Es folgt ein wohl etwas längerer Beitrag über meine Erfahrungen mit Black Rose Wars nach 5 Partien bzw. 18 Stunden Spielzeit. Zwei Partien waren zu viert, der Rest zu dritt.
Ersteindruck
Mein Ersteindruck von BRW war zwiegespalten. Einerseits fanden sich viele interessante Ideen in dem Spiel wieder, andererseits wollten die Designer mMn aber zu viel und überfrachteten das Spiel mit Events, Siegpunktoptionen, Zusatzregeln usw. Nach der zweiten Partie hatte sich diese Meinung verfestigt und wäre es in meiner Gruppe nicht so gut angekommen, hätte ich es wohl verkauft. Ab der 3. Partie machte es Klick und plötzlich mutierte BRW zu einem herausragenden kompetitiven Zauberer Free For All. Hatte ich das Spiel nach den ersten zwei Partien noch mit einer 6,5 bewertet, so steht es mittlerweile bei einer 8,5 mit Potenzial nach oben. Ich werde kurz umreisen, was mir ge- und missfällt, wieso die Wandlung in der Spielbewertung kam und was ich mir von der Sator Box erhoffe.
Positive Aspekte
Unterschiedliche Magieschulen und Zauberer: Während sich die 4 bzw. 6 (mit Erweiterung) Zauberer nur ein wenig in Ihren Stats und einem persönlichen Zauberspruch unterscheiden, fühlen sich die Magieschulen jeweils ganz anders an. Möchte man als destruktiver Zauberer Feuerstürme und Blitze schleudern, als Nekromantin mit einer Horde Untoten im Gefolge durch die Räume marschieren, als Illusionistin alle Räume mit Fallen drapieren oder sich in ein Biest verwandeln, um die anderen Zauberer physisch anzugreifen? In BRW spielen sich die jeweiligen Schulen zum einen sehr unterschiedlich und zum anderen kann man sich in der „Zauberlernphase“ neue Sprüche aus anderen Schulen aneignen, um sich noch variabler aufzustellen, oder besser an die Gegner anzupassen. Die Kombination verschiedener Magieschulen macht sehr viel Spaß und ist für die Wiederspielbarkeit enorm positiv.
Siegpunkte werden auf diverse Weisen generiert. Sei es durch das Töten von anderen Magiern (der Killing Blow gibt noch einmal Extrapunkte), das Zerstören von Räumen, das Erfüllen von Quests, das Aktivieren von Räumen, das Ausspielen von einigen Zaubersprüchen sowie durch einige Events. Je nach der Gegnerstrategie kann man hier auch viel adaptieren und kurzfristig anpassen, um die Gegner am Gewinnen zu hindern.
BRW spielt sich kurzweilig und actiongeladen, da die Wege zu den anderen Zauberern kurz sind und man jeweils nur 1 oder 2 Aktionen ausführt, dann ist der nächste Spieler dran. Stirbt der eigene Charakter dann wacht man in seiner eigenen Zelle auf und ist schon in der nächsten Aktionsrunde wieder mitten im Geschehen. Der Tod ist also nur ein kurzes Ärgernis und dann geht es direkt wieder in das Chaos.
Der Programmiermechanismus ist hervorragend umgesetzt worden. Die Abfolge, wie die eigenen Zauber zu wirken sind, will im Vorfeld gut durchdacht werden. Hierbei müssen die eigenen Kartenmöglichkeiten, die Positionen aller Spielfiguren sowie die wahrscheinlichen Gegnerzüge in die Entscheidung miteinbezogen werden. Ein Zauber kann man als Quick Spell immer zünden, die anderen drei werden in einer festen Reihe nacheinander gewirkt.
Das Regelheft ist gut strukturiert und erleichtert einen schnellen Einstieg in das Spiel. Außerdem sind viele Beispiele vorhanden, weswegen Fragen aufgrund der Regeln ausbleiben.
Der Wiederspielwert ist schon durch die Grundbox immens. Allein durch die verschiedensten Kombinationsmöglichkeiten der Magieschulen, der unterschiedlichen Anordnung der Räume, der Unmengen an variablen Events und Quests wird immer ein anderen Spielgefühl vermittelt.
Negative Aspekte
Das Wording der Karten ist oftmals nicht eindeutig. Die englischen Texte lesen sich häufig unrund und sorgen immer wieder für Irritationen, da meistens zwei Lesearten möglich sind. Mal schauen, wie das in der deutschen Übersetzung gelungen ist.
