Alles anzeigenSehr schöner Satz. Deswegen bin ich auch von der Aussage von @Brettspielbox irritiert. Christoph, woher nimmst du bei deinen Rezensionen die Gewissheit, dass das Spiel beispielsweise dir selbst nicht gefällt, aber bei Familienspielern super ankommt? Und was/wer sind diese Familienspieler? Das ist doch alles am Ende vage und weichgespült.
Das hat was von: Das Spiel ist doof, aber wenn dir die halbe Gehirnhälfte und das linke Bein fehlen und du zusätzlich nur rückwärts zählen kannst, dann wird es dir gefallen. Ich glaube Guido nannte es Mal Zielgruppen herbeireden.
Was bleibt einem bei einem Spiel denn, außer der persönliche, subjektive Eindruck und die Eindrücke der Personen, mit denen man es gespielt hat.
Allgemein: Schon Mal nach nem beschissenen Tag am Spieltisch gesessen? Da gabs Spiele die kamen extrem gut weg, weil sie meiner Laune zuträglich waren, oder Spiele die eigentlich der Knaller sind, kamen mieß weg, weil ich schlecht gelaunt war, nicht so gut spielte wie sonst und sowieso alles beschissen war. Klar sind das nur Momenteindrücke und für eine Rezension sollte man deswegen mehr als 2-3 Partien auf dem Buckel haben, aber genau aus solchen Eindrücken ergibt sich doch am Ende ein Gesamtbild, wie man selbst das Spiel findet.
Wenn ich z.B. auf unseren Spieletreff schau, sind da so viele unterschiedliche Arten von Menschen, die ich pauschal als "Familienspieler" oder "SdJ-Spieler" bezeichnen würde. Im Detail gibt es aber harte Grenzen. Während die einen sich an Ulm trauen, schrecken die anderen nach der Regelerklärung zurück und spielen lieber Noch Mal!. Wer ist jetzt der Familienspieler? Am Ende wäre eine Aussage wie "Ulm wird in unserem Spielekreis auch von Familienspielern gern gespielt" doch komplett ohne Wert für die Allgemeinheit. Klar, für mich macht diese Aussage Sinn, ich weiß genau, wen ich im Kopf habe, aber das können andere nicht wissen, das kann ich auch per Text nicht vermitteln.
Ich halte persönlich nichts davon anzugeben, wie oft man ein Spiel gespielt hat, ich finde auch, dass es höchst unterschiedlich ist, wie lange man für eine gefasste und begründete Meinung braucht, aber am Ende sollte für mich(!) immer der persönliche Geschmack der Person dahinter stehen. Um Bei @Brettspielbox zu bleiben: Ich würde Christoph Post lesen wollen, was er als Spieler davon hält, nicht was die Familie 3 Straßen weiter seiner Eindrücke nach davon hält.
Weiter führend haben wir bei Brettspielen auch das Thema persönliche Betroffenheit. Als Lehrer versucht man das immer zu erreichen. Die Schülerinnen und Schüler in ihrer Lebenswelt berühren, erreichen, Relevanz für sie herstellen. Brettspiele machen das oft über Thematiken. Wenn ich ein absoluter El Dorado Liebling bin, der Geschichten, Mythen und mehr darüber verschlingt, dann löst das Spiel in mir sehr wahrscheinlich andere Emotionen aus, als in jemandem für den das ein X-beliebiges Thema ist. Kann ich das aber wissen? Meiner Meinung nach nur, wenn ich die Person selbst bin.
Ich weiß gar nicht wo ich da zu erst drauf eingehen soll.
Es wäre etwas zu einfach eine "eierlegende Wollmichsau" als Rezension präsentieren zu wollen. Dennoch traue ich mir durchaus zu ein Spiel aus verschiedenen Brillen beurteilen und es dann dementsprechend mit den richtigen Personen / Gruppen spielen zu können. Dieses funktioniert natürlich nicht, wenn man ein Spiel nur einmal spielt und es dann meint ausreichend beurteilen zu können. Hier sehe ich die Gefahr von einigen "angespielten" oder "Ersteindruck" Rezensionen, bei denen man von dem jeweiligen Rezensenten zu einem späteren Zeitpunkt keine überarbeitete Version zu lesen bekommt, wenn er das Spiel dann ein paar mal mehr gespielt hat. Vielfach passiert dann ein weiteres Spielen nicht, aber die "Ersteindrücke" hängen dann erst einmal im Raum und in den Köpfen der Leser fest.
Wenn ich also ausreichend ausprobiere, kann ich mir ein Urteil erlauben, dass mir ein Spiel aus bestimmten Gründen gefällt, wer aber Wert auf a, b und/oder c legt, wird mit diesem Spiel nicht glücklich werden (oder umgekehrt). Daraus kann man auch aus meiner Sicht ableiten, zu welcher Zielgruppe dieses Spiel am besten paßt. Und auch da gibt es sicherlich bzgl. Thematik etc. noch weitere Nuancen (aber dass muss dann der Leser für sich selbst entscheiden).
Ein Spiel als gut oder schlecht zu beurteilen, nur weil ich gute oder schlechte Laune habe ist für mich ein nogo. Aber ich bin dafür auch nicht der emotionale Spieler, welcher sich Niederlagen extrem zu Herzen nimmt.
Ich finde die Bandbreite zwischen Ulm und Noch Mal! schon sehr groß. Ulm ist für mich schon kein Familienspiel mehr. Alleine der Einstieg schreckt die meisten Familenspieler ab. Ich halte es da eher schon mit der Definition des roten und anthrazit farbenen Pöppels bzgl. der Eingruppierung von Spielern. Alles was über grau ist, sind dann für mich Expertenspiele.
Damit sage ich nicht, dass ich, der sich zwischen grau (=Kenner) und schwarz (= Experte) eingruppiert, nicht auch gerne mal auf ein gut gemachtes Familienspiel stürzt.
Natürlich ist es meine Meinung, die ich in einer Rezension verarbeite. Aber dennoch lasse ich doch auch Meinungen, Empfindungen, Spielspaß etc. meiner Spielteilnehmer in meine Rezensionen einfließen.