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Das Spiel ist gestern angekommen, wurde dann ausgepackt und grob aufgebaut. Heute habe ich mich intensiv damit beschäftigt und das erste Szenario (erfolgreich) beendet. Habe dafür, also für das Regelwerk/Lernen + erstes Szenario (Einführungsszenario), knapp 7h benötigt.
Es gibt ein paar Sachen, die nicht gut erklärt sind, hauptsächlich das Erstellen des Monsterdecks und das ganze Regelgeflecht um die Sagas. Wer das schon mal hinbekommt bzw. sich erklären lässt, spart gut 50% der gesamten Aufbauzeit. Ich glaube mit keiner anderen Mechanik habe ich mich so lange beschäftigt. Vielleicht noch das Erstellen der Saga Decks. Das geht in der Anleitung etwas drunter und drüber.
Der Kern des Spiels jedoch, also das Ausführen von Aktionen, ist ganz in Ordnung erklärt. Die Challenges (z.B. Kämpfe) benötigen etwas Übung, weil relativ viel berücksichtigt werden muss (Ambush? Vorteil? Hat der Held eine Wunde? Tageszeit? Wie kann ich mich vorbereiten? Wie kann ich mein Ergebnis noch verbessern?). Da musste ich oft blättern und nochmal nachlesen. Außerdem hat an einer Stelle des Regelbuch dem Szenariobuch widersprochen: Szenariobuch sagt "Herald: None" (Herald=Episches Monster/Endboss/zustäzliche Monster-Mechanik), Regelbuch sagt für exakt das gleiche Szenario: "Herald: Chasm of Oblivion". Na gut, da halte ich mich jetzt nicht ewig dran auf und habe es einfach ohne gespielt. Möglich, dass in dem Regelbuch der 'Chasm' auf der Weltkarte (quasi die Verderbensleiste aus einem Eldritch Horror) einfach als Herald interpretiert wurde, den man nicht klassisch bekämpft, der aber der "gegnerische" Spielmotor ist, der versucht einem das Szenario zu vermiesen.
Ich muss aber sagen, dass die schlimmste Anleitung für mich immer noch die von Coffee Traders ist. Die ist zwar deutlich strukturierter, aber an einigen Stellen so voll mit Schachtel- und Nebensätzen (Beispiel der Logik: wenn X/Y und Z, dann A, aber nur A und B, wenn nicht C eintrifft). Also da musste ich ebenfalls Sätze fünf mal lesen, ehe ich es kapiert hatte. Oder wenn ich an Arkham Horror LCG denke, wo wir nach dem dritten Spiel erst das Spiel so richtig verstanden haben, auch dann immer noch hin und wieder nachgeschlagen haben und selbst im zweiten und dritten Spiel a) viel falsch gemacht haben trotz b) vielen Nachschlagen im Regelwerk.
Insgesamt ist der Aufbau zwar schon langwierig, aber keine Vollkatastrophe. Generell hilft es ruhig und gelassen zu sein und nicht gleich an den Kronleuchter zu springen wie der eine oder andere hier aktive YouTuber, der ja generell recht schnell in Rage kommt Für ein Video absolut genial und bietet guten Unterhaltungswert, aber Durchatmen und ein bisschen der Intuition und Erfahrung folgen, hilft bei diesem Spiel. Ich hab's mir ehrlich gesagt nach dem ganzen 'gehate' noch schlimmer vorgestellt. Es ist ein bisschen das Dark Souls unter den Anleitungen. Das sage ich aber als jemand, dem die Komplexität eines Eldritch Horrors oder Great Western Trails eigentlich schon reicht und einen großen Bogen um beispielweise Sword and Scocery oder Mage Knight macht (aus noch anderen Gründen).
Wer brettspielerfahren ist, kriegt den Aufbau von Zerywia hin. Und das Spiel selbst ist es definitiv wert aus folgenden Gründen:
Ersteinmal ist da so viel Content drin. Vier oder fünf Kampagnen mit jeweils vier Szenarien. Dann gibt's einen kampagnen-unabhängigen Spielmodus, der bei jedem Durchgang variiert werden kann. Keine Ahnung wie lange man spielen muss, bis man nichts Neues mehr sieht. 100 Stunden? Dafür lohnen sich die zähen Anfangsstunden schon mal. Dazu kommt, dass es ein wirklich tolles Abenteuerspiel ist. Es gibt ja so andere Vertreter in dem Genre, wo man entweder nichts anderes macht, als nach jeder Bewegung zu kämpfen, oder wo einfach nichts aufregendes passiert, oder die Welt starr bleibt oder es überhaupt eine Dringlichkeit gibt. Bewegung hier in Zerywia fühlt sich nicht trivial an, weil ich a) nicht innerhalb von 10 Realzeit-Sekunden über die ganze Karte hüpfen kann, b) das auch in einem In-Game-Tag nicht funktioniert, und c) an unterschiedlichen Orten unterschiedliche Sachen zu unterschiedlichen Zeiten passieren können.
Würfelfreunde kommen auch auf ihre Kosten weil Proben generell ausgewürfelt werden. Taktiker freuen sich, weil es viele Möglichkeiten bzw. Synergieeffekte gibt, um Würfelergebnisse oder Proben zu beeinflussen. Das Spiel arbeitet jeden "Zyklus" (=1 ingame Tag = 4 Spieler-Runden) gegen einen. Ich fühlte mich zwar bei weitem nicht so unter Druck gesetzt wie bei Arkham Horror LCG oder Eldritch Horror. Das kann aber am 1. Szenario gelegen haben, was wahrscheinlich noch etwas gnädiger ist. Außerdem habe ich zweimal extrem beim Würfeln 'rumgeluckt'; das hätte sonst anders ausgehen können.
So, bevor das jetzt aber zu sehr in eine Art Besprechung abdriftet, die ich nach dem ersten Szenario noch gar nicht für mich beanspruchen kann, mache ich hier einen Punkt. Kurzum: mir gefällt das Spiel auf Anhieb und das Regelwerk ist nicht das Schlimmste, was ich je gelesen haben. Viele Sachen sind sehr ausführlich und zweifelsfrei erklärt, so dass man auch nicht sagen könnte, dass das von vorn bis hinten der letzte Scheiß ist. Bei den Monstern und Sagas einmal durchbeißen, die "Challenges" üben und mehrfach spielen und dann klappt das auch mit Zerywia