So es wird Zeit für einen "Ersteindruck", der eigentlich sehr intensiv geraten ist, da wir die komplette Kampagne inzwischen durchgespielt haben. 20 Stunden haben wir zu zweit etwa dafür gebraucht (grob geschätzt, eher etwas aufgerundet).
Und dann les ich gerade in der neu erschienenen Spielbox die Rezension von Gerald Rüscher und bin doch etwas überrascht: 5 von 10 Punkten? Daneben im kleingedruckten Kasten die kurze Meinung der Kollegin Sybille Whitehall: 9 von 10 Punkten. Also ganz offenbar spaltet das Spiel.
Beim genauen lesen der Rezension wird auch klar, wo mögliche Unterschiede im Eindruck herrühren könnten: Gerald Rüscher schreibt, er habe schon viele Kampagnenspiele gespielt wie Pandemic Legacy, Klong Legacy und Rise of Queensdale etwa - also stehen Mechanismen aus Eurogames zum Vergleich. Was ihm am Spiel gefiel war der doch recht puzzelige Kampfmechanismus, bei dem wir die Schadenspunkte klug über die Karten der Gegner verteilen müssen und z.B. entscheiden, ob wir mit unseren Treffern deren Angriffsschaden senken oder gleich noch eine Wunde mehr hinzufügen wollen, aber das Reisen in der offenen Welt kam bei ihm gar nicht rüber, die Story auch nicht und die Abhandlung der Ereignisse, denen wir begegnen mit Entscheidungsoption, welche der Proben gemacht werden soll auf etwa Geschicklichkeit, List oder Weisheit fand er banal. Sein Fazit: Open-World-Konzepte funktionieren zwar im Videospielbereich, aber nicht bei Brettspielen.
Mein Fazit fällt da anders aus: der Probenmechanismus wie auch der Kampfmechanismus sind für mich eher Beiwerk, das ich hinter mich bringe, um weiter zu entdecken und die Geschichte zu erleben. Es ist meist ok, aber macht für mich nicht den Reiz aus. Im Gegenteil: mechanisch hat Ryan Laukat das Spiel ja bereits etwas weiterentwickelt und auf die Fortsetzung in Distant Skies freue ich mich bereits deshalb schon. Aber ich bin auch froh, bereits die erste Kampagne nach längerem hin und her überlegen doch noch erworben zu haben und möchte auf jeden Fall mindestens noch 1-2 weitere Kampagnendurchläufe spielen, um den Rest der Welt und der Erweiterungen noch zu entdecken. Die Reise im Abenteuerbuch über die verschiedenen Karten ist toll umgesetzt, grafisch wunderschön und macht Spaß. Sich von Begegnungen mal hierhin, mal dorthin treiben zu lassen, ebenfalls. Gerne ändern wir das nächste Reiseziel oder die Mission, wenn eine Begegnung uns eine neue Richtung vorschlägt. So lassen wir uns auch mal treiben und überraschende Vorschläge bringen neue Wendungen.
Inzwischen hat sich mein Spielegeschmack aber auch verbreitert: neben zahlreichen Eurogames spiele ich auch gerne mal Dungeon Crawler oder andere Abenteuerspiele und mit Lands of Galzyr ist bereits ein für uns erstklassiges geschichtengetriebenes Spiel mit Entscheidungsoptionen eingezogen, das mehr von der Immersion der Spielwelt als von den Mechanismen lebt. Wer mehr auf die Mechanik schaut, wird bei Sleeping Gods wahrscheinlich nicht sein Highlight finden. Man muss sich auch ein wenig treiben lassen wollen und kein Problem mit Zufallselementen haben.
So ganz entschieden bin ich bei meiner Wertung noch nicht: ich hatte bei jeder Partie Spaß und fühlte mich nur minimal gestört von einer teils etwas repetitiven Mechanik über die zufällig aufgedeckten Kartenwerte bei Proben und zur Festlegung, ob ich im Kampf überhaupt treffe. Wahrscheinlich lande ich aktuell zwischen 8 und 9 Punkten, Galzyr hat noch etwas mehr Spaß gemacht, weil das Spiel einen phänomenal guten Speichermechanismus hat und noch leichter auf den Tisch kommt. Aber beides tolle Spielerlebnisse, die ich nicht missen möchte.
Hier noch ein paar bildschöne Eindrücke, um nicht zu spoilern ohne Gegner: