Beiträge von RonSilver im Thema „ The Everrain (Grimlord Games)“

    Andererseits bin ich jemand der sich beim Regellernen schwer tut und ständig nachschlagen muss(und ich normalerweise nicht so der Expertenspieler bin). Über 30 Seiten-Anleitungen sind für mich ein schwerer Brocken weshalb ich auch gezögert habe es zu kaufen(und natürlich auch die Hinweise auf Regelunklarheiten (weshalb ich teilweise daran denke mir Spiele nicht gleich nach dem Erscheinen zu kaufen, sondern u.U. Jahre später wenn es überarbeitete Regeln gibt ).

    Auf den ersten Blick liest sie sich gut und hat viele Beispiele, aber am Ende ist die Anleitung von Everrain schon im englischen Original ziemlich schlimm (und ich kann mir nicht vorstellen, dass die deutsche da irgendwas besser machen wird, weil es bestimmt nur eine Übersetzung und keine Überabeitung sein wird). Während der Partien entstehen einfach so viele Situationen, in denen das Regelbuch nicht eindeutig oder auch einfach nichts vorgibt.

    Wenn du also Schwierigkeiten mit solchen Regelwerken hast, wirst du vermutlich nicht glücklich damit.

    Immerhin gibt es eine Zusammenfassung vom Esoteric Order of Gamers. Die konkrete für Everrain kenne ich nicht, aber ich finde die Arbeiten vom EOoG immer herausragend gut. Letztlich ist das nur eine Referenzübersicht und nichts zum Regelnlernen, aber vielleicht geht's dann mit dem Regelbuch gemeinsam dann doch besser. 🙂

    Ich habe mir inzwischen das Core-Spiel besorgt und zwei mal solo gespielt. Beide Male habe ich nicht zu Ende gespielt. Beim ersten Mal war es eh nur der Testballon um die Regeln zu lernen und ich hab auch essentiell was falsch gespielt, dann irgendwann gemerkt, und abgebrochen. Beim zweiten Mal war meine Zeit an dem Abend einfach zu Ende und aufgrund "suboptimaler" Speichermöglichkeiten, habe ich dann die Partie abgebrochen und zusammengeräumt.

    Das Regelbuch sieht professionell aus, verfügt genre-üblich über keinen Index und ist am Ende aber auch doch öfters schwammig, teils widersprüchlich oder auch sonst nicht ausführlich genug geschrieben. Es gab während der Partien dermaßen viele "Edge cases" für die dann ein Blick in die offiziellen und inoffiziellen FAQ oder gar Eigeninterpretation notwendig ist. Das hält etwas auf, da auch in meiner zweiten Partie alle paar Minuten wieder irgendwas eingetreten ist, bei dem ich in besagte Quellen und meine diversen Seiten eigene Notizen konsultieren musste.

    Ziel des Spiels

    Spieler und Spiel wetteifern auf einer Zeitleiste um den Fortschritt. Erreichen die Spieler zuerst das Ende, haben sie gewonnen, erreicht das Spiel diesen Punkt zuerst oder erwacht der Elder God und erfüllt dieser seine Ziele, gewinnt das Spiel.

    Beschreibung

    Jeder Spieler fährt mit einem eigenen Schiff über die Gewässer und erkundet diese auf der Suche nach Hinweisen (Clues). Diese Clues sind einfach genau wie bei Eldritch Horror Tokens (auch mit Lupe) und sollen thematisch Hinweise auf das Schicksal der Welt oder sonst irgendwas sein, das im Spiel überhaupt keine echte Relevanz hat. Man könnte auch sagen, man sammelt "XP". Die Clues bekommt man schon durch das Aufdecken von neuen Meer-Tiles oder aber auch ab und zu durch Looten oder das erfolgreiche Beenden von Stories. In Häfen muss man dann 5 Clues abliefern, um dafür dann einen Schritt auf der Zeitleiste voranzuschreiten.

    Das eigene Schiff kann mit bis zu vier Crew-Mitgliedern besetzt werden, die alle ein eigenes Profil durch jeweils eine positive als auch eine negative Eigenschaft bekommen. Das können z. B. ein zusätzlicher Würfel bei Angriffen oder eine Erschöpfungspunkt beim Besuchen von Häfen sein, die das jeweilige Crew-Mitglied erhält. Neue Crew-Mitglieder können in Häfen rekrutiert werden und sterben den Permatod, wenn sie zu viel Erschöpfung und/oder Schaden erhalten.

