Ich bin hin und her gerissen, hier zu schreiben. Aber es juckt mir in den Fingern, wenn ich den ein oder anderen Beitrag lese.
Auch ich werde sicherlich eher zur Fraktion derer gezählt, die „zu nett“ urteilen.
Aber ich möchte einfach mal ein paar Thesen aufstellen:
A) Rezensieren ist immer noch ein Hobby.
Niemand (partielle Ausnahmen gibt es) kann vom Bloggen leben.
So gut wie niemand wird überhaupt fürs Bloggen bezahlt (und wenn dann nur via Bannerwerbung bzw. Patreon). Bitte jetzt nicht auflisten, dass man kostenlose Rezensionsexemplare bekommt. Rechnet man den Preis für ein Rezensionsexemplar auf die Zeit für das Schreiben, Regeln lesen/erklären und mit mehreren Gruppen spielen auf und zieht den eigenen Spielspaß ab, kommt da ein sehr kläglicher Stundenlohn heraus.
B) Es gibt (zu) viele gute Spiele
In den letzten Jahren hat die Qualität bei Spielen deutlich zu genommen. Gleichzeitig gibt es eine Schwemme an vielen neuen Spielen (Thema: gibt es zu viele Spiele?).
Wieso sollte ich als Blogger mir nun die Mühe machen, Spiele, die ich beim Beobachten als nicht gut oder spannend empfinde, zu beschreiben, geschweige denn zu spielen. Alleine aus dem Bauch heraus, lehne ich beim Rundgang oder der Vorstellung einiger Verlage während der SPIEL bestimmte Spiele ab, weil sie mich a) nicht persönlich ansprechen und / oder b) mir nicht gut genug erscheinen.
Es gibt auch noch c): es sind schlicht weg zu viele Spiele und ich muss (hier geht es um das Haushalten mit den eigenen Kräften) per se weniger rezensieren, als Angebot da wäre.
Daher muss ich bei meiner knappen Zeit dieses im Vorfeld selektieren. Daher fliegen die schlechten Spiele heraus.
Eine schlechte Kritik bedarf zusätzlich noch eines größeren Aufwandes. Denn, wenn ich jemandem mitteile, und meine Rezension geht ja nicht nur an die Spieler, sondern auch an den Autor und Verlag, dass seine Arbeit schlecht war, dann muss dieses wohlbegründet sein.
Dann reicht es aus meiner Sicht eben nicht aus: „Habe ich einmal gespielt, ist Mist.“ In Zeiten der Transparenz des Internet sollten wir Blogger entsprechend vorbereitet in unseren Aussagen sein.
Vergleicht die Situation mal mit eurer beruflichen. Da kommt dann euer Chef zu euch und sagt nach einem Projekt: „Scheiß Job gemacht. Kann ich nicht gebrauchen diesen Mist“ und lässt euch mit so einer Rückmeldung alleine (als Person, die selbst andere beurteilen muss, weiß ich, dass ich bei einer negativen Rückmeldung, deutlich mehr Vorbereitungszeit benötige, als bei einer Person, die ich positiv beurteile). In der Firma muss ich mir die Zeit nehmen, als Blogger habe ich sie schlichtweg nicht. Kann aber zum Glück selbst entscheiden.
C) Notenvergabe ist schwer
Ich merke es bei mir selbst. Noten zu vergeben, fällt mir zunehmend schwerer. Bei den vielen Spielen, die ich spiele, kann es nur eine Momentaufnahme sein.
Da ich die meisten – für mich schlechten Spiele ausschließe, landet man häufig bei einer Bewertung >5. Für eine Bewertung >8 muss ein Spiel aber schon extrem gut sein. Damit beschränkt man seinen Radius auf einer Skala von 6-8.
Eine 8, die ich heute vergebe, mag aber in einem Jahr keine 8 mehr sein, da ich inzwischen ein viel besseres Spiel kennengelernt habe.
D) Noten sind subjektiv
Während der eine Rezensent eine 6 oder höher vergibt, wenn das Spiel bei ihm nicht gut angekommen ist, er aber in seinen Spielgruppen durchaus den Spielspaß erlebt hat, wird bei anderen Rezensenten die Note gleich mal auf 5 und drunter gesetzt. Aber alleine von seinem Standpunkt und nicht dem drum herum beobachtet.
Aber was sagt dann diese Note noch aus?
Es gibt aktuell keine objektiven eindeutig formulierten Kriterien nach denen benotet wird (und diese herbeizuführen, ist ein hehres Unterfangen, da sie in ein so starres Gerüst hineinmüsste, dass es wahrscheinlich auch hier wieder Interpretationsspielräume gäbe bzw. die Rezensenten extrem beschnitten würden – wo bliebe dann da die journalistische Freiheit und Kreativität).
Also kann man sich nur den Kritiker anschauen und über die Zeit ein Gefühl entwickeln, was eine 5, 6, 7 oder andere Note tatsächlich bedeutet.
Vielmehr müsste diese zusätzlich noch angeben, in welchen Gruppen man spielt. Wird ein Familienspiel verrissen, weil man es mit lauter Kennerspielern ausprobiert hat. War ein Spiel zu schwer im Verständnis, weil nur Familienspieler am Tisch saßen. Hat man es mir mehreren Gruppen gespielt oder nur in seiner angestammten Spieltisch-Combo, die alle den gleichen Geschmack haben?
E) Es gibt verschiedene Zielgruppen.
Spiele die erscheinen, haben nicht immer die Gruppe der Vielspieler im Visier (siehe Punkt D). Leider machen hier Verlage an der ein oder anderen Stelle den Fehler, die Zielgruppen nicht klar und deutlich herauszustellen. Dieses kommt in der Vergangenheit leider häufiger vor.
Das Fundament der Ewigkeit ist für mich kein schlechtes aber auch kein herausragendes Spiel. Es hat jedoch das große Problem, dass durch die Vorgänger ein Erwartungsdruck aufgebaut wurde, der durch Teil 3 nicht zu halten war. Vielleicht aber auch nie sollte.
Ein Dice Forge wirkt durch seine Würfel und Karten komplexer als es ist. Aber am Ende ist es ein gehobenes Familienspiel oder unteres Kennerspiel mit einer schlechten Anleitung.
F) Merkwürdiger Trend: Draufhauen ist cool
Es gibt Personen in der Brettspielszene, die erst richtig zufrieden sind, wenn es so richtig auf die Fresse gibt. Ist auch ein Trend, den ich in den letzten Jahren wahrnehme. So wie es vielleicht, die ein oder andere zu weichgespülte – nicht ausreichend differenzierte Rezension auf dem Markt kommt, muss es bei der anderen Fraktion so richtig heftig sein. Bis das Blut spritzt (ja ich bin auch mal schwarz-weiß unterwegs). Spiel in den Müll und anzünden und wir tanzen Freude strahlend drum herum. Da hat man schon das Gefühl, da wird ein Spiel oder die Verfolgung eines solchen missionarisch persönlich verfolgt.
Was soll das? Ist das cool, ein Spiel zu verreißen? Also für mich nicht. Alleine der Begriff „Verriss“ ist so negativ für mich.
WICHTIG: Auch wenn ich Teil von Beeple bin, ist dieses meine persönliche Meinung.