Hab mal spaßeshalber die TTS-Demo getestet. Sorry schon jetzt für die Wall of Text
Vorweg: Ich bin ein riesiger Fan des Videospiels, war schon damals in der Beta dabei und hab in die Vollversion weit über 100 Stunden investiert. Für mich eines der besten Spiele überhaupt. Dementsprechend groß war auch meine Vorfreude auf das Brettspiel. Aber um es gleich zu verraten: Ich konnte mich nie dazu durchringen, in das Projekt einzusteigen. Das Artwork ist natürlich göttlich, allerdings ist dies auch der Vorlage geschuldet. Es fiel mir dennoch irgendwie schwer, nicht einzusteigen, wobei am Ende, nach einigen Let's Play Videos, die Vernunft gesiegt hat. Trotzdem verfolge ich die Entwicklung weiterhin so nebenbei, und irgendwann dachte ich, dass ich doch mal die Demo testen könnte.
Die Demo beinhaltet 5 Quests und 2 (oder waren es 3?) Bosse. Es gibt bereits eine vorgefertigte Gruppe (man kann aber auch durchwechseln) mit Crusader, Hellion, Highwayman und Vestal. Hab diese auch einfach übernommen. Also erste Quest gleich erstmal vorbereitet und losgespielt. Was mir jedoch sofort aufgefallen ist; das Spiel hat eine Menge Material. Es gibt Unmengen an unterschiedlichen Tokens, Karten, Tiles etc. Sofern es nicht bereits von Haus aus eine Lösung dafür gibt, ist eine Sortierbox Pflicht. Für die TTS Demo aber natürlich total egal. Mir geht es ja auch ohnehin nur um das Gameplay. Hab die erste Quest bzw. das erste Dungeon noch nicht ganz abgeschlossen, aber da ich nicht weiß, ob ich noch weiter spielen werde, zumindest erstmal ein Vor-Fazit.
Also, die Grund-Essenz vom Videospiel ist es ja, das Beste aus einer schlechten Situation zu machen. Hat Mythic dieses Gefühl eingefangen? Ich sach mal Jein. Man merkt, dass sie das Spiel ähnlich gnadenlos gemacht haben wie das Vorbild. Und das ist ansich auch gut. Aber aus meiner Sicht leider nicht gut umgesetzt. Wo man im Videospiel jederzeit immer irgendwo noch die Kontrolle darüber hat, gegen unglückliche Situation zumindest gegen zu halten, habe ich im Brettspiel das Gefühl, dass ein Dungeon eine unaufhörliche Abwärtsspirale ist. Und das liegt, im Gegensatz zum Original, nicht an den Kämpfen, sondern kurioserweise an der Exploration-Phase.
Jeder Held würfelt zu Beginn eines Dungeons je zwei Provision Dice. Daraus ergibt sich, wie viele Fackeln, Schaufeln, Proviant etc. man für die Quest hat. Insgesamt hat man also 8 Ressourcen, mit denen man dann klar kommen muss. Man kann zwar noch Truhen finden, wo man nochmal einen zusätzlichen Würfel werfen darf, aber grundsätzlich sind es diese 8 Ressourcen. Und jeder Gang, den man erforscht, erfordert, dass jeder Held je 2 Gefahrenwürfel würfelt (man kann auch vorher scouten und muss dann nur jeweils einen Würfel werfen, jedoch erleidet dann jeder Held +1 Stress). Da kommen dann eben Hindernisse, Hunger, Fallen etc. bei raus. Manchmal auch gar nichts (aber eher selten). Und hier muss man irgendwann unweigerlich Schaden, Stress, Krankheiten, negative Zustände etc. in Kauf nehmen. Und man kann nichts dagegen tun.
Ja, entspricht in Teilen auch dem Vorbild. Aber wie gesagt, nur in Teilen. Während man sich dort zu Beginn eines Dungeons mit Vorräten selbst eindecken kann, und irgendwann auch ungefähr einschätzen kann, welche Vorräte für welches Dungeon besonders wichtig oder hilfreich sind, und welche Vorräte man immer mitnehmen sollte, basiert im Brettspiel alles auf Zufall. So kann es durchaus sein, dass man in ein Dungeon ohne Fackeln oder Schaufeln geht, einfach, weil man keine gewürfelt hat. So ist jede Falle oder jedes Hindernis ein garantierter Lebenspunkte- und Stressverlust. Auch kann ich im Videospiel entscheiden, ob ich eine bestimmte Truhe öffne, oder eine andere Kuriosität untersuche. Hier habe ich keine Wahl. Würfel ich auf dem Gefahrenwürfel die Curio-Seite, muss ich es machen. Schaue ich in eine eiserne Jungfrau, wenn meine Truppe schon auf der letzten Rille geht und ich keine Medical Herbs dabei habe? Eher nicht. Im Brettspiel habe ich keine Wahl. Und apropos; alle Curios haben negative Effekte. Und diese werden immer angewendet. Verhindern lassen sich diese nur, wenn man vorher eine Fackel dafür ausgibt. Wenn man also keine gewürfelt hat, oder diese vorher schon anderweitig verwendet hat, hat man Pech gehabt.
