Beiträge von Fluxit im Thema „Was tun? Spieler, die einknicken, wenn sie (gefühlt) verlieren werden?“

    @Machiavelli101:

    Ich versuche, die Zitate möglichst rauszuhalten, um deine Antwort nicht zu zerpflücken. Wir sind offensichtlich anders veranlagt in Interessen und Charakter.

    Du hast Spaß an Wettkampf und Lernkurve, ich nur im Ausnahmefall. Deswegen hole ich mir da auch wenig Befriedigung ab und sehe wenig Bedarf, darin besser zu werden, jedenfalls für's Hobby. Dafür macht es mir allgemein vielleicht weniger aus, wenn andere Jammerer am Tisch sind. Soll ich jetzt sagen, dass du daran arbeiten müsstest, geduldiger zu sein oder mehr in dir selbst zu ruhen, damit dich das nicht runterzieht? Das würde die Situation beheben und im Leben ginge es dir allgemein besser. Solche Aufforderungen würden aber mir nicht einfallen, jeder Mensch hat halt seine Kanten und Ausprägungen. Deswegen verstehe ich Aussagen nicht, dass ich daran arbeiten sollte, bei kompetitiven Spielen Spaß haben zu sollen (und selbst wenn, ich wüsste auch nicht, wie ich das hinbekäme bzw. wieso ich aus einem Spaßhobby Arbeit machen sollte). Und natürlich ist es rational einfacher, dass man eine Person verändert als eine ganze Gruppe, wenn diese Person sonst alle stört. Aber meine Hauptrunde liebt auch Koops, deswegen tritt der Fall schlicht nicht auf. Deswegen treten bei uns auch deine Beispiele nicht auf, in denen du z.B. geringeren Spaß der Mitspieler oder verschwendete Lebenszeit anführst. Man kann ja zum Glück sowohl seine Spiele als auch seine Freunde aussuchen.

    Zitat von Machiavelli101

    Klar, kann man dies mit der Spielauswahl umgehen, aber das sind für mich letztendlich Vermeidungsstrategien.

    ALLE Spiele sind aus meiner Sicht Vermeidungsstrategien. Ich möchte vom Stress des Alltags ablenken und mit meinen Freunden eine nette, entspannte Zeit verbringen. Wie du es ja auch sagst.

    Und generalisiert gesagt: Das ganze Leben ist nach deiner Aussage Vermeidungsstrategie, oder nicht? Ich vermeide die Filme, Sportarten, Menschen, Beruf, ... die ich nicht mag, die mich Energie kosten, die nicht meinem Charakter entsprechen, etc.; aber jede Entscheidung gegen etwas ist auch eine Entscheidung für etwas. Wir beide entscheiden uns eben für andere Spiele :)


    Zitat von Warbear

    Sobald so ein Ober-Jammerer mit von der Partie ist, wird bei jedem Spiel eine Jammer-Phase eingefügt (meist am Anfang oder am Ende jeder Spielrunde), in der jeder jammern darf, soviel er will. Während der Spielrunde darf dann nicht mehr gejammert werden.

    Das finde ich eine klasse Idee! Allgemein, nicht nur für Spiele. Alles wegdrücken geht eben nicht immer und so gibt es ein Ventil. Manchmal muss Ärger nur kurz anerkannt werden, damit er wieder gehen kann.

    Warum muss ich überhaupt laut jammern? Das interessiert die anderen 3 - 4 Mitspieler doch übergaupt nicht. Ist das Egoismus?

    Das glaube ich nicht. Meine These ist vielmehr, dass Spieler, die lieber gegeneinander spielen, ein ausgeprägteres Ego haben. Ist das an dieser Stelle wichtig?


    Gründe für's Jammern sehe ich aus eigener Erfahrung stattdessen darin: Ich komme mit Freunden zusammen, um Spaß zu haben. Und wenn ich ab einer bestimmten Stelle sehe, dass für die nächste Zeit alle außer mir Spaß haben, bricht meine Laune ein und das drücke ich aus. Das ist übrigens auch umgekehrt so, dass es mir wenig Spaß macht zu gewinnen, wenn mein Gegenüber wenig Spaß am Spiel hat. Und weil dieser Thread oft Sieg / Niederlage hervorhebt: Ich finde die Zeit vor Sieg / Niederlage, also das Spiel selber, meistens viel wichtiger.

    Gibt aber auch andere Gründe. Ich ärgere mich z.B. über mich selber, wenn ich feststelle, dass ich als neuer Mitspieler eine Mechanik missverstanden und deswegen meinen Spielzug verschwendet habe, was dann früh die Niederlage einleitet.

    Mitleid-Jammern finde ich hingegen auch befremdlich.


    Hilft das Jammern? Nein. Und natürlich kann man dann fragen: "Wieso änderst du dich nicht und hast dann lieber Spaß?"

    Aber so einfach ist es ja nicht.

    Zitat von Machiavelli101

    Das ist doch nur eine Ausrede, nicht an sich zu arbeiten, oder sehe ich das falsch?

    Das wiederum finde ich eine sehr spannende Frage! Aus zwei Punkten:

    1) Soll man überhaupt daran arbeiten?

    Für's Spielen? Ich denke nicht, jedenfalls nicht solange die Spielauswahl alles löst, was bei uns der Fall ist. Wie oben gesagt, natürlich hätte ich gerne möglichst oft Spaß. Aber ich bin genau so ein beliebter Spielabendgastgeber und sowohl privat als auch beruflich fluppt's. Andere Spieler mögen keine Koops. Ich mag keine Spiele gegeneinander, bei denen ich absehbar über längere Zeit verliere. Manche meiner Freunde lieben Fußball, ich kann nichts damit anfangen. Da ich mit entscheiden kann, wie ich meine Freizeit verbringe, sehe ich nur bedingt Änderungsbedarf. Warum bedingt? Weil manchmal neue Spiele auf den Tisch kommen und der Spielspaß da schwerer im Vorhinein abzuschätzen ist, so dass ich mir das Jammern nicht komplett verkneifen kann.

    Für's Leben generell? Schadet es sicher nicht, das mal anzusehen. Gilt ja für alle von uns, irgendwelche Ticks oder nervige Seiten hat ja jeder.

    2) Kann man mit einem Spiel daran arbeiten?

    Bestimmt, denn Spiele sind eigentlich perfekt, um daran zu wachsen. Wir bräuchten vielmehr spielerisches Umfeld in der Gesellschaft. Allerdings weiß ich nicht, wie es dir geht, aber wenn ich mich abends mit Freunden zum Spielen treffe, habe ich meistens eben nicht die Resourcen, um mich auf mein Persönlichkeitswachstum zu fokussieren ;) Grundsätzlich fände ich aber gut, wenn wir Spiele auch nutzen, um zu einer besseren Version unserer selbst zu werden. Logischerweise nicht nur im kompetitiven Bereich. Gerade beim Koop geht das ebenfalls prima, z.B. beim Alphaplayer-Thema.

    Ich bin selbst so einer, leider. Also nicht immer und auch nicht so extrem (nicht destruktiv, werde aber schnell unzufrieden und jammere), die Tendenz ist jedenfalls definitiv da, obwohl ich bei meinen Freunden für meine Großzügigkeit bekannt bin. Zum Beispiel koche ich gerne für sie, wenn wir spielen. Und unsere Spiele kaufe auch fast alle ich.

    Zum Glück kann ich die Spielwahl deswegen mitsteuern und bei mir kommen tatsächlich hauptsächlich größere Koops oder Exit-Spiele auf den Tisch. Und davon gibt es ja genug. Wenn meine Freunde nun z.B. Risiko spielen wollten, würden sie das halt bei sich machen und ich würde vermutlich nicht kommen, was aber für keinen von uns schlimm wäre, sie kennen das.


    Allerdings möchte ich es nicht nur auf dem Charakter sitzen lassen, es ist auch Spieldesign. Es geht bei mir jedenfalls nicht ums Verlieren. Es geht darum, dass man das Verlieren lange kommen sieht und nichts dagegen tun kann. Deswegen ist Monopoly auch so schlecht. Ich schaue mir Spiele gut an, bevor ich mir welche hole. Mechaniken, die für mich beim Verlieren in kompetitiven Spielen das Spiel weiterhin aufwerten können sind z.B.:

    - Kurze Spiele (Love Letter & Co)

    - Endwertungen, die Überraschungen mit sich bringen

    - Gutes Beschäftigungsgefühl (Railroad Ink bietet mir ein Puzzle und macht Spaß, egal ob ich gewinne)

    - Kingmaker-Möglichkeiten (aber nur in Maßen, manchmal gefällt mir das gerade nicht)

    - Ausgleichsmechanismen für den letzten Spieler (z.B. wie in Quacksalber v.Q.)

    - Spiele, bei denen man auch Spaß hat, wenn andere dran sind (z.B. Funemployed)

    - Stichkartenspiele


    Schwieriger finde ich:

    - Allianzenbildungsspiele

    - Mechanismen, bei denen für mich gute Züge den Aktionsraum der anderen begrenzen (z.B. in Siedler jemanden per Straßen aussperren oder in Blood Rage jemandem Aktionen für mich selber klauen)

    - Generelle "Take that"s, die direkt gegen andere Spieler gehen. Ausnahmen sind lustige oder kurze Spiele.


    Komischerweise geht Small World ganz gut.


    Mein Fazit ist, dass Spielauswahl helfen kann, auch über den Abend hinweg. Und dass alle Spieler ähnliche Erwartungen an die Art der Spiele mitbringen sollen. Wenn beides nicht hilft und jemand regelmäßig aus der Reihe schlägt, würde ich schlicht nicht mit mit ihnen spielen. Oder nicht an der Runde teilnehmen, wenn ich wie bei mir selber wüsste, dass es mir wenig Spaß machte.


    Habt ihr es mal mit Semikoops versucht? Rein interessehalber. Hab damit selbst wenig Erfahrung.