Aber gegen beispielsweise ein Pandemain, das mich 40 Euro plus 10 Euro Porto im KS gekostet hat, und das wirklich gut durchdacht und extrem thematisch ist, stinkt Weather Machine zumindest nach jetzigem Kenntnisstand schon ziemlich ab. Sicher nicht, was das Material angeht, aber das ist bei Spielen nunmal auch einfach nicht meine Priorität.

    Im Grunde ist das Thema des Spiels also das Arbeiten in einem (natur)wissenschaftlichem (Forschungs)umfeld, konkret am Beispiel der "Wetterforschung".

    Als jemand der in dem Feld gearbeitet hat (also Forschung und Forschungsfinanzierung): Nee, das kam bei mir überhaupt nicht rüber. Das war ja genau das was ich mir nach lesen der Regel gewünscht hätte, warum ich es dann überhaupt ausprobiert habe. Davon ist aber - mit Ausnahme des zitierens und mit Abzügen bei den Vouchern - im fertigen Spiel nichts zu spüren.

    . Da fehlt schlicht das große verbindende Element..

    Das trifft meinen Solo-Eindruck recht gut, wobei ich es gern nochmal zu mehreren spielen will, weil es theoretisch sehr interaktiv werden könnte, zumindest ab 3 Spielern. Aber den Eindruck Wetter zu machen hatte ich nun wirklich in keinem Moment. Wie Huutini schon schrieb, ist das Zitieren noch der beste und originellste Mechanismus, alles andere kennt man irgendwo her.

    aber selbst brauche ich das nicht (das ging mir allerdings bei On Mars auch schon so).

    Witzig. Mein erster Gedanke war: "Ich möchte nie wieder andere Spiele spielen" ;) Das Spiel wurde auch mehrere Tage nicht abgebaut.

    So ging es mir bei Lisboa und im zweiten Anlauf auch bei Kanban. Bei beiden erkenne ich nach wenigen Runden, wie die Aktionen zusammen hängen, was ich auf welchem Wege am besten erreichen kann. Bei On Mars frage ich mich nach 5 Partien immer noch, warum ich auf der Marsoberfläche rumfahren soll, wenn doch gefühlt jede andere Aktion einen weiter voranbringt und es viel wichtiger ist, den regelmäßigen Wechsel von Station zur Oberfläche möglichst kostengünstig hinzubekommen. Dieses Sandboxige ist wohl einfach nicht meins. Aber vielleicht werde ich auch einfach alt und mag mittlerweile die Komplexitätsstufe eins drunter von Kanban, Cerebria oder auch Anachrony lieber.

    Da ich meine Spielerunde absagen musste, hab ich mir eben aus Jux und weil ich dachte es hilft beim Einschlafen das Spiel auf Tabletopia solo angeschaut. Die Regeln, das wurde hier ja schon mehrfach angemerkt, sind deutlich weniger komplex als On Mars, aber wie bei Gallerist zuvor wirken die einzelnen Aktionsbereiche des Spiels weitgehend voneinander abgekoppelt - es gibt kein fassbares übergreifendes Element (Autoproduktion/Marsbesiedelung/Städteplanung) wie in den anderen Lacerdas. Hier fühlt es sich wirklich so an, als könne man überall zugleich irgendwas machen und dafür endlos Boni bekommen und vorankommen, aber man bemerkt nicht wirklich den Zusammenhang, das große Ganze der Aktionen. Ich sehe hier eigentlich nur - und das hat mir schon das kleine Mercado de Lisboa verleidet - Skalen und Einsatzflächen, die man manipulieren kann. Zumindest solo ist es damit eine große Sandbox, ohne dass man ein klares Ziel vor Augen hat. Spielerisch ist es völlig anders, aber es erinnert mich an meine ersten Gehversuche mit Arler Erde, wo ich auch keine Ahnung hatte, was wohl ein guter Weg durch die 60 zur Verfügung stehenden Aktionen sein könnte. Bei Arler Erde hatte ich aber dann wenigstens das Gefühl, dass man wohl Strategien durch diese Aktionen hindurch entwickeln könnte; dieses Gefühl kam jetzt solo hier überhaupt nicht auf. Ich bin neugierig aufs Spielerlebnis zu mehreren, aber selbst brauche ich das nicht (das ging mir allerdings bei On Mars auch schon so).

    Ich hatte es gelesen von knapp über On Mars. 🤷🏻‍♂️

    Wohl Ansichtssache. 😊

    Gallerist wird unter Vinhos eingeordnet? MMn ist das eher anders (Von heftig komplex bis weniger komplex):

    1. On Mars
    2. Lisboa
    3. Kanban EV
    4. The Gallerist
    5. CO2
    6. Vinhos 2016
    7. Escape Plan

    War nicht meine Skala, ich denke da gibt es keine letzten Wahrheiten, und dazu noch die Frage ob man nach Komplexität der Regeln oder der Komplexität der Entscheidungen geht. In letzterer Hinsicht ist Vinhos natürlich deutlich höher anzusiedeln. für mich ist das ein Hinweis dass es nicht ganz oben liegt, also nicht im lisboa- oder On Mars-Bereich, was für mich persönlich die Chancen erhöht das Spiel auch auf den Tisch zu bekommen.

    Selbst wenn man grundsätzlich für Lacerda-Euros empfänglich ist, kommt irgendwann die Frage, ob man wirklich alle davon zuhause im Spieleregal braucht.

    So geht es mir aktuell auch. Extra im Mercado-kickstarter mitgemacht um was fehlendes nachzukaufen. Und jetzt weiß ich gar nicht mehr ob ich das wirklich will. Es fuchst mich halt dass Gallerist 30-40 Euro teurer ist als bei Erstveröffentlichung. Escape Plan fand ich nicht so toll, und Kanban hab ich damals verschenkt weil ausgespielt. Hrmpf.