Unser Hauptproblem ist schwierig zu beschreiben. Durch den Programmiermechanismus kann man sich auch schnell ins Abseits manövrieren, falls man z.B. durch einen Eiszauber oder eine Falle in seinem Raum festgehalten wird und man seine geplanten Aktionen nicht mehr durchführen kann, weil man sich nicht aus dem Raum fortbewegen kann und die anderen Zauberer nicht im Sichtfeld der abgelegten Zauber ist. Das heißt im schlechtesten Fall verliert man seine komplette Runde, während die Mitspieler fröhlich weiterspielen und Punkte machen. Das kommt häufiger vor und ist uns allen schon passiert. Von den insgesamt 5,6 Runden, die das Spiel geht, sind bei uns oft ca. 2 Runden etwas bis wirklich frustrierend, weil in diesen nichts wie geplant funktioniert. Mittlerweile können wir allesamt besser darauf reagieren und nehmen meist auch 1,2 Zauber mit, die unabhängigere Einsatzkonditionen aufweisen.
Wandlung in der Wahrnehmung
Am Anfang hielt ich das Spiel für überfrachtet. Es gibt drei verschiedene Event- und Questdecks, die je nach Anzahl der Siegpunkte ins Spiel kommen. Jeder Raum hat seine Spezialfunktion. Unzählige verschiedene Evocations können beschworen werden. Es gibt legendäre Zauber, die man erwerben kann und krass mächtig bzw. gamebreaking sind. Die Zaubererschule (die Black Rose) spielt auch mit, wird getracked und kann sogar gewinnen. Eine redaktionelle Bearbeitung eines Verlags hätte bei diesem Spiel wohl viel gekürzt. Nach zwei Spielen hielt ich das aufgezählte für unnötig bzw. aufgebläht und hätte mir lieber ein fokussiertes Spiel mit Hauptblick auf die Magierkämpfe gewünscht. Mittlerweile sehe ich aber auch die Vorteile, vor allem die zusätzlichen aufkommenden Möglichkeiten, die man beachten und für sich nutzen muss. In unserer letzten Partie hat bspw. Zum ersten Mal die schwarze Rose gewonnen. Darüber hinaus haben sich alle Spiele komplett anders angefühlt. Während am Anfang noch die Evocations und die direkte Konfrontation im Fokus standen, liegt derzeit der Fokus mehr und mehr auf der Metaebene.
Fazit
BRW ist ein tolles, kurzweiliges 3-4 h Spiel mit einer herrlichen Metaebene, fantastischen Miniaturen, schönen Synergien und abwechslungsreichen Magieschulen. Das actiongeladene, direkte, konfrontative Spiel glänzt darüber hinaus mit diversen, gleichstarken Siegbedingungen und einer hohen Wiederspielbarkeit. Das Spiel benötigt etwas Einarbeitungszeit, der Auf- und Abbau dauert und die eigentlich tolle Programmiermechanik sorgt öfters für frustrierende Runde und lange Gesichter. Wenn wir den letzten Punkt noch etwas mehr in den Griff bekommen, dann vergebe ich vielleicht auch eine 9+ auf BGG. In meiner Gruppe kommt BRW ebenfalls sehr gut an und wird von allen Beteiligten mit zu Ihren Lieblingsspielen gezählt.
Klammheimlich hoffe ich auf ein Harry Potter Retheme oder Fanprojekt. Mit Lord Voldemort, Albus Dumbledore, Severus Snape usw., verschiedenen passenden Zaubererdecks sowie diversen Räumen von Hogwarts. Hach, man wird ja noch träumen dürfen…
Sator Box
In der Sator Box sind 17 (Siebzehn!!!) neue Zauberer sowie 11 neue Magieschulen. WTF? Es wird also viel mehr Inhalt geben. Dazu die ganzen neuen Räume. Während die neuen Zauberer wohl schnell genutzt werden, habe ich wirklich noch keine Ahnung, wie wir die neuen Magieschulen in das Grundspiel einfügen möchten, da diese ja auch mit den vorhandenen Schulen kombiniert werden wollen. Hallo Synergieoverkill? Mir hätten 2 neue Zauberer und 2 neue Magieschulen ja schon gereicht. Auf den Solomodus freue ich mich aber auch und die neuen Miniaturen sehen klasse aus. Allein deswegen werde ich wohl in den nächsten Partien wieder mehr beschwören wollen…