    Auf See schubst man die Crew-Mitglieder zu unterschiedlichen Stationen auf oder unter Deck. Die Stationen unter Deck können dabei durch Upgrade-Karten erweitert werden und bieten dann permanente immer aktive oder durch den Besuch von Crew-Mitgliedern zu aktivierende Vorteile.

    Das Schiff kann bzw. muss darüber hinaus noch mit Kanonen an drei verschiedenen Orten ausgerüstet werden, damit es im Kampf teilnehmen kann. Die Geschütze unterscheiden sich dabei in Reichweite, Stärke und Radius.

    Orte, die man ansteuern kann, sind Schiffswracks (bieten Loot), Inseln (können einmalig erkundet werden und lösen üblicherweise eine Story aus), Altäre (sorgen für permanenten Gegenerspawn auf dem Meeres-Tile, bis sie zerstört werden) und Häfen.

    Sollte man auf einem Meeres-Feld zum Stehen kommen, in einem Hafen einlaufen oder eine Insel erkunden, wird eine Event-Karte gezogen und abgehandelt. Häufig entwickelt sich daraus eine kleine Story. Diese Stories bestehen aus drei Karten, die nicht alle sofort abgehandelt werden. Stattdessen wird immer nur die nächste Karte aus dem nummerierten Deck gezogen und (Achtung: verkürzte Darstellung) irgendwann oben auf den jeweiligen nächsten Event-Stapel gelegt, sodass sie zeitnah beim Auslösen eines solchen Events zum Einsatz kommen wird und dann die Story vorantreiben wird. So kann es auch passieren, dass eine Story auf einer Insel startet, auf offener See weitergeht und in einem Hafen endet.

    Auf hoher See spawnen zu definierten Zeitpunkten des Spiels Stürme, die dann 2-4 Felder auf der Map belegen und die Fahrt erschweren sowie Schaden an Schiffen verursachen. Diese Stürmen bewegen sich jede Runde glücksabhängig auf die Spieler zu oder davon weg.

    Ablauf

    Die Spieler haben verschiedene Befehls-Token, die sie in ihrem Zug einsetzen können, um Crew-Mitglieder auf neue Posten zu setzen, das Schiff zu bewegen oder die Kanonen abzufeuern. Das ist im Falle der Kanonen nur möglich, wenn ein Crew-Mitglied die entsprechende Kanone auf der richtigen Seite besetzt hat und Erkunden eines neuen Map-Tiles ist nur möglich, wenn auch jemand im Ausguck sitzt.

    Zu Beginn der Runde bekommt man nur drei Tokens wieder und durch Events kann man auch gerne mal zusätzlich welche ohne Effekt ausgeben müssen.

    Während des Zuges können auch die Inseln erkundet oder die Häfen besucht werden. Die Häfen haben ein eigenes kleines Board, was aber letztlich nichts anderes ist als bei einem Brimstone oder Folklore: man stellt die einzelnen Crew-Mitglieder auf einen der Services, die man nutzen möchte. Dementsprechend kann man nicht alle Services im selben Zug nutzen.

    Kämpfe

    Kämpfe werden sowohl auf Deck des Schiffes durch spawnende Monster abgehandelt oder durch über das Meer fahrende gegnerische Schiffe. Letztere haben immer ein festes Ziel, dass sie ansteuern wollen (z. B. die am weitesten entfernteste Insel) und weichen nur vom Kurs ab, wenn sie Spieler in den Kampf verwickeln können.

    Gewürfelt wird in allen Fällen mit Custom Dice, die die ganze Palette von Schaden und Krit-Schaden über ein Symbol für Spezialfähigkeiten und Leerseiten alles abdecken. Gegner haben eigene Würfel, zum Ausweichen gibt's auch noch mal andere und na ja. Am Ende wirft man viele gleichzeitig und negiert Schaden mit Ausweichen und sonst was. Das ist alles andere als spektakulär aber dafür zweckdienlich und schnell abgehandelt.


