Beiträge von MetalPirate im Thema „Sendung von Importspielen vom Zoll gestoppt“

    So, jetzt habe ich auch mal geschaut. Dominant Species (2018) hat eine Altersangabe (nämlich 14+), Time of Crisis (2017) ebenso, aber Twilight Struggle (Deluxe Version mit copyright 2015) hat keine. Es ist also nicht so, dass alle GMT Spiele Altersangaben hätten. Womöglich haben die neueren GMT Spiele alle welche, aber zumindest bis 2015 gab es belegbar Spiele ohne eine solche Angabe. Ohne eine solche Angabe ist für den Zoll nicht auf den ersten Blick erkennbar, ob es Kinderspielzeug ist oder nicht. Natürlich deutet manches darauf hin, dass Twilight Struggle oder Ähnliches kein Kinderspielzeug ist, aber man kann nicht erwarten, dass Zollkontrolleure Brettspielexperten sind.

    GMT produziert in erster Linie für den amerikanischen Markt. Schon richtig. Aber soooo extrem klein ist der europäische Markt auch wieder nicht. Wir reden ja nicht von rein deutschen Regelungen, die weltweit tätigen Firmen egal sein könnten, sondern von Regelungen die in der gesamten EU und assoziierten Ländern gültig sind. Da sollte sich dann auch ein US-Verlag dran halten, wenn er in Europa etwas verkaufen möchte. Auch ein guter Grund, in einer starken Wirtschaftsunion zu sein. (Hallo, Brexiteers, freut ihr euch schon auf amerikanische Chlorhühnchen?)

    Wenn ich die -- natürlich viel zu geringe! -- Stichprobe meiner drei vorhandenen GMT-Spiele so anschaue, dann könnte es ja durchaus sein, dass GMT das mit den verpflichtenden Altersangaben mittlerweile auch für alle neueren Spiele so umsetzt. Aber wenn in der Lieferung für UGG ältere Sachen drin waren und der Zollinspekteur hat bei seiner Stichprobe halt blöderweise sowas erwischt... dann hängt die Sendung eben erstmal fest. Wenn sogar im UGG Newsletter die fehlenden Altersangaben thematisiert werden, deutet so manches darauf hin. Klassischer Fall von "selbst schuld". Man kann Regeln ignorieren, aber selbst wenn man neunzehnmal damit durchkommt, hat man kein Anrecht darauf, dass es beim zwanzigsten Mal wieder klappen muss.

    Absurd wird es deswegen, weil der Importeur das Ganze künftig dadurch umgehen könnte, indem er in ein EU-Nachbarland importiert und die Ware von dort per Lkw nach Deutschland bringt.

    Kann er nicht. Im EU-Nachbarland gelten exakt die gleichen EU-Importbestimmungen und -Richtlinien, z.B. für Spielzeugsicherheit. Kann natürlich sein, dass dort die Wahrscheinlichkeit höher ist, dass die Ware beim Zoll nur oberflächlich inspiziert oder ganz durchgewunken wird.

    Dass sich die ganzen Regeln eher auf Kinderspielzeug als auf Brettspiele beziehen und genauso auch eher auf Produkte aus Fernost und nicht unbedingt aus den USA, das ist völlig klar. Brettspiele kommen deshalb meistens problemlos durch den Zoll durch. Trotzdem ist der Sinn der Regeln klar, wenn man mal wieder von einem chinesisches Elektrospielzeug liest, das Stromschläge verteilt, oder von der ganz schnell lichterloh brennenden Puppe aus Fernost, oder davon, dass wieder mal giftige Substanzen in Babyspielzeug entdeckt wurden.

    Die entsprechenden Regelungen sind altbekannt (CE-Kennzeichnung gab es schon im letzten Jahrhundert), und wenn die importierende Brettspieleindustrie von Problemen bei Kontrollen verschont werden will, müssen sie sich einfach nur an die Regeln halten. Sonst geht's ihnen mit etwas Pech (z.B. verschärfte Kontrollen aufgrund vorheriger Vorfälle mit bzw. Funde von gefährlichen Sachen) so wie manchen Verlagen vor zwei Jahren in Essen, die dann ohne Ware da standen. Selbst Schuld. Bei Zollinspektionen muss man halt zeitliche Sicherheitsreserven einplanen, auch wenn's zu 95% problemlos klappt. Ist einfach so, so funktioniert der Zoll, überall: Gelegentlich hängt mal was fest.

    Außerdem ist die Sache für Brettspiele doch eigentlich halb so wild. Der ganze Kinderspielzeug-Zertifizierungs-Kram lässt sich mit der Angabe 14+ schon recht effektiv umgehen. Und was offiziell Kinderspielzeug ist (<14), das soll hier in der EU meiner Meinung nach auch gewisse Standards erfüllen. Das ist gut und richtig so.

    Wenn man in einem Kickstarter-Update liest, dass es beim Fulfillment Probleme gab, nämlich beim Import der Spiele nach Australien wegen einer verwendeten Holzsorte und einer dafür fehlenden Pilzbehandlungszertifizierung... okay, das muss der amerikanische Macher nicht unbedingt vorher wissen. Aber dass ein deutscher Importeur sich überrascht zeigt, wenn der Zoll ein CE-Zeichen sehen möchte... also bitte, das ist sein Job, sowas zu kennen. Dann über Beamten und Bürokraten zu meckern, ist einfach völlig daneben.

    Es geht nicht im Exportbestimmungen von zig Ländern, sondern um einen festen Satz von Importbestimmungen der EU. Mit Altersangaben und CE-Zeichen fällt gelegentlich mal einer auf die Nase, von Crowdfunding-Kampagnen bis zu Verlagen auf Spielemessen. Wer ein bisschen aufmerksam durch die Brettspielwelt geht, hat von solchen Fällen sicher schon ein paar Mal gehört, und das als normaler Endkunde.

    Dann sollte ein Importeur doch eigentlich erst recht wissen, dass es da gewisse Dinge zu beachten gibt. Für Verlage gilt ähnliches. Es hat schon einen Grund, warum z.B. viele ausländische Kleinverlage auf ihre Spiele grundsätzlich 14+ als Altersangabe draufschreiben. Das macht den EU-Import einfacher.

    Irgendwo ist das aber auch dilettantisches Verhalten von Hersteller und Importeur. CE-Zeichen und verpflichtende Altersangaben gibt es nicht erst seit gestern.

    Die grundlegenden Importbestimmungen in seinem Bereich sollte ein Importeur schon kennen. Das meiste davon, z.B. Regelungen zur Spielzeugsicherheit, sind absolut begründet, und wenn der Zoll da etwas rausfischt, was nicht den Regeln entspricht, dann hat er einfach nur seinen Job gut gemacht. Unter diesen Umständen auf die "bösen Bürokraten" zu schimpfen, ist ein bisschen billig.