Das führte zu einer aus meiner Sicht äußerst verrückten Situation. Der erste Raum im Dungeon war gleich ein Kampf. So viel dazu: Die Kämpfe sind in Ordnung. Ich kann noch nicht all zu viel dazu sagen, da man auf Level 1 ja auch nur 3 Fähigkeiten hat, was die taktischen Möglichkeiten ein wenig einschränkt. Dadurch war es in der Regel auch immer recht offensichtlich, was welcher Held machen muss. Zumal man die Reichweite und die Haltung berücksichtigen muss. Nicht jede Fähigkeit lässt sich mit jeder Haltung ausführen. Ganz wie im Original. Ich kann mir dabei jedoch vorstellen, dass bei 4 Spielern nicht jeder den gleichen Spaß hat. Ein Heldenzug war halt recht schnell durch. Und je nachdem, in welcher Haltung man sich befindet oder wie weit ein Gegner weg ist, kann man in manchen Fällen außer Haltung wechseln oder sich bewegen auch gar nicht viel machen. Solo fällt das nicht ins Gewicht. Wenn aber jeder Spieler einen Helden spielt, ziemlich doof. Daher ist man auch taktisch oft eher unterfordert. Ich musste zumindest gar nicht viel überlegen in den Kämpfen.
Das mag sich später, wenn man mehr Fähigkeiten hat, durchaus ändern. Kann ich aber nichts zu sagen. Daher erstmal nur unter Vorbehalt. Wie gesagt, insgesamt sind die Kämpfe in Ordnung, bislang aber nichts weltbewegendes. Kein Vergleich zum Videospiel.
Jetzt aber zu der angesprochenen verrückten Situation. Beim Kampf sind meine Helden alle insgesamt gut durchgekommen. Die Hellion hatte einiges einstecken müssen, und der Highwayman litt unter Bleeding, aber ansonsten waren Wunden und Stress noch kaum der Rede wert. Danach habe ich erstmal 3 Räume ohne Kämpfe erkundet, inklusive nicht zu verhindertes Backtracking (gibt immer +1 Stress für jeden Helden). Bis zum nächsten Kampf in 4 Raum war meine Truppe allerdings quasi halbtot. Und das ist weder überspitzt formuliert, noch ein Witz. Es gab in der Zeit nämlich etliche Fallen, Hindernisse, Kuriositäten, Hunger usw. Und die Ressourcen waren entsprechend längst aufgebraucht oder nutzlos (3 x Bandagen gewürfelt). Meine Helden litten unter 2 Krankheiten, Blight, Bleeding, einen negativen Quirk, Licht ging zur Hälfte zur Neige, und die Gesundheit war bei allen fast bis auf die Hälfte runter. Einzig der Stress war kurioserweise noch halbwegs okay.
Verrückt finde ich das alles deshalb, weil dies völlig konträr zum Vorbild verlief. Während dort in erster Linie die Kämpfe die Schwierigkeiten verursachen und die Erkundung eher sekundär ist, ist es im Brettspiel gefühlt genau andersrum. Die Kämpfe bekommt man so nebenbei hin, während man in der Exploration-Phase erst wirklich ins Schwitzen kommt und hofft, dass kein Held dabei drauf geht (jetzt tatsächlich etwas überspitzt formuliert).
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Lange Rede, kurzer Sinn. Mir gefällt die Ausrichtung des Spiels nach dem Anspielen der Demo leider überhaupt nicht. Dazu kommen viel zu viele Glückselemente, die teilweise selbst im Original keine Glückselemente (Stichwort: Vorräte) oder nur bedingt Glückselemente sind (Stichwort: Initiative. Im Brettspiel komplett glücksabhängig, ohne die Möglichkeit einer Beeinflussung). Man würfelt halt die ganze Zeit so vor sich hin, und so richtig schwerwiegende Entscheidungen waren zumindest im ersten Dungeon nicht zu treffen. Daher hatte ich immer so ein bisschen das Gefühl, dass sich das Spiel von allein spielt. Außerdem könnte ich mir vorstellen, dass das Spiel mit den ganze Token und zig unterschiedlichen Karten für positive Quirks, negative Quirks, Curios, Rooms, Stygian Rooms, Boos Rooms, Trinkets, Diseases etc. ziemlich fummelig werden könnte. Aber da das ja jetzt im TTS war, und ich noch dazu nicht weit gespielt habe, kann ich dazu auch nur eine bedingte Aussage treffen. Wie natürlich überhaupt zu dem ganzen Spiel. Wie gesagt, vielleicht wird es später tatsächlich besser, aber Stand jetzt hätte ich überhaupt gar keine Lust mehr, weiterzuspielen.
Und das ist für mich schon ein sehr schlechtes Zeichen. Vor allem, wenn man bedenkt, wie unendlich gut ich einfach das Videospiel finde. Und sorry nochmal für die Länge des Textes, aber mich stört es sehr, dass jemand die Chance, aus DD ein Brettspiel zu machen, aus meiner Sicht so an die Wand gefahren hat.
Ich hoffe, jemand hat überhaupt den ganzen Text gelesen, ansonsten war es mir einfach ein Anliegen, etwas zum Brettspiel schreiben zu müssen Ich möchte damit auch keinem Backer den Spaß vermiesen. Ich hoffe, ihr habt alle Spaß mit dem Spiel, aber ich persönlich bin umso froher, nicht eingestiegen zu sein.