    Persönlicher Eindruck

    Ich will nun gar nicht sooo sehr ins Detail gehen, weil ich wahrscheinlich noch eine Partie spielen will, aber hier ein paar Ersteindrücke.

    Das Spiel hat eine sehr schöne thematische Dichte, bricht aber auch häufig mit der Immersion. Gegnerische Schiffe fahren nur auf den vom Spieler erkundeten Wegen zu ihren Zielen und Stories, die in Hafen A angefangen wurden, enden regelmäßig beim selben Auftraggeber aber nun in Hafen B.

    Das Einsetzen der Crew-Mitglieder auf ihre Posten ist so ganz nett, aber ich habe das Gefühl, ich mache eh immer das gleiche.

    Die Schiffe bewegen sich sehr behäbig, weil man nicht einfach auf jedes benachbarte Feld ziehen kann, sondern, thematisch eigentlich gut, erstmal das Schiff drehen muss. Das dauert bzw. verbraucht viele Movement-Punkte und durch Felder mit rauer See verliert man auch viele Punkte. Es zieht sich einfach von A nach B zu kommen. Die Seegefechte machen es quasi noch schlimmer, da die Gegner u. U. hinter einem spawnen und man, wenn man sie abschießen möchte (und je nachdem wo man überhaupt Kanonen installiert hat(!)), dann erstmal das Schiff wieder nach Norden drehen muss, obwohl man eigentlich nach Süden wollte. Und wenn man das andere Schiff versenkt hat, muss ich wieder das Schiff drehen. Und dann spawnt vielleicht schon wieder ein Schiff.

    Die Idee mit den Stories über die verschiedenen Decks finde ich gut und die Fluff-Texte sind auch ganz nett und mitunter spannend geschrieben, wenn man dann antizipieren will, für welche Option man sich entscheiden will.

    Das Spiel kann man ja nur durch das Finden der Clues und dem Eintauschen in Häfen gewinnen. Das empfinde ich als sehr mechanisch. Man jagt immer nur nach diesen nichtssagenden Clue-Tokens und hat mitunter auch keine Möglichkeit zum Gegner auf der Zeitleiste aufzuschließen, weil noch ein blöder Clue fehlt oder der nächste Hafen zum Eintauschen zu weit weg liegt. Außerdem kann man ja jeden Hafen nur 1x pro Runde besuchen und dort kann man auch nur 5 Clues aufeinmal gegen einen Schritt auf der Zeitleiste eintauschen. Also wenn ich dann mit 15 Clues endlich angeeiert komme, bringt mir das nur einen einzigen Schritt und ich muss in den nächsten Runden wiederkommen oder versuchen einen anderen Hafen ansteuern. Sehr unbefriedigend.

    Das Spiel hat drei zu Beginn wählbare Endpunkte. Nach 8, 12 oder 16 Zeiteinheiten (!= Runden). Ich habe ja nur solo und dabei die kürzeste Variante gespielt. Das hat trotzdem 2 bis 2,5 Stunden gedauert und ich habe ja vorzeitig abgebrochen. Da wären bestimmt noch mal 45 bis 60 Minuten draufgekommen. Das ist echt lang. Die Progression durch Crew- und Schiff-Upgrades ist eigentlich cool, weil man viel Zeug kaufen und installieren kann und dann schöne Benefits hat. Aber so richtig los ging's bei mir erst im letzten Drittel der kurzen Spieldauer-Variante und bis dahin ist es recht zäh. Auf die Spieldauer von 16 Zeiteinheiten gemessen, passt das bestimmt gut (oder wenigstens besser) aber wie lange dauert denn dann so eine Partie, womöglich noch mit mehreren Spielern? 😳

    Alles in allem sieht das Spiel echt richtig gut aus, macht Laune vom Lesen der Regeln her und hat thematisch mit den Stories, der Schiffs-Progression und dem ganzen Spielprinzip auch in der Theorie was zu bieten, aber praktisch kränkelt es dann doch wieder. Also keine Katastrophe, aber auch kein richtig gutes Spiel.

    Ich mache vermutlich ein kleines Video dazu und kann dann auch mal schön mit #SleepingGods vergleichen, das ja schon einige Parallelen (Abenteuerspiel, Schiff, Geschichtchten, etc.) aufweist